Читать книгу Mission Unendlichkeit - Das 1529 Science Fiction Abenteuer Paket - Mara Laue - Страница 24

Kapitel 8: Heilung

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Ort: Orbit um Diareon, an Bord der BELLEZA

Zeit: 4699,1 NSüdK

Genormte Galaktische Zeitrechnung

––––––––


„TELIA, ICH WERDE MICH erst mit Narlie beraten, bevor ich irgendwas dazu sage“, sagte Jerel.

„Aber warum willst du mir nicht sagen, was du darüber denkst?“, fragte sie aufgebracht. „Und seit wann denkst du an andere? Wo hast du diese Menschenfrau, diese Narlie, aufgegabelt?“

„Sie ...“, begann Jerel, doch das Summen von Telias Kommunikator unterbrach ihn.

„Ja?“, fragte Telia gereizt.

„Ist Jerel bei Ihnen?“, fragte die Stimme aus dem Kommunikator.

„Ja“, antwortete Jerel laut genug, um vom Mikrofon übertragen zu werden.

„Kommen Sie bitte so schnell es geht auf die Krankenstation, es geht um die Frau, die bei Ihnen war, sie wurde schwer verletzt“, erklärte die Stimme an der anderen Seite. Jerel sprang auf.

„Wo ist die Krankenstation?“, fragte er.

„Hier lang“, sagte Telia und verließ den Raum.

*


JEREL HATTE SCHON VIELE Leichen gesehen und auch viele Verwundete. Aber Narlie so zu sehen traf ihn sehr.

Sie schwamm in einem Tank, der randgefüllt war mit einer klaren antibakteriellen Flüssigkeit. Irgendetwas, das die Heilung beschleunigen sollte. Ihre helle Haut war teils verbrannt.

Ihre Augen hatte sie geschlossen. Jerel vermutete, dass sie Beruhigungsmittel gegen die Schmerzen bekommen hatte. Vielleicht war sie aber auch ganz von selbst bewusstlos geworden.

Nachdem ihn eine ungewohnte Welle von Mitleid überwältigt hatte, spürte Jerel nun wie Zorn in ihm hochstieg.

„Was ist passiert?“, fragte er Tarell, der sich weiter hinten auf der Krankenstation mit einem der Ärzte unterhielt.

„Wir wissen es nicht genau“, begann Tarell. „Es gab eine Explosion im D5-Korridor. Laut Aussage von Greneg und deinem Roboter ist eine Wand ohne Vorwarnung explodiert. Wir haben inzwischen alles eingehend untersucht und die Ingenieure glauben, dass jemand einen Sprengsatz dort platziert hat. Ob er ferngezündet wurde oder eine Zeitschaltung hatte, ist noch unklar.“

„Aber dass es ein Sprengsatz war, ist klar?“, fragte Jerel. Tarell nickte.

„Das bedeutet entweder Sabotage oder ein gezielter Anschlag“, überlegte Jerel und versuchte gegen seine hilflose Wut anzukämpfen. Wer ihr das auch angetan hatte, er sollte leiden.

„Sabotage können wir nicht ganz ausschließen“, sagte Tarell. „Es sind zwar keine wichtigen Systeme in Mitleidenschaft gezogen worden. Aber das ist der einzige Gang, durch den der größte Teil der Mannschaft kommt, auf dem Weg zu oder von der Hauptschiffsmesse.“

„Wie geht es ihr?“, fragte Jerel einen vom medizinischen Personal.

„Ihr Zustand ist stabil und sie wird sich mit der Zeit und der Hilfe vieler Medikamente erholen. Wegen ihrer verbrannten Haut, nun, wir denken, dass sie größtenteils nachwächst und kaum Narben zurückbleiben. Entsprechende Behandlung vorausgesetzt“, erklärte der Mensch mit sachlicher Stimme. Jerel entspannte sich. Ein Teil von ihm war erstaunt, dass es ihm so nah ging. Einem anderen Teil von ihm war das aber völlig egal.

„Gut, danke“, sagte er.

„Es tut mir leid, Sir“, sagte eine tiefe, reibende Stimme hinter ihm. Sotus war an ihn herangetreten. Hätte er die Schultern hängen lassen können, es hätte zum Gesamteindruck gepasst. Er wirkte geknickt.

„Ich habe bisher seit meiner Aktivierung nur versagt“, fuhr Sotus fort mit dem, was ihn beschäftigte. Er hinkte und hatte schwarze Brandflecken auf der zerdellten Panzerung.

„Es war nicht deine Schuld, Sotus“, begann Jerel. Er sah auf dessen Knie.

„Wie Sie meinen, Herr“, erwiderte dieser. Er widersprach nicht, aber er war davon überzeugt, dass er hätte wachsamer sein können.

„Das krieg ich nicht so leicht wieder hin, dafür müssen wir auf die ENTDECKUNG“, erklärte Jerel, nachdem er sich das Knie angesehen hatte. „Das machen wir nachher, okay?“

Sotus bejahte und Jerel wandte sich wieder dem Tank zu. Er stand einfach nur da und betrachtete Narlie.

„Jerel?“, unterbrach Tarell seine Gedanken. Jerel wandte den Blick ab und sah ihn an.

„Es gibt da ein kleines Problem“, begann Tarell. „Ihre Behandlung benötigt sehr viele Medikamente und unsere Vorräte sind recht limitiert.“

„Ich kann es euch bezahlen. Mit dem Geld, was ich für den Datenblock bekam“, begann Jerel sofort. Tarell hob die Hand und unterbrach ihn.

„Es würde uns reichen, wenn du uns dabei hilfst einen Kaiserlichen Transporter zu überfallen. Du kannst mir gerne so viel Geld anbieten, wie du willst, aber wir haben deswegen nicht mehr Medikamente zur Verfügung“, erklärte er. „Hier draußen bringt einem Geld nichts, wenn niemand etwas zu verkaufen hat. Das Beste hier draußen bekommt das Kaiserliche Militär.“

Jerel zögerte zu seiner Überraschung keinen Augenblick, als er sagte: „Einverstanden.“

Tarell nickte zufrieden. Er wandte sich ab und verließ die Krankenstation. Nach und nach leerte sie sich, bis außer Jerel nur noch zwei Ärzte, einige medizinische Roboter und Telia anwesend waren. Sie stand neben ihm und betrachtete sowohl ihn als auch die im Tank schwebende Narlie nachdenklich. Dann legte sie einen Arm auf Jerels Schulter. Sie verstand nicht, warum Jerel solche Empfindungen für eine Nicht-Dratikanerin hatte. Aber sie war die letzte, die ihren Bruder kritisieren würde.

„Wenn ich rausbekomme, wer das getan hat, dann werde ich ...“, begann Jerel, doch irgendetwas hielt ihn ab es zu Ende zu sagen. Eine Erinnerung blitzte auf.

Narlie und er hatten sich vor ein paar Monaten über Rache gestritten. Er sah es als gutes und normales Prinzip an, sie hingegen war strikt dagegen.

Für Kaiserliche Wachen war Rache eine verbotene Emotion. Möglicherweise wurde sie normalerweise mithilfe der Genmanipulation unterdrückt.

Nicht alles aus ihrer Ausbildung hatte sie verabscheut. So wenig, wie sie das Kaiserreich als Ganzes verabscheute.

Alles hatte seine zwei Seiten.

Jerel musste schmunzeln, als er an den Streit zurückdachte. Ohne dass er es jemals zugeben würde, sie hatte ihn damals zum Grübeln gebracht. Bis zu den Grenzkriegen war er immer mehr oder weniger ein Einzelgänger gewesen. Außer seiner Schwester und seinem Vater hatte es wenige Dratikaner oder gar Menschen gegeben, die ihm etwas bedeuteten. Als er dann nach fast einem Jahr im Dienste der Salister, einer Gruppe von Welten, die gegen das Kaiserreich kämpfte, desertierte und sich dem Kaiserreich anschloss, änderte sich das geringfügig. Narlie war eine frisch gebackene Kaiserliche Wache gewesen und seiner Meinung nach nicht skrupellos genug für das Kommando.

Aber sie hatte es geschafft.

In den darauffolgenden Schlachten verdiente sie sich Jerels Respekt und seine Loyalität, seine Treue.

Sie waren im Laufe der Zeit gute Freunde geworden. Das hatte sich auch mit der Ächtung der Wachen nicht geändert. Er wäre für ihre Heilung bereit gewesen hunderte Konvois zu überfallen.

War das normal? Sie war nicht von seinem Blut, keine Dratikanerin. Sie war besser als ein Mensch, doch lehrte man ihn nicht, dass die Dratikaner die neue Krönung der Schöpfung waren?

Für Jerel bekam das immer zynischere Züge. Die nächste Stufe. Behauptete das Kaiserreich das nicht auch?

Vielleicht lag Rassismus in der Natur des Menschen?

Er verscheuchte die Gedanken und ließ seinen Blick über Narlie wandern. Dabei spürte er den Zorn in sich kochen.

Telia war sich nicht sicher, was sie tun sollte. Sie hatte ihren Bruder noch nie derart aufgebracht gesehen. Diese für sie Fremde, mit der er reiste, musste ihm einiges bedeuten. Außerdem spürte sie Freude, was sie irgendwie falsch fand. Trotzdem freute sie sich, denn sie hatte gehört, wie er Tarell zugesagt hatte mit ihnen zu kämpfen, wenn auch nur auf Zeit.

*


ZAREN ERHOB SICH AUS seiner knienden Position und ging zum Aussichtsfenster seines Quartiers. Er blickte in den Weltraum und versuchte seine Gedanken zu ordnen. Die Kaiserin hatte ihm neue Instruktionen gegeben. Er sollte mit seinen Schiffen zu einem aufständischen Planeten fliegen, um sich dort mit einigen anderen Schiffen der Paladin-Klasse zu treffen. Dort sollte er einen Befehl namens Kraales-Protokoll ausführen. Das hieß ein großflächiges Bombardement der Zivilbevölkerung. Es würde ein Massaker geben. Einem Teil von ihm grauste davor, aber Befehl war Befehl. Doch er würde Jerel nicht aus den Augen verlieren.

„Schicken sie mir Kira in mein Quartier“, sagte er in seinen Kommunikator.

Etwas später betrat Kira seinen privaten Raum. Ihre Haltung verriet Misstrauen. Sie war wachsam, musterte alles, erwartete eine Falle.

Ihm gefiel das. Vielleicht würde sein privater Plan aufgehen.

„Sie wollten mich sprechen?“, fragte sie.

Zaren nickte. Er musterte sie, ihre wachsamen bernsteinfarbenen Augen. Sie trug eine dunkle enganliegende lederne Hose und dazu ein ebenfalls eng anliegendes dunkelblaues Oberteil. Darüber eine Jacke, möglicherweise mit leichter Panzerung eingenäht. Dazu durfte sie nun wieder ihr Hüftholster tragen.

„Ich habe Anweisung von der Kaiserin bekommen. Ich werde auf eine Mission geschickt. Sie werden etwas anderes tun“, begann er. „Ich möchte, dass Sie wissen, dass Sie nicht mehr gesucht werden. Die Haftbefehle sind nicht überall zurückgezogen, aber vielerorts in ihrer Priorität geändert worden. Zudem wurden die schlimmsten Haftbefehle annulliert. Das kann sich aber jederzeit ändern, wenn ich nichts mehr von Ihnen höre.“

„Das hatte ich erwartet.“

„Gut, dann erfahren Sie nun, worum es mir geht.“

*


EINIGE STUNDEN SPÄTER saß Kira an Bord ihres Xem.T-Frachters und sah zu, wie die Flotte der Kaiserlichen Wache in den Lazaris-Raum wechselte.

Sie wusste nicht, was Zarens Auftrag war.

Sie wusste nur, was ihrer war.

Er hatte sie auf einen gefährlichen Kopfgeldjäger namens Jerel Rimasen angesetzt. Er war in Begleitung einer Frau. Kira besah sich die Aufzeichnungen, die er ihr gegeben hatte.

*


ZAREN BLICKTE AUF DIE Schiffe, die sich hier versammelt hatten. Es waren sicherlich dreißig Paladin-Klasse-Schlachtschiffe im Dienste Ihrer Majestät.

Sie hatten sich um den Planeten versammelt und verhinderten jegliche Starts und Landungen. Jäger kreisten um den Planeten, Patrouillen, die jeden An- und Abflugsvektor blockierten.

Zaren hatte seine Befehle und wusste, was zu tun war. Die Bewohner des Planeten glaubten nicht, dass das Kaiserreich so weit gehen würde. Es hatte Revolten gegeben gegen das Protektorat des Reiches, Unabhängigkeitsbestrebungen. Die größten Revolten seit Jahren im ganzen Reich.

Dank einer umsichtigen Nachrichtensperre des zuständigen Grafen war nichts nach außen gedrungen.

Es hatte immer noch keine Kapitulation der Aufständischen gegeben, die den Palast des Grafen besetzt hatten.

Zaren ließ sich einen Kanal öffnen, der ihn mit allen Schiffen verband.

„Sie können sprechen“, erklärte der Kommunikationsoffizier, als die Verbindung stand.

„Führen Sie das Kraales-Protokoll aus“, sagte Zaren ruhig.

Dabei blickte er aus den Brückenfenstern. Die Schiffe begannen mit der Ausführung. Keine Fragen.

Jeder Kapitän wusste, was zu tun war.

Kraales bedeutete die systematische Vernichtung der Ballungszentren eines Planeten. Im Klartext wurde ein Planet so lange beschossen, bis nichts mehr von seinen größeren Städten übrig war und seine Oberfläche nur noch aus verstrahlter Schlacke bestand.

Zaren zuckte leicht und versuchte sich nichts anmerken zu lassen. Die ersten Laserstrahlen trafen den Planeten. Über sieben Millionen lebten auf dieser Welt. Zaren malte sich aus, wie die Leben verloschen.

Strahl um Strahl traf den Planeten.

Auch das gehörte zum Dienst für die Kaiserin.

Er glaubte an das Kaiserreich. Die Stabilität musste mit harter Hand durchgesetzt werden.

––––––––


ES DAUERTE STUNDEN die großen Zentren des Planeten zu zerstören. Gerade nahm die VERTEIDIGER eine neue Feuerposition ein, als sie ein Funkspruch erreichte.

„Kaiserliche Wache Daler“, unterbrach ein Offizier Zarens Gedankengänge. Zaren wandte sich dem Mann zu.

„Es gab einen Angriff auf einen Konvoi in den äußeren Systemen. Uns hat soeben ein Notruf erreicht. Wir sollten Sie umgehend informieren, wenn es Vorfälle mit Dratikanern gibt“, erklärte der Mann und reichte Zaren einen Handcomputer, auf dem der Notruf in schriftlicher Form zu sehen war.

„Kapitän Tarest, brechen Sie das Manöver ab. Die ERBARMUNGSLOS und die VERNICHTER sollen aus dem Verband ausscheren und mit uns gemeinsam in den Lazaris-Raum eintreten“, befahl Zaren.

Tarest sah hin- und hergerissen aus. Immerhin hatte er genauso gültige Befehle vom Oberkommando bei diesem Manöver dabei zu sein.

„Die werden auch ohne uns mit diesem Massaker fertig. Ich nehme das auf meine Verantwortung. Und jetzt los“, fügte Zaren mit schneidender Stimme hinzu. Kalt wie Eis klang er dabei.

Tarest nickte und gab entsprechende Befehle.

Kurz darauf riss der Weltraum auf und drei Paladin-Klasse-Schiffe verschwanden in den Lazaris-Raum.

*


TERA‘BARLBA FLUCHTE auf Faryn, seiner Muttersprache. Der Kopffüßler saß in einem für seine Physiognomie angepassten Stuhl und steuerte die BELLEZA auf Position. Der Transport, den sie erwarteten, würde hier im System in den Normalraum kommen. Dessen Ziel lag zu weit, um es innerhalb eines einzigen Sprunges zu erreichen. Ohne Unterbrechungen konnte das Schiff vielleicht die Strecke ohne schwere Hüllenbrüche überstehen. Aber keinesfalls die Besatzung. Die Strahlung wäre tödlich und würde die Panzerung und die Schilde durchdringen.

Wenn sie das System erreichten, würde die BELLEZA die Geleitschiffe anlocken, während das Schiff STILETT unter Tarells Kommando tun würde, wofür es modifiziert worden war. Die STILETT war eine modifizierte dratikanische Korvette. Sie hatte eine Tarnvorrichtung bekommen und besaß außerdem eine Vorrichtung zum Entern anderer Schiffe.

Nicht dass sie wirklich unsichtbar war für die Augen. Aber ihre Energiesignaturen waren kaum messbar.

*


JEREL STAND AUF DER Brücke der STILETT und fühlte sich wieder wie in den Grenzkriegen. Er hatte es immer gehasst. Nicht die Schlacht an sich machte ihn so nervös sondern das Warten. Die Ungewissheit nagte an ihm. Alles war in der Schwebe. Nichts konnte er tun.

Er würde beim Enterkommando gemeinsam mit Telia an der Front kämpfen und gehörte zu der Gruppe, die die Brücke sichern würde.

*


PARIE KADE WAR EIN Dratikaner mit einer Prothese als linkem Arm. Er trug eine blaue Rüstung, die etwas verbeult war. Er saß im Cockpit seines VDL-247-Jägers und beobachtete, wie ein Paladin-Klasse-Schlachtschiff und einige Transporter aus dem bunten Farbengewirr des Lazaris-Raums auftauchten.

Sein eigener Jäger trieb langsam durch das Nichts des Weltraums, ein ganzes Stück weg von dem Szenario. Er sah, wie die BELLEZA das Paladin-Schiff sofort unter Feuer nahm, als es auftauchte.

Das Kaiserliche Schiff startete seine Jäger.

Parie grinste.

Tarell hatte den Befehl gegeben, einige Jäger etwas entfernt zu haben, um die Kaiserlichen Jäger in die Zange nehmen zu können. Parie startete die Triebwerke und jagte auf die Seeker-Sternjäger zu. Die Seeker waren ferngesteuerte Jäger, nichts gegen einen Dratikaner wie ihn.

Tatsächlich schien der gegnerische Kommandant völlig überrumpelt. Die ersten schweren Treffer der BELLEZA rissen Löcher in den Rumpf des Paladin-Schiffes. Die Seeker teilten sich nur langsam in zwei geordnete Gruppen. Die eine davon ließ sich zurückfallen, um nicht die BELLEZA anzugreifen, sondern das Mutterschiff gegen Parie und die anderen zu verteidigen.

Parie flog eine scharfe Kurve und beschoss einen Seeker.

Er spürte ein leichtes Vibrieren um sich, als die Geschütze den Jäger erbeben ließen, während er feuerte. Der Seeker versuchte ein Ausweichmanöver, was Parie vorhersah und nutzte, um einen Treffer zu landen. Er zerfetzte dem Seeker die Triebwerke. Der Jäger explodierte in einem grellen Glutball. Parie wandte sich ab und suchte sich ein neues Ziel. Plötzlich erzitterte das Schiff. Dann jaulte eine Sirene im Cockpit auf.

Hüllenbruch.

*


EIN GROßER, SCHWERFÄLLIGER, langgezogener Zylinder erschien im Normalraum. Er tauchte ein ganzes Stück neben der BELLEZA auf. Das Frachtschiff des Kaiserreichs hatte den Funkspruch des Paladin-Klasse-Schiffes zu spät bekommen. Die Eskorte war nun damit beschäftigt sich selbst zu verteidigen. Mehrere Raketen wurden von der BELLEZA gestartet. Eine fing ein Geschütz des Paladin-Klasse-Schiffes ab. Eine Explosion war zu sehen. Eine andere Rakete schlug ein. Bruchstücke der Hülle des Eskortschiffs wurden in alle Richtungen geschleudert. Der in Fontänen austretende Sauerstoff gefror augenblicklich. An anderer Stelle leckten Flammen aus einem Loch im Rumpf. Irgendwo musste der Sauerstoff austreten, so dass er weiter brannte.

Währenddessen näherte sich die STILETT dem Frachter, der unschlüssig im Raum trieb. Vermutlich wartete man auf Befehle. Sollte man direkt in den Lazaris-Raum fliehen?

Selbst für einen kleinen Sprung mussten erst Koordinaten berechnet werden.

Diese Zeit war es, mit der Tarell spekulierte.

*


DIE STILETT DOCKTE an den Transporter an, bevor dieser sie auch nur registrierte.

Sie hatten extra Greifarme, die sich in die Panzerung des Transporters bohrten. Dann wurde eine spezielle Schleuse ausgefahren. Sie brannten sich durch den Rumpf des Frachters.

Jerel führte eine kleine Gruppe Bewaffneter an. Sotus folgte ihm dicht auf. Die Transporter-Mannschaft schien heillos überfordert.

Der Alarm schellte erst durch die Gänge, als Jerel und die Gruppe, die er anführte, noch wenige Meter von der Brücke entfernt waren.

Jerel öffnete das Schott zur Brücke, das zischend auseinanderglitt und sich in zwei Hälften teilte.

Die Mannschaft schien fast komplett anwesend. Ein Dutzend Männer in den Uniformen des Kaiserreichs. Mehrere Projektilpistolen wurden auf ihn gerichtet, doch keiner schoss.

Er konnte ihnen ihre Angst ansehen.

Niemand hatte sie auf so etwas vorbereitet. Es war ein eckiger Raum voller Bildschirme. Kaltes weißes Licht beleuchtete die Szenerie.

„Legen Sie die Waffen nieder und wir lassen Sie alle am Leben“, sagte Jerel, während er die Brücke betrat. Die Mannschaft kam seiner Aufforderung sofort nach. Die wenigen Bewaffneten sahen ein, wie hoch ihre Chancen gegen fünfzehn bewaffnete Angreifer waren.

Jerel hatte es immer wieder beobachtet. Wenn Lebewesen verzweifelt waren, wenn sie in Situationen gerieten, die sie überforderten, dann taten sie fast alles, was halbwegs sinnvoll klang.

Die Dratikaner nannten das den Sklaven-Reflex. Der Teil, über den ein jeder Dratikaner Kontrolle haben musste.

Die Kaiserlichen Offiziere wurden zu den Rettungskapseln geführt. Jerel hatte nicht gelogen. Sie würden sie wirklich nicht töten. Unnötige Verluste, hatte Tarell gesagt, sollten vermieden werden. Auf beiden Seiten.

Zudem hatte Telia bemerkt, dass es nicht schaden würde einen gewissen Ruf zu bekommen. Womöglich übergab man ihnen irgendwann die Schiffe freiwillig?, hatte sie lachend spekuliert.

Telia setzte sich an die Schiffskontrollen. Sie begann mit der Programmierung eines Überlichtsprunges. Sie deaktivierte dabei jede automatisierte Positionsmeldung an das Eskortschiff.

„Wir sind soweit“, sagte sie dann. Jerel nickte.

„Hat die STILETT schon abgedockt?“, fragte er. Zwar wäre so ein angedockter Flug möglich, könnte aber genauso gut beide Schiffe auseinanderreißen und schwer beschädigen.

„Ja“, bestätigte sie. Auf sein erneutes Nicken hin betätigte sie die für den Sprung durch die Lichtmauer notwendigen Schaltungen und der Weltraum riss vor ihnen auf, als sie das Portal in den Lazaris-Raum öffnete.

Ein leichtes Vibrieren ging durch das Schiff, als Telia den Antrieb auf volle Leistung brachte und auf den Zwischenraum zusteuerte.

*


AUF DER BRÜCKE DER ANSPRUCH AUF HERRSCHAFT herrschte anfangs reine Verwirrung. Das Begleitschiff war in den Normalraum eingetaucht und sofort unter Feuer genommen worden. Inzwischen hatten sie einige Jäger starten können, aber sie hatten schwere Schäden am Antrieb.

„Kapitän Koltha, unser Transporter“, sagte eine Offizierin entsetzt. „Er springt in den Lazaris-Raum.“

„Was?“, rief er und Verzweiflung stieg in ihm hoch. Das durfte nicht wahr sein. Er war gefangen in einem Albtraum.

„Das gegnerische Schiff nimmt seine Jäger wieder auf“, meldete ein anderer Brückenoffizier. „Wir haben zwei Dutzend Seeker verloren.“

Tatsächlich verschwanden die meisten Jäger wieder in den riesigen Hangarbuchten des Schlachtschiffes und kurz darauf begannen sie zu wenden.

„Sir, laut meinen Berechnungen ist unser Frachter nicht zu den vereinbarten Notfallkoordinaten gesprungen. Es scheint, als schließe er sich den Piraten an“, schrie nun der Ortungsoffizier völlig entgeistert.

„Sie müssen sie geentert haben“, stellte der erste Offizier fest und ballte in stummer Wut die Fäuste.

Kapitän Koltha war wie paralysiert. Die Feinde verschwanden durch einen Riss im Normalraum.

Nach einigen Sekunden der vollkommenen Stille blickte ihn der erste Offizier erwartungsvoll an.

„Sir, Ihre Befehle?“, fragte er.

„Reparieren Sie das Schiff“, erwiderte Kapitän Koltha. „Und melden Sie dem Hauptquartier. Melden Sie.“

„Sir, unsere Sensoren melden, dass es da draußen ein Lebenszeichen gibt“, unterbrach ihn der Kommunikations-Offizier. „Scheinbar einer der feindlichen Piloten, der aussteigen musste, weil sein Schiff zu schwer beschädigt war.“

„Nehmen Sie ihn an Bord und bringen Sie ihn in die Arrestzelle“, sagte Koltha und verließ die Brücke. „Melden Sie auch, dass wir ihn haben.“

*


PARIE KADE ÖFFNETE langsam die Augen und blinzelte, um sich an das Licht zu gewöhnen.

„Schön, dass Sie wach sind“, sagte eine ihm unbekannte Person. Er war an Händen und Füßen gefesselt und saß auf einem Stuhl. Ein Mann ging um ihn herum und stellte sich dann vor ihn. Er trug eine dunkle Uniform des Kaiserreichs, die nur ein einziges Abzeichen trug. Parie kannte es nicht. Es kam ihm wage bekannt vor. Doch woher?

„Wie heißen Sie?“, fragte der Fremde.

„Parie Kade“, sagte dieser wahrheitsgemäß. Er fühlte sich benommen. So als hätte man ihn in eine dicke Decke eingepackt. Parie verstand, dass man ihm Drogen verabreicht haben musste. Dies würde nicht einfach für ihn werden.

Es war ein kleiner Raum mit weiß gekachelten schmucklosen Wände. Es gab einen Tisch, der aus Sicherheitsgründen direkt am Boden befestigt war.

„In wessen Dienst stehen Sie? Kennen Sie einen Dratikaner namens Jerel Rimasen?“, fragte der Mann.

Parie unterdrückte den Drang zu antworten. Er blickte ihn einfach stumm an. Mit einem Mal spürte er, wie die Luft aus seinen Lungen gepresst wurde. Er japste wie ein Fisch auf dem Trockenen, doch er bekam keine Luft. Etwas drückte ihm den Brustkorb zusammen, es knackte leicht. Die Fesseln um seinen Oberkörper wurden immer enger.

„Hör zu, ich will Antworten, und die werde ich bekommen. Das einzige, was du noch zu entscheiden hast, ist, ob du es mir unter Qualen erzählst oder ob du mir freiwillig verrätst, was ich wissen will. Ist das klar?“, sagte der Mann. Er blickte ihn auf eine Weise an, dass er keinen Moment an seinen Worten zweifelte. Er spürte, wie der Druck auf seiner Brust weniger wurde und er wieder Luft bekam.

„Du meinst, ich darf entscheiden, ob ich vor meinem Tod noch meine Kameraden verrate? Gut, ich habe mich entschieden, feiger Kalschuik. Ich werde tun, was ich tun muss, genauso wie du“, schaffte er zu sagen, bevor sein Körper vor Schmerzen zu explodieren schien.

*


ZAREN WAR ZUFRIEDEN. Der Gefangene hatte sich zwar als zuerst widerspenstig erwiesen, aber schlussendlich hatte er ihm doch genug verraten.

„Entledigen Sie sich des Körpers“, befahl er dem Soldaten, der neben dem Eingang zur Arrestzelle Wache hielt.

Dieser salutierte zackig und ging in die Zelle.

„Kapitän Tarest“, ließ sich nun Zaren über das schiffsinterne Kommunikationssystem mit der Brücke verbinden.

„Wir haben unsere Koordinaten, setzen Sie Kurs auf den Planeten Diareon. Ich sende Ihnen die ungefähren Koordinaten. Möglicherweise müssen Sie sie erst mit der Datenbank abgleichen. Fordern Sie weitere Schiffe an. Vorerst werden die VERTEIDIGER, die VERNICHTER und die ERBARMUNGSLOS reichen müssen.“ Er hatte das Gefühl, dass er vor einem Sieg stand, mit dem er seine bisherigen Niederlagen würde wettmachen können.

„Sir?“, kam die Anfrage von Kapitän Tarest zurück. „Dann lassen wir die ANSPRUCH AUF HERRSCHAFT hier zurück?“

„Alles, was nicht in der Lage ist uns ernsthaft in einem Kampf zu helfen, brauchen wir nicht. Sie sind nur noch Ballast. Setzen Sie umgehend Kurs.“

Damit beendete Zaren die Verbindung. Er wartete nicht auf eine Rückmeldung. Ihn interessierte keine.

ENDE

Mission Unendlichkeit - Das 1529 Science Fiction Abenteuer Paket

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