Читать книгу Mission Unendlichkeit - Das 1529 Science Fiction Abenteuer Paket - Mara Laue - Страница 20

Kapitel 6: Sotus

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Ort: Orbit von Kalagath, äußerer Rand des Galaktischen Kaiserreichs

Zeit: 4699,1 NSüdK

Genormte Galaktische Zeitrechnung

––––––––


ZAREN WAR FRUSTRIERT, weil ihm der Dratikaner schon wieder entkommen war. Ihm war klar, dass, wenn er es nicht bald schaffte die Informationen zu beschaffen, seine Position gefährdet wurde. Die Kaiserliche Wache, die „Hände der Kaiserin“, erfüllte Aufträge, ein Scheitern wurde nicht in Betracht gezogen. Im Moment schlenderte er durch die Gänge zu den Arrestzellen.

*


KIRA NELPERIK SEUFZTE, sie war kurz davor zu verzweifeln. Sie saß in einer Kaiserlichen Arrestzelle und konnte nicht darauf hoffen, noch lange zu leben. Sie wusste nur zu gut, wie die Kaiserlichen mit Gefangenen umzugehen pflegten. Genau genommen wunderte sie sich, dass sie noch lebte. Sie war auf mehreren Planeten des Kaiserreichs zum Tode verurteilt worden für ihre Söldnertätigkeit gegen das Kaiserreich im Grenzkrieg.

Der einzige Grund dafür, dass sie noch nicht tot war, war ihrer Ansicht nach, dass die Kaiserlichen dachten, sie wüsste etwas von Wert. Sie musste lächeln bei dem Gedanken daran, wie sie sie enttäuschen würde. Alles, was ihr bisher passiert war, seit ihr Auftraggeber im Grenzkrieg verloren hatte, eignete sich höchstens für ein Drehbuch eines mittelmäßigen Holo-Dramas. Die Grenzkriege waren eine Reihe von Konflikten gewesen, bei denen sich das Kaiserreich kleinere Nachbarsysteme einverleibt hatte. Diese wiederum hatten Söldner wie Kira angeworben, um sich angemessen zu verteidigen. Meist vergeblich.

Sie hatte die Schlacht um Kali‘Taral nur überlebt, weil sie bei geeigneter Gelegenheit ihre Kleidung mit einer Einheimischen getauscht hatte und man sie so in die Lager der gefangenen Zivilisten gesteckt hatte. Seitdem war sie auf der Flucht gewesen und hatte versucht sich durch das Kaiserreich hindurch zu mogeln, immer auf der Suche nach einer Gelegenheit in den Machtbereich des Konsortiums zu kommen. Dort wurden angeblich immer Söldner gesucht.

Der Dienst für die Allianz war für sie keine Option. Dort warteten zusammengerechnet sicherlich mehr als zweihundert Jahre Gefängnis auf sie, sofern man sie zu fassen bekam. Alles nur wegen einiger Einbrüche und ausgearteter Konflikte.

Nun also hatte man sie gefunden. Jedenfalls hatte sie das gedacht. Langsam keimte aber der Verdacht, dass sie sich geirrt hatte. Die Reaktion der Soldaten um sie herum beim Verlassen des Schiffes hatte ihr deutlich gemacht, dass sie nie hinter ihr her gewesen waren. Sie waren enttäuscht sie zu finden. Wütend hatten die Soldaten ausgesehen. Wie hatte sie jemals glauben können, dass sie dem Kaiserreich so wichtig war, dass man ihr eine solche Streitmacht auf den Hals gehetzt hätte?

Drei Paladin-Schiffe. Sie war in das Netz eines viel größeren Fisches gekommen.

Die Zellentür öffnete sich und eine Person in einer archaisch anmutenden metallenen Rüstung trat ein. Eine Kaiserliche Wache. Ihr fiel sofort ein, wie sie einmal einer Kaiserlichen Wache im Gefecht gegenübergestanden hatte. Sie hatte damals durch die seltsamen Klingen der Kaiserlichen Wache fast einen Arm verloren. Die Kaiserliche Wache setzte sich auf die zweite Pritsche in der Arrestzelle und wandte ihr ihren Kopf zu.

Das Gesicht war nicht zu sehen. Das sollte das Opfer irritieren, begriff Kira.

„Sie sind eine Söldnerin, nicht wahr?“, fragte er auf eine Vertrauen erweckende Weise.

Sie schüttelte den Kopf leicht, kam aber nicht dazu etwas zu sagen.

„Bestreiten Sie es nicht“, fuhr er fort. „Ich habe inzwischen herausgefunden, wer Sie sind. Ihre Bewegungen lassen zudem auf einschlägige Erfahrungen und Training schließen. Sie sind sicherlich die Söldnerin Kira Nelperik. Gesucht im Kaiserreich, weil Sie wissentlich Aufträge gegen die Krone angenommen haben.“

„Was wollen Sie?“, fragte sie barsch. Sie war das Versteckspiel leid, die Lügen und das ständige sich umschauen, ob man verfolgt wurde. Sie wusste, dass ihr Bild sicherlich auf den Kaiserlichen Fahndungslisten gesuchter Individuen war. Er bluffte nicht.

„Informationen“, erwiderte er. „Ich will wissen, ob Sie es wert sind.“

„Was wert sind?“, fragte sie sichtlich verunsichert.

„Ob Sie es wert sind zu leben“, erwiderte er ungerührt und beobachtete ihre Reaktion. Zumindest schien er sie zu beobachten. Der Helm verunsicherte sie inzwischen etwas.

„Wie? Wie zu leben?“, fragte Kira.

„Ist das wichtig?“, erwiderte er.

„Vielleicht“, meinte sie.

Zaren nahm den Helm seiner Rüstung ab. Sie sah sein kurzes dunkelblondes Haar. Eine hohe Stirn. Harte, kantige Gesichtszüge und kalte braune Augen. Etwas Fanatisches.

„Die Kaiserin stellt uns eine Menge Dinge frei. Auch wen wir für uns arbeiten lassen“, begann Zaren. „Wenn Sie nützlich wären, würden Sie leben. Ich weiß, dass Sie gesucht werden. Wir könnten Sie an Vertreter vom Lehensplaneten Kolitak ausliefern, dort wird die Todesstrafe durch das Eintauchen in ein Säurebad vollzogen. Wollen Sie nützlich sein? Diese endlose Jagd beenden? Ein Ziel bekommen? Ein Leben haben?“

„Ja“, flüsterte sie. „Ich meine, ich würde gerne eine Weile über Ihr Angebot nachdenken“, fügte sie hastig hinzu.

„Gern“, antwortete er. Kurz huschte ein wissendes Lächeln über seine Züge, dann erhob er sich. „Teilen Sie mir Ihre Entscheidung mit.“

*


ALS ZAREN SPÄTER AUF die Brücke der VERTEIDIGER VON EIDUM kam, blickte ihn Kapitän Tarest interessiert an. Inzwischen trug er wieder seine vollständige Rüstung. Nach außen wirkte er wieder wie eine kalte, präzise Maschine.

„War das Verhör der Gefangenen erfolgreich?“, fragte der Kapitän der VERTEIDIGER.

„Nun, ich habe gesät. Was wir ernten, wird sich zeigen“, antwortete Zaren und betrachtete durch das Fenster der Brücke, wie die Truppen vom Planeten zurückkehrten.

„Sir, denken Sie wirklich, diese Söldnerin könnte einen Nutzen für uns haben?“, fragte Major Drest.

„Hätte ich sie sonst am Leben gelassen?“, antwortete Zaren. „Ich habe einen Plan. Zweifeln Sie nicht meine Fähigkeiten an, ich tue dasselbe auch nicht mit den Ihren.“

„Ja, Sir. Ihre weiteren Befehle?“, fragte Kapitän Tarest nach einer Weile der angespannten Stille. „Wir haben ihre Spur verloren, wo sollen wir als nächstes nach ihnen suchen?“

„Mangels einer verwertbaren Spur, Kapitän, werden wir auf Befehle warten müssen. Ich nehme an, die Kaiserin wird diesem Flottenverband eine neue Aufgabe zuweisen“, antwortete Zaren ruhig.

„Das klingt, als hätten Sie wenig Vertrauen in die Gnade der Kaiserin“, erwiderte Tarest. Eine gewisse Sorge sprach aus seiner Stimme. Vielleicht fürchtet er um seine eigene Rolle, überlegte Zaren.

„Sie ist nicht immer ungnädig“, gab Major Drest zu bedenken.

Wie viel Gnade darf ich als Waffe erwarten? Eine Waffe, die nicht funktioniert, wird weggeworfen, überlegte Zaren und verscheuchte die Gedanken. Er wollte schlafen, um ausgeglichen zu sein, wenn er mit der Kaiserin Verbindung aufnahm, um ihr zu berichten. Er war erschöpft. Innerlich nagte es an ihm, versagt zu haben.

„Meine Herren“, verabschiedete er sich und verließ die Brücke. In seiner schweren Rüstung spürte er die Blicke aller Anwesenden auf sich. Noch immer hatte sich die Besatzung der VERTEIDIGER nicht an den Anblick gewöhnt. Zaren fragte sich, ob die Rüstung konstruiert worden war, um Unbehagen zu erzeugen.

Er ging auf direktem Weg in sein Quartier, wo er sich auf einen speziellen Stuhl setzte, der sich mit seiner Rüstung verband. Es wurde ein Diagnoseprogramm gestartet. Zaren war erschöpft. Seine Gedanken flossen zäh.

Als er gerade wegzudämmern begann, wurde er durch den Türsummer geweckt. Er konzentrierte sich und nutzte ein internes System seiner Rüstung, die er immer noch trug, um die Tür zu öffnen.

„Ähm, Sir?“, fragte ein Soldat verunsichert. Zaren saß auf einem thronartigen Stuhl, mit dem er durch diverse Schläuche verbunden war. Doch davon konnte der Soldat kaum etwas erkennen, denn die Raumbeleuchtung war deaktiviert. Nur einzelne kleine Lampen blinkten in der Dunkelheit und erschufen ein diffuses Schattenbild.

„Sir, ich soll Ihnen etwas von der Gefangenen ausrichten, Sir. Sie meinte, es wäre sehr wichtig.“

„Ja?“, erwiderte Zaren. „Was ist denn so wichtig?“

Seine Stimme klang verzerrt durch den Außenlautsprecher seiner Rüstung. Tiefer. Bedrohlicher. Kälter.

„Sie meinte, sie wollte nützlich sein, Sir“, erwiderte der Soldat.

„Wie zu erwarten. Gut. Danke, Sie können wegtreten.“

*


„ICH HABE MAL IN DER Omni-Datenbank gesucht, ob es irgendeinen Eintrag über die Welt gibt, die Parlius erwähnte. Ich habe versucht etwas zu finden, irgendetwas“, sagte Narlie, als sie die kleine Werkstatt betrat, die sich Jerel in einem der hinteren Frachträume eingerichtet hatte. Omni war ein zentrales Netzwerk, das ursprünglich nur im Allianzraum verfügbar war, doch später auch in der halben Galaxis abrufbar war. Es war eine zentrale Datenbank, deren Server auf mehreren Planeten verteilt waren, oft auch als galaktisch abrufbare Datenbank oder GAD bezeichnet.

„Und?“, fragte Jerel. Er war gerade mit seinem, wie er es nannte, „Hobby“ beschäftigt gewesen. Er hatte sich verschiedenste Roboterteile zusammengekauft und gesammelt und baute seit fast einem Jahr an seinem eigenen Roboter. Vervollkommnung jeder Fähigkeit war eine dratikanische Tugend. So brachte er sich selbst die notwendigen Dinge über Konstruktion bei.

„Nichts, es ist nicht einmal irgendein Querverweis zu finden“, erwiderte Narlie und schaute sich die Unordnung an, die hier herrschte. Jerel Rimasen war ihrer Meinung nach das einzige Wesen der Galaxis, das hier etwas suchte und gute Aussichten hatte, es auch zu finden. So ordnungsliebend er auch in den anderen Bereichen des Schiffes war und so penibel er die Systeme seiner Rüstung wartete, so sehr liebte er doch hier die Unordnung.

„Das ist nicht verwunderlich“, erwiderte er. „Wenn es wirklich eine bewaffnete Flotte gibt, die das Kaiserreich bekämpft, dann werden sie sich als Basis keine den Kaiserlichen bekannte Welt aussuchen. Sie ist vermutlich bekannt, wenn man fragt, aber nicht so bekannt, dass es Aufzeichnungen gibt.“

„Als wir in der Kantine saßen, habe ich den Leuten etwas zugehört“, begann Narlie. „Angeblich gibt es eine Flotte, die aus Piraten und ehemaligen Soldaten besteht. Reste verschiedener Militäreinheiten, die wir in den Grenzkriegen besiegten. Sie überfallen nur Kaiserliche Konvois und verteilen den größten Teil ihrer Beute an die Welten, die vom Kaiserreich benachteiligt werden.“

„Klingt ja toll“, sagte Jerel trocken und begann verschiedene Schaltkreise zu verlöten. „Das tun sie nicht aus Nächstenliebe. Wenn sie sich damit Freunde schaffen, haben sie Welten, die sie, wenn sie Schwierigkeiten haben, schützen. Das ist gute Öffentlichkeitsarbeit.“

„Warum seid ihr Dratikaner eigentlich immer so zynisch?“, fragte sie. „Oder bist du eine Ausnahme?“

„Ich bin nicht zynisch, ich bin pragmatisch“, erwiderte er, legte die Werkzeuge weg und sah sie mit seinen grauen Augen an. „Nur wer praktisch denkt, lebt länger“, erklärte er seine Sicht. „Du überlebst eine Schlacht nicht durch sinnlosen Edelmut. Ohne eine Taktik verliert selbst ein zahlenmäßig und technisch überlegener Gegner. Es gibt zwei Arten von Helden. Beide haben Mut etwas zu wagen. Aber die Angehörigen der einen Art sind meistens pragmatisch und lebendig, die anderen tot.“

Er begann weiter an dem Roboter zu arbeiten. Nach einer Weile zog er einen kleinen Chip aus einer Tasche seiner Rüstung und einen weiteren aus seinem Helm, den er auf ein Regal abgelegt hatte. Beide schob er in das Robotergehirn und setzte es in die geöffnete Brust des Roboters. Das Robotergehirn war eine faustgroße Kugel, in der der Zentralprozessor untergebracht war.

Der Roboter zuckte kurz, als müsste er sich erst vergewissern, wie viele Extremitäten er hatte und setzte sich dann aufrecht auf die Arbeitsbank.

Er war etwas größer als Jerel, der wie viele Dratikaner sehr kompakt für einen Menschen gebaut war. Der Roboter hatte einen leicht dreieckigen Oberkörper, der in eine schmale Hüfte überging. Seine Einzelteile waren glatt, Arme und Beine sahen aus wie aus kleinen Stahlträgern zusammengesetzt. Der Torso war übersät mit Flicken, hinter denen sich möglicherweise auch Fächer verbargen. Der Schädel wirkte kantig. Wie ein Menschenschädel, nur dass anstatt eines Mund-Kiefer-Bereichs ein viereckiges Segment angebracht war, in dem der Stimmmodulator saß.

„Fertig“, erklärte Jerel mit ein wenig Stolz in der Stimme. „Sag ‚Hallo‘, Sotus.“

„Kral‘Grethem“, sagte der Roboter etwas blechern. Er richtete sich voll auf und Narlie stellte fest, dass er beinahe zwei Meter groß war. Die linke Hand war sehr menschenähnlich, mit dickeren Bauteilen. Anstatt einer rechten Hand hatte er eine Klaue mit nur vier Fingern, die rasiermesserscharfe Spitzen hatten. Zudem blitzte eine im Arm verborgene Projektilwaffe durch die unvollständige Armverschalung.

Narlie blickte Jerel fragend an. Das erste Wort hatte sie verstanden. Es war Dratikanisch und bedeutete Hallo. Aber der zweite Ausspruch war ihr unbekannt.

„Grethem?“, fragte sie Jerel. „Das hab ich noch nie von dir gehört.“

„Ist ein Wort für uns selbst. Für Dratikaner, so nennen wir unsere Rasse. So grüßt man sich“, erklärte er.

„Der hält sich doch nicht für einen Dratikaner, oder?“, fragte sie. „Einer von der Sorte reicht mir, ich brauch nicht auch noch einen Roboter, der sich für einen Dratikaner hält. Ist er auch zynisch?“

„Nein, er hält sich für den Roboter eines Dratikaners“, erwiderte Jerel und beobachtete, wie Sotus ein paar Schritte ging und dann zur Werkbank zurückkam.

Es surrte leise, wenn er sich bewegte. Die vielen kleinen Servomotoren arbeiteten tadellos, soweit Jerel es sehen konnte.

„Kann er auch normal sprechen? Oder muss ich etwa einen Nachholkurs in deiner Sprache machen?“, wollte Narlie wissen.

„Ich beherrsche eine Million gängige Kommunikationsformen und bin mit einer Programmierung ausgestattet, die mir sowohl mit sozialen Funktionen als auch mit Kampftaktiken dient. Zudem besitze ich einige interessante Attentäter-Protokolle“, antwortete Sotus zu Narlies Überraschung in akzentfreier Standardsprache. „Meine sozialen Eigenschaften beziehen sich vor allem auf Sprachen, aber auch auf die Interpretation vieler nonverbaler Signale nicht-menschlicher Spezies“, fügte er hinzu. Jerel erschien es fast, als klänge er stolz.

„Interessant“, murmelte Narlie etwas verunsichert. „Und was kannst du noch? Kochen?“, fügte sie etwas spöttisch hinzu.

„Ich bin in der Lage, fast zweihundert Ihnen bekömmliche Gerichte zuzubereiten, die richtigen Zutaten vorausgesetzt“, erwiderte Sotus. „Oder Ihnen zumindest die korrekte Zubereitung zu erläutern.“

Narlie blickte Jerel fragend an.

„Ich bin beeindruckt“, sagte sie. „Scheint ja, dass bei all der Zeit, die du hier verbracht hast, was Passables dabei herausgekommen ist.“ Sie musterte Sotus noch einmal eingehend.

„Er kann sogar noch mehr“, sagte Jerel. Er kratzte sich die Bartstoppeln, als würde er nachdenken.

„Komm mit“, sagte er schließlich.

Er verließ den Raum und ging in den anderen Frachtraum, der ebenfalls leer war. Normalerweise trainierte Narlie hier mit ihrem Schwert. Damit sie nicht ganz aus der Übung kam, trainierte Jerel hin und wieder mit ihr. Dann benutzten sie aus Ermangelung an zwei Wächterschwertern zwei normale Metallklingen aus einer äußerst widerstandsfähigen Legierung, die in ihrem Gewicht an Narlies tajanisches Schwert herankamen. Er warf ihr eine zu, die sie geschickt auffing.

„Was soll das werden?“, fragte sie.

„Eine Demonstration“, erwiderte Jerel und reichte die andere Klinge Sotus.

„Wie du willst, aber beschwer dich nicht, wenn ich dein Spielzeug kaputt mache“, erwiderte sie und trat in den Kreis aus Matten, der in der Mitte des Raumes lag.

Der Raum war fast völlig leer, bis auf diesen Kreis. Die Matten waren aus einem dunkelblauen Kunststoff. Die Wände des Raumes waren kahl, nur zwei Landschaftsaufnahmen hatte Jerel hier aufgehängt. Sie wusste bis heute nicht, was die Bilder für ihn bedeuteten. Ansonsten waren die Wände aus kaltem gräulichem Metall.

Sotus stellte sich ihr gegenüber und war einen Moment regungslos. Dann tat er etwas, was dafür sorgte, dass Narlie einen Moment ihre Waffe sinken ließ. Sotus hielt sein Schwert schräg vom Körper weg, Richtung Boden gestreckt. Das war der Gruß, den ein Anwender des Schwertkampfes, wie man ihn im Kaiserreich vollzog, vor dem Duell anwandte. Die Form der Bewegung war ihr durchaus vertraut, da man sie klassisch ausgebildet hatte. Ihr wurde klar, dass Jerel sie niemals gegen Sotus kämpfen lassen würde, wenn er nicht glaubte, dass Sotus einen Kampf wert war.

Narlie begann zu lächeln. Es war ein raubtierhaftes Lächeln, voller Vorfreude.

Sie umkreisten einander. Narlie entspannte ihre Muskeln und musterte den Roboter genau. Sie ließ sich von ihrer Erfahrung und ihrer Ausbildung leiten.

Sotus bewegte sich geschmeidiger, als sie es einem Roboter zugetraut hätte. Plötzlich begann er mit einer schnellen Abfolge von Schlägen. Es waren so viele und so schnell, dass ihr nichts anders übrig blieb als in eine Reihe Abwehrmanöver zu verfallen. Sotus war eindeutig in der Offensive. Seine Bewegungen waren geschmeidig und präzise.

Sie musste sich immer mehr anstrengen, um seine Schläge noch abblocken zu können. Zudem wurden seine Schläge mit immer mehr Härte ausgeführt.

Ihre Klinge zuckte nach links, um seine abzufangen. Kurz bevor sie sich berührten, zog er sie zurück. Sie musste sich mühen das Gleichgewicht zu halten. Narlie hatte sich mit aller Kraft in die Abwehr legen wollen. Sotus machte aus dem Stand einen Salto über sie hinweg. Seine Klinge schabte dabei über die Deckenverkleidung. Feine Funken sprühten.

Er landete auf seinen Füßen, mit dem Rücken zu ihr gewandt. Blitzschnell trat er nach hinten in ihre Richtung. Sein metallener Fuß traf sie und ließ sie taumeln. Wie ein Hammerschlag fühlte es sich an.

Sie verlor das Gleichgewicht, zu spät um sich abzustützen, hob sie die Hände. Der Länge nach landete sie auf dem Boden. Genau dort, wo die Matten zu Ende waren, kam ihr Gesicht auf.

Es knackte. Ein stetiges Rinnsal Blut floss aus ihrer Nase. Schmerzen durchzuckten sie. Narlie ignorierte das, blendete es aus. Sie schaffte es gerade noch herumzuwirbeln und den finalen Schlag von Sotus abzuwehren. Die Klingen trafen Funken schlagend aufeinander. Sie trat ihn von sich weg. Allerdings nutzte er diesen Schwung und drehte sich so, dass er sich sofort wieder von der Wand abstoßen konnte. Mit einer Seitwärtsrolle wich sie seinem Angriff aus. Was sie nicht bedacht hatte, war, dass er als Roboter seine Extremitäten in einer einem Menschen unmöglichen Weise verrenken konnte. So gelang es ihm, sein Schwert nach ihr zu werfen. Gerade noch konnte sie die Klinge abwehren. Ihre Zähne knirschten, als wegen der Wucht seiner Klinge ein Schmerz ihren Unterarm entlangzuckte. Sie taumelte zurück. Sofort ließ Sotus das in der Ecke des Raumes liegende Schwert mittels eines eingebauten Elektromagneten zurück in seine Hand schnellen.

„Stopp, Sotus, das reicht“, sagte nun Jerel. Er ging auf Narlie zu und gab ihr ein Stück Stoff, das sie erst verständnislos ansah. Erst nach und nach kam das Gefühl für ihren geschundenen Körper zurück.

„Du blutest“, sagte Jerel ruhig. Er wischte ihr das Blut aus dem Gesicht. Es hatte ihr Oberteil an einigen Stellen tiefrot gefärbt. Als er ihre Nase berührte, atmete sie scharf aus. Sie war wohl härter aufgeschlagen, als sie anfänglich gedacht hatte, die Nase war leicht angebrochen. Er sah sie schuldbewusst an. Sie unterdrückte ein Zittern, als das Adrenalin nachließ und der Schmerz immer mehr zurückkehrte.

„Es tut mir leid. Ich wollte nicht, dass er derart hart kämpft“, entschuldigte er sich und lotste sie in den kleinen Raum, in dem sie die Medikamente aufbewahrten.

Sotus sah ihnen hinterher und überlegte, was er falsch gemacht hatte.

Jerel gab ihr eine kleine Pille gegen die Schmerzen und sprühte ihr ein heilungsförderndes Medikament auf die Nase. Es brannte höllisch, doch Narlie verzog das Gesicht nicht. Sie kannte das Gefühl von Schmerzen. Als Wache hatte man ihr einiges angetan, um sie zur Elite zu machen.

Anschließend verließ Jerel sie. Er ging zurück in den Trainingsraum. Sotus war völlig erstarrt in seiner Haltung, als Jerel ihn unterbrochen hatte. Sein Kopf mit den matt glimmenden, kreisrunden, leuchtenden Augen ruckte in Jerels Richtung.

„Herr?“, fragte Sotus sichtlich unsicher. „Was habe ich falsch gemacht? Ich möchte es vermeiden, Sie ein weiteres Mal zu enttäuschen.“

„Enttäuscht?“, fragte Jerel. „Ich bin nicht enttäuscht. Nein, ganz und gar nicht. Du warst kurz davor den Kampf gegen eine Kaiserliche Wache zu gewinnen. Ich habe erwartet, dass du eine Weile durchhältst und dann unterliegst. Ich habe natürlich auf einen Gleichstand gehofft, aber wenn du verloren hättest, hätte das wenigstens ihrem Selbstwertgefühl geholfen. Sie hätte versucht mich damit aufzuziehen, dass eine Wache nun einmal einem Roboter überlegen ist. Nun habe ich nur dafür gesorgt, dass sie denkt, dass ihre Selbstzweifel berechtigt wären. Selbstzweifel sind ein gefährliches Gift für die Seele eines Kriegers.“

„Es tut mir leid, Herr“, antwortete Sotus nach ein paar Sekunden. Sein Prozessor arbeitete fieberhaft, suchte in den Speichern nach Vergleichsmaterial. „Beim nächsten Kampf werde ich meinen Gegner nicht besiegen, sondern nur auf demselben Niveau kämpfen.“

„Nein, kämpfe wie du programmiert bist. Der Fehler liegt bei mir“, erwiderte Jerel. „Ich habe dir zu viel Wissen über Narlies Kampftechniken gegeben.“

„Wie Sie es befehlen“, antwortete Sotus und legte endlich das Schwert weg. „Herr, darf ich mich zurückziehen? Ich möchte mich aufladen. Zudem ...“, er zögerte.

Interessiert sah Jerel zu seinem Roboter. „Zudem?“

„Zudem gibt es einiges, worüber ich nachdenken muss, das Verhalten von Humanoiden betreffend. Material, das verarbeitet werden muss.“

„Ja, tu das“, erwiderte Jerel überrascht. Wie gut hatte er die K.I. von Sotus erschaffen? Seine Gedanken schweiften zurück zu Narlie. Er dachte darüber nach, wie er dieser gebrochenen Frau wieder ein Selbstwertgefühl geben konnte. Sotus verließ den Raum, ebenfalls mit eigenen Fragen beschäftigt.

Jerel schlenderte durch das Schiff zu seiner Kabine. Vielleicht würde ihm etwas einfallen, wenn sie in ein paar Stunden im Diareon-System ankamen.

*


ZAREN SCHAFFTE ES, dem vertikalen Hieb der Klinge nur knapp mit einer Rolle zu entgehen. Kiras Klinge schnitt durch die Luft, wo Zaren sich eben noch befunden hatte. Ihr schwarzes schulterlanges Haar wirbelte herum. Sie strich es sich entnervt aus dem Gesicht nach hinten und verfluchte den Moment, in dem sie das Band verloren hatte, das es zusammenhielt. Hatte Zaren es ihr absichtlich abgeschlagen?

Zaren kam wieder auf die Beine und begann sie mit einer schnellen Folge von Schlägen einzudecken. Langsam aber sicher wurde sie müde. Er hätte diesen Kampf schon vor gut zehn Minuten beenden können, aber er wollte sehen, wo ihre Grenzen lagen. Das würde er nicht erreichen, indem er den einen winzigen Fehler ihrer Deckung zu Beginn des Kampfes nutzte. Außerdem genoss er das Training.

Nachdem er sie darauf hingewiesen hatte, war diese Lücke verschwunden. Sie war lernwillig. Zwischenzeitlich war Zaren in ernste Bedrängnis geraten, aber inzwischen hatte er das Duell unter Kontrolle, was er aber zu verbergen versuchte. Sie sollte denken, dass sie noch eine Chance hatte. Plötzlich trat sie gegen seinen Helm, doch ihm gelang es, das Gleichgewicht zu wahren. Was er nicht erwartet hatte war, dass sie in die Höhe sprang und ihn frontal von oben angriff. Mit letzter Not wehrte er ihre Klinge ab. Sie glitt von der seinen ab und schlug auf dem Boden auf. Kira verlor sie aus den Händen.

„Nicht schlecht“, meinte er und schaltete sein tajanisches Schwert ab, was sie dazu veranlasste auch ihre Klinge abzuschalten. Es waren normale, tödliche tajanische Schwerter ohne irgendwelche Sicherheitsfunktionen. Zaren hielt nichts von Übungskämpfen. Wenn er hier gegen eine Söldnerin versagt hätte, dann wäre es so gewesen.

Seine Ausbildung gab ihm Ruhe und Gelassenheit gegenüber dem Tod. Er mochte sterben, aber noch unzählige Kaiserliche Wachen würden nach ihm kommen und dem Kaiserreich zu dem Platz im Universum verhelfen, der ihm gebührte.

„Wie sind Sie so dermaßen beweglich in dieser Rüstung?“, stellte sie eine Frage, die sie nun schon beschäftigte, seit man ihr vor fünf Stunden gestattet hatte sich in Begleitung mindestens zweier Soldaten auf dem Schiff „frei“ zu bewegen. Ihre bernsteinfarbenen Augen musterten ihn neugierig.

„Sie ist die Verlängerung meiner Selbst“, erwiderte Zaren ungerührt und setzte sich auf eine Bank im Hangar, in dem sie trainiert hatten. Er würde ihr nicht erklären, dass er ein Klon war, gezüchtet für diese Rüstung. Er war die lebende Blasphemie gegen die Predigten der Kaiserin, dass die Menschen nur rein, unverändert und unmodifiziert die höchste Lebensform darstellten.

„Aber Sie wirken darin wie ein Panzer auf Beinen“, äußerte sie einen Gedanken. „Schwerfällig. Ungelenk.“

„Das ist wahr“, erwiderte Zaren und schloss die Augen. Als er sie ein paar Sekunden später wieder öffnete, sah er Kira in die Augen. Sie hingegen blickte weiter auf die dunkle, glatte Vorderseite seines Helms. Keine Augen. Ihr Blick wanderte immer wieder. Er kannte diese Bewegung. Die Augen suchen stets nach anderen Augen beim Gegenüber.

„Ich bin der ultimative Krieger, eine Waffe und eine Hand, die den Willen der Kaiserin erfüllt“, erklärte er. „Das können Sie auch sein. Sie können ihr und dem Reich dienen. Dann wird Ihnen Gnade widerfahren.“

Sie blickte ihn eine Weile schweigend an. Dann fragte sie: „Was genau soll ich tun? Sie verhindern meine Hinrichtung, rehabilitieren mich im Kaiserreich. ‚Wofür?‘, frage ich. Und vor allem, wie?“

„Ich habe die entsprechenden Befugnisse“, erwiderte er. Sie bemerkte sofort, dass er immer noch nicht gesagt hatte, was sie tun sollte.

„Warum tun Sie das?“, fragte sie.

Er wandte die Augen von ihr ab und blickte in den Hangar. Dann erwiderte er sehr leise, während er aufstand: „Man sollte gewisse Chancen nicht hinterfragen. Sie werden verstehen.“

*


JEREL RIMASEN SAß AN den Kontrollen der ENTDECKUNG und ließ sie in den Normalraum zurückfallen. Das erste, was er sah, war der große grüne Planet und ein kleiner grauer Mond, der ihn umkreiste. Das zweite, was er sah, ließ ihn seine Hand auf den Hebel für die Schilde gleiten. Sie nützten natürlich nichts gegen Projektilangriffe von Jägern. Aber gegen Lasergeschütze boten sie zumindest einen geringen Schutz.

„Das ist nicht wahr“, flüsterte er leise. Sein Verstand versuchte einzuordnen, was er sah.

Vor ihm im Weltall, in einer Umlaufbahn um den Planeten Diareon, befand sich ein riesiges Schiff. Es war ein DoomsDay-Schiff der Allianz. Die größten Schiffe, die je gebaut worden waren, so hieß es, Kampfplattformen, nur für Schlachten geschaffen. Aber irgendetwas war anders an diesem Schiff, falsch. Es kreisten einige Jäger verschiedener Bauarten um das Schiff. Es wurde ebenfalls von allen möglichen Schlachtschiffen, Kreuzern und Frachtern umkreist. DoomsDay-Schiffe waren das größte, das die Allianzflotte beherbergte, doch dieses schien seine besten Tage schon hinter sich zu haben. Wie eine gigantische Waffenplattform sah es aus, überzogen mit Geschützen aller Größen. Raketensilos waren bei genauerer Betrachtung zu erkennen. Über allem ragte eine auf mehreren Stützen thronende Kugel.

Der Rumpf war an einigen Stellen aufgerissen und an anderen mit Legierungen versiegelt worden, die sofort auffielen, da sie nicht die gleiche dunkle Farbe wie der Rest des Schiffes hatten. Es wirkte zusammengeflickt, durchschoss es Jerel.

„Ich hab da ein ganz mieses Gefühl“, murmelte Narlie, während sich ihre Augen beim Anblick dieses Schiffs weiteten.

„Wir werden gerufen“, bemerkte Jerel.

„Frachter, identifizieren Sie sich“, war zu hören, als Narlie eine Verbindung hergestellt hatte.

„Hier ist der Frachter ENTDECKUNG. Wir wollen zu einem gewissen Mann namens Darien Kolas“, erklärte Jerel ruhig. Er hoffte inständig, dass Parlius sie nicht gelinkt hatte.

Einen Moment herrschte Schweigen, dann knisterte es wieder in den Lautsprechern.

„Der befindet sich im Moment hier auf der BELLEZA.“

„Erwartet er Sie?“, fragte nun eine ähnliche Stimme wie die erste. Scheinbar saßen dort zwei Leute an der Kommunikationskonsole.

„Nein, aber wir haben einen gemeinsamen Freund“, erwiderte Jerel. „Parlius von Schwarzelfenheim. Er hat uns den Herrn Kolas empfohlen.“ Es war einen Moment still am anderen Ende der Leitung, dann wurde gesagt: „Sie haben Landeerlaubnis in Hangar 2, Koordinaten anbei im Datenstrom.“

„Verstanden“, antwortete Jerel.

Er gab den entsprechenden Kurs ein und begutachtete die Ansammlung von Schiffen. Er zählte mehrere Fregatten und Großkampfschiffe. Während sie sich dem Schiff näherten, fragte Narlie leise: „Ob das die Piraten sind, von denen man sich erzählt?“

„Wäre möglich“, antwortete Jerel. „Jedenfalls verfügen sie über eine beachtliche Feuerkraft, wenn man bedenkt, wie dieses Schiff bewaffnet ist. Und wenn man bedenkt, was da so herumkreist“, fügte er etwas leiser hinzu.

Langsam flogen sie auf den Hangar zu. Es herrschte rege Betriebsamkeit. Überall liefen Wartungsdroiden herum. Angehörige verschiedenster Spezies waren zu sehen. Jerel war sehr überrascht, als er das Schiff landete. Einige Personen eilten auf das Schiff zu, darunter welche in dratikanischen Rüstungen. Er deaktivierte den Antrieb und das Schiff setzte sanft auf dem Deck auf.

„Ich würde vorschlagen, dass du dein Schwert mitnimmst. Die Rüstung lass weg. Wer weiß, wie das sonst endet“, begann er, während er sich seinen Helm aufsetzte. „Sotus, ich will, dass du in ihrer Nähe bleibst und sie falls nötig beschützt. Mit deinem Leben, wenn es nicht anders geht“, fügte er über das Kom-System seinen Anzuges hinzu, so dass es Narlie nicht hörte. Sotus ließ den Kommunikator, den er eingebaut hatte, zweimal klicken als Zeichen, dass er verstanden hatte.

Sie gingen die Rampe des Schiffes hinunter und auf eine gemischte Gruppe zu. Narlie war überrascht, wie viele verschiedene Arten von dratikanischen Rüstungen es zu geben schien. Es waren nicht nur alle erdenklichen Farben dabei, auch die Helme unterschieden sich auf das Extremste. Manche hatten Hörner, andere tentakelartige Auswüchse und alle wirkten wie dämonische Fratzen, die direkt einer Religion einer primitiven Prä-Weltraum-Kultur entsprangen schienen.

Jerel trat ein Dratikaner entgegen, der als einziger eine Rüstung trug, die goldschwarz war. Der Helm hatte gedrehte Hörner an den Seiten. Narlie fragte sich, ob diese Rüstungsart eine spezielle Bedeutung hatte.

„Kral‘Grethem“, sagte der Dratikaner in goldschwarzer Rüstung mit tiefer Stimme und nickte Jerel zu.

„Kral‘Grethem“, erwiderte Jerel und nickte zurück.

„Ihr wurdet von Parlius geschickt?“, fragte nun eine den Proportionen nach weibliche Dratikanerin in schwarzblauer Rüstung. Wie die anderen Dratikaner war sie kräftig gebaut, dabei aber doch deutlich weiblich.

„Daraleth“, fuhr sie der Träger der goldschwarzen Rüstung an. Er schien sie zurechtzuweisen. An Jerel gerichtet sprach er: „Mein Name ist Tarell Drias, ich bin der Anführer dieser kleinen Runde. Und Sie sind?“

„Ich bin Jerel Rimasen, dies ist meine Begleiterin Narlie und unser Roboter Sotus“, stellte er sich und die anderen vor. Narlie wunderte sich, dass er ihren Nachnamen verschwieg, korrigierte ihn aber nicht, da sie einen tieferen Sinn dahinter vermutete. „Wir wurden von einem gewissen Parlius hierher empfohlen“, begann er zu erklären, als jemand zur Gruppe stieß und nach vorne durchgelassen wurde. Es war ein Dratikaner in rotgelber Plattenrüstung.

„Das ist er, Tarell. Er spricht die Wahrheit“, erklärte der Dratikaner.

„Bist du dir sicher?“, erkundigte sich die Dratikanerin mit dem dunkelblauen Helm.

„Ja, das ist der, den ich mit dem Transport beauftragte“, erwiderte er. Er nahm seinen Helm ab, unter dem sich der Fremde aus der Kantine verbarg. Er nickte Jerel zu.

„Parlius ist wirklich mein Name, allerdings Parlius Kolie. Wenn Sie sich fragen, wieso ich die Information nicht an mich nahm: Die Scharade war notwendig, da ich verfolgt wurde. So musste sich mein Verfolger entscheiden, ob er mich weiter verfolgten sollte oder Sie. Glücklicherweise glaubte er, dass Sie es mir übergeben haben, und es gelang mir ihn loszuwerden“, erklärte er. „Falls Sie Ihren Auftrag beenden wollen, das ist Darien Kolas. Ihm sollten sie die Informationen liefern. Allerdings ist das nur einer der Tarnnamen. Ich denke, Sie können ihn Tarell Drias nennen.“

Er deutete auf den Dratikaner in goldschwarzer Rüstung. Jerel blickte Parlius an. Jerels Verstand arbeitete fieberhaft. Tarell Drias. Drias sagte ihm etwas, ein bekannter Söldner. Älter als er. Informationsfetzen gingen Jerel durch den Verstand. Ein Kommandant irgendeiner Schlacht, war zu Ruhm und Ehre gekommen als Söldner.

„Was ist mit dem Rest der Bezahlung?“, fragte Jerel nach einem Augenblick. Parlius grinste.

„Der Datenblock?“, fragte der als Tarell vorgestellte. Jerel nickte Narlie zu, die den Datenträger aus ihrer Tasche zog. Tarell nickte einem der Leute in der Menge zu und einer der katzenhaft wirkenden Lonyken trat mit einer schwarzen Box hervor. Sein Gesicht war dem einer Raubkatze sehr ähnlich. Ansonsten war er humanoid, ein Pelz bedeckte sein Gesicht. Er reichte Jerel gerade bis an den Bauch. Der Lonyke reichte die Box an Jerel. Als dieser sie öffnete, sah er, dass sie voller Kaiserlicher Jarin war. Er nahm einige heraus. Keine fortlaufenden Seriennummern. Er nickte zufrieden, als er die Summe überschlug.

„Gib ihn ihnen“, sagte Jerel und überreichte die Kiste Sotus. Narlie zog den Datenblock aus ihrer Hosentasche und reichte diesen an Tarell. Zufrieden murmelte er leise etwas auf Dratikanisch.

„Wenn niemand etwas dagegen hat, gehen wir dann wieder“, sagte Jerel nach einem Moment der Stille und wollte sich gerade abwenden, als die Dratikanerin mit der schwarzblauen Rüstung vortrat.

„Ich habe etwas dagegen, Jerel“, sagte sie, leise und doch deutlich. Jerel stockte. Irgendetwas an der jungen Frau ließ ihn aufhorchen. Ihre Stimme war seltsam vertraut. Und diese Rüstung, wenn er sich vorstellte, wie sie aussehen würde, wenn sie für einen Mann geschmiedet worden wäre. Narlie entging nicht der Ruck, der durch Jerel ging.

„Telia?“, fragte er nach einigem Zögern. Sie nickte und nahm ihren Helm ab. Feuerrote Harre kamen zum Vorschein und leuchtend grüne Augen, die Jerels Blick suchten. Sie hatte ein ebenmäßiges Gesicht.

„Ich bin es“, sagte sie und lächelte schief.

Sie trat einen Schritt auf ihn zu. Narlie bemerkte, dass Tarells Helm kurz ruckte. Er sah von Telia zu Jerel.

„Würde es dir etwas ausmachen, noch etwas hier zu bleiben?“, fragte Telia.

*


JEREL RIMASEN BEFAND sich in der fast leeren Schiffsmesse der BELLEZA. Er saß mit Narlie und Telia an einem runden Tisch. Narlie musterte neugierig diese Frau mit den feuerroten Haaren und den leuchtend grünen Augen. Jerel wirkte ihr gegenüber unsicher. Wer war sie?

Heirateten Dratikaner?, kam Narlie plötzlich ein Gedanke in den Sinn. Hatten sie Familie?

„Du trägst seine Rüstung“, sagte er an Telia gewandt. „Ich nehme an, er ist gefallen?“

„Ja“, erwiderte sie nach einem Moment. „Du hättest es früher erfahren können, wenn du dich gemeldet hättest.“

„Ich werde im Kaiserreich als Verräter gesucht. Es wäre nicht gut gewesen, wenn sie davon erfahren hätten, dass es dich gibt. Sie hätten dich benutzt, um mir eine Falle zu stellen“, versuchte er zu erklären. Er ergänzte nicht, dass sie ihn eigentlich nur wegen seiner Verbindung zu Narlie suchten.

„Nachdem er tot war und du dich nicht gemeldet hast, war ich ganz allein“, begann sie. Narlie war sich nicht sicher, ob es wirklich anklagend klang, oder nur feststellend. „Du bist einfach untergetaucht und bis zu dem Moment, in dem ich dich aus dem Schiff treten sah, dachte ich, du wärst inzwischen tot.“

„Es tut mir leid“, versuchte er es noch einmal. Narlie beobachtete die Szene interessiert. Die Rothaarige war schön, befand sie. Jünger als Jerel.

„Hätten sie gewusst, dass ich eine Schwester habe, hätten sie versucht mich über dich zu finden“, wiederholte er. Narlie glaubte, sich verhört zu haben. Ihre Augenbrauen schossen skeptisch in die Höhe.

„Schwester?“, fragte sie erstaunt und etwas lauter als sie beabsichtigt hatte. Narlie musterte die beiden. Es war nicht viel Ähnlichkeit auszumachen.

„Ja, wir sind Geschwister. Dieser Frage entnehme ich, dass du ihr nicht von mir erzählt hast“, sagte Telia an Jerel gewandt. Sie hob dabei den Zeigefinger drohend. In ihren Augen blitzte es, was ihren Worten die Härte nahm. An Narlie gewandt fügte sie hinzu: „Ich bin Telia Rimasen, Jerels Schwester.“

Sie reichte Narlie die Hand.

„Hocherfreut dich kennenzulernen“, meinte Narlie. Sie versuchte ihre Fassung wiederzugewinnen, was ihr auch gelang.

„Warum du weg warst und dich nicht gemeldet hast, ist mir eigentlich egal“, kam Telia auf das ihrer Meinung nach wichtigere Thema zurück. „Genauso, wieso du mit einem Menschen reist. Wichtig ist nur, dass du wieder da bist. Ich habe mit Tarell geredet, du könntest bei uns mitmachen“, erklärte sie begeistert. „Und sie kannst du auch dabei haben.“

Narlie gefiel nicht, wie diese Frau sie zu ignorieren schien. Sie rief sich in Erinnerung, dass die meisten Dratikaner Vorurteile hatten gegenüber „normalen“ Menschen. Dratikaner sahen sich als härter, besser an, als nächste Stufe. Normale Menschen waren im Vergleich dazu nicht allzu ernst zu nehmen.

„Mitmachen?“, fragte Jerel skeptisch. „Wobei genau?“

„Bei unserem persönlichen kleinen Rachefeldzug gegen das Kaiserreich. Wegen der Grenzkriege. Wegen allem, was falsch ist im Reich. Weil sich die Dratikaner-Stämme nicht einigen können, wieder einen Krieg zu führen. Für die Ehre. Such dir einen Grund aus“, erklärte sie. „Es wird toll, endlich werden wir wieder zusammen kämpfen. Es wird wie früher sein, als wir zusammen auf Jagd gingen. Es ist einfach wunderbar, dich wieder in der Nähe zu haben“, sprudelte es begeistert aus ihr hervor. In diesem Moment sah Jerel nicht mehr die junge Frau, sondern wieder seine kleine Schwester. Sie war schon immer stur gewesen, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte. Aber sie war nicht leicht derart zu begeistern, ging es ihm durch den Kopf.

„Teli“, fuhr er ihr leise dazwischen. „Ich hab noch nicht zugesagt.“

Sie verstummte. Ihre Miene verschloss sich, der Ausdruck der Begeisterung verschwand.

Einen Moment rang sie scheinbar mit sich, dann sagte sie nüchtern: „Natürlich, Jerel, bist erst seit ein paar Minuten hier. Du willst sicher das Schiff sehen und etwas mehr über alles erfahren, die Leute und die Umstände für diesen Zusammenschluss.“

Er hatte verstanden. Sie war sauer auf ihn. Diesen Blick kannte er. Jerel hatte sie in alter Angewohnheit mit Teli angesprochen, was seit ihrer Kindheit die Koseform ihres Namens war. Dass sie ihn nun in diesem Ton mit Jerel ansprach, bedeutete, dass sie sauer war, es war schon immer so gewesen. Wie sehr wir uns auch entwickeln, ein Teil von uns bleibt immer wie er war und kommt hervor, wenn wir schon denken, er ist lange tot, überlegte Jerel.

Er fühlte sich weniger selbstsicher als sonst hier bei seiner Schwester.

„Genau“, erwiderte er und musterte sie.

Sie hatte sich etwas verändert. Sie hatte sich schnell gefasst, als er ihren Vorstellungen einen Dämpfer verpasst hatte. Früher hätte sie das nicht vermocht.

Sie hatten die Schiffsmesse verlassen und wanderten nun durch die Gänge des Schiffes. Telia erzählte ihnen, wie sie dazu gekommen waren.

„Und nachdem Bast und Tarell auf dem Schiff waren, war es ein leichtes, die Systeme zu reaktivieren. Bevor es demontiert wurde, sind sie vom orbitalen Schrottplatz geflogen. Das Paladin-Schiff da draußen haben Parie, Kore und ihr Trupp besorgt. Ich bin erst sechs Monate später auf sie gestoßen, als sie auf einem Hinterwäldler-Planeten Reparaturen durchführten“, schloss sie.

„Und sie haben dich einfach mitmachen lassen?“, fragte Jerel.

„Nein, ich wurde ihnen empfohlen“, erklärte sie strahlend. „Nach dem Ende der Grenzkriege waren viele von uns hier gestrandet. Gesucht im Kaiserreich war es kaum möglich, zurück in unser Territorium zu kommen, zur Föderation oder ins Konsortium. Viele suchten neue Arbeit.“

Dratikaner verdingten sich oft als Söldner, da das Kriegshandwerk bei ihnen hoch geschätzt wurde. Solange die Stämme der Dratikaner keinen offiziellen Krieg erklärten, durfte jeder Dratikaner in jedem galaktischen Konflikt kämpfen. Auch gegeneinander durften sie arbeiten. Erst der Beschluss der Stämme war verbindlich und rief sie alle in die Heimat. Erklärten die Stämme zum Beispiel einen Krieg, hatte jeder Dratikaner seinem Stamm Heeresfolge zu leisten.

Telia blieb stehen und führte sie in einen zweiten Aufenthaltsraum, der allerdings anders eingerichtet war. Eine Vielzahl verschiedenster Fitnessgeräte stand herum. Ein zwei Meter großer Mann mit grauem Haar stand mit dem Rücken zu ihnen und hob Gewichte.

„Von wem?“, fragte Jerel.

„Nague Dorast“, erklärte sie strahlend. Jerel hob unter seinem Helm eine Augenbraue. Es schien ein Tag voller Überraschungen zu werden.

„Was ist?“, sagte der ältere Mensch und legte die Gewichte weg. Als er sich umdrehte und man sein Gesicht sehen konnte, fiel Narlie auf, dass sich Jerel leicht anspannte.

„Kommandant?“, fragte er unsicher.

„Nicht mehr, schon lange nicht mehr“, erwiderte der Riese. Er lachte leicht. Für einen Dratikaner war er sehr groß.

„Wie kamen Sie zu dieser ... Truppe?“, schloss Jerel nach einigem Zögern. „Sie waren nicht in den Grenzkriegen, meines Wissens.“

„Nun, ich bin ein Bekannter von Bast, und so kam es, dass man mich fragte, ob ich auf meine alten Tage noch ein paar Kämpfe erleben möchte“, begann er. „Wir sind, was wir sind, Jerel, deshalb hab ich sofort zugesagt. Hier gibt es Ruhm zu erwerben. Nur hier, im Angesicht des Todes spürt man das Leben in Gänze.“

Der Kampf gegen einen überlegenen Feind war ein immer wiederkehrendes Motiv der dratikanischen Kultur. Genauso wie Opferbereitschaft für das große Wohl, geisterte eine Information durch Narlies Erinnerung.

Jerel schien etwas unschlüssig zu sein. Telia musterte ihn und Nague und sagte dann plötzlich: „Wollen wir dann weiter?“

Jerel nickte, verabschiedete sich von Nague Dorast und folgte Telia und Narlie aus dem Raum.

„Wer war das?“, fragte Narlie. Nie hatte Jerel viel über seine Vergangenheit preisgegeben. Wie sie auch. So hatte sie sein Schweigen respektiert. Trotzdem war sie nun neugierig.

„Mein Kommandant in vielen Schlachten. Die Dratikaner führen schon seit einem Jahrhundert keinen Krieg mehr, da die Clans zu zerstritten sind. Doch solange verdienen wir uns in den Kriegen anderer Erfahrungen und Ehre“, erklärte Jerel.

Nach einer Weile kamen sie in einen größeren runden Raum, vollgefüllt mit Stationen und Bildschirmen. Ein großer Bereich einer Wand wurde von einer Ansicht des Weltraumes eingenommen. Es sah aus, als wäre dort wirklich der Weltraum. Allerdings befanden sie sich tief in der Kugel, die er vorhin gesehen hatte, hinter mehreren Metern Panzerung verborgen. Alles, was sie sahen, waren Aufnahmen von Außenkameras.

Der Raum war stufenförmig angeordnet. Manche Konsolen waren besetzt, es waren, wie scheinbar überall auf dem Schiff, verschiedenste Spezies anwesend. Einige Kilto arbeiteten an der Kom-Konsole. Kilto waren bis zu drei Meter große Humanoide, die deutlich irritierend auf viele Menschen wirkten. Sie hatten ein flaches Gesicht und anstatt einer Nase zwei schräge Schlitze. Ein Faryn saß an der Schiffssteuerung. Die Faryn waren Kopffüßler mit sechs bis zwölf Extremitäten. Die Steuerkonsole schien extra für ihn entworfen zu sein, denn sie war kreisförmig angeordnet und in einer Weise aufgebaut, dass eine Person mit nur zwei menschlichen Händen niemals alles hätte bedienen können.

Faryn stammten von einer unwirtlichen Welt des Kaiserreichs mit einer Stickstoff-Sauerstoff-Atmosphäre, bei der Gase und Dämpfe in der Atmosphäre das meiste Sonnenlicht abfingen. Die Faryn wurden vom Kaiserreich vielfach als preiswerte Arbeitskräfte in den Werften eingesetzt. Man hatte ihre Wirtschaft systematisch vom Reich abhängig gemacht und diktierte nun Löhne, bei denen ein Sklave auf vielen Welten des Reiches ein besseres Leben gehabt hätte.

Der Dratikaner in goldschwarzer Rüstung, Tarell, saß etwas erhöht auf einem Kapitänsstuhl und widmete seine Aufmerksamkeit einem Bildschirm in den Armlehnen seines Sitzes.

„Tarell?“ Telia trat zu ihm. Jerel konnte den Respekt sehen, den jeder hier vor ihm zu haben schien. Das durchaus zurecht. Tarell wirkte wie ein Idealbild des besonnenen und in sich ruhenden Kommandanten.

„Ah, Telia“, antwortete er und sah vom Bildschirm zu ihr. Er stand auf und ging auf Jerel zu.

„Sie hat Ihnen das Schiff gezeigt, nehme ich an?“, fragte Tarell. Jerel nickte.

„Es ist beeindruckend“, gab er zu. „Wobei ich damit sowohl das Schiff als auch die Vielfalt Ihrer Besatzung meine. Abgesehen von den verschiedensten Spezies sind auch diverse Uniformtypen vertreten gewesen, die ich selten im gleichen Raum sah. Ehemalige Soldaten verschiedenster, teils lange verfeindeter Systeme und scheinbar Mitglieder einiger lokaler Sicherheitsdienste.“

„Ja, die meisten Freiwilligen haben einen militärischen Hintergrund. Sie glauben gar nicht, wer alles kommt, wenn Sie nach Feinden des Kaiserreichs rufen“, erwiderte Tarell. „Telia erzählte mir, dass Sie selbst einiges an Kampferfahrung mitbringen.“

„Mitbringen?“, fragte Jerel etwas skeptisch. „Das klingt, als wollte ich bei Ihnen anheuern.“

„Telia meinte, dass Sie sich uns anschließen würden“, sagte nun Tarell überrascht und sah Telia an. Sie wurde leicht rot, was wegen ihres Haares umso deutlicher sichtbar war.

„Er will damit sagen, dass er noch etwas Bedenkzeit haben möchte“, sagte Telia schnell.

Jerel blickte sie verwundert an, was sie wegen des Helmes nicht genau sah, nickte dann aber.

„Ja, wir“, er deutete auf Narlie und Sotus, „wollen uns erst darüber absprechen.“

*


NARLIE WAR BEGEISTERT. Vor ihr ging ein Dratikaner in roter Rüstung. Sein Name war Greneg Darestac. Sie war in der Schiffsmesse gewesen, um noch eine Kleinigkeit zu Abend zu essen, und er hatte sich zu ihr an den Tisch gesetzt. Sie waren ins Gespräch gekommen und nun erzählte er ihr seit einer geschlagenen Stunde von den Überfällen, die sie bereits verübt hatten. Tarell musste ein begnadeter Stratege sein. Telia hatte ein wenig mit ihrem Bruder über alte Zeiten reden wollen, Sotus hingegen war Narlie gefolgt, er meinte, er habe keinerlei Aufgaben und dies alles sei sehr informativ. Sie wurde das Gefühl nicht los, dass er sich wie ihr Leibwächter benahm. Sie schritt neben Greneg einen Korridor entlang und hörte seinen Erzählungen zu.

Plötzlich explodierte etwas neben ihr und die Welt wurde dunkel.

*


SOTUS WÄRE, WENN ER zu solchen Gefühlen fähig gewesen wäre, verzweifelt gewesen. Jerel, sein Konstrukteur, hatte ihm befohlen auf die Menschenfrau aufzupassen, und er hatte versagt.

Es war selbst für seine elektronischen Reflexe zu schnell gegangen.

Ohne Vorwarnung oder andere Anzeichen, von einem Moment zum anderen, explodierte die Wand des Ganges, und Sotus wurde gegen die gegenüberliegende Wand geschleudert. Wenige Sekunden später war er wieder auf den Beinen und sah, wie sich der Dratikaner namens Greneg aufrappelte.

Sotus begann hektisch den Boden nach Narlie abzusuchen und fand sie blutend am Boden liegen. Schlimmer war, dass ihre Kleidung stellenweise Feuer gefangen hatte.

Sotus war binnen einer Sekunde bei ihr und klopfte das Feuer aus. Den in seinem rechten Arm für Notfälle befindlichen Löschschaum wollte er nicht einsetzen, da er sich nicht über die Verträglichkeit mit lebenden Wesen sicher war. Narlie schien das Bewusstsein verloren zu haben. Organische sind so verletzlich, dachte Sotus und war froh darüber eine Panzerung zu besitzen, die sogar leichten Projektilwaffen standhielt.

Trotz allem hatte ein Trümmerstück sein weniger gepanzertes Kniegelenk verbeult, was dafür sorgte, dass er sein rechtes Knie nicht mehr voll einsetzen konnte. Doch die Selbstdiagnose musste warten. Seine Zielperson war verletzt, wie seine optischen Sensoren erfassten. Er hob sie sanft hoch, und begann sich in das Schiffssystem einzuklinken. Er brauchte einen Plan des Schiffes.

Sotus lief los in Richtung Krankenstation. Er hörte ein leichtes Stöhnen hinter sich, der Dratikaner war wankend auf die Beine gekommen und sackte stöhnend zurück zu Boden. Sotus war einen Moment hin und her gerissen. Einerseits wollte er seinem ursprünglichen Befehl folgend Narlie helfen. Andererseits war der Dratikaner ein verletzter Verbündeter. Sotus drehte um und warf sich den Dratikaner ohne ein Wort über die Schulter. Das Gewicht der beiden Humanoiden war gerade noch im Toleranzbereich von Sotus. Der Dratikaner ließ es geschehen, da er noch zu benommen von der Explosion war, weil er seinen Helm nicht getragen hatte.

Sotus rannte. Er hatte seinen Herrn während des Kampfes enttäuscht, und nun hatte er bei einer klaren Aufgabe versagt. Das durfte nicht wieder geschehen.

Mission Unendlichkeit - Das 1529 Science Fiction Abenteuer Paket

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