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„Faust“

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„In der nächsten Stunde behandeln wir „Faust“, lautete meine Ankündigung. Leidvolle Gesichter, leises Jammern und Stöhnen. In der ersten Bankreihe hörte ich das Flüstern: „Ihr Lieblingsthema, da mährt se widder stundenlang rum!“ Sie kannten mich.

Ich begann mit den Wiederholungen der 6. bis 8. Klasse, unter anderem mit dem Gedichtvortrag „Osterspaziergang“. Ein Schüler trägt es vor, kommt zum Schluss:

„Zufrieden jauchzet groß und klein!“

Das Klingelzeichen zur Pause ertönt und reaktionsschnell endet der Schüler:

„Jetzt bin ich Mensch, jetzt darf ich’s sein!“

Die Stunde endete mit einem Gelächter.

„Faust“ regt zum Nachdenken und Diskutieren an. Das war mein Ziel.

Szene „Studierzimmer“:

Mephisto: „Ich bin der Geist, der stets verneint!

Und das mit Recht; denn alles was entsteht,

Ist wert, dass es zugrunde geht;“

Fünf Minuten konnten die Schüler nachdenken. Was ist wert, dass es zugrunde gehen kann?

Ich hätte nicht gedacht, dass so eine W-Frage, die ich stets vermied, eine derartige Reaktion auslösen konnte. Das Böse war natürlich nur die Schule und die Lehrer, hinzu kamen Äußerungen über Äußerungen. „Was soll zugrunde gehen?“ Schule, Pauker, zu viele Bücher, Hausaufgaben, Noten! „Und weshalb?“

„Wir hätten mehr Freizeit, können machen, was wir wollen, können unseren Interessen mehr nachgehen, kein Druck, ungebundenes Leben.“ Spontan machten sie ihren Herzen Luft.

„Und was wäre, wenn es weder Schule noch Lehrer gäbe?“ Verblüffung, Schweigen.

Trotz ihrer vorherigen lässigen, saloppen Aussagen wurden sie jetzt realistisch, erkannten und schlussfolgerten ebenso schnell. „Dann blieben wir unwissend!“

Mephisto: „Ein Teil von jener Kraft,

Die stets das Böse will

Und stets das Gute schafft.“

„Was kann oder soll zugrunde gehen und doch Neues entstehen?“ Die Antworten verblüfften mich wiederum. Lehrer wären unnötig, wenn Lernbewusstsein und gespeichertes Wissen, zum Beispiel auf elektronischen Tafeln, die auch umfassende Texte zum Thema beinhalten, allen Schülern zugänglich wären. Lehrer stehen nur zur Verfügung, um bei der Lösung von Aufgaben und Problemen zu helfen oder zu beraten.

Nur zur Auswertung des Gelernten bleibt also der Gang zur Schule. Lernmaterial, wie zum Beispiel elektronische Hilfsmittel, erhalten die Schüler von der Schule.

Sie hatten damals, 1978, keine Ahnung, dass heute ihre Kinder neue Wege des Lernprozesses beschreiten und ihre Vorstellungen teilweise Wirklichkeit geworden sind.

Und die Erkenntnis: Sie konnten sich mit literarischen Themen auseinandersetzen, wenn es auch für Wissenschaftler wohl hier und da nicht entsprechend wissenschaftlich war.

Und meine Frage an den Bankflüsterer: „Na, wie war das Rummähren im Lieblingsthema?“

Auf jeden Fall wurden sie auf „Faust“ neugierig.

Schulzeit – eine Zeit schöner Erlebnisse?!

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