Читать книгу Amor Amaro und die tote Domina - Marco Toccato - Страница 12

Auf dem Ostfriedhof

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olger hat mich gewarnt. Ich muss mich absichern. Womöglich wird meine neue Geschäftsverbindung schon jetzt lohnend. Ich habe die Karte noch in der Tasche und wähle die Nummer von Oleg Skribiatin.

„OSS, Skribiatin. Guten Tag!“

„OSS? Was ist das denn? Ich bin's, Amor Amaro!“

„Hallo Herr Amaro, das ging ja schnell! OSS heißt Oleg Skribiatin Security. Aber was kann ich für Sie tun?“

„Ich habe in knapp zwei Stunden einen heiklen Termin. Ich treffe einen Mann, bei dem man mir zur Vorsicht geraten hat. Mir wäre wohler, wenn jemand wie Sie irgendwo in der Nähe als Backup dabei wäre. Ich soll zwar allein kommen, aber schon diese Forderung macht mich stutzig.“

„Wen wollen Sie treffen und wo?“

„Es geht um die Tod von Shanaia Trepkow, also ist es auch für Sie wichtig. Ich treffe mich mit Randolph Kleep auf dem Ostfriedhof!"

Ein Pfiff ertönt.

„Randolph Kleep? Haben Sie sich mit dem angelegt? Da sollten Sie wirklich aufpassen! Und allein sollen Sie kommen? Ich bin dabei! Der Ostfriedhof ist ideal, ich werde mich hinter den großen Grabsteinen verstecken. Wo treffen Sie sich genau?“

„Vor dem Grab von Henriette Davidis[3]. Was wird Ihr Einsatz kosten?“

„Das geht auf's Haus, als Vorleistung für eine hoffentlich lange Zusammenarbeit. Außerdem geht es um Shanaia ... Ich bin da, verlassen Sie sich drauf.“

„Danke! Bis später!"

-:-

Von meinem Zuhause aus in Kronenburg-Haufen brauche ich 30 bis 40 Minuten mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Ich gehe schnell noch was essen und fahre dann los oder ... ich mach's umgekehrt. Direkt am Ostfriedhof ist eine Pizzeria.

In aller Ruhe esse ich Antipasto misto und Pasta aglio ed olio. Gar nicht schlecht, hätte ich hier nicht vermutet. Früher gab's hier einen Italiener, der war schlecht und teuer. Ich werde noch einen Kaffee nehmen. Die haben auch eine Siebträger-Maschine. Der Kaffee ist nicht ganz so gut wie bei Valentina, aber für eine Pizzeria ausgezeichnet.

Nun wird's auch Zeit. Ich zahle und gehe rüber zum Hintereingang des Ostfriedhofs, da wo die jüdischen Gräber liegen, nah an der alten Werksbahntrasse. Ich muss den ganzen Weg runter, denn das Grab von Henriette Davidis liegt ganz unten, fast am Haupteingang. Wenn man da steht, wird man weit und breit gesehen. Hoffentlich ist Skribiatin wirklich da. Ich komme mir vor wie eine Zielscheibe.

Durch den Haupteingang kommen und gehen Leute, meistens ältere Damen, die Plastiktüten mit Blumen und Gartenwerkzeug tragen. Kleep ist nicht zu sehen. Jemand klopft mir auf die Schulter. Ich fahre vor Schrecken zusammen und wirbele herum, soweit man das bei mir „wirbeln“ nennen kann. Da steht er, Randolph Kleep. Der ist wohl auch durch den hinteren oder seitlichen Eingang gekommen.

„Herr Amaro? Warum so schreckhaft? Ich tue Ihnen nichts. Lassen Sie uns gehen. Hier stehen wir auf dem Präsentierteller.“

„Gut, Herr Kleep. Ich hatte erwartet, dass Sie durch den Haupteingang kommen."

Wir gehen los in östliche Richtung, wo wir schon bald an einem Kindergrab vorbei kommen. Auf dem Ostfriedhof sind sehr alte Gräber. Dieses gehört dazu und es ist unwahrscheinlich, dass es noch Verwandte des Kindes gibt, aber immer werden frische Blumen darauf gelegt. Niemand weiß von wem.

Weiter hinten im östlichen Teil ist es sehr ruhig. Hier kommen nur Leute her, die hier ein Grab besuchen wollen. Die Spaziergänger halten sich weiter westlich um den Hauptweg herum auf.

„Also, was sollte das mit der Frage, ob ich rauche?" Kleep ist sofort bei der Sache und fragt in forschem Ton. Er war wohl lange bei der Bundeswehr, hatte ich gehört. Das merkt man schnell. Befehlsgewohnt, dominant und etwas schroff, nach dem Motto „Ich zeig dir gleich, mit wem du es zu tun hast!"

Bei mir wirkt das nicht. Der Mann kann mir nichts tun.

„Wie gesagt, bei der Spurensicherung der Kripo werden Zigarettenkippen analysiert, die man im Roten Herz gefunden hat. Ich habe Sie gestern Abend den Ort verlassen sehen, an dem sie lagen.“

„Dann wissen Sie auch, dass ich nicht allein war?“

„Herr Cornelius raucht meines Wissens nach nicht oder hat er damit im hohen Alter angefangen?“

„Okay, okay, ja, ich habe auf dem Dachboden geraucht. Cornelius und ich haben uns da versteckt. In der aktuellen Situation kann ich mir kein Getratsche und Nebenkriegsschauplätze leisten. Vielleicht wissen Sie, dass ich einiges bei den KEB zu ordnen habe. Nicht jeder will mir Gutes! Ich habe da gewartet und bin dann los, als ich meinte, dass die Luft rein wäre. Den Rest kennen Sie.

Was gibt es denn sonst noch, Herr Amaro?" Den Satz stieß er sehr scharf hervor, genau wie den nächsten: „Ich rate Ihnen dringend, mich aus der Sache rauszuhalten. Was haben Sie damit eigentlich zu tun?“

„Ich bin Privatdetektiv und man hat mich mit der Aufklärung des Mordes an Frau Trepkow beauftragt. Muss ich mich von Ihnen bedroht fühlen? Auf der Liste der Stammkunden von Frau Trepkow meine ich, Ihren Namen gesehen zu haben." Das war ein Bluff. Mal sehen, ob er drauf anspricht.

„Das kann nicht sein. Gestern war ich das erste und einzige Mal im Roten Herz. Fragen Sie Glatzow.“

„Och wissen Sie, Borris Glatzow sagt alles, was Sie und andere einflussreiche Kunden ihm empfehlen! Und mir fällt gerade ein, dass Lynxie Lady nicht nur im Roten Herz ,praktiziert‘ hat. Glatzow hat drei Etablissements, wenn ich richtig informiert bin? Warum sollten Sie sonst auf der Liste stehen?“

„Da muss es sich um einen Fehler handeln. Aber gut es zu wissen, Fehler sind dazu da, korrigiert zu werden." Er ist eiskalt. Wenn ich den erwischen will, muss ich mehr haben.

„Hatten Sie nicht so einen silbernen Anhänger an Ihrem Armbanduhrverschluss? Als Sie mal neben mir im Opernhaus saßen, ist er mir aufgefallen.“

„Ja, warum? Hier ist er do ..." dreht er mir sein linkes Handgelenk mit der Unterseite zu. Ich habe ihn! Er hat den Verlust wohl noch nicht bemerkt.

„Das wurde ebenfalls im Roten Herz gefunden!" Er muss ja nicht wissen, dass ich es auch auf dem Dachboden gefunden habe.

Nun wird er sehr frostig. Seine Augen werden schmal, eine Ader an seiner Schläfe sticht hervor und klopft sichtlich: „Nochmal, Herr Amaro, ich rate Ihnen dringend, das alles zu vergessen. Lassen Sie mich außen vor. Ich habe nichts mit dem Mord an Frau Trepkow oder wie die heißt, zu tun.“

„Sie halten mich nicht davon ab, die Sache zu lösen. Sie drohen mir? Was wollen Sie tun, mich aus dem Weg schaffen? Wie?"

Er verliert die Beherrschung und holt aus ... „Ach Quatsch, warum sollte ich mir die Hände an einem kleinen, unbedeutenden Schnüffler dreckig machen. Dafür habe ich meine Leute." Er winkt mit der linken Hand. Hinter einem der Gräber tritt ein vierschrötiger Bursche mit einem zwar oberflächlich hübschen, aber gemeinen Gesicht hervor. ,Rufe ich Oleg oder halte ich den Trumpf zurück ...?‘

„Sehen Sie, mein lieber Herr Amaro, dass es gesünder für Sie ist, meiner Empfehlung zu folgen?" Er hat sich wieder voll im Griff und spricht überzeugend und mit Nachdruck.

„Ich gehe davon aus, von Ihnen nichts mehr zu sehen und zu hören, außer vielleicht mal wieder im Opernhaus. Sonst begeben Sie sich in große Gefahr! Auf Nimmerwiedersehen, Herr Amaro." Er dreht sich um und verschwindet mit dem Gorilla.

Mit dem Termin bin ich zufrieden. Kleep hat Wirkung gezeigt! Da steckt mehr dahinter als Angst vor „Getratsche"!

War Skribiatin nun da oder nicht? Egal! Ich fahre nach Hause und rufe Holger an.

Amor Amaro und die tote Domina

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