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Kapitel 7

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„Was können Sie uns über den Toten erzählen, Herr Sonntag?“, fragte Jutta.

„Er war mein Freund, genauso wie die anderen auch. Wir kennen uns seit der Grundschule, stammen alle hier aus dem Ort und haben zusammen Abitur gemacht. Studiert hat dann zwar jeder etwas anderes und auch nicht alle an derselben Uni, aber wir haben uns nie aus den Augen verloren oder den Kontakt abgebrochen. Nach dem Ende unserer Studienzeiten haben wir uns alle fünf eine Auszeit genommen und sind zusammen etwas um die Häuser gezogen, einfach um uns klarzuwerden, wie es weitergehen sollte.“

„Sind denn Ihre Lebenswege nicht schon vorgezeichnet?“, wollte Jan wissen.

Moritz Sonntag lächelte leicht.

„Mehr oder weniger schon. Markus, zum Beispiel, sollte die Firma seines Vaters übernehmen, zu gegebener Zeit natürlich und er hat sich auch darauf gefreut. Er hat Physik studiert, das passt doch gut zu einer Firma, die physikalische Geräte herstellt. Was mich selbst betrifft, so habe ich Architektur studiert und will irgendwann mal ein eigenes Architekturbüro haben.“

„Und die anderen? War es bei denen auch so einfach?“

„Veit weiß noch nicht, was er einmal machen will, er ist der Globetrotter in unserer Clique, der Sonnyboy, der immer gut gelaunt ist und alles leichtnimmt, alles auf sich zukommen lässt. Jonas soll mal das Autohaus seines Vaters übernehmen, damit war er auch einverstanden, nur mit der Art und Weise, wie sein Vater es führte, war er nicht ganz d’accord.“

„Wie meinen Sie das?“

„Na ja, er will alles etwas modernisieren und auch expandieren, was seinem alten Herrn aber nicht gefällt. Der will immer, dass alles so bleibt, wie es ist. Jonas hat schon ein paar Ideen, wie er alles umgestalten könnte.“

„Bleibt noch Volker Grundmann. Was können Sie uns zu ihm sagen?“

„Hm … Volker. Der soll mal die Grundmann-Werke übernehmen. Sein Vater hat das zwar nie so explizit gesagt, aber unterschwellig erwartet er es natürlich. Deshalb hat Volker auch Maschinenbau studiert, aber glücklich war er damit nicht.“

„Er will also nicht Firmenchef werden?“, hakte Jan nach.

„Nein, Volker ist mehr künstlerisch begabt. Er liebt die Fotografie und wollte schon als kleiner Junge Fotograf werden. Er macht richtig tolle Aufnahmen und wir sind alle davon überzeugt, dass er es damit auch weit bringen kann.“

„Und sein Vater ist dagegen?“

„Volker hatte bisher noch nicht den Mut, mit seinem Vater darüber zu sprechen und das macht ihn fertig. Er hat sich in der letzten Zeit sehr verändert, ist aggressiver geworden, trinkt viel und schimpft nur auf die Firma seines Vaters. Wir machen uns da schon Sorgen. Markus hat vermutet, dass Volker vielleicht Drogen nimmt und wollte sich deshalb mal darüber informieren. Welche Auswirkungen das haben kann und so, im Verhalten zum Beispiel.“

„Hat er dazu im Internet recherchiert?“

„Ja, auch, aber er fand, dass da auch ziemlich viel Mist steht. Deshalb ist er in die Buchhandlung und wollte in einem Buch darüber nachlesen.“

Jutta und Jan sahen sich an.

„Haben Sie mit Volker über Ihre Vermutungen gesprochen?“, fragte Jutta.

„Markus und ich haben ihn darauf angesprochen und gefragt, ob er irgendetwas einnimmt, weil er sich verändert hat und ihm auch unsere Hilfe angeboten.“

„Und?“

„Er hat äußerst gereizt darauf reagiert, ist uns fast an den Hals gesprungen und hat uns wüst beschimpft.“

„Wann war das?“

„Am Abend vorher, da haben wir uns alle zum Essen getroffen und bei dieser Gelegenheit haben ihn Markus und ich darauf angesprochen.“

„Und was haben die anderen gesagt?“

„Denen war das auch schon aufgefallen, haben es aber auf den Prüfungsstress geschoben und sich nicht weiter Gedanken darüber gemacht.“

„Dann waren Sie und Markus also so quasi die Bösen, die ihm etwas anhängen wollten?“, fragte Jan.

„Wenn Sie es so ausdrücken wollen, ja.“

„Wussten Sie, dass Markus Rieder zuckerkrank war?“

„Ja, natürlich. Wir alle haben das gewusst. Markus musste sich schon als Kind spritzen, kam aber gut mit seiner Krankheit zurecht und hat sich von ihr nicht beeinträchtigen lassen.“

„Wo hat er seine Spritzen denn aufbewahrt?“, bohrte Jan nach.

„Im Schränkchen im Bad über dem Waschbecken“, antwortete Moritz prompt.

„Und sein Notfallmäppchen, wo bewahrte er das auf?“

„Normalerweise im Handschuhfach seines Autos, wenn er mit dem unterwegs war. Ansonsten trug er es bei sich.“

„Es wussten also alle von seinem Notfallset, wo er es aufbewahrte und alle hatten also die Gelegenheit, daran zu manipulieren?“, präzisierte Jutta.

„Ja, … aber warum fragen Sie?“, stotterte Moritz.

„Das Insulin in den Spritzen wurde durch ein dreimal stärkeres ersetzt. Wissen Sie, was das bedeutet?“, fragte ihn Jutta.

Moritz schüttelte den Kopf.

„Ein zuckerkranker Mensch, der zu viel Insulin bekommt, also eine Überdosis, fällt ins Koma und stirbt. Je nach Dosierung kann er auch gleich tot umfallen. So wie im Fall Ihres Freundes. Wir sprechen also von Mord.“

Moritz war leichenblass geworden.

„Mord? Sie meinen, jemand hat vorsätzlich den Inhalt der Spritzen ausgetauscht?“

„Genau. Was haben Sie genau am Vorabend von Markus Rieders Tod gemacht?“, wollte Jan wissen.

„Das sagte ich schon, wir haben uns zum Essen getroffen, bei dem wir dann Volker auf seine Veränderung angesprochen haben.“

„Um wie viel Uhr haben Sie sich getroffen und wie lange waren Sie zusammen?“

„Wir haben uns so gegen 20 Uhr getroffen. Markus und ich sind dann so gegen 22.30 Uhr gegangen, weil wir das Ganze nicht eskalieren lassen wollten. Die anderen sind noch geblieben. Wie lange, kann ich nicht sagen.“

„Sind Sie dann sofort nach Hause?“

„Nein, Markus und ich sind zusammen noch etwas durch die Gegend gelaufen. Dabei hat er mir gesagt, dass er am nächsten Morgen zur Buchhandlung fahren und sich über Drogen und solche Sachen informieren wollte.“

„Wie spät war es, als Sie sich dann endgültig trennten?“

„Das weiß ich nicht genau. Ich schätze, das muss so gegen 23.15 Uhr gewesen sein. Ich bin in mein Auto gestiegen und Markus in seins und wir sind beide davongefahren.“

„Direkt nach Hause?“

„Ich schon. Leider kann das aber niemand bezeugen.“

„Gut, Herr Sonntag, vielen Dank für Ihre Zeit und dass Sie so ausführlich mit uns gesprochen haben. Sie können jetzt gehen.“

Moritz Sonntag erhob sich. An der Tür drehte er sich noch einmal um.

„Finden Sie den Kerl, der das getan hat, unbedingt“, sagte er noch, dann war er verschwunden.

Jutta und Jan blieben nachdenklich zurück.

„Was hältst du von ihm?“, fragte Jutta.

„Er war ehrlich erschüttert über den Tod seines Freundes und ich denke, er hat die Wahrheit gesagt. Was meinst du?“

„Ja, das denke ich auch. Mal sehen, was die anderen sagen. Wir haben noch zwei Stunden Zeit bis dahin. Wer kommt als nächstes?“

Jan blätterte in seinen Notizen.

„Jonas Gabelberg“, meinte er dann.

„Gehen wir etwas essen?“, fragte Jutta, „wenn du griechisch magst, kenne ich da ein gutes Lokal, gar nicht weit von hier.“

„Ich mag griechisch sehr gern“, antwortete Jan, „wie heißt das Lokal denn?“

„‘Beim Alex‘, in der Breslauer Straße. Komm, wir nehmen mein Auto.“

Nichts ist vergessen

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