Читать книгу Indien, ich komme - Marie J. D. Caulfield - Страница 11

Оглавление

6. Spaghetti „Pasta Ascuitta con Chili“ oder „Willst du mich vergiften, John Feelgood?“

Er fand sich in einem Raum wieder, in dem er öfters seiner Mom beim Kochen zugeschaut hat. Diese Küche war immer ein Schauplatz von Kochkünsten der feinsten Art. Hier nun sah er seine Mom und Clara, seine Schwester. Sie ging so wie er noch zur Highschool und büffelte für ihren Abschluss, um danach wie Dad und Mom Medizin studieren zu können. Johnny hielt seine Schwester für eine nicht akzeptable Streberin und so schüttelte er vehement den Kopf, ging es doch darum, dass ihm eine Ähnlichkeit mit seiner Schwester Clara zugesprochen wurde. Sie verstanden sich etwas besser als vor ein paar Jahren, als sie noch Kinder waren. Damals hatten sie sich jeden Tag mindestens einmal gestritten und Mom kam dann immer, um die geschwisterlichen Streithähne wie ein Ringrichter beim Boxkampf auseinander zu bringen. Nahm so ein Streit schlimmere Ausmaße an, es entstand dann meistens eine laute, verbal aggressive Ausnahmesituation, dann kam sie mit ihrer schrill klingenden Trillerpfeife an und pfiff die beiden energisch auseinander. Anschließend musste jeder in sein Zimmer, um sich abzukühlen. Mann, war das heftig. Heute sind die Streitigkeiten nicht mehr mit strengen Schimpfwörtern verkleidet, dafür stichelt Clara ihren Bruder, wenn Klausuren geschrieben und zurückgegeben wurden. „Na, Johnny Bonny, was hast du denn in deiner Matheklausur geschrieben? Haste wieder `ne Vier? Mom, der Johnny hat wieder nur `ne Vier in der Klausur “ rief sie in das Zimmer, wo deren Mom sich gerade aufhielt. Oh, dann hasste John seine Schwester. Dann hätte er sie am liebsten zur Hölle gewünscht. Sie war dann eine verdammt blöde Kuh und so `ne eingebildete Tussy!! In der Küche aber half Clara meistens Mom Feelgood beim Kochen. Mrs Feelgood war wie Mr. Feelgood Arzt in Cleanwood Bay. Sie war erstens Hausärztin und zweitens Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshelferin. Nach dem Tod von Dr. John Feelgood ließ sie sich dazu noch zur Bürgermeisterin von Cleanwood Bay wählen. So passierte es nicht selten, dass Mrs. Feelgood nicht nur ihr Stethoskop aus ihrer Arbeitstasche herausholte, um das sehr gesunde Herz von Farmer Bill abzuhören, anschließend ging es auch um den ernst zu nehmenden Appetitmangel vom Haus- und Hofhund Paula. Hatte sie dann allen beiden Patienten eine robuste Gesundheit attestiert, verließ sie zufrieden und eine Melodie summend die Ranch, um weiter in ihrer Eigenschaft als Bürgermeisterin Streitigkeiten zwischen zwei Farmern zu schlichten, ging es dabei immer nur um den gleichen Grund. Es war ein Misthaufen, den angeblich der eine Farmer nachts unter das Schlafzimmerfenster des anderen Farmers verteilt hatte. Der Austragungsort dieses Streits war der heimische Pub Jimmys. Banalitäten waren es meistens. In dieser friedlichen und sehr ruhigen Welt erfand man irgendwelche Kleinigkeiten, um etwas Leben in die dörfliche Bude zu bringen. Dr. Feelgood brauchte diesen dörflichen Stress, um nicht auf traurige Gedanken zu kommen. Ihre Energie schien endlos zu sein. Heute nun wurde Johnny wieder von seiner Mom in ihre Kochkünste eingeweiht. Clara stand auch daneben und sah diesem kleinen Schauspiel zu, um ab und zu superschlaue Bemerkungen loszuwerden. Johnny liebte seine Mom und seine Schwester trotz ihrer Sticheleien, die eine tägliche Routine waren. War er aber bei seinen Freunden, dann durfte er diese Gefühle nie zeigen, geschweige, darüber zu sprechen. Als 16 jähriger Highschool Schüler und halbstarker Jugendlicher war es verpönt, irgendwelche liebevolle Worte über Schwestern zu verlieren. An diesem Tag war Johnny mit seiner erworbenen Kochkunst über die italienische Küche dran, es seiner Mutter und Schwester zu zeigen. Auf den Essenstisch wollte er Pasta Ascuitta a la John Feelgood bringen. Die Augen seiner weiblichen Prüfungskammer zielten auf jede Bewegung seiner Hände, die nun die Soße vorbereiteten. In das Schwein- und Rinderhackfleisch presste er 2 Knoblauchzehen hinein, würzte es mit Salz und Pfeffer, dem türkischen Hackfleischgewürz Kimyon entlockte er leicht singend das mediterrane Geheimnis und gab dieser lecker werdenden Soße den Hauch einer fremdländischen Esseleganz. Als eine persönliche und individuelle Zugabe, er erwähnte es als das I Tüpfelchen seiner Condimento, gab er dieser Delikatesse einen gut gestrichenen Teelöffel Chili mit dazu. Johnny aß sehr gerne scharf, sei es zu Fleisch- als auch zu Pasta Gerichten. Wer davon gegessen hat, der durfte sich mutig nennen. Wow, was die Mundhöhle brannte! Seine Mom fragte ihn dann immer sehr ernst, aber lächelnd und ein Auge zugedrückt, kaum in der Lage, ein Wort herauszubringen: „ Oh mein Gott! John Feelgood, for god sake. Willst du deine Mutter umbringen? “ Seine wichtigste Zutat neben dieser feurigen Zulage waren immer die Tomaten. Die mussten frisch aus dem Garten kommen, um von ihm mit einer Gabel klein, gedrückt, fast passiert zu werden. Ach ja, da Johnny nicht so sehr auf die Kalorien achten brauchte, er spielte doch in seinem Verein German Football und er war sehr ehrgeizig, was die Bewegung und das Torschiessen angeht, gab er dieser Soße eine vornehme Blässe mit einem Becher deutscher Schlagsahne. Die Spaghetti legte er nun sehr vorsichtig in das kochende Wasser und gab dem Wasser einen Schuss Olivenöl zu. Bitte sehr gutes Öl, nicht das billige aus seinem Supermarkt, in dem er in seinen Ferien jobbte. Das war einfach zu fade. Übrigens, einen Tag vorher hatte er italienischen Parmesankäse gerieben, echten Parmesan natürlich, my Ladies. Dieser Käse musste eine unbedingte Reifezeit von 4 Jahren vorweisen. Sein Käsefreund war Italiener, hieß Giovanni und hatte als Käsehändler die besten Erzeugnisse in seinem Keller liegen. Giovanni galt als der wandelnde Parmesankäse im Bezirk. Die Soße, die nun mit allen Zutaten seiner Fertigung näher kam, ließ er noch einige Minuten köchelnd auf der Herdplatte stehen. Hmm, er freute sich schon auf diese Pasta. Mom und Clara hatten ihre Köpfe bestätigend genickt und der Tisch wurde gedeckt. Da seine Mom großen Wert darauf legte, wie man sich am Tisch zu benehmen hat, lernte er rechtzeitig, den Ladies beim Sitzen behilflich zu sein, indem er ihnen den Stuhl hinrückte. Jetzt konnte es endlich beginnen. Die Ladies bestaunten die elegant auf den Teller gleitenden Spaghetti, Johnny genoss es sichtlich und sagte dazu in einem extra für diese Mahlzeit erworbenen Italienisch: „Molto bene, Señora e Señorita! Molto bene. Buon Appetito! “ „Buon Appetito, Señor John” lächelten Johns Damen zurück. Die drei griffen zum Besteck, John lief das Wasser im Mund zusammen, ja, er hatte doch auf dieses appetitliche Event hin gehungert und folglich verdrehte er ganz verträumt mit wässrigem Mund seine italienisch angehauchten Augen.

„Two, three, four! “ John Lennon gibt das Kommando. Gitarre, Bass und Schlagzeug beginnen harmonisch und nach ein paar Tönen singt John „Scared“ Dieser Song beschreibt in Johnny Angst.

Da kam er ganz leise aus dem Hintergrund, ein Knall, der sich mehr und mehr verstärkte, je näher er Johnny kam. Dieser Knall eskalierte zu einem trommelfellschädigenden Donner. Es kamen giftgrüne Höllenblitze dazu. Johnnys Stuhl wackelte und brach auseinander. Die sonst lieb und nett aussehenden Gesichter seiner Mom und seiner Schwester verwandelten sich in Ekel erregende und gelben Schleim sabbernde Fratzen und fingen an zu kreischen. Er konnte sein Herz spüren, wie es unrhythmisch stolperte, wie es anfing, weh zu tun. Sein Hals wurde dicker und er fing an zu schreien. “Nein, bitte nicht schon wieder, nein. Hiiiiiilfe!!!!“ Da wurde es wieder still. Totenstill. Die Szene verschwand. Er war wieder in der Dunkelheit. Er war wieder ein Gefangener dieser Dunkelheit. Er war wieder unfähig, sich zu bewegen. Sein Körper schwebte in dieser depressiven Dunkelheit. Er war unfähig zu denken, ja fast unfähig zum Atmen. „Das war es nun“ murmelte er, „nun bin ich tot“. In dem Moment, als er seine Augen schließen wollte, sah er in weiter Ferne etwas Helles auf ihn zu kommen. „Ist dieses schon das ewige Licht? Bin ich jetzt tot?“, murmelte er fragend in seinen schwebenden Körper hinein. Das Licht kam immer näher, es wurde größer und größer. John faltete mit letzter Kraft seine Hände in der Hoffnung, der LIEBE GOTT hätte bitte noch ein Einsehen mit ihm und so versuchte er seine ganze Konzentration zu einem letzten VATER UNSER, denn das kannte er ja noch aus früheren Zeiten, in denen er ab und zu am Religionsunterricht teilgenommen hatte. Da geschah es. Dieses Licht hatte mittlerweile eine überdimensionale Größe eingenommen. Es kam an und überfiel ihn, es schluckte ihn auf. Johnny konnte gerade noch Amen sagen. Aber nichts war hier und jetzt mit Ewigkeit. Denn in genau diesem Augenblick fand er sich in einem großen Raum wieder. Dieser Raum ähnelte dem Übungsraum seiner Band. Alle fünf hatten seit ein paar Jahren in ihren Ferien gejobbt, um das alte Gebäude einer Tabakfirma zu kaufen, das sich von der Akustik hervorragend eignete, um darin mit einer Band zu üben.

Indien, ich komme

Подняться наверх