Читать книгу Nach dem Ende der Zukunft - Manfred Kopfer - Страница 6
ОглавлениеKapitel 6
Der Jungschmied vergaß, wie viele Tage es waren, die er mit Silexa verbrachte. Sie war inzwischen viel mehr als nur seine Pflegerin. Sie kümmerte sich um ihn, sorgte aber auch mit all ihren Mitteln dafür, dass er zuerst gesunden würde, bevor er das Zelt verließ.
Außer ihr hatte bislang noch niemanden gesehen im Königreich, nicht einmal gehört. Allerdings fiel es ihm kaum auf, war die Zeit mit Silexa doch vorzüglich gefüllt mit dem Angenehmsten im Leben und davon das Schönste daran.
Doch die beiden vergnügten sich nicht nur. Silexa erzählte ihm jenseits davon auch vieles darüber, was ihn da draußen erwarten würde. Allzu viel davon verstand er nicht. Aber es machte ihn neugierig auf das, was es dort zu entdecken gab.
So schritt der Jungschmied erstmals aus seinem Zelt heraus und staunte nicht schlecht. Eine große Halle war es, in der er nun stand. Sie war bunt geschmückt mit allerlei bunten und halbtransparenten Plättchen, die das einfallende Licht brachen und ein farbenfrohes Panoptikum schufen, das ihn an das erinnerte, was er aus dem Tunnel kommend zu sehen bekam.
„Das ist der Thronsaal“, erklärte ihm seine Gefährtin. „Er wurde geräumt nur für dich, der König wollte es so.“
Der Jungschmied verstand diese Geste sehr wohl, war sich jedoch noch immer nicht ganz klar über den Grund für die Ehre. Er führte es auf das Niederringen des Surraben zurück, frage aber nicht weiter danach.
„Wann werde ich den König treffen?“ wollte er wissen.
„Gleich“, verriet sie ihm, „folge mir bitte.“
Silexa ging voraus auf mehrere bodenlange Stoffbahnen zu, hinter denen sich ein großer Durchgang verbarg. Sie schritt hindurch und beschied dem Jungschmied, dahinter auf ihr Signal zu warten.
Von der anderen Seite hörte er dann, wie Silexa zu einer Menge sprach. Doch obwohl er nicht mehr als eine Handvoll Schritte hinter ihr stand und sie laut und klar reden hörte, konnte er sie kaum verstehen. Jenseits einiger Worte, die ihm bekannt vorkamen, ergab das von ihr gesagte keinerlei Sinn für ihn.
Sprach sie überhaupt, oder führte sie nur ein gesprochenes Ritual aus?
Da hörte er schon das letzte Wort ihrer Ansprache und sah, wie sie ihm durch den Vorhang signalisierte, nach vorne zu treten.
Er folgte ihr und stand nun ein weiteres Mal vor einer Menschenmenge. Mehr noch, es war jene Stelle, die ihn aus der Höhle führte. Deren Zugang allerdings war inzwischen mit prächtigen Steinen vermauert.
Die festliche Menge um ihn herum bestaunte ihn und tuschelte ob seiner Anwesenheit.
„Der König“, stellte ihm Silexa den Mann auf einem Podest mittig im Rund feierlich vor.
„Guten Tag“, sagte der Jungschmied mit fester Stimme zu ihm.
Wortlos nickte ihm der König zu und bedeutete ihm näher zu kommen.
Zumindest glaubte der Jungschmied, dass er das tat, denn auch aus dem Mund des Königs kamen nur Laute, die ihm unbekannt waren.
Konfus blickte der Jungschmied zu Silexa. Sie erkannte seine Verwirrung und übermittelte ihm des Königs begrüßende Worte.
„Im Königreich sprechen wir eine andere Sprache als in deinem Tal. Sie sind sich ähnlich, vieles daran ist aber anders. Du wirst sie bald lernen, genauso wie ich. Bis dahin werde ich dir helfen, dich verständlich zu machen.“
Der Jungschmied war erstaunt, verstand aber und nickte dazu.
Dann richtete Silexa einige Worte in Richtung des Königs in dessen Sprache. Auch er nickte und sprach zu ihr zurück. Vermutlich hat sie auch ihm die sprachliche Trennung erklärt, dachte er sich und beschloss nach dem Surraben zu fragen.
Wieder übersetzte ihm Silexa die Worte des Königs.
„Dir gebührt großer Dank. Deine Belohnung bin ich und du wirst des Königs Schutz in deiner Zeit bei uns genießen“, sagte sie. „Für den Surraben, dessen edle Substanz du dem König dargebracht hast, wirst du mit so viel Palastik belohnt, wie du es nie wirst ausgeben können.“
Der Jungschmied schloss daraus, dass der Surrabe tatsächlich tot war und keine Gefahr mehr darstellte.
Mit dem Ende von Silexas Übersetzung gab der König ein Zeichen.
Drei Dienerinnen traten hervor, nicht weniger schön und erhaben als Silexa es war. Sie stellten eine große Truhe vor die Füße des Jungschmieds, öffneten diese und hoben einige der bunten Stücke darin hervor.
Die Menge konnte sich vor Staunen kaum zurückhalten, so erlesen war deren Güte. Große Teller, Kannen und andere Genstände waren darunter. In allen Größen und Farben fanden sie sich in der Truhe, darunter sogar einige, durch die man hindurchblicken konnte.
Scheinbar Gebrauchsgegenstände waren es, stellte der Jungschmied fest, gemeinsam mit zahllosen kleinen Fragmenten, die kleinen Steinchen oder Scherben gleich die Truhe bis zum Rand oben befüllten.
Offenbar handelt es sich dabei um das ihm bislang unbekannte Palastik, schlussfolgerte er aus dem Anblick des vor ihm stehenden Schatzes.
In seiner Zeit mit Silexa erzählte sie ihm darüber, wie im Königreich Palastik als Währung und Schmuck hoch gehandelt wurde.
Zunächst verstand er nicht wirklich, was genau sie damit meinte. Im Tal war der Tauschhandel üblich und es war ihm nichts bekannt, das so so selten und wertvoll erschien, wie das eigene Talent und die Zeit für die Arbeit an sich.
So ganz konnte er kaum glauben, dass es etwas gibt, das noch wertvoller ist. An der Reaktion der anwesenden Menschen konnte der Jungschmied aber ablesen, wie wertvoll der Inhalt der Truhe sein musste.
Da fragte der König, ob er die Belohnung annehmen würde.
„Ja“, antwortete der Jungschmied spontan, was dieser auch ohne Silexa verstand.
Da klatschte der König zwei Mal fest in die Hände und die Menge begann mit dem rhythmischen Trommeln, das der Jungschmied bei seiner Ankunft schon hörte.
Erneut traten mehrere Dienerinnen hervor und entfachten ein Feuer im Raum. Dann sprach eine der Dienerinnen etwas in die große Runde, woraufhin mehrere der Zuschauer aufstanden und in die Mitte zum Feuer kamen. Menschen allen Alters waren darunter. Sie stellten sich in einen Kreis und sagten nacheinander etwas in der Sprache des Palastikreichs.
„Sie bitten um Gesundheit für ihr Kind, um Glück für die Ehe und um ein hohes Alter in guter Gesundheit“, übersetzte ihm Silexa.
Dann folgten weitere feierlich klingende Sätze durch eine der Dienerinnen, woraufhin das Trommeln an Lautstärke zunahm. Schließlich gab die Dienerin ein Kommando, auf das jeder im Kreis ein Stückchen Palastik in das Feuer gab, wo es zu brennen begann.
Der Jungschmied war fasziniert von der Szene und auch dem Geruch des Palastik, der neu für ihn war. Dann richtete sich die Runde an ihn. Silexa fragte, ob er ihnen die Ehre erweist und zu ihren Gunsten ebenfalls ein Stück Palastik in das ewige Feuer gibt.
„Ja, gerne“, und nahm sich das erste Stück aus der Truhe heraus.
Es war ein Teller, der den Jungschmied wählte, und der ihn sogleich faszinierte. Denn auch wenn er auf den ersten Blick so wirkte, so war er weder aus Ton gemacht und auch nicht aus einem Holz, das er kannte. Viel zu leicht war er dafür.
Eventuell gibt es hier nicht nur eine andere Sprache, sondern auch andere Bäume, dachte er sich dazu. Viel leichtere Bäume, Palastikbäume.
Er nahm den besagten Teller heraus und bekam von der Menge ein lautes Aufatmen als Reaktion. Etwas war falsch, wusste er da und bat mit einem Blick zu Silexa um Hilfe.
„Das ist ein sehr wertvolles Stück Palastik, musst du wissen“, erklärte sie ihm. „Wähle ein kleines und sie werden es dir ebenso danken.“
„Gerne“, sprach der Jungschmied zurück und nahm sich ein kleines Fragment, das sich nicht weniger leicht anfühlte.
Palastik ist wahrlich etwas besonderes, wusste er da, und gab die Scherbe zum Feuer hinzu.