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Kriegsspiele

Nun wohnten wir also in Ebersbach in der Bahnhofstraße im letzten Haus direkt an der deutschtschechischen Grenze. Es war 1942 und meine Mutter verheimlichte vor uns Kindern, dass es einen Krieg gab. Es gab kein Fernsehen und das Radio, den Volksempfänger, schaltete sie erst spät am Abend an als wir schon im Bett lagen.

Ich war nun 8 Jahre alt und lebte ziemlich sorglos in den Tag hinein. Meine Hauptbeschäftigungen waren neben der Schule Märchen nachspielen und Geschichten ausdenken.

Doch dann passierte etwas Merkwürdiges. Direkt hinter unserem Gartenzaun fiel das Gelände in einem Hang steil ab und unten befanden sich Tümpel und Weidensträucher. Direkt dahinter war die deutsch-tschechische Grenze. Dort hatte sich auf jeder Seite jeweils eine jugendliche Bande gebildet, welche sich gegenseitig mit irgendetwas bewarf. Neugierig schaute ich mir von unserem Grundstück aus den Kampf an, denn die Rufe: „Sachsche Gaugen!“ und „Biehmsche Schweine!“ gingen lautstark hin und her. „Was spielt ihr denn ihr da?“, fragte ich einen Jungen auf der deutschen Seite. „Krieg“, erwiderte er. Ich wusste zwar nicht, was das genau bedeutete, aber wollte unbedingt mitspielen. Sie ließen mich dann mitmachen. Unsere Munition bestand aus kleinen Erdklumpen. Für die Herstellung waren ein weiteres Mädchen und ich zuständig. Wir gruben eifrig im Lehmboden des Hanges und formten mit Wasser aus den Tümpeln kleine Lehmkugeln, welche in der Sonne schnell trockneten und hart wurden. Diese packten wir dann in unsere Schürzen und brachten sie an die „Front“ auf den Hang. Die Verpflegung musste auch herangeschafft werden und so wurde durch Zaunlücken in den Nachbargärten geräubert was die Saison so hergab. Unser Kriegsspiel war nicht ungefährlich und es gab kleinere Verletzungen, aber am Ende des Tages stand dann der Sieger fest, mal auf der einen, mal auf der anderen Seite. Die Bedeutung von Krieg und dessen schreckliche Auswirkungen wurden mir erst viel später bewusst.

Nanne - Eine Kindheit im 2. Weltkrieg und Jugend in der DDR

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