Читать книгу Nanne - Eine Kindheit im 2. Weltkrieg und Jugend in der DDR - Marianne Heinrich - Страница 8
ОглавлениеEinkauf im Sudetenland
Wir Grenzbewohner waren gewohnt, ganz einfach nach drüben ins Sudetenland zu gehen, um im Städtchen Georgswalde einzukaufen. Das Einkaufen von Lebensmitteln für unsere Familie war schon von frühester Kindheit mir auferlegt.
Nach Georgswalde ging es nach einem Stück auf der Landstraße plötzlich nach unten und man befand sich sofort im Ortskern. Links war ein Milchgeschäft, dort kaufte ich Milch und Quark und manchmal auch Margarine. Ich erinnere mich an einen wundervollen Bäckerladen, gleich rechts ging es ein paar Stufen hoch und dann stand man praktisch im Schlaraffenland. Ich hatte eine Lebensmittelkarte dabei, Nahrungsmittel waren für alle streng rationiert und jeder hatte nur Anrecht auf eine bestimmte Menge. Die rosa Kuchenmarken von der Lebensmittelkarte waren aber immer schnell verbraucht. Der Kuchen war leider teuer, aber zum Glück gab es auch Bonbons ab 1 Pfennig das Stück.
Im sogenannten Biehmschen (Böhmischen) wohnte auch unser Schuhmacher. Er hatte uns nicht nur unsere Schuhe repariert, sondern auch die allerschönsten Schuhe angefertigt, so besaßen meine Schwester, meine Mutter und ich im Sommer jeder ein Paar Ledersandaletten mit Keilabsatz und bunten Lederstreifen. Mode war bei uns, wenn auch aus einfachen Verhältnissen stammend, immer eine wichtige Sache gewesen.
So hatten wir eine Schneiderin in der Stadt, die nicht nur für uns drei nähte, sondern auch für alle Puppenkleider zuständig war. Wir hatten immer sehr schöne Kleider und auch Mäntel, meistens wir Kinder im Partnerlook.
Meine Mutter hatte wunderschöne französische Wäsche und Schuhe, Handschuhe mit langen Stulpen, ein hellgraues Kostüm und tolle Handtaschen, aber am besten waren die geheimnisvollen bunten Parfumflakons, dazu ein Journal mit schönen Frauen und Reklame drin. Letzteres lag oben auf dem Küchenschrank und ich habe mir wohl hundertmal die schönen Fotos darin angeguckt. Diese ganzen Schätze waren Geschenke meines Vaters, der lange bevor er in russische Gefangenschaft geriet, in Paris stationiert war.