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Leben wir in einer essgestörten Gesellschaft?

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Ein problematisches Essverhalten fängt mitunter deutlich früher an. Da uns manche zwanghaften Essgewohnheiten und Ernährungseinschränkungen jedoch so alltäglich oder sogar gesundheitsbewusst erscheinen und sie als Problematik unerkannt bleiben, möchten wir den Fokus besonders darauf richten.

Denn auch ein latent gestörtes Essverhalten kann die Lebensfreude enorm beeinträchtigen und hohen Leidensdruck erzeugen. So klagt in einer Studie ein Drittel über abendliche Essanfälle.16 In einer Befragung von 25 bis 45 Jahre alten Frauen berichtete ebenfalls ein Drittel, dass sie schon über die Hälfte ihrer bisherigen Lebenszeit Diät hielten.17 Die gesundheitlichen Folgen und die medizinischen Kosten, die aus einer Fehl- oder Überernährung entstehen können, sind nicht zu unterschätzen. Ebenso aber die psychischen Auswirkungen, wenn ein Großteil der Lebensenergie darauf verwendet wird, den eigenen Körper „in den Griff“ zu bekommen.

Aufgrund der Ausmaße und der Entstehungsfaktoren eines gestörten Essverhaltens müssen wir bei diesem Thema auch berücksichtigen, wie unsere Lebensform und der Zeitgeist dazu beitragen. Wenn man weiß, dass eine hohe Körperunzufriedenheit und eine „Diätmentalität“ zu den größten Risikofaktoren für Essstörungen zählen – dann bietet unsere Kultur einen idealen Nährboden dafür. Aus diesem Grund spricht die Kinder- und Jugendpsychiaterin Dagmar Pauli in ihrem Buch „Size Zero“ auch von einer „essgestörten Gesellschaft“.18

Unser Buch beleuchtet die Themen Hungern und Essen, Schlankheitsideal und Gewicht sowohl aus gesellschaftlicher als auch individueller Perspektive. Die Frage ist: Wie können gerade junge Menschen, aber auch Frauen und Männer jeden Alters, mit den gesellschaftlichen Anforderungen und Idealen zurechtkommen und dabei gesund bleiben? Was sind die Gelingensbedingungen, um ein intuitives Essverhalten und ein positives Körpergefühl zu erreichen? In vielen Bereichen unseres modernen Lebens geht es darum, sich von äußeren – nicht selten durch finanzielle Interessen geprägten – Angeboten zu distanzieren und zu eigenen Maßstäben zu finden. Dafür müssen wir als Gesellschaft und oft auch persönlich einige Sicht- und Denkweisen verändern.

Das eigene Maß

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