Читать книгу Indien, ich komme - Marie J. D. Caulfield - Страница 7
Оглавление2. Wer ist Mr. Feelgood?
Teil 1: The son of a gun
Sein Name ist John, John Feelgood. Seine Freunde nennen ihn Johnny. Bei emotionellen Anlässen wird er mit seinem indischen Nickname Johnnyji angesprochen. „Ich bin Ende 50“, so antwortet er immer, wenn er nach seinem Alter gefragt wird. Darauf legt er sehr großen Wert. Klingt besser als: „Ich werde bald 60.“ Er durchlebt nämlich die wohl hoffentlich letzte Station seiner Midlife Crisis. Naja, besser und realistischer klingt wohl die Oldlife Crisis. Mit dem Alter hat er echte Probleme. Wird er tatsächlich jünger geschätzt, was er ersehnend hofft, dann ist sein Tag schon fast gerettet. Okay, er tut auch eine Menge dafür. Er geht jeden Tag ins Fitessstudio und versucht sich in gesunder Ernährung. Aber beim Versuch bleibt es meistens, da er das Wort „Nein“ sehr ungerne für sich und seine Bedürfnisse verwendet. „Nein“ bedeutet für ihn, tatsächlich auf etwas zu verzichten. Steht er vor der Wahl, baked beans oder fish `n chips, auf die Chips bitte etwas Essig, so, wie er es am liebsten mag, dann erscheint das Wort Fast Food nicht in seinem Wortschatz. Dem Himmel sei Dank, es blieb die Ausnahme. Sein Kumpel Mike vom Chippis Restaurant war nämlich letztes Jahr in Schottland und dort lernte er, die Chips mit leichtem Essig zu beträufeln. Seit dem ist dieser Snack bei ihm der Hit. Gewöhnungsbedürftig ist es ja, stimmt, aber nachdem John es zum siebten Mal probierte, gehört auch Fish `n Chips zu seinem wöchentlichen Speiseplan. So ist John mindestens einmal in der Woche ins Chippis gegangen, um Mikes Kochkunst zu bestätigen. Zu Hause trinkt John jeden Tag mindestens einen Liter Coke. Coke light, bitteschön. Ideal, um dabei sein Gewicht zu halten, das zumindest ist das Argument überhaupt. Es berechtigt ihn zu einem weiteren Liter pro Tag. Eines seiner Hobbys ist das Kochen, daher legt er sehr großen Wert auf gedünstetes Gemüse und Kartoffeln. Eine deutsche Austauschstudentin hat ihm vor ein paar Jahren ihre Kochkunst gezeigt. Mit Erfolg hat er das für sich übernommen. Diese Ernährung, seine Liebe zur Natur und sein Fahrrad, das alles gehört zu seinem Ich-bleibe-jung Geheimnis. So läuft er nun fast schon mit einem Gesundheitsheiligenschein `rum. In seinem Leben aber hatte er sehr oft die Faxen dicke, die Schnauze voll. Ja, er wollte manchmal sogar das K.O. einläuten. Dann aber passierte etwas, das sein Leben total auf den Kopf stellte. Das Lachen kam zurück und aus seinen Boxen tönt endlich wieder der Sound von John, Paul, George und Ringo. Die Wände seiner Zimmer beben wie früher im 12er Takt. Led Zeppelin, Jimi Hendrix, Mike Oldfield und viele Blueslegenden um Muddy Waters und John Lee Hooker, Buddy Guy, Eric Clapton und B.B. King erleben eine Reinkarnation. Als wenn das nicht schon genug ist, Johnny macht eben keine halben Sachen, kollidiert der Jazz von John Mclaughlin und Al Di Meola und auch der Soul von Wilson Pickett liebevoll und einfühlsam mit Ludwig van Beethoven und Smetana. Ja, John kann wieder rumalbern wie ein Kind. Wie damals in seiner Band, kleidet seine Stirn wieder das rote Band a la Jimi Hendrix. Er nimmt seine alte Fender, steckt sie an den Marshallverstärker, die gewohnte Rückkopplung lässt die Verstärkerbox erzittern und dann geht`s schon los. Der Slide, der affengeile Slide zum Hoochy Coochy Man. Wow, so fühlt er sich gut, so fühlt er sich groovy. So ist er glücklich. Na ja, doch nicht ganz. Da ist noch etwas. Er mag es nicht, allein zu sein. Zum Single taugt er nicht. Nie, never ever!! Er sucht immer noch die Zweisamkeit. Und das ist nicht ganz einfach, leichter gesagt als getan. Er ist ein verdammt schüchterner Typ geworden, seit dem er vor einiger Zeit Probleme mit seinem Stimmband bekam. Folglich ist er nun ein Meister im Schreiben, aber ein sehr zurückhaltender Mensch im Sprechen. Sitzt er in einem Pub oder in einem Jazzschuppen, dann verhält er sich ganz ruhig. So mag er den Eindruck erwecken, dass er nicht mit jedem redet. Stimmt nicht. Eher das Gegenteil ist der Fall. Kommt er erst ins Gespräch, dann redet er schon etwas zu viel. Aber das dauert und das dauert, bis er spricht. Fast so lange wie eine untergehende Abendsonne. Nun ist aber gut.
Das war es auch erst einmal für den Anfang. Nun lies bitte, was passierte und wie alles passierte. Nimm an seinem Leben teil. Ich fange nun an.
Ach so, noch was. John lebt schon seit vielen Jahren in einer amerikanischen Kleinstadt im Süden mit dem liebevollen Namen Livercheese City, oder auch abgekürzt LCC, nachdem er an der Eastcoast auf dem Farmland in einem kleineren Dorf mit dem Namen Cleanwood Bay Baby, Kind und Jugendlicher war. Dort lernte er von seiner Mom die Grundvoraussetzungen für das Leben. (Darauf werde ich später noch eingehen) Hier in LCC arbeitete er als Verkäufer im Supermarket All-you-can-eat ganz in der Nähe des Upper and lower Market Place. Es war ein verdammt stressiger Job. In diesem Städtchen hatte und hat alles noch sein geordnetes Leben. So ordentlich wie ein exakt gekämmter Scheitel nach frisch gewaschenem Haar. Ein jeder weiß vom anderen, ob er gut gefrühstückt oder aber einen ordentlichen Kater vom heimischen Public Festival mitgebracht hat. Und am Sonntagmorgen läuten pünktlich um 9.30 Uhr die Kirchenglocken. In diesem kleinstädtischen und ehrfürchtigen Gotteshaus trifft man sich. Sei es, um Buße zu tun, um sich läutern zu lassen, aber auch, um allen zu zeigen: “Hey, ich hab einen neuen Mantel.“ Jeder prüft seine Beobachtungstauglichkeit am entfernten Nachbarn. Wenn dann sein schwarzer Bruder Eddie an der Kirchenorgel zum gemeinsamen Gospel auffordert, ja, dann ist die Welt in LCC in Ordnung.
Nun aber geht`s endlich los. Ich will euch nicht länger auf die Folter spannen. Das Warten hat ein Ende. Diese Story ist manchmal tragisch und sogar etwas schmerzhaft, manchmal komisch und traurig, ab und zu aber passieren kleine Wunder, so wie im Märchen.
Hm, sorry, doch noch eine kleine wichtige Sache, die den Protagonisten beschreibt. Johnny ist durch und durch ein Optimist mit einem sehr hohen Anteil an Sensibilität. Ein kleines Beispiel: Verliert eine seiner Pflanzen in seinem Herbauditorium ihre Blüten, dann pflegt er dieses Blümchen umso mehr. Ja, beim Gießen beschwört er es mit einer pseudoväterlichen Streicheleinheit. Er würde es nie wegschmeißen. Die nun blütenlose Pflanze mit seinen immergrünen Blättern strahlt eine lebensfrohe Energie aus, die Johnny fühlt und in sich aufnimmt. Seine hellblauen Augen fixieren dieses Leben und er freut sich. Er fühlt die höchste Harmonie des Lebens. Er lächelt mit einer für ihn beruhigenden Zufriedenheit. Okay, das war`s nun wirklich und endlich. Jetzt bin ich mir sicher. „I´m that bloody sure!“ sagt Big John immer, wenn er sich doch nicht so sicher ist. Trotzdem wünsche ich nun allen Lesern, die es bis hierher ausgehalten haben, einen angenehmen Aufenthalt in den nun kommenden Zeilen. Sie erzählen das Leben des John. Come on, let`s rock and feel the Blues inside right here. So hat alles angefangen: