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Catharine MacKinnon: Historisches Schweigen
ОглавлениеViele westliche Feministinnen teilen Foucaults Überzeugung, dass Sexualität sozial konstruiert und der Körper ein Ort der Macht sei. Wie Foucault decken sie den Einfluss von Medizin, Erziehung und Psychologie bei der Festlegung sexueller Sitten nach 1800 auf. Wie Foucault betonen sie, dass der Diskurs den Schlüssel zur Identifizierung der zugrunde liegenden Kräfte liefert, die Macht, Sexualität und Identität verbinden. Aber viele Feministinnen bemängeln, dass Foucault seine Analytik der Macht nicht auf die Genderfrage ausdehnt. Die Rechtswissenschaftlerin Catharine MacKinnon zum Beispiel lehnt eine Geschichte des Begehrens im Sinne von Foucault mit der Begründung ab, dass sein nicht präzise benanntes begehrendes Subjekt männlich sei.12 Eine Geschichte der Sexualität, welche die Konstitution des sexuellen Begehrens ins Zentrum stellt, wird den konstanten Missbrauch von Frauen notwendigerweise verfehlen. Die Geschichte schweigt zu sexueller Ausbeutung, Belästigung, Körperverletzung und Vergewaltigung. Ohne diesen Erfahrungen von Frauen Rechnung zu tragen, argumentiert MacKinnon, kann es keine zutreffende Analyse von Sex und Macht und auch keine wirkliche Geschichte der Sexualität geben.
Eine feministische Theorie der Sexualität, so MacKinnon, »verortet Sexualität innerhalb einer Theorie der Genderungleichheit«.13 Das heißt, sie sieht Sexualität nicht wie Foucault als Konstrukt einer diffusen Vielfalt von Kräften an, sondern »als soziales Konstrukt der männlichen Macht: von Männern definiert, wird sie Frauen aufgezwungen«.14 MacKinnon verortet also im Kern des »Sexuellen« in der westlichen Kultur eine genderspezifische Hierarchie. Dies sei die Vergangenheit, die Historiker aufdecken müssten und ohne die sie mit großer Wahrscheinlichkeit (und anhaltenden unheilvollen Konsequenzen für Frauen) nur den Standpunkt fördern würden, dass aller Sex gut sein kann, wenn er nur unideologisch und im Geist der Freiheit betrachtet wird. MacKinnons Entwurf einer feministischen Geschichte der Sexualität unterscheidet sich stark von Foucault, obwohl sie mit derselben Voraussetzung beginnt: Sex als soziales Konstrukt.