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Wenn Essen zum Problem wird
ОглавлениеDer Dauerabgleich zwischen Ideal und Realität führt dazu, dass immer mehr Menschen ihren Körper ablehnen – und das schon bei ganz durchschnittlichen, gesunden Körperformen. Wir können bereits Sechsjährige erleben, die sich nicht in Badekleidung zeigen wollen, weil sie sich nicht als dünn genug empfinden – oder 60-Jährige, die sich zeitlebens unwohl in ihrem Körper fühlen. Menschen, die ständig Kalorien zählen, deren Gedanken den ganzen Tag um Essen oder Verzicht kreisen, die immer wieder Heißhungerattacken erleben. Die vielleicht schlank sind, aber dennoch in der permanenten Angst leben zuzunehmen. Oder die übergewichtig sind und sich danach sehnen abzunehmen, aber immer wieder daran scheitern.
Dadurch, dass es so „normal“ erscheint, ständig mit seinem Essverhalten, mit Figur und Gewicht zu hadern, nehmen wir es allerdings nicht als eigenständiges Problem wahr. Stattdessen endet es immer wieder mit den üblichen Scheinlösungen: ein sehr kontrolliertes Essverhalten, Ernährungsexperimente, die nächste Diät oder aufwändige Trainingspläne. Ein Scheitern an den unrealistischen Zielen ist dabei meist vorprogrammiert – dennoch ist der Frust groß, wenn sich nicht die gewünschten Ergebnisse zeigen.
Dieses Problem – auch und gerade unterhalb der Schwelle einer diagnostizierbaren Essstörung – ist so allgegenwärtig, dass wir es zum Thema dieses Buches gemacht haben. Denn das Eingeständnis, ein Problem mit dem Essen zu haben, ist immer noch ein großes Tabu.