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Helmuth Plessner: Die Einheit der Sinne. Grundlinien einer Ästhesiologie des Geistes1 Der Mensch oder die ontologische Leerstelle auf der philosophischen Bühne

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Um das Denken Helmuth Plessners auch nur in seinen Grundzügen zu beschreiben, ist es unumgänglich, sich zurück zum Urheber der philosophischen Moderne zu begeben, zu René Descartes. Als dieser die Welt in res cogitans1 und res extensa unterteilte, musste das lebendige Wesen Mensch dadurch notwendig aus dem Blickfeld der Philosophie geraten. Denn zwischen Geist (esprit) und Materie zerfiel das Lebendige in entweder Psyche oder Ding, welche entweder den reinen Gesetzen des immateriellen Daseins, des Denkens, Wollens und Vorstellens, oder den Gesetzen von Stoß und Zug, den Gesetzen der Mechanik allein gehorchten. Zwischen beiden Substanzen entstand eine unüberbrückbare Kluft, eine ontologische Leerstelle, ein Chorismus, welcher keinen Übergang erlaubte. Die Lebewesen, wie auch der Mensch als Körperding, wurden zur unbelebten Materie gerechnet, welche allein mit dem Geist, dem Pneuma verkoppelt – dies gerann Descartes selber noch zur Substanz2 – bewegt werden konnte. Damit war das Lebewesen Mensch als Studienobjekt vom philosophischen Denken ausgeschlossen. Die Probe aufs Exempel liefert Kants Schrift zur Anthropologie, Anthropologie in pragmatischer Hinsicht3, welche der allgemeinen Welterkenntnis diente, in seine philosophische Systematik jedoch keinen Eingang fand. Für Kant blieb die Anthropologie eine grundsätzlich empirische Wissenschaft und konnte deshalb kein Fundament für systematisches Philosophieren sein4. Auch das eine der möglichen Konsequenzen aus dem Descartschen Dualismus.

All dies führte zur Abwesenheit des Menschen auf der philosophischen Bühne. Plessner macht nun den Versuch dies zu ändern. Er findet im Menschen selbst den Schlüssel zur Verklammerung der von Descartes so streng getrennten Welten und vereint ihn wieder mit dieser. Eine Aufgabe, vor der die Philosophie seit dem Dualismus Descartes den Mut verloren zu haben schien5. Es geht Plessner also um den Menschen „als Objekt und Subjekt seines Lebens“6 und nicht um den Menschen als ein aus res cogitans und res extensa Zusammengesetztes, sondern um jene „psychophysische indifferente oder neutrale Lebenseinheit“7, um den Menschen „»an und für sich«“8. Plessner entwirft eine Anthropologie des Lebendigen als regionale Ontologie des lebendigen Daseins und begründet somit im Weiteren die Bedingungen der Möglichkeit für die Beschreibung des Menschen als Menschen. Er erhält damit zugleich den Ausgangspunkt für eine systematische Philosophie, welche ihrerseits wiederum in einen erweiterten, das allein Menschliche überschreitenden Zusammenhang in einer Ontologie des Lebendigen überhaupt mündet. Auf diese Art gelangt man zu einer Naturphilosophie des Lebendigen sowie dem In-der-Welt-Sein des Lebewesens Mensch. Konstruiert man jedoch den Menschen aus seiner Welt und seinem Milieu heraus, was nichts weniger bedeutet, als die materialen Voraussetzungen – Stoff und Verhalten als Lebewesen – zu den alleinigen Bedingungen seines Seins zu machen, so stellt sich ganz von selbst die Frage nach den Gegenständen des Geistigen, ihrer Gegenwart, Erscheinung und Schöpfung. Es stellt sich die Frage nach dem Geist im Allgemeinen, und im Besonderen nach dessen Verhältnis zur Materie. Antwort auf diese Frage sucht Plessner in seinem Buch Die Einheit der Sinne. Grundlinien einer Ästhesiologie des Geistes von 1923 und später in seiner Die Anthropologie der Sinne von 1970 zu geben. Schon der Titel des 1923 verfassten Buches als Ästhesiologie des Geistes gibt die Richtung der von ihm vorgeschlagenen Lösung des Geist-Körper-Chorismus an. Er erklärt:

Die Ästhesiologie des Geistes ist die Wissenschaft von den Arten der Versinnlichung der geistigen Gehalte und ihren Gründen. Sie zeigt, dass zu bestimmten Sinngebungen bestimmte sinnliche Materialien nötig und warum keine anderen möglich sind.9

Transzendierende Immanenz

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