Читать книгу Ich, eine schlechte Mutter - Marguerite Andersen - Страница 10
EIN NATÜRLICHES HINDERNIS
ОглавлениеOktober. Keine Regel. Kein einziger Tropfen Blut.
Übelkeit. Abends gehe ich auf einmal früh ins Bett.
Die Brüste schmerzen. Ich bin wohl schwanger.
Schwanger? Bin ich schwanger? Einfach so, aus heiterem Himmel?
Nackt vor dem großen Spiegel im Schlafzimmer, nehme ich mich in Augenschein. Von vorne, von der Seite. Der Bauch ist etwas schlaff. Immer noch derselbe? Ja? Nein! Mein Leben ist anders. Ich bin anders. Mit einem Bauch befrachtet, der sich schwer anfühlt.
Wo ist der geflügelte Traum von gestern hin?
Ich bin nicht mehr diejenige, die aufbricht. Ich bin Teil eines Wirs, die wir zusammen aufbrechen … wohin, wozu?
Ein Kind … Will ich es? Will es der Mann, der Geliebte?
Haben wir, und sei’s nur flüchtig, daran gedacht, bei der Liebe?
Haben wir auch nur darüber geredet?
Ist mir das wirklich passiert?
Ein Kind. Sollte ich mich nicht freuen?
Es gar nicht erwarten können? Es zu bekommen? Es zu sehen? Zu berühren? Ein Name … Ein Bild … Erika …
Entfernte Kusine. Familiengeheimnis. Sie soll sich eines Kindes entledigt haben. Mit Hilfe eines Arztes. Danach soll sie geweint haben, am Ostseestrand. Das Kind begraben …
Die Tränen im Sand …
Das Kind des Zufalls, ein Unfall, Schicksal.
Unerwartet.
Ein Arzt, ich brauche einen Arzt, brauche Gewissheit.
Er soll mir sagen, ob ich wirklich schwanger bin.
– Eindeutig, meine Dame.
Bin ich nicht zu jung für diese Bezeichnung? Ich erwarte, dass er mich berät, dieser Mann in Weiß. Dass er mir die Frage an den Augen abliest.
Schließlich sagt er zu mir, ja, in diesen schwierigen Zeiten könnte man vielleicht eine Abtreibung vornehmen …
Weil das aber gesetzeswidrig sei, müsste die Ausschabung ohne Narkose erfolgen …
– Und falls es dann zu Komplikationen kommt … Wären die Schmerzen unerträglich, verstehen Sie?
Sag mir, Arzt, würdest du das deiner Frau antun?
Meine Frage bringt ihn in Bedrängnis.
– Nein, auf keinen Fall, niemals!
Ich habe Angst vor dem Messer im Leib. In meinem, nicht dem des Kindes.
Ich stehe wieder auf. Ziehe den Schlüpfer wieder an. Meine Schuhe.
Was soll’s. Das Kind des Zufalls wird mein Kind werden.
Ich werde uns schon zu helfen wissen.