Читать книгу Das eigene Maß - Margrit Hasselmann - Страница 14
ОглавлениеEigentlich scheint es ganz einfach: Essen gehört zu den menschlichen Grundbedürfnissen, wie Atmen oder Schlafen. Es ist lebensnotwendig, um den Organismus mit Energie und Nährstoffen zu versorgen. Es soll dazu beitragen, alle Körperfunktionen, das Immunsystem, den Stoffwechsel und die Leistungsfähigkeit bestmöglich aufrechtzuerhalten – kurz, unsere Gesundheit.
Wenn man die Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zugrunde legt, geht es bei Gesundheit um einen „Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur die Abwesenheit von Krankheit und Gebrechen.“19 Für all das ist unsere Ernährung eine wichtige Ressource. Denn neben dem gesundheitlichen Aspekt geht es auch um Bedürfnisbefriedigung – Essen spricht unsere Sinne an, kann großen Genuss bereiten und damit zur Lebensfreude beitragen.
In Deutschland und anderen Industrienationen steht uns eine ungeheure Vielfalt und Fülle an Nahrung zur Verfügung, um uns nach unseren persönlichen Vorlieben abwechslungsreich und gesund zu ernähren. Warum haben dennoch so viele Menschen in unserer Gesellschaft Probleme mit dem Essen, mit ihrer Ernährung, mit ihrem Gewicht?
In einer Studie des Demoskopischen Instituts Allensbach für Nestlé gaben 90 Prozent der Teilnehmenden an, dass sie mit ihrer Ernährung auch übergeordnete Ziele erreichen wollten: Rund 60 Prozent wollen ihre Fitness und Gesundheit, die Hälfte das persönliche Wohlbefinden stärken. Etwas mehr als ein Drittel will sich selbst optimieren, knapp ein Viertel etwas für das eigene Aussehen tun. Allerdings: 85 Prozent sind gleichzeitig mit dem eigenen Ernährungsverhalten unzufrieden und ernähren sich anders als gewollt. Ein Drittel der Befragten berichtete von abendlichen Heißhungerattacken. 31 Prozent gaben an, dass sie zu wenig Obst und Gemüse, 28 Prozent, dass sie zu viel Fett zu sich nähmen. Über zu wenig Zeit zum Essen klagte etwa ein Viertel der Befragten.20
Warum also essen so viele Menschen anders, als es für ihre Gesundheit förderlich ist? Und warum hat eine so natürliche und lebensnotwendige Handlung wie Essen die Selbstverständlichkeit verloren? Um das zu verstehen, beschäftigen wir uns zunächst mit der Bedeutung von Essen. Wonach wählen wir unsere Lebensmittel aus, wann und wie viel essen wir? Was bestimmt unseren Blick auf Nahrung und unser Verhältnis zum Essen?