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Wo fängt eine Essstörung an?

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Laut Robert-Koch-Institut zeigt bereits ein Fünftel der 11- bis 17-Jährigen einzelne Symptome einer Essstörung.10 Ein problematisches Essverhalten bedeutet zwar noch nicht, zwingend an einer Essstörung zu erkranken. Es stellt aber einen Risikofaktor dar, der im Zusammenspiel mit anderen Faktoren dazu führen kann.

Wenn wir an Essstörungen denken, haben wir vielleicht einschlägige Bilder im Kopf von Teenagern oder Models, die sich zu Tode hungern. Essstörungen haben aber viele Gesichter: Man versteht darunter neben der Anorexie (Magersucht) auch Bulimie (Ess-Brech-Sucht) und Binge-Eating-Störung (starke Essanfälle mit Kontrollverlust). Diese Krankheitsbilder wirken zwar zunächst sehr unterschiedlich, dennoch gibt es Übergänge und Mischformen. Fachleute sehen das als Zeichen, dass die verschiedenen Essstörungen in ihrer Entstehung und Bedeutung eng miteinander verbunden sind und ihnen dieselben inneren Zustände und Konflikte zugrunde liegen können.11 Dabei gilt: Untergewicht ist nicht gleichbedeutend mit einer Essstörung. Normalgewicht schließt eine Essstörung nicht aus. Übergewicht und Adipositas (Fettleibigkeit) sind keine Essstörungen – können aber insbesondere aus einer Binge-Eating-Störung entstehen (mehr Informationen dazu finden Sie in Kapitel 7).

Wie psychische Erkrankungen insgesamt, nehmen auch Essstörungen zu: So gab die AOK Nordost beispielsweise 2018 bekannt, dass die Zahl der Erkrankungen unter den 6- bis 54-jährigen Versicherten von 2010 bis 2016 um 74 Prozent angestiegen war.12

Die Corona-Pandemie hat diese Entwicklung seit dem Frühjahr 2020 nochmal verstärkt. Im Frankfurter Zentrum für Ess-Störungen standen laut dessen Leiterin Sigrid Borse die Telefone nicht mehr still: Viele Mädchen und Frauen meldeten sich, die spürten, dass sich ihre Beziehung zu Essen und Körper in den Lockdown-Phasen verändert hatte.13

Durch die psychische Belastung sowie das Fehlen von Strukturen und sozialen Kontakten nahmen Essanfälle, depressive Anzeichen und allgemeine Krankheitssymptome von Essstörungen zu. Bestehende Essstörungen verstärkten sich häufig, bereits vorbelastete Personen erlitten vermehrt Rückfälle.14

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) fordert, Essstörungen mit hoher Priorität zu bekämpfen, weil sie ein großes gesundheitliches und psychosoziales Risiko bergen: Bei Jugendlichen ist die Anorexie die psychische Erkrankung mit der höchsten Sterblichkeit (durch Mangelernährung und Suizid).15 Daher ist es wichtig, Essstörungen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.

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