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Vorwort

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Marco Gruber



Todesfalle

Delta Operator 2



© Marco Gruber 2019



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Im dritten Regierungsjahr des Ming-Kaisers Zhu Di verließ eine riesige Flotte die Mündung des Jangtse und nahm Kurs ins Südchinesische Meer hinaus. Über dreihundert Schiffe standen unter dem Kommando von Zhang He, darunter an die sechzig neunmastige Schatzschiffe, jedes 135 Meter lang und über 50 Meter breit. Eskortiert wurden diese Schatzschiffe, die Geschenke für ausländische Herrscher in ihren riesigen, mehrstöckigen Ladekammern mitführten, von über zweihundertfünfzig Begleitschiffen. Darunter achtmastige Pferdeschiffe, schwere Kriegsschiffe zum Schutz der wertvollen Ladung und schnelle Kriegsboote, die die Flotte vor Piraten schützen sollten. Knapp dreißigtausend Mann an Besatzungen und Kampftruppen segelten im Spätsommer des Jahres 1405 nach Süden. Ihr Auftrag: Die Thronbesteigung des Kaisers Zhu Di zu verkünden und den immensen Reichtum, sowie die alles beherrschende Macht des Kaisers zu demonstrieren. Die Flotte legte tausende Seemeilen zurück, besuchte dabei Länder wie Vietnam, Java, Malakka und Sumatra. Schließlich wurde sogar Indien erreicht, bevor die Schiffe vollbeladen mit exotischen Kostbarkeiten und Gesandten aller besuchten Reiche wieder die Heimreise antraten. Nachdem die Kampfschiffe auf der Rückfahrt durch die Straße von Malacca eine furchterregende Piratenflotte mit über fünftausend Freibeutern vernichtet hatten, erreichte man schließlich im Jahr 1407 wieder die heimatlichen Gewässer an der Mündung des Jangtse. Die Botschafter und Gesandten aus den besuchten Ländereien huldigten dem Kaiser und baten um Aufnahme in das höchst profitable und fortschrittliche Tributhandelssystem des Reichs der Mitte.

Es folgten dieser ersten Expedition noch fünf weitere Seereisen, die die Schiffe des Reiches unter anderem nach Siam, Quilon und Calicut, sowie Cochin und Ceylon führten. Es wurde gekämpft und unterworfen und dabei das Reich stetig vergrößert. Das Vasallentum unter dem unantastbaren Herrscher Zhu Di galt zudem als Erhöhung und nicht als Unterjochung. Der persische Golf wurde erreicht und Handel mit den dort so berühmten Edelsteinen und Korallen betrieben. Aden am Eingang des Roten Meeres wurde erkundet sowie die ostafrikanische Küste besucht. Dort lud man außergewöhnliche und bis dato unbekannte Tributfracht an Bord. Löwen, Zebras und Nashörner verfrachtete man unter Deck und sogar Giraffen, welche als Kostbarkeit sondergleichen galten. Bis 1421 hatte der Kaiser ein riesiges Reich geschaffen, das von Japan und Korea über Südostasien bis hin nach Südindien, den Persischen Golf und Ostafrika reichte. Dieses riesige Handelsreich erstreckte sich über das Ostchinesische und Japanische Meer im Norden, den gesamten Indischen Ozean und das Südchinesische Meer. Wollte man an diesem lukrativen Handelssystem teilnehmen, so musste man die Oberherrschaft des Universalherrschers anerkennen. Das chinesische Kaiserreich war auf dem Höhepunkt seiner Macht angekommen, das riesige Konglomerat aus unterschiedlichen Völkern und Ländern gedieh in Frieden und Wohlstand. Es war nur mehr eine Frage der Zeit, bis die fortschrittlichen Hochseeschiffe der chinesischen Flotte das Kap der Guten Hoffnung umfahren, entlang der westafrikanischen Küste nordwärts segeln und schließlich in den europäischen Häfen anlegen würden. Doch dazu kam es nie.

Im Jahre 1421 vernichtete ein Blitzschlag die neu erbaute Palastanlage in der nach Peking verlegten Hauptstadt. Der Kaiser fragte sich, warum ihm der Himmel so zürnte, und verstarb schließlich ahnungslos über die Gründe des Brandes kaum drei Jahre später. Sein Nachfolger, der allerdings nach nur sehr kurzer Amtszeit ebenfalls das Zeitliche segnete, stoppte den Bau der Hochseeschiffe, da er die Schifffahrt im Allgemeinen und die teuren Expeditionen im Besonderen als Grund allen Übels ansah, welches das Reich seit dem Brand des Kaiserpalastes heimsuchte. Es wurden keine Hochseeschiffe mehr gebaut, die Pläne wurden verbrannt und die letzten Schiffsbaumeister starben, ohne ihr immenses Wissen zu vererben. Ein konfuzianischer Beamter vernichtete das Archiv, in dem die letzten Aufzeichnungen über den Bau der riesigen Schiffe aufbewahrt wurden. Sogar die private Hochseeschifffahrt wurde untersagt und jeder, der sich nicht daran hielt, wurde verhaftet. Alle seetauglichen Schiffe wurden zerstört und neue durften nicht mehr gebaut werden. Im Jahr 1525 war von der Pracht und Herrlichkeit der chinesischen Flotte nichts mehr übrig. Die Gründe für diese radikale Änderung der Außenpolitik sind umfangreich und dabei doch kaum nachvollziehbar. Ein Grund mag die finanzielle Verschuldung des Reiches gewesen sein, verursacht durch die kostspieligen Seeexpeditionen, den Bau des riesigen Kaiserpalastes in der neuen Hauptstadt sowie den verlustreichen Krieg in Annam. Im Norden des Reiches machten sich überdies die Mongolen daran, die Grenzen erneut zu bedrohen. Dadurch zeigte sich, dass der Schutz der Nordgrenzen wieder vorrangig betrachtet werden musste.

Die neuen Kaiser glaubten aber auch, dass sich das agrarische China wieder zurück zu seinen Wurzeln entwickeln sollte. Man wollte wieder weg von den „Verirrungen“ der Expeditionsseefahrt mit allen Versuchungen und Reizen, die die Sitten und die Macht der Mandarine untergruben. Statt neuer Schiffe wurde nun die chinesische Mauer gebaut, man schottete sich von der Welt ab. Gerade zu jener Zeit, als Europa sich daran machte, die Weltmeere zu erobern, beschränkte sich das ehemalige Seeweltreich China darauf, mit kleinen flachen Koggen den Gelben Fluss zu befahren. Die Weltgeschichte nahm von nun an einen anderen Lauf, die Schwerpunkte der Macht verlagerten sich in den Westen. Der technische und soziale Vorsprung, den das Reich der Mitte gegenüber den Europäern stets besessen hatte, war dahin. 1492 entdeckte ein gewisser Christoph Kolumbus Amerika, sechs Jahre später war es Vasco da Gama, der das Kap der Guten Hoffnung nun in östlicher Richtung umschiffte und schließlich in Calicut landete. Jenes Calicut, das die chinesische Flotte schon fast hundert Jahre früher erkundete. Die Portugiesen stießen nach Malacca und Macao vor, es folgten die Holländer, Engländer und Spanier.

China hatte der fortschreitenden Kolonialisierung in seinem innersten Machtbereich nichts entgegenzusetzen und versteckte sich stattdessen innerhalb seiner Mauern. Das ehemals größte Seereich der Welt gab es längst nicht mehr. Dann, im 19. Jahrhundert, war es schließlich China selbst, das von den europäischen Kolonialisten angegriffen und unterjocht wurde, unfähig, sich zu verteidigen oder den Eindringlingen auch nur Widerstand zu leisten. Und all dies, weil ein Blitz im Mai 1421 in den neuen Kaiserpalast eingeschlagen hatte. Wie hätte sich der Lauf der Geschichte wohl verändert, wenn es dieses Gewitter damals nicht gegeben hätte…


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