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4 - Zylin & Bob - Willkommen im Team
ОглавлениеDiesmal war es ein Jagdgleiter, der am frühen Morgen auf dem Landefeld des Hochsicherheitsgefängnisses Sarg landete. Es war wie üblich kalt und windig.
Die Triebwerke des Jagdgleiters schalteten sich aus und eine seitliche Ausstiegstreppe fuhr herunter. Vier Personen in Zivilkleidung stiegen aus. Es waren Captain Dek, sein Assistent Bob, eine etwas kleinere Frau und ein Brocken von einem Mann. Die vier gingen in Richtung Hauptgebäude, wo sich im selben Moment ebenfalls die Tür öffnete und ein kleiner Trupp bewaffneter Wärter herauskam. Erst als sich die beiden Gruppen gegenüberstanden konnte man zwischen den Wachen einen Gefangenen in Ketten erkennen: Zylin Sa. Er trug vorschriftsgemäss einen Satz Transporthände- und Fussfesseln, inklusive Mundfessel, an welcher hinten am Kopf eine weitere Kette befestigt war, die vom hinter Zylin gehenden Wärter gehalten wurde, eine Art Führleine.
Zylin trug keine weisse Gefangenen-Kleidung mehr, sondern offenbar seine eigenen Sachen. Schwarze Hosen, schwere Stiefel und ein dunkelbraunes, anliegendes Oberteil ohne Ärmel. Ein weiterer Wärter neben Zylin trug eine schwarze Tasche, die wohl Zylins Habseligkeiten beinhaltete. Bob schluckte und stellte erschrocken fest, dass der Kerl in dieser Kleidung und von so nahe noch bedrohlicher wirkte als bei seinem Besuch vor 3 Tagen. Wie eine hirnlose Kampfmaschine, fand Bob. Sah kurz zu Riso um sich seine Einschätzung zu bestätigen. Ja, das war auch so einer.
Der Trupp wurde vom Gefängnisleiter Paul angeführt, der freundlich seinen alten Freund John Dek mit einem Händeschütteln begrüsste „Guten Morgen John.“ „Guten Morgen Paul.“ antwortete Dek, er deutete kurz auf die Leute bei ihm „Mein Assistent Bob Miller, kennst du ja bereits. Isara Peters unsere Ärztin und Riso Risajamo, ein wirklich guter Mann.“ Paul nickte den Dreien zu „Guten Morgen.“ dann wendete er seinen Blick wieder zu Dek, welcher sagte „Danke, dass ihr so pünktlich seid.“ er blickte dabei auf seine Uhr. „Kein Problem.“ gab Paul zurück.
„Hier“ er streckte Dek ein ComputerPad hin „wenn du mir das noch quittieren könntest... Ich sollte belegen, wem ich meine Schützlinge ausleihe. Er ging schon einmal im Bürokratendschungel verloren musst du wissen, dass soll sich nicht wiederholen.“ Dek machte drei Kreuze anstelle einer Signatur auf das ComputerPad. Paul betrachtete die Kreuze „Wirklich witzig.“ er streckte Dek das Pad nochmals zu, statt es zu nehmen, reichte er ihm allerdings einen Umschlag „Hier, für deine Unterlagen. Mehr kann ich dir leider nicht geben. Anweisung von oben.“ Paul nahm den Umschlag, schüttelte den Kopf „Na dann. Wie gesagt, ich bin froh nicht mehr bei euch mitzumachen. Immer diese halbilegalen Mauscheleien. Wie hältst du das nur aus.“ er deutete einem Wärter die Tasche zu bringen „Hier, das sind seine Sachen.“ Bob nahm die schwarze Tasche entgegen „Danke.“
„Weisst du John“ fing Paul an „eigentlich bin ich froh, den Kerl los zu sein, wenn auch nur für eine Weile. Im letzten halben Jahr hat er trotz Einzelhaft in Abteilung 3 mehr als 15 Männer auf die Krankenstation gebracht und davor…ich will gar nicht dran denken.“ er machte eine Pause „eigentlich weiss auch niemand, warum er überhaupt hier ist. Man hatte ihn vor meinem Amtsantritt bei Nacht und Nebel einquartiert und den Schlüssel weggeworfen, sozusagen. Ich meine, wir haben schon eine Akte, von wegen desertiert und Mord. Aber das Ganze wirkt“ „Paul“ unterbrach Dek „ich weiss, aber wir müssen wirklich los. Vielleicht an andermal.“
Paul verstand sehr wohl und fing an zu Lächeln „Ja, ja. Das hast du das letzte Mal auch gesagt und dann vergingen über 8 Jahre.“ er wedelte dabei mit dem Zeigefinger vor Deks Gesicht herum, bevor er weiterfuhr und aufhörte zu wedeln „Aber schon gut. Ich frag mich gerade nur: Kommst du auch wirklich klar mit ihm? Wirklich wohl ist mir bei der Sache nicht, der Kerl ist gefährlich und unberechenbar.“ wollte Paul besorgt wissen „Keine Angst. Vertrau mir, ich weiss schon was ich tue.“ antwortete Dek gewohnt abgeklärt und ruhig.
Dek winkte Riso und Isara zu, Zylin zu übernehmen. Riso und Isara liefen vorbei an Paul und Dek zum Gefesselten. Bei Zylin angekommen zog Isara etwas nervös ein Halsband hervor und wollte es Zylin anlegen. Zylin wich reflexartig einen Schritt rückwärts, Riso packte ihn am linken Arm, worauf Zylin sofort Anstalten machte sich aus Risos Griff zu befreien.
Als Antwort darauf zog der Wärter hinter Zylin an der Kette, die an der Mundfessel befestigt war. Irgendwie schaffte er es, gegenzuhalten. Der Ruck war so heftig gewesen, dass er eigentlich hätte nach hinten umfallen müssen. Der Wärter schien nicht überrascht. Machte sich im Gegenteil für einen weiteren Ruck bereit, die ganze Situation lief plötzlich Gefahr ausser Kontrolle zu geraten.
Schnell legte Isara beruhigend ihre Hand auf die Kette um einen weiteren Ruck daran zu verhindern, sie hielt fest und warf Riso einen ermahnenden Blick zu „Schon gut! Schon gut! Mein Fehler.“ sie blickte kurz in Zylins Gesicht, dann zum Wärter an der Kette „Hört auf. Lasst ihn! Es war mein Fehler.“ wieder ein Blick zu Riso. Er verstand, lockerte seinen Griff, während der Wärter noch unsicher schien. Der Wärter blickte zu Martin neben Paul, der ihm bestätigend zunickte. Riso und der Wärter entspannten sich, die Kette hing wieder durch.
Isara atmete auf, wartete kurz, dann sagte sie zu Zylin, während sie ihm das Halsband zeigte „Verzeihen Sie meine unüberlegte Eile von vorhin. Das ist ein gewöhnliches Senderhalsband mit Betäubungs- und Sprengeinheit, wie Sie es sicher kennen. Es ist Vorschrift, ich werde es Ihnen jetzt anlegen.“
Sie wusste eigentlich, dass Zylin auf körperliche Annäherungen sehr empfindlich reagierte. Erst recht, wenn man ihn anfassen wollte. Das wusste sie eigentlich. Sie hätte von vornherein erst informieren sollen, dachte sie, aber sie war nervös und hatte für einen Moment nicht nachgedacht, nicht aufgepasst.
Nun war sie jedenfalls froh, dass sie die Situation so schnell hatte entspannen können und legte Zylin das Halsband ohne weitere Störungen ganz ruhig an, er liess es argwöhnisch über sich ergehen.
Natürlich hatte sich die Szene unter der angespannten Beobachtung aller Anwesenden abgespielt und Paul zog kommentarlos kopfschüttelnd einen Magnetschlüssel aus seiner Hosentasche. Er überreichte ihn Dek „Hier, dann gehört er jetzt euch. Viel Glück, mein alter Freund.“ er machte eine kurze Pause, fragte nochmals ganz leise „Und du bist dir wirklich sicher?“ Dek gab ihm einen leicht vorwurfsvollen Blick zur Antwort der klar machte, dass er sicher war und die Frage für überflüssig hielt. Paul verstand, klopfte Dek ermutigend auf die Schulter, nickte kurz, schob sich seine Brille auf der Nase zu recht und drehte sich um. Mit der Hand deutete er seinen Wärtern es ihm gleich zu tun und der gesamte Trupp lief zurück zum Gefängniseingang. Der letzte hängte unter Martins Aufsicht vorsichtig die Kette der Mundfessel aus, packte sie ein und ging ebenfalls.
Unterdessen hatten Isara und Riso den gefesselten Zylin je einer links und rechts am Oberarm gegriffen. Ohne die Fesseln zu lösen gingen sie mit ihm zum Jagdgleiter. Dek und Bob unmittelbar hinter ihnen.
Martin Herren, der Sicherheitsleiter der Anstalt war solange stehen geblieben, hatte beobachtet. Schien alles zu funktionieren, ein komisches Gefühl, die Verantwortung abzugeben, jedes Mal. Besonders bei diesem Gast. Zu sich selbst nickte er, dann ging auch er zurück. Ein klein wenig erleichtert, musste er zugeben.
Der schlanke Jagdgleiter bot gerade genug Platz für 8 Personen, einen Extraplatz für den Arzt, eine Liege für einen Verletzten und etwas Material. Auch war es düster im Inneren des Gleiters, denn es gab keine Seitenfenster, nur ein paar kleine LED-Lämpchen die gerade genügend Licht spendeten.
Der Pilot, Cheks, sass bereits auf seinem Platz und wartete darauf, den Gleiter zu starten. Sila und Takwo halfen Isara, Riso und Zylin in den Gleiter zu steigen, nahmen Bob die Tasche ab, setzten sich anschliessend auf ihre Plätze und schnallten sich an.
Kaum waren alle im Gleiter, schloss Cheks, nach einem kurzen Kontrollblick über die Schulter in den Passagierraum, die seitliche Treppe und zündete die Triebwerke. Isara hatte ihren Platz ganz hinten, da sie die Ärztin vom Team war.
Dek sagte ganz trocken an Zylin gerichetet „Willkommen im Team, vorstellen könnt ihr euch selbst.“ setzte sich neben Cheks im Cockpit auf den Copiloten-Platz nachdem er Bob noch den Magnetschlüssel für Zylins Fesseln gegeben hatte und ihn anwies diese damit auch zu lösen.
Bobs Platz war gegenüber Zylins. Zylin selbst sass zwischen Sila, einer gross gewachsenen, kräftigen Soldatin und Riso. Neben Bob hatte Takwo, ein älterer Soldat, Platz genommen. Takwo begutachtete das neue Teammitglied mit Adlersaugen um irgendwie schlau aus diesem zu werden. Denn wie alle hier, wurde auch ihm nur mitgeteilt, dass sie Zylin begleitete um nach Rupes zu kommen, mehr nicht. Diese mageren Angaben waren typisch für Captain Deks Sondereinsätze, daher liess er es einfach auf sich zukommen, wie immer. Täte er es nicht, hätte ihn Dek nicht mitgenommen, so einfach.
Bob stand also als Einziger noch mitten im Raum und musste mit dem Gleichgewicht ringen als Cheks den Jagdgleiter ziemlich ruppig vom Boden hochzog. Um das Gleichgewicht nicht zu verlieren, musste sich Bob hastig irgendwo festhalten.
Endlich im luftleeren Raum bewegte sich der Gleiter nur noch gleitend und ruhig, sodass sich Bob ohne weitere Verzögerung seiner Aufgabe widmen konnte. Riso grinste ihn schadenfroh an „Soll ich dir helfen?“ „Halt die Klappe, Riso!“ schnauzte Bob zurück.
Bob war der absolute Neuling in der Gruppe und wurde wegen seiner Unerfahrenheit bereits ständig geneckt, insbesondere von diesem Muskelklotz Riso. Das ärgerte ihn, aber er würde es allen zeigen! Das hatte sich Bob fest vorgenommen.
Bob nahm seinen Mut zusammen um Zylin erst einmal das Mundstück zu lösen, was schwieriger war als gedacht, denn seine Hände zitterten. Irgendwie war er sehr nervös. Und das in Zylin dabei so ansah, machte es nicht besser. Diese Augen! Als ob er damit töten könnte. So direkt. Durch ihn hindurch. Der arme Bob musste sich alle Mühe geben es sich nicht anmerken zu lassen. Dieser Kerl war ihm unheimlich, und wenn er an die Szene im Besuchsraum von vor 3 Tagen dachte, schauderte es ihm... er machte sich jedenfalls darauf gefasst, beim kleinsten Anzeichen sofort zurückzuweichen um keine Kopfnuss oder Sonstiges zu kassieren.
Vorsichtig löste er also an Zylins Hinterkopf das Schloss der Mundfessel. Nahm Zylin langsam und vorsichtig die Stange aus dem Mund. Er beobachtete Zylin, wie er den Unterkiefer hin und her bewegte um ihn zu lockern. Stellte sich vor, wie unangenehm so ein Ding im Mund sein musste. Dass das überhaupt ging. Dann blickte ihn Zylin wieder direkt in die Augen, Bob erstarrte innerlich, ohne dass er es wollte und hielt die Luft an. 'Mist, er hat gemerkt, dass ich ihn anstarre!!' Bob schluckte. Eine dieser Pausen entstand, bei der man das Gefühl hatte, die Zeit würde einfrieren. Was nun?! war die Frage, die im Raum hing.
Es geschah nichts. Mit seiner tiefen, wirklich beeindruckend fester Stimme sagte Zylin schliesslich nur „Danke.“ und das nicht einmal unbedingt laut. Bob atmete aus und Riso fing an schallend zu lachen „Schade wie? Da kam weder Feuer noch ein Blitzstrahl heraus!“ Riso lachte Tränen, hielt sich den Bauch, bis ihm Takwo von gegenüber mit dem Schuh eine ans Knie knallte und fluchte „Lass das, wir sind nicht im Kindergarten! Für dich war es auch einmal das erste Mal im Aussendienst. Trottel!“ und zu Bob sagte er ebenso grob „Jetzt mach schon vorwärts, du Weichei und setz dich hin verflucht. Das ist doch nicht die Möglichkeit.“
Bob machte sich daran die Handfesseln von Zylin zu lösen, welche ihm dieser bereits unaufgefordert entgegenhielt soweit es die Ketten zuliessen. Jetzt deutlich schneller, öffnete Bob die beiden Handfesseln und starrte auf Zylins Handgelenke, die von den Fesseln blutig gescheuert waren. „Was ist das denn?“ fragte Bob „Wie lange tragen Sie diese Handfesseln schon?“ Zylin nahm dem verdutzten Bob leicht genervt den Magnetschlüssel ab, gab als Antwort auf dessen Frage nur ganz knapp „Lange genug“ und beugte sich zu seinen Fussfesseln hinunter um auch diese zu endlich abzunehmen. Denn, auch wenn man es ihm nicht wirklich ansah, aber die letzten Tage mit den verlängerten Aktivphasen hatten ihm, wie von Martin erwünscht, tatsächlich mehr Kraft abverlangt wie sonst und er war hundemüde. Die verletzten Handgelenken waren sein kleinstes Problem.
Nachdem er die Fussfesseln gelöst hatte, richtete er sich wieder auf, streckte Bob den Schlüssel hin und bat um seine Tasche. Ohne weitere Worte reichte ihm Bob die schwarze Tasche, die er vorhin entgegengenommen hatte. Sie war nicht schwer und kaum was drinnen. Neugierig von seinem jungen Aufpasser beobachtet, nahm Zylin seine Tasche entgegen, ohne etwas zu sagen. Wer war dieser unheimliche Kerl? fragte sich Bob ununterbrochen. Welche Geheimnisse versteckten sich wohl hinter diesem Mann, der einmal Commander gewesen sein soll? Ein für ihn so weit entferntes Ziel. In was für einem merkwürdigen Spiel befand er sich hier? Fragen über Fragen und keine Antworten. So hatte er sich seinen ersten Ausseneinsatz definitiv nicht vorgestellt.
Während Bob so in seinen Gedanken versunken da stand, öffnete Zylin seine Tasche und nahm ein kleines dunkelgrünes Samtsäckchen heraus. Das Säckchen enthielt ein oranges Pulver, womit sich Zylin seine von den Fesseln wundgescheuerten, blutenden Handgelenke einrieb. Anschliessend krempelte er sein rechtes Hosenbein hoch, darunter kam eine stark blutende Schnittwunde in der Wade zum Vorschein, die er sich ebenfalls mit dem orangenen Pulver einrieb, dann das andere. „Das ist reines Steintränenpulver, nicht wahr?“ fragte Isara erstaunt von ihrem Platz aus „Wir kriegen das immer nur verarbeitet oder verdünnt zu kaufen. Ich habe noch nie reines Pulver gesehen. Das ist sehr wertvoll! Woher haben Sie das?“ Zylin hatte kein Interesse an irgendwelchen Gesprächen und ignorierte Isaras Fragen einfach, versorgte auch sein anderes Bein, schloss dann das Säckchen wieder und stellte es neben sich auf den Boden.
Ausser Dek und Bob, war Isara die einzige im Team, die Zylins Bekanntschaft bereits vorher hatte machen dürfen und sie hatte ihn nicht als sehr gesprächig kennen gelernt. Daher erwartete sie auch keine Antwort auf ihre Frage. Und seine Gefängnisverletzungen überraschten sie ebenfalls kein Bisschen, sie wusste bereits von deren Existenz und hätte Zylin Hilfe beim Verarzten gewollt, hätte er es gesagt. Also lehnte sie sich entspannt wieder zurück und schloss die Augen.
Im Gegensatz zu Bob, er stand fassungslos mit immer offenerem Mund da und hatte Zylin beim Versorgen seiner Wunden schockiert beobachtet. Als er sich endlich aus seiner Erstarrung lösen konnte, ging er zum Cockpit um Captain Dek zu sprechen. „Captain...“ fing er entrüstet an „...das müssen wir melden!“ Dek öffnete die Augen, drehte sich um und sah Bob an „Bob, beruhige dich.“ sagte er ruhig „Was ist denn los? Was müssen wir melden?“ und Bob antwortete „Captain, Sa ist verletzt und seine Wunden wurden nicht versorgt. Das müssen wir der Aufsicht melden! Selbst wenn er der gefährlichste und unfreundlichste Mensch im Universum ist, er musste seine Handfesseln definitiv zu lange tragen und eine Schnittwunden an den Beinen wurde nicht einmal erstversorgt. Regeln sorgen für Ordnung und Gerechtigkeit, sie müssen eingehalten werden. Was, wenn sich das entzündet hätte? Er hätte sein Bein verlieren können!“ Bob atmete immer schneller „Captain, bei allem was Recht ist. Das ist nicht in Ordnung und definitiv gegen die Regeln. Und Captain“ Bob machte eine wichtige Pause "Captain, er stinkt. Offenbar durfte er sich nicht einmal waschen!" Dek begriff was ihm Bob gerade mitgeteilt hatte, schmunzelte ein wenig und drehte sich wieder um, nachdem er kurz festhielt „Bob, es gibt noch Vieles, was Du nicht weisst. Es ist nicht immer alles ‚schwarz’ oder ‚weiss’. Jetzt setz dich, ruh dich aus, wir haben noch 10 Stunden Flug vor uns.“
Entsetzt, verdutzt und fassungsloser denn je folgte Bob Deks Anweisung und nahm Platz auf seinem Sitz. Seine Welt brach gerade ein grosses Stück zusammen. Dafür hatte er jetzt ein wenig Mitleid mit ihrem fremden, furchteinflössenden Begleiter. Bob fragte sich, ob er Zylin vielleicht zu vorschnell Unrecht tat mit seiner Meinung über ihn?
Zylin hatte sich unterdessen um jedes Handgelenk ein braunes, ledernes Armband gelegt, als Schutz für die verletzte Haut und gegen neue Verletzungen. Viele Nahkampfsoldaten trugen solche Armbänder, da das Handgelenk ein sehr exponierter Körperteil war, insbesondere bei Nahkämpfen. Nach den Armbändern nahm er ein Haarband aus der Tasche, womit er seine langen, unfrisierten ziemlich wild wirkenden Haare flink zu einem lockeren Haargeflecht zusammenband. Dann nahm er zwei Dolche aus der Tasche. Er schnallte sich je einen um den Oberschenkel mit einem schwarzen Lederhalfter, auf der schwarzen Hose waren die Waffen kaum mehr erkennbar. Als letztes zog er einen langen schwarzen Kapuzenmantel aus der Tasche, in welchem er das Säckchen mit dem Steintränenpulver verstaute. Um sich den Mantel anzuziehen, stand er kurz auf, worauf sich Sila, Riso, Takwo und Bob sofort anspannten und die Hand an Ihre Schusswaffen bereitlegten um bei Bedarf schnell reagieren zu können, falls sie von Zylin angegriffen würden oder so.
Aber wie Dek insgeheim vermutet hatte, dachte Zylin im Augenblick keines Wegs daran irgendwelche Schwierigkeiten zu bereiten. Dafür nahm Zylin die angespannten Soldaten eher amüsiert zur Kenntnis ‚Keine Ahnung’ dachte er, streifte sich den Mantel über und setzte sich. Es dauerte einen Moment ehe sich die anderen gänzlich entspannen konnten, eigentlich solange, bis sich Zylin wie alle angeschnallt hatte.
Zu guter Letzt informierte Bob Zylin leise und ganz scheinheilig nett „Wir haben etwa 10 Stunden bis zur Landung auf Steinwelten. Ich schlage vor, Sie nutzen die Zeit um sich auszuruhen.“ Zylin machte es sich auf seinem Sitz so gemütlich wie nur möglich, schloss die Augen und antwortete „Endlich mehr als 3 Stunden durchschlafen. Was dachtest du denn, was ich vorhatte.“ „Wie meinen Sie das: ‚endlich mehr als 3 Stunden am Stück schlafen?’“ hackte Bob schon wieder überrascht und neugierig nach.
Als Zylin darauf keine Antwort gab, sondern tatsächlich zu schlafen schien, wollte ihn Bob an der Schulter rütteln und mit „He...“ aufwecken, als ihn eine Hand am Arm zärtlich davon abhielt. Es war Isara, die sich neben Bob gesetzt hatte „Lass ihn.“ flüsterte sie leise „Weißt du, ich habe in Sarg gearbeitet und...“ sie stoppte „Ja? Was und...?“ forderte Bob Isara ungeduldig auf weiterzureden. „Na ja, ich musste während ein paar Jahren in allen Gefängnissen den gesundheitlichen Zustand der Insassen untersuchen und dokumentieren. War so ein Untersuchungsprojekt der Medizinische Abteilung.“ Isara machte eine Pause „Und was soll das heissen?“ fragte Bob. Isara überlegte „Verstehst du? Ich war in Sarg. Und...„ wieder hielt Isara einen Moment lang inne „Eigentlich darf ich das gar niemandem anvertrauen, aber du bist neu und ich hoffe, du behältst es für dich.“ Bob nickte heftig „Ja, natürlich.“ versicherte er ihr.
Isara holte tief Luft und flüsterte „Bob, so ein Gefängnis ist eine Welt für sich. Die Gefangenen haben nichts mehr zu verlieren, sie sind ja schon im Gefängnis. Dann noch in Sarg. Ich meine, schlimmer geht’s nicht.“ Bob hörte aufmerksam zu „Es gibt viel Gewalt und viele Verletzungen.“ Isara schüttelte den Kopf „Es ist unglaublich. Wärter wie Gefangene reizen sich ständig. Und Paul, der Gefängnisleiter, ist wirklich in Ordnung. Es geht ihm immer um die Sicherheit aller, nicht nur um die der Wärter.“ sie sah Bob in die Augen „Nicht das du mich falsch verstehst, ich finde das auch nicht gut, aber bevor er Zylin in Sicherheits-Einzelhaft gesteckt hatte, gab’s fast tägliche blutige Auseinandersetzungen.“ sie rutschte noch näher an Bob heran und wurde noch leiser „Angeblich soll eines Tages einer der Wärter beschlossen haben, Zylin müsse sein Haarband aus Sicherheitsgründen abgeben und wie du dir bestimmt vorstellen kannst, gab es Zylin nicht her. Er soll den Wärter getötet haben.“ sie hob die Schultern „...nur so konnte es sich offenbar beruhigen: Zylin komplett fixiert und künstlich ernährt und den Wärtern näherer Kontakt untersagt. So alle 3 Stunden werden dort die Strafgefangenen mit Strom behandelt um die Muskulatur zu erhalten, damit sie gesund bleiben, aber geschwächt sind von der Anstrengung, was durch den Schlafentzug noch gefördert wird. Zur Sicherheit. Ein geschwächter Gefangener ist einfacher zu handhaben als ein fitter, verstehst du?“ Isara kniff ihre Augen zusammen, als ob sie sehen wollte, ob ihr Bob auch glaubte, aber Bob hörte einfach nur sprachlos zu „An ein oder zwei Tagen im Monat und für meine Untersuchungen konnte er sich etwas frei bewegen. Und stell dir vor, das seit mehreren Jahren. Er muss völlig übermüdet sein. Normalerweise wird ein Gefangener nämlich nur zur Strafe für ein oder zwei Tage dieser Tortur ausgesetzt.“
Bob blieb wie versteinert sitzen, ob sich Isara einen Scherz mit ihm erlaubte, aber sie fuhr in sehr ernstem Tonfall fort „Ich vermute die Schnittwunde am Bein ist auch irgend so etwas. In Sarg dokumentierte ich viele solcher merkwürdigen Verletzungen. Und Bob, mal ehrlich, wenn kümmert ein Kratzer am Bein eines Kriminellen den sowieso alle vergessen hatten?“
Jetzt ging Bob der Tag durch den Kopf, an dem er und Captain Dek Zylin in Sarg besucht hatten und der Wärter ohne zu Zögern Zylin mit einem Messer am Hals verletzt hatte. Bob dachte nach und konnte trotzdem nicht wirklich glauben, was ihm Isara da erzählte und fragte flüsternd „Isara, aber woher willst du das alles denn wissen, du warst nicht für mehrere Jahre lang da? Sowas überlebt doch keiner.“ Isara war bereits auf dem Weg zurück an ihren Platz, drehte nochmals den Kopf, zuckte mit den Schultern und antwortete Bob kurz und bündig „Ich fragte ihn einfach, nachdem ich seinen Zustand und die Wunden gesehen hatte.“ Damit drehte sie sich endgültig um und setzte sich auf ihren Platz zwischen den Kisten, Regalen und einer Schrage für einen eventuell Verletzten, schnallte sich an und schloss die Augen.
Isara lächelte innerlich ganz stolz, denn was Bob vielleicht anhand der Personaldossiers wusste, aber aufgrund seiner Unerfahrenheit offenbar nicht wirklich realisiert hatte, war, dass diese Mission auch für sie, der erste richtige Ausseneinsatz überhaupt war. Zudem hatte sie sich nicht freiwillig gemeldet, sie zählte sich eigentlich mehr zum Typ „Labormaus“ und arbeitete bisher immer nur als Ärztin in der medizinischen Abteilung, aber Dek wollte sie unbedingt dabeihaben. Sie war unsicher. Doch dieser kleine Wissensvorsprung über Zylin machte sie jetzt unheimlich stolz. Zylin war verschlossen, nur hin und wieder hatten sie sehr gute Gespräche geführt, das kam ihr jetzt zugute. Vermutlich forderte sie Captain Dek deswegen an. Gut gelaunt und zufrieden schlief Isara ein.
Verdutzt betrachtete Bob Isara eine ganze Weile lang. Was sie wohl meinte mit ‚sie habe ihn gefragt’? Er war auch in Sarg gewesen und so etwas erzählt dieser Typ ganz bestimmt nicht einfach irgendjemandem. So ein Blödsinn! Wem oder was sollte er noch glauben? Er drückte sich ganz in seinen Sitz hinein, blickte den schlafenden Zylin gegenüber an und versuchte wie alle etwas Schlaf zu finden, was angesichts seiner aufgeregten Stimmung und der vielen ungeklärten Fragen in seinem Kopf gerade sehr schwer war.
Es wurde still im vom Autopilot geflogenen Jagdgleiter, nur noch das leise Rauschen des Antriebs und ab und zu ein Schnarchen waren zu hören.