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12 - Zylin & Bob - ein Wakaner?!
ОглавлениеDie Sonne stand voll am Himmel und wärmte die Gesichter. Ein erster feiner Herbstwind liess das hellgrüne Gras und die blau schimmernden Blätter der Bäume mit ihren violetten Baumstämmen rauschen. Deks Truppe ritt in zügigem Schritttempo auf dem geplanten Feldweg, der sie direkt zum Pass der Steinberge führte.
Zylin genoss es, wieder unter freiem Himmel zu atmen, das Pferd unter dem Sattel zu spüren und das Licht der Sonne zu sehen. Nach der jahrelangen Gefangenschaft auf Sarg in abgeschlossenen Räumen, nur mit Kunstlicht erhellt, schmerzten seine Augen zwar noch bei soviel Sonnenlicht, aber es tat gut all die Farben der Natur zu geniessen zu dürfen.
Zusammen mit Takwo auf zwei braunen Pferden bildeten Dek und Takwo die Spitze des Trupps. Hinter ihnen ein paar Soldaten, dazwischen Lastpferde, Riso, Isara und die anderen, immer zu zweien. Zuhinterst Bob, wie es Dek befohlen hatte. Cheks hatte Mitleid mit Bob und leistete ihm Gesellschaft. Manche redeten leise miteinander, andere ritten schweigend vor sich her. Als allerletzter, hinter Bob, ritt Zylin alleine, was ihm nur recht war, denn er hatte keinerlei Interesse daran, sich mit irgendwem näher bekannt zu machen, noch irgendwelchen Smalltalk zu betreiben.
Da zügelte Cheks, der Pilot, auf einmal sein Pferd um sich neben Zylin zurück fallen zu lassen. Er blickte Zylin an, dann sagte er freundlich „Hallo. Wir wurden uns noch nicht vorgestellt. Ich bin Cheks, der Pilot.“ Cheks lächelte, er hatte ein lang gezogenes, feines Gesicht. Seine Haut war braun gebrannt, beinahe schon ledrig. Man konnte erkennen, dass er wohl viel draussen unterwegs gewesen sein muss. Seine Statur war mittelgross, schmächtig und wirkte insgesamt zäh. Er wirkte gebildet und anständig, im Gegensatz zum aufbrausenden, jederzeit zu einer Rauferei bereiten Riso.
Nachdem Zylin keine Antwort gegeben hatte, fuhr Cheks neugierig weiter „Ich habe gehört, Sie waren schon einmal hier. Weswegen denn? Waren Sie in Rupes? Kennen Sie jemanden von dort?“
Zylin senkte nachdenklich den Blick, dann streichelte er über den Kamm seines Pferdes. Cheks beobachtete ihn und erwartete jeden Augenblick eine Antwort. Dieser Kerl faszinierte ihn, es umgab ihn eine geheimnisvolle Aura. Niemand wusste so recht Bescheid über ihn. Dek hatte ihnen so gut wie gar nichts erzählt über ihn. Cheks gab nicht auf, dafür war seine Neugier einfach zu gross, so schnell gab er nie auf. „Es heisst, Sie waren einmal Commander? Unter wem den? Und warum sind Sie es nicht mehr? Was ist passiert?“
Erst jetzt bemerkte Cheks, dass sich der vor ihnen reitende Riso köstlich darüber amüsierte, wie Cheks mit allen Mitteln versuchte diesem Zylin Sa ein Gespräch abzuringen. Riso blickte kurz zurück, erhielt einen strafenden Blick von Cheks, drehte sich wieder nach vorne um und kicherte kopfschüttelnd weiter. Sila neben ihm stupste Riso arg in die Seite zur Ermahnung „Du ewiger Kindskopf!“ sagte sie knapp und zügelte ebenso ihr Pferd um sich neben Cheks und Zylin einzureihen. „Na?“ meinte sie „Wie geht’s?“ dann schaute sie zum Himmel hinauf „Es wird bald Mittag sein, habt ihr auch Hunger?“ Cheks freute sich über Silas Unterstützung, schliesslich war sie die Kommunikationsverantwortliche und ihre lockere, direkte und offene Art gefiel ihm.
Nur Zylin wollte die beiden loswerden und sagte deshalb „Nein, aber vielleicht hat unser Begleiter da hinten Hunger. An eurer Stelle würde ich ihn fragen.“ Sofort drehten sich Sila und Cheks nach hinten um, dann blickten sie sich verdutzt gegenseitig an und anschliessend Zylin. „Wenn meint ihr?“ fragte Cheks „Da ist doch keiner.“ stellte Sila fest. „Er ist hinter uns, seit wir heute Morgen los geritten sind.“ antwortete Zylin. Da verstand Sila und trieb ihr Pferd an um zu Dek nach vorne aufzuschliessen, während ihr Cheks immer noch fragend hinterher blickte. Jetzt hatte dieser Kerl den Verstand verloren, halluziniert oder erlaubte sich einen Spass mit ihnen und Sila glaubte ihm offensichtlich.
Unterdessen schickte Dek Riso und einen der Soldaten zurück um ihren Verfolger ausfindig zu machen. Sie galoppierten am Trupp vorbei und verschwanden in der Ferne. „Na dann.“ sagte Cheks, zog verständnislos seine Schultern hoch und liess Zylin wieder in Ruhe. Er würde es später wieder versuchen.
Es verging mehr als eine Stunde bis Riso und der Soldat zum Trupp zurückkehrten, zusammen mit einem Jungen ebenfalls zu Pferd. Dek hatte mittlerweile eine Rast angeordnet. Sie rasteten im Schatten eines der letzten Bäume vor den Bergen. Vor sich sahen sie die hohen Steinberge, die, je näher man ihnen kam, immer grösser und bedrohlicher wirkten.
„Captain“ fing Riso an „Wir haben ihn gerade noch geschnappt, bevor er sich verstecken konnte.“ Riso und der Soldat stiegen von den Pferden und holten den Jungen runter von seinem struppeligen, kleinen weissen Pony. Sie hielten ihn an beiden Armen fest. Dek blickte den Jungen an. Der Junge musste um die 14 Jahre alt sein, er war kräftig und gross für sein Alter. Seine Haare kurz und schwarz. „Wer bist du? Wieso verfolgst du uns?“ fragte ihn Dek etwas ruppig. Der Junge schaute sich um bevor er ohne Umschweife und zu zögern Deks Blick erwiderte „Ich verfolge euch überhaupt nicht.“ „So, so.“ studierte Dek „Und wieso wolltest du dich verstecken?“ „Woher sollte ich denn wissen, dass ihr keine Mörder und Banditen seid? Hein?! Ihr seid nicht von hier und ich bin ein kleiner Junge.“ antwortete der Junge keck „Also, wer seit IHR eigentlich?“ er riss dabei seine Arme los.
Amüsiert und erstaunt über diesen fremden, mutigen Jungen erklärte Dek „Natürlich, du hast ja Recht. Es ist höflicher sich erst vorzustellen.“ Dek holte kurz Luft „Also“ fing er an „wir sind Kaufleute auf dem Weg nach Rotsand. Mein Name ist John. Das sind Takwo, Sila und Riso.“ Er blickte den Jungen weiter an, der ihm jetzt sichtlich zufrieden Antwort gab „Ich bin Kero. Ich komme gerade von meiner Tante und bin auf dem Rückweg nach Rupes.“ Kero machte eine kurze Pause „Wenn ihr wollt, zeige ich euch den schnellsten Weg über die Steinberge und begleite euch.“ Dek suchte Takwos Blick, der meinte „Warum nicht?“ und nickte, während er gleichzeitig die Schultern hob. Darauf suchte Dek nach Zylin, doch der stand neben seinem Pferd am Rand der Gruppe mit dem Rücken zu ihnen. „Na dann.“ sagte er „Lasst uns weiter reiten.“ und winkte allen zu.
Der Trupp setzte sich wieder in Bewegung. Wie zuvor hatte es Zylin nicht eilig und setzte sich an den Schluss. Dek wartete und reihte sich neben ihm ein. „Was denkst du? Sollen wir dem Jungen trauen?“ wollte er von Zylin wissen und sprach dabei so leise, dass ihn niemand sonst hören konnte. „Wie ich bereits sagte, ich würde nicht über den Steinbergenpass reiten, zu gefährlich.“ Dek nahm Zylins Antwort enttäuscht zur Kenntnis „Sturrkopf“ und trieb sein Pferd an um zur Spitze aufzuschliessen.
Für einen Moment ritten alle schweigend vor sich hin, man hörte nur die Schritte der Pferde. Es wehte immer noch ein feiner, aber jetzt immer kälter werdender Wind. Die Gegend wurde immer karger und steiniger, so langsam ging es in die Berge.
Bob interessierte sich derweil weniger für die Landschaft als mehr für Zylin. Immer wieder beobachtete er diesen Fremden, den sie aus dem Gefängnis geholt hatten. Dann gab er sich einen innerlichen Ruck und suchte Isara. „He, Isara.“ sprach er sie an und Isara drehte sich zu ihm um „Hmm, ja Bob. Was gibt’s?“ fragte sie ihn freundlich und gelassen. „Kann es tatsächlich sein, dass dieser Kerl, den Jungen gesehen hat? Sila sagte so was.“ wollte Bob wissen „Wie soll das denn gehen? Und das mit den Männern am Waldrand, wie konnte er sie sehen? So schnell einfach überwältigen? Da stimmt doch was nicht.“ Isara betrachtete Bob, zog fragend eine Augenbraue hoch und antwortete „Aber Bob, weisst du es denn nicht, Zylin Sa ist ein Wakaner, seine Sinne sind um viele Male besser ausgeprägt als unsere.“ sie machte eine Pause, sah Bob freundlich an „...und um Einiges stärker als wir. Davon hat man euch auf der Akademie bestimmt erzählt.“
Bob runzelte die Stirn, blickte mit den Augen einmal nach rechts, dann nach links, als ob er sicherstellen wollte, dass er nicht beobachtet wurde. Er schaute Isara wieder ins Gesicht um eine verratende Regung darin auszumachen und grinste „Ha!“ posaunte er stolz heraus. Mit dem rechten Zeigefinger zeigte er auf Isara „Erwischt!“ jetzt nickte er „Das ist ein Scherz und ich wäre beinahe darauf reingefallen.“ danach schüttelte er den Kopf „Es gibt keine Wakaner mehr, soviel hat man uns auf der Akademie schon beigebracht. Sie sind alle verschwunden, wenn es sie überhaupt je gegeben hat.“ Isara schmunzelte einfach. Der würde das schon noch merken, dachte sie bei sich. Riso und Takwo ritten hinter Bob und Isara, die beiden hingegen amüsierten sich köstlich, was jetzt auch Bob auffiel und ihn darin bestätigte, dass es ein Scherz sein musste.
„Also, wenn der da“ Bob deutete mit dem linken Daumen auf den am Schluss reitenden Zylin, „wenn der da tatsächlich ein Wakaner wäre, hätte er grüne Haut und Haare und Kiemen zum Atmen am Rücken.“ dabei fuchtelte Bob wichtig mit der linken Hand herum. „Naja, so grün auch wieder nicht, vielleicht eher einen Hauch grüner Färbung in Haut und Haaren. Schliesslich besteht sein Blut nur zur Hälfte aus Sauerstoff produzierenden Blutalgen und zur Hälfte aus rotem Blut wie unseres. Ich sagte ja nicht ‚Grüner Marsmensch’. “ berichtigte Isara Bobs kleinen Vortrag über Wakaner.
Und darauf platzte Riso beinahe vor Lachen, denn er amüsierte sich köstlich über Bobs Gesichtsausdruck, der verriet, dass er unschlüssiger war denn je, ob sich Isara gerade lustig über ihn machte, oder es ernst meinte. „Wisst ihr was?“ warf er schnippisch in die Runde „Ich frage ihn selbst! Von euch kann ich jedenfalls keine ernsthafte Antwort erwarten. Vielen Dank auch.“ Isara schüttelte den Kopf und Riso viel vor Lachen beinahe vom Pferd. Nur Takwo riet Bob lächelnd „Oh, das halte ich für keine gute Idee. Lass das Bob. Du hast schon genug Ärger am Hals. Isara hat Recht. Mein Rat: Mach einfach die Augen auf, du wirst es schon noch sehen.“ Bob aber winkte ab, zügelte grob sein Pferd und liess sich zu Zylin zurück fallen, gefolgt von den neugierigen Blicken Risos und Takwos.
Neben Zylin angekommen sagte Bob dann kein Wort, er versuchte lediglich etwas unter der Mantelkapuze zu erkennen. Er versuchte sich an die erste Begegnung auf Sarg zu erinnern. Waren seine Haut und Haare tatsächlich grün gewesen? Bleich hatte er schon gewirkt, aber so ohne Sonnenlicht wird jeder bleich und das künstliche Licht im Raum liessen solche angeblichen Farbnuancen nicht wirklich erkennen.
Nichts, er konnte beim besten Willen nichts erkennen. Es nervte Bob. Jetzt wollte er es wissen. Was sollte schon passieren? Schlimmer als am Abend vorher konnte es nicht werden. „Die sagen, Sie seien ein Wakaner. Ich glaub’s zwar nicht, aber bitte. Sind Sie’s?“ Wie bisher zeigte Zylin keine Reaktion. Zylin spürte Bobs Neugier und Wut. Spürte dass er es nicht beim Fragen belassen würde. Und da er diesem ungestümen, arroganten jungen Menschen bereits gestern Abend im Zelt eine hatte verpassen wollen, beschloss er, es darauf ankommen zu lassen. ‚Warten, Geduld.’
Bob sah, wie ihn Riso und Takwo nach wie vor grinsend beobachteten. Jetzt reicht’s, dachte Bob bei sich und riss Zylin blitzschnell die Kapuze vom Kopf. Allerdings nicht wirklich schnell genug, denn Zylin hielt ihn bereits grob mit einer Hand an der Kehle fest und hob den armen Bob dabei gute 10cm aus dem Sattel. Die Luft blieb weg und nur knapp konnte er einen Blick auf Zylins Haut und Haare werfen, bevor dieser mit der anderen Hand die Kapuze langsam einfach wieder hochzog. Dabei blickte Zylin weiter nach vorne, er sah gleichgültig aus und offenbar machte es ihm keinerlei Mühe, den jungen Soldaten mit einer Hand hochzuheben. Es sah mehr aus, also ob er sich eines lästigen Insekten entledigte. Und in Wirklichkeit, überlegte er nur, wie fest er zudrücken sollte. Ihm den Kehlkopf brechen?
Natürlich rüttelte Bob mit beiden Armen an Zylins Arm um den Griff um seine Kehle zu lockern, was nichts nützte. Sprechen ging auch nicht mehr, Bob blickte erschrocken und hilflos drein. Die Kraft, mit der ihn Zylin festhielt war unglaublich.
Nachdem Zylin seinen Kopf wieder bedeckt hatte, verstärkte er den Griff um Bobs Hals noch ein wenig und Bob verlor das Bewusstsein mangels Sauerstoff. Zylin liess den bewusstlosen jungen Soldaten zurück in den Sattel fallen. Wo Bobs Körper erst zusammen viel, dann langsam vom Sattel rutschte um hart auf dem steinernen Feldweg zu landen. Sein Pferd lief gemütlich ohne Reiter im Schritttempo weiter. Erschrocken rang Bob nach Luft, kaum dass er unsanft auf dem Boden aufgeprallt war und er unter Schmerzen langsam das Bewusstsein wieder erlangte. Es dauerte nicht lange und er war wieder voll bei Sinnen und bemerkte seinen scherzenden Rücken, die aufgeschürften Ellenbogen, seinen verbeulten Hintern und brummenden Schädel. Zu guter Letzt rieb er sich den empfindlich vor Schmerz pulsierenden Hals, wo sich langsam Druckstellen bildeten. „He! Halt!“ keuchte er.
Mittlerweile hatten auch ein paar andere Soldaten den am Boden sitzenden Bob entdeckt und mussten lachen. Ganz unerwarteter Weise half ihm ausgerechnet Riso wieder aufzustehen „Hättest du doch gesagt, dass du dein Mittagsschläfchen noch nicht gemacht hast.“ „Idiot!“ krächzte Bob zurück und setzte sich zerknirscht zurück auf sein Pferd. ‚Aua, Scheisse! Ich werde für die restliche Zeit Schmerzen am Arsch haben beim Sitzen! So ein Arschlosch!’ dachte Bob, während er die angenehmste Sitzposition zu finden versuchte.
„Ich hab’s dir ja gesagt.“ mahnte Takwo und wollte wissen „Und, weißt du’s jetzt wenigstens?“ „Ja, verdammt.“ brummelte Bob, sein Hals schmerzte immer mehr und er war irgendwie wütend und gedemütigt. Diese Peinlichkeit würde er diesem Zylin Sa schon noch heimzahlen. „Falls du’s noch nicht weißt: Wakaner lassen sich grundsätzlich nicht gerne anfassen. Ist eigentlich noch nett, hat er dich die Kapuze runterziehen lassen. Du kannst Mike fragen, wenn du mir nicht glaubst.“ klärte Tawko Bob auf und Mike nickte heftig zur Bestätigung von Takwos Worten.
Die Regelmässigkeit der Pferdeschritte wirkte beruhigend. Die Truppe hatte den Schatten der Berge erreicht. Es wurde zunehmend kälter. Das Gerede unter den Soldaten verstummte allmählich. Es wurde steiler.
Zylin hatte es dabei belassen, Bob vom Pferd fallen zu lassen. Ihn mehr zu verletzen hätte die Situation zu sehr verkompliziert. Und zudem hatte Zylin bemerkt, dass er von Kero erstaunt beobachtet worden war. So ein Junge sollte nicht dabei zusehen müssen, wie er jemandem die Kehle zudrückt. Obwohl der Junge mehr staunend als erschrocken zusah. Solche Gewalt tut einem jungen Geist jedenfalls nicht gut, war Zylins Meinung und eigentlich war er kein gewalttätiges Ungetüm. Seine Wut hatte grösstenteils abbauen können und Bob würde sich für die nächste Zeit von ihm fernhalten.