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Kunst und Realität

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Die Bestrebungen des Typus Mensch als Genius richteten sich überdurchschnittlich „in geistiger Liebesleidenschaft auf das Wesenhafte und Ideenmäßige der Welt“1. Sie richteten sich auf „den Logos der Welt“2, den Scheler als „die ewigen Gedanken Gottes in der Schöpfung“3 beschreibt. In den Händen des Künstlers werde dieser Logos zur „geistgewordenen Form“4. So wird der Künstler ein Vorbild in der Erkundung und Feier des Reichtums der Welt. Er ist nicht deren Maître de cérémonie, sondern ihr erfindungsreicher Ausrichter. Damit lehrt er seine Festteilnehmer das sinnliche und geistige Erfassen der Welt im Symbol seiner – des Künstlers – Schöpfung, seines Werkes und bereichert so auch ihr seelisches Leben im „Nachvollzug seiner Darstellungsprozesse, seiner (des Weisen) Haltung, Lebens- und Seelentechnik.“5 Mit der Schaffung neuer Werke vermehre der Künstler das geistige Kulturgut des Menschen, welches „den objektiven Wert der Welt dauernd vermehrt“6. Der natürliche Mensch, schreibt Scheler7, ist von den Täuschungen, welche ihn beherrschen und bedrängen, befangen, der Künstler in Gestalt des Dichters jedoch durchbreche diese Schicht, indem er den Drang, der sich in den verkrusteten Formen der Sprache manifestiere, hemmt und zum inneren Sinn8 der Sprache vorstoße.

Die wahre Dichtung lehrt uns – weit hinaus über den Gehalt der Dichtung –, überhaupt formvoll zu erleben, das Unmittelbarste unserer seelischen Betätigung zu ergreifen – die Seele als werdende, als erlebende.9

Das Anhalten des vorbeiziehenden Lebens in künstlerischen Formen und Gestalten und damit dessen Betrachtungsmöglichkeit sei in der seelischen Vertiefung, welche ein derartiges Erleben mit sich bringe, selbst die höchste Vollendung des Lebens im Augenblick „der Konzeption“10. Im Kunstwerk werde die „Konzeption – als Beispiel für andere“11 dargeboten. Und in diesem Augenblick treffe sich der Gipfel des Lebens mit dem Beginn der Kunst:

Zuerst war die Seele stumm, blind, – mehr die Möglichkeit der Seele als Seele. Die erste künstlerische Tätigkeit – der Liebe entlang gehend – brachte sie zur Realisierung, zum abgegrenzten Erlebnis – wie Bedeutung die Einheit der Wahrnehmung, der Vorstellung ausmacht.12

Der Künstler sei nur die Spitze einer Funktion, welche im Inneren des Menschen die Tätigkeit eines jeden einzelnen ist und dieses „seelische Geschehen ist – realiter – nur die andere Seite unserer vitalen Tätigkeit.“13

Voraussetzung dieser Konstruktion ist die Annahme, dass die Substanz der Welt, das hypokeimenon, eine dynamische ist, welche sich in Form von Geschichte entwickelt.

Transzendierende Immanenz

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