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1 - Mara & Boris - Befreit

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Dunkel, tiefschwarze Nacht trotz sternenklarem Himmel. Neumond. Nur die auffällig blinkenden Lichter der Fluglandebahn und zwei kleine Strassenlampen, die auf den Gleiterparkplatz leuchteten, liessen einen Ausschnitt der kargen Gebirgs-Umgebung erkennen. Ein kalter Wind wehte einem ums Gesicht und man hatte das Gefühl, das Gesicht friere ein, würde man zulange dieselbe Mimik beibehalten.

Ein einziger Transportgleiter stand mit geschlossener Rampe auf dem Feld und wartete auf seine Passagiere. Eine Tür des im Dunkeln kaum sichtbaren Hangars öffnete sich quietschend und ein schwarz gekleideter Mann erschien. Er war gross gebaut und bis auf die Zähne bewaffnet. Ein Gewehr in der Hand, eine Pistole am Gürtel, ein Schlagstock, Messer und Funk. Vorsichtig nach links und rechts blickend, trat er aus dem Licht im Inneren des Hangars heraus, gefolgt von einem weiteren bewaffneten Mann. Einen Moment später standen fünf schwarz gekleideter Männer vor der Tür. Alle mit starrem, konzentrierten Blick und leicht gerunzelter Stirn.

Erst einen ewig scheinenden Moment später erschien der Grund für dieses Aufgebot an Waffen: Ein gross gebauter Mann in schmutziger Kleidung. Er war an Händen und Füssen gefesselt und wurde von zwei weiteren schwarz gekleideten Männern an den Armen festgehalten. Sein Gesicht wirkte müde. Sein Blick auf den Boden gerichtet. Hinter ihnen folgten nochmals fünf bis auf die Zähne bewaffnete Männer. Den Schluss bildete eine schmächtige, unscheinbare Person in einem grauen Anzug mit Aktenkoffer. Ein kurzes, zustimmendes Nicken, die Tür schloss sich und die Gruppe setzte sich Richtung des wartenden Transportgleiters in Bewegung. Alles geschah ganz ruhig per Handzeichen, nur die Schritte auf dem Asphalt der Landebahn waren zu hören. Kein Wort.

Die Anspannung der bewaffneten Männer war greifbar. Sie bewegten sich rasch auf den Gleiter zu. Der Gefangene konnte mit den gefesselten Füssen nur schwer Schritt halten, er trippelte, die Ketten rasselten. Unweigerlich verliessen die Männer den Schutz der ersten Strassenlampe. Sie beeilten sich um in den Schein der zweiten zu gelangen, welche unmittelbar beim anvisierten Ziel, dem Transportgleiter, den Boden beleuchtete.

Immer wieder blickten die Männer nervös nach links und rechts, sie versuchten alles zu sehen, jeden Winkel des Flughafens im Griff zu haben. Der Wind verhinderte, dass Sie eventuelle Angreifer hören konnten. Sie beschleunigten nochmals ihre Schritte. Die Stimmung wurde zunehmend hektischer, je weiter sie sich vom Hangar entfernten. Die anfängliche Ruhe war weg. Ein heftiger Windstoss von vorne liess die Männer ihre Arme reflexartig schützend vor die Gesichter heben, denn der Wind war bitterkalt. Ein leises Gebrummel rauschte durch die Gruppe. "So eine Saukälte!", "Ich hasse so was!", "Verdammt nochmal!" Der vorderste Mann beendete das Gebrummel "Schscht!"

Wieder Stille. Sie gingen weiter.

Kaum hatten alle den Lichtstrahl verlassen, „dumpf!“, hörten sie einen Aufprall, als ob ein schwerer Sack zu Boden gefallen war. Sofort blieben alle stehen und drehten sich in die Richtung um, von wo der Aufprall gekommen war. Nochmals „dumpf!“ aber diesmal aus der anderen Richtung, wieder drehten sich alle um. Hilflos schoss einer der bewaffneten Männer ins Dunkel. "Idiot!" schimpfte ein anderer. Mittlerweile hatten alle erkannt, dass schon zwei von ihnen am Boden lagen. Der gefürchtet und erwartete Angriff! Der Mann im Anzug rückte ängstlich zur Mitte der Gruppe hin auf. Dabei schenkte er dem Gefangenen einen kurzen abschätzigen Blick.

Vorsichtig und langsam bewegten sich alle weiter und liessen ihre Kameraden am Boden liegen. Sie mussten den Transportgleiter erreichen. Irgendetwas huschte vorbei und noch ein „dumpf!“. „Zeigt euch, ihr Feiglinge!“ rief jetzt einer der Männer, die den Gefangenen festhielten, ins Dunkel hinaus. Der Gleiter war nur noch wenige Meter entfernt, seine Einstiegsrampe öffnete sich geräuschlos und die Lichter schalteten sich ein. Eigentlich hatten sie es beinahe schon geschafft.

Dunkel, eine tiefschwarze Nacht trotz sternenklarem Himmel. Neumond. Nur die auffällig blinkenden Lichter der Fluglandebahn und zwei kleine Strassenlampen, die auf den Gleiterparkplatz leuchteten, liessen einen Ausschnitt der Umgebung inmitten hoher Berge erkennen. Ein einziger Transportgleiter stand auf dem Feld und wartete mit eingeschaltetem Licht und offener Rampe auf seine Passagiere, die nicht kommen würden, da sie bewusstlos auf der Fluglandebahn verteilt am Boden zwischen Hangar und Gleiter lagen. Der Gefangene und der Koffer des Mannes im grauen Anzug waren verschwunden.

Niemand hatte den zweiten Gleiter bemerkt der hinter dem bereits Wartenden im Dunkeln gelandet worden war. Mara zerrte den Gefangenen, ihren Adoptivvater Boris, samt Fesseln so schnell als möglich und ziemlich unsanft in eben diesen zweiten Gleiter hinein.

Im Inneren warteten bereits ungeduldig ihre beiden Freunde Ilrimi und Aron. Ilrimi, ein kleiner, hagerer Kerl mit bleicher Haut, kurzem schwarzem Haar und Brille sass im Cockpit und startete so rasch er konnte die Maschinen um abzuheben, während Aron, ein grosser, junger Mann mit athletischem Körperbau und schulterlangem braunen Haar, Mara half. Zusammen mit Mara zehrte er Boris in den Gleiter und bewachte anschliessend den Eingang, bis die Tür geschlossen war. Weil Boris ziemlich ruppig in den Gleiter gezerrt worden war, lag er ziemlich unglücklich auf dem Boden und konnte wegen der Fesseln nicht selbst aufstehen. Also wartete er geduldig, bis ihm Mara und Aron die Fesseln abgenommen hatten und wurde, kaum dass er wieder auf den Beinen stand, stürmisch von Mara umarmt. Eine mittelgrosse, sportlich gebaute Frau, Anfang 30, mit kurzem braunen Haar und sehr freundlichem, offenen Wesen.

Bin ich froh, dass es dir gut geht. Ich hatte solche Angst.“ sagte Mara erleichtert und umarmte Boris weiterhin. Noch etwas überrumpelt von seiner unerwarteten Befreiung, löste sich Boris aus Maras Umarmung „Ich freue mich auch euch zu sehen.“ fing er an „Hast Du die Soldaten etwa getötet?“ wollte er aufgebracht wissen.

„Hein?“ verständnislos schüttelte Mara ihren Kopf. Zeigten ihm dann aber ihr linkes Handgelenk, an dem eine kleine Mechanik mit einer Nadel befestigt war. „Äh, nein. Natürlich nicht! Was denkst du denn? Ich bin doch nicht Koron. Ilrimi hat dieses Ding konstruiert. Sehr praktisch, ich habe es mit einer Tinktur aus Steintränen und Baumrinden gefüllt. Ein kleiner Stich und weg. Die werden zwar ziemliche Kopfschmerzen haben wenn sie aufwachen, aber mehr nicht. Ich hab’s selber ausprobiert.“ Dann sie sah Boris fragend in die Augen „Mich würde allerdings viel mehr interessieren, was die von dir wollten?“ Aron stellte sich neben Mara und verschränkte wichtig die Arme.

In diesem Moment verliess der Gleiter den Planetenschatten und die Morgensonne schien direkt von vorne in den Gleiter hinein. Der gesamte Innenraum wurde vom warmen Sonnenlicht hell ausgeleuchtet. Alle schwiegen andächtig, als ob der Gleiterflug vom Reden in genau diesem Moment gestört werden könnte. Mara spürte die Sonnenstrahlen auf ihrem Rücken „Hmm. Diese Wärme.“ sie schloss die Augen „Schade eigentlich, ich wollte die Erde schon lange einmal besuchen, nur nicht so. Die Sonnenwärme ist hier anderes als unsere, viel wärmeres Licht.“ stellte sie fest und öffnete wieder die Augen, sah Boris schweigend an. Der Gleiter verliess die Umlaufbahn der Erde und es wurde wieder dunkel im Gleiterinneren. Kaum hörbar beschleunigte Ilrimi auf Reisegeschwindigkeit und der Gleiter flog ruhig im weiten Sternenhimmel voran in Richtung ihres Heimatplaneten Steinwelten, einer der 5 bewohnten Planeten, die sich noch nicht den 8 Planeten des Terra Sonnensystems angeschlossen hatten.

Die Stimmung im Gleiter war immer noch angespannt. „Ich hatte ja gesagt, du sollst nicht alleine zu diesem Apothekertreffen auf Aquawald gehen.“ richtete sich Aron vorwurfsvoll an Boris. Betroffen nahm Boris Arons Worte zur Kenntnis. Er schüttelte den Kopf „Ich glaube nicht, dass meine Entführung etwas mit meiner Vergangenheit auf Aquawald zu tun hat. Sie sagten mir jedenfalls überhaupt nichts bei meiner Festnahme. Aber die Erinnerungen an den Krieg kommen mir hoch. Es ist mir wie damals, als wir von diesem wunderschönen Planeten vor den Soldaten des Terra Sonnensystems fliehen mussten, weil wir uns gegen deren feindliche Übernahme gewehrt hatten. Und das war uns auch nur dank der Hilfe dieses Commanders möglich, der dem Terra Sonnensystem den Rücken gekehrt hatte und dafür mit seinem Leben bezahlen musste. Aber diese Geschichte kennt ihr ja.“ nachdenklich senkte Boris seinen Blick.

Dafür nickte nun Aron bestätigend und winkte mit seinem rechten Zeigefinger „Eben!“ sagte er lautstark „Das meine ich. Und du gehst alleine dahin zurück, du spinnst doch! Das ist einfach verantwortungslos und naiv.“ Arons Puls lief immer noch auf Hochtouren, denn auch wenn er es nicht zugeben wollte, die Anspannung und Angst ob ihr waghalsiges Vorhaben gelingen würde oder nicht, steckte immer noch in seinen Knochen, sodass er sich zwischen Aufregung und Wut hin und her bewegte.

Mara sah Aron fragend an und wollte gerade etwas entgegen als Boris das Wort wieder ergriff „Wie nennst du denn eure Aktion hier?“ er deutete mit seinen Händen auf den gesamten Gleiter „Euch hätte ich weiss nicht was passieren können!“ er wendete seinen Blick Mara zu „Und du...“ er zeigte aufgebracht mit dem Zeigefinger auf sie „...und du...“ er ballte die Faust „...dafür habe ich dir nicht beigebracht mit Steintränen und Heilkräutern umzugehen. Du sollst keine solchen Ein-Frau-Aktionen durchziehen. Hättest du auch nur einen dieser Männer getötet, wären sie jetzt erst recht hinter dir her. Und du würdest für den Rest deines Lebens mit dieser Schuld leben müssen!“ Boris schüttelte verärgert seinen Kopf, nachdem der erste Schock langsam verschwand steigerte sich sein Ärger mit jedem seiner Worte „Das hier reicht schon um sie nach euch suchen zu lassen. Es hat euch gerade noch gefehlt, dass das Terra Sonnensystem hinter euch her ist. Und alles nur wegen eines alten Mannes.“ Boris setzte sich, atmete tief durch. „Mara, such dir endlich einen Mann und gründe eine Familie. Verflucht.“ Auch Boris Nerven fuhren offensichtlich Achterbahn mit ihm. Nach anfänglicher Überraschung, ärgerte ihn jetzt der Leichtsinn dieser jungen Leute wirklich immer mehr. Schon immer war es seine grösste Angst gewesen, dass sich Mara eines Tages übernimmt. Sie war zwar allen anderen an Kraft, Schnelligkeit und Geschick weit überlegen, aber eines Tages würde auch sie unweigerlich an ihre Grenzen stossen. Wenn nicht heute, dann vielleicht beim nächsten Mal. ‚Warum junge Leute immer so leichtsinnig sein müssen, zum Teufel!’ dachte Boris.

Als erster beschloss Aron sich vorerst aus dieser aufgeheizten Diskussion zurück zu ziehen. „Ich merke, dass führt so zu nichts. Dann gehe ich lieber mal, ich sollte ohnehin noch etwas schlafen bevor ich Ilrimi nachher ablöse und schlage vor, wir besprechen das hier später.“ dabei hob er seine Augenbrauen und deutete ein knappes Winken an. Ohne weitere Worte drehte er sich um, setzte sich auf den Copilotenplatz neben Ilrimi, richtete sich so bequem es ging auf dem unbequemen Sitz ein und versuchte sich selbst zu sammeln und zu beruhigen um einschlafen zu können. Er mochte Abenteuer und Nervenkitzel, aber das hier hätte auch richtig schief gehen können.

Nachdem Aron gegangen war setzte sich Mara kommentarlos neben Boris. Auch ihr Herzschlag hatte sich in den letzten Stunden erhöht und beruhigte sich nur langsam wieder. Auch sie hatte Angst gehabt und war nun mehr als erleichtert, dass alles geklappt hatte. Und trotz der weggefallenen Anspannung und Erleichterung fühlte sie immer noch so eine Art nervliches ‚Nachzittern’. Sie hatte gewusst, dass es riskant war, auf der Erde, dem Zentrum des Terra Sonnensystems, so eine Befreiungsaktion durchzuführen und konnte Boris Ärger, der aus nichts Geringerem als aus Sorge um sie heraus entstand, verstehen. Sie lehnte sich an ihrem grossen, sonst eigentlich sehr gemütlichen Adoptivvater an. Beide schwiegen. Die gereizte Stimmung beruhigte sich allmählich.

Etwas später hatte sich Boris beruhigt, er fragte leise „Du sagtest ‚Erde’?“ und jetzt ebenso ruhig antwortete Mara „Ja, Erde. Ehemalige Schweizer Alpen, hat Ilrimi gesagt.“ sie richtete sich auf. Boris sah sie an „Das liegt doch Mitten in Europa, im Zentrum der vereinigten Kontinente. Wie habt ihr mich denn gefunden? Und wie konntet ihr landen und starten, ohne dass uns die gesamte Terra Sonnensystem-Flotte verfolgt?“ Mara deutete mit dem Kopf in Richtung des unterdessen eingeschlafenen Arons „Er kennt jemanden, der im Verwaltungszentrum des Terra Sonnensystems auf dem Mond der Erde arbeitet.“ Mara zog die Schultern hoch „Frag nicht, aber diese Person hat dich irgendwie aufgespürt und Ilrimi sowohl die Koordinaten als auch die Kennwörter für den Ein- und Ausflug aus der Erdensicherheitszone zukommen lassen.“ sie sah ihn an, neigte fragend den Kopf zur Seite „Was meinst du, wenn deine Entführung nichts mit deiner Vergangenheit während des Krieges auf Aquawald zu tun hat, womit dann? Aquawald und seine Wasserreserven gehören schon dem Terra Sonnensystem. Was könnten die sonst von dir wollen?“

Nachdenklichkeit und Besorgnis machten sich in Boris breit. „Mara, ich weiss es nicht. Aber wenn ich etwas weiss, dann, dass das Terra Sonnensystem niemanden grundlos entführt.“ er nickte um seine Worte zu unterstreichen „Etwas haben sie vor.“ wiederholte er „Und ich ahne nichts Gutes.“ „Das verstehe ich nicht.“ fuhr Mara fort „Ich meine“ sie schluckte „mit dem Krieg um Aquawald vertrieben sie bereits die Wakaner, die einzige bekannte menschenähnliche Lebensform, die mit den Menschen gemeinsam leben wollten. Und jetzt haben sie, wie du meinst, schon wieder etwas vor. Warum? Können die nicht einfach in Frieden leben und uns anderen in Ruhe lassen?“ fragte Mara frustriert und Boris antwortete traurig „Ich fürchte, es gibt einfach zu viele Menschen, die nie genug kriegen.“

Boris legte seinen linken Arm um Mara und drückte sie an sich „Vielleicht“ fing sie an „Vielleicht aber sehen wir nur zu schwarz und Aron hat Recht, dass sie dich doch einfach nur wegen deiner Vergangenheit auf Aquawald festnahmen.“ „Ja, vielleicht. Wollen wir’s hoffen.“ brummelte Boris zurück „Und wegen vorhin“ Boris rieb wohlwollend Maras Oberarm „das mit dem ‚Familiengründen’ tut mir leid, entschuldige, das hab ich nicht so gemeint. Das war daneben.“ Mara lächelte nur „Danke, Entschuldigung angenommen.“

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