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Als Julia wieder in der Firma erschien, sah sie miserabel aus, und sie wußte es. Sie hatte sich bemüht, ihre Augenringe zu überschminken, und es war ihr ganz gut geglückt. Aber wer sie vor der Modenschau gekannt hatte, konnte, nicht übersehen, in welchem Zustand sie sich befand.

So empfand sie Elvira Hagens leicht hingeworfene Frage: »Na, wie geht’s Ihnen, Julia?« als blanken Hohn.

»Danke, großartig!« entgegnete sie und warf den Kopf zurück.

Die unruhigen Blicke der Chefin glitten über sie hinweg. »Ich nehme an, die ›headhunters‹ sind schon hinter Ihnen her.«

Julia verstand nicht. »Wer? Wieso? Was meinen Sie?« fragte sie konsterniert.

»Die › Kopfjäger ‹, auf gut deutsch gesagt. Männer, die davon leben, daß sie Talenten gute Posten vermitteln oder eben geeignete Leute suchen.«

»Davon weiß ich nichts.«

»Nun, dann wird’s schon noch kommen.«

Sie befanden sich in Julias kleinem Büro.

Die Chefin wandte sich zur Tür. »Bestätigen Sie bitte die Aufträge, die gestern hereingekommen sind. Die Unterlagen haben Sie vor sich.«

»Was soll ich tun?«

»Habe ich doch gerade gesagt. Die Aufträge …« Julia fiel ihr ins Wort. »Nein, das meine ich nicht. Was soll ich tun, wenn so ein … ›headhunter‹ sich an mich wendet?«

Elvira Hagen blieb, den Türgriff schon in der Hand, überrascht stehen. »Das fragen Sie mich?«

»Wen denn? Es gibt doch sonst niemanden, der mir einen Rat erteilen könnte.«

»Sie müssen selbst wissen, was Sie wollen.«

»Das ist es ja eben. Ich weiß es nicht.«

Elvira Hagen lachte laut auf. »Sie haben Skrupel, Julia? Das hätte ich nie von Ihnen erwartet. Gewiß, Sie sind für unser junges Unternehmen sehr wichtig. Aber unersetzbar sind Sie nicht. Wenn Sie also in der großen weiten Welt Triumphe feiern wollen — ich wäre die Letzte, die Sie davon abhalten würde.«

»Triumphe? Als Mannequin?«

»Als Starmannequin. Warum denn nicht? Ich sage es Ihnen nur ungern, Julia, aber Sie haben das Zeug dazu.«

Julia schlug die Augen nieder. »Wenn mir der Erfolg nur nicht so schlecht bekommen wäre.«

Die Chefin kam zum Schreibtisch zurück. » Wie kommen Sie denn darauf? Ich habe noch nie einen Menschen so obenauf erlebt.«

»Stimmt. Aber anschließehd war mir hundeelend zumute.«

»Katzenjammer?«

»Ich komme mir vor wie eine geplatzte Seifenblase.«

»Trefflicher Vergleich.«

»Das ist gar nicht komisch. Was bedeutet es schon, in einem schönen Kleid auf der Bühne zu stehen? Ja, ich liebe schöne Kleider. Aber hat der Beifall mir gegolten oder dem Brautkleid? Kann es denn für einen Menschen genug sein, zu nicht mehr als einem Kleiderständer zu taugen?«

»Das ist Ihr Beruf.«

»Ja, ich weiß. Ich habe das ja so gewollt. Aber ich glaube, daß mir das auf die Dauer zu wenig sein wird.«

»Auf die Dauer können Sie sowieso kein Mannequin sein. Hören Sie mal, Julia, warum verlagern Sie das Hauptgewicht Ihrer Arbeit nicht auf die Organisation? Wenn wir unseren Einfluß auf Ratingen und Umgebung beschränken, kann nichts aus uns werden — ja, wir können den Betrieb nicht einmal halten. Wir müssen Firmen in Süddeutschland, Österreich, der Schweiz, ja, auch in Frankreich, England und Italien suchen, die unsere Kollektion ordern. Helfen Sie mir dabei!«

»Was wird Herr Marquard dazu sagen?«

»Oh, für den werden Sie zwischendurch immer mal wieder Zeit haben«, behauptete Elvira Hagen leichthin. »Machen Sie sich darüber nur keine Gedanken.«

So kam es, daß Julia zur Assistentin von Elvira Hagen aufstieg, mit einem erheblich höheren Gehalt, Tatsächlich wandten sich zwei Vertreter namhafter Agenturen an sie. Aber ihre Angebote stellten nun keine Versuchung mehr für sie dar. Julia glaubte, ihren Weg gefunden zu haben.

Wie neu geboren

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