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Xavier

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»Mr. Westfield, wann genau war das?«

Der Mandant in der Leitung nennt mir ein Datum Anfang Juni, das ich mir notiere. Die Behörden sind wahrlich nicht die Schnellsten, wenn er erst jetzt dafür belangt wird. Nun ist Recherche angesagt, ob der Lachsfang zu dieser Zeit überhaupt freigegeben war. Das würde es definitiv einfacher machen, auch wenn der Betrieb in Alaska kein Anrecht auf Fangquoten aus Kanada hat.

Aufgeregt berichtet er von der Anzeige, die ihm Kanada hat zustellen lassen, inklusive einer Unterlassungsklage. Weiter wird er aufgefordert, eine Strafzahlung in nicht unerheblicher Höhe zu leisten. Dass er seither schlaflose Nächte hat, kann ich verstehen, denn das Geld würde ihm natürlich im Betrieb schmerzlich fehlen.

»Und auf welcher Basis wurde die Anzeige aufgegeben?« Wieder lausche ich den Ausführungen am anderen Ende. »Fotos, verstehe.« Ich reibe mir über das Gesicht und denke nach, während ich mir grobe Notizen mache. Fischerei ist eigentlich gar nicht mein Gebiet, Strafverteidigung dagegen sehr wohl. Und da ihm unsere Kanzlei empfohlen wurde, will ich sehen, was ich für ihn tun kann. Für Alaska sind wir rechtlich gesehen gar nicht zuständig, da die Anzeige jedoch aus Kanada kommt, war es sicher ein kluger Schachzug von ihm, sich einen Anwalt aus Kanada zu nehmen, der sich mit der kanadischen Rechtsprechung auskennt. Solche Fälle haben wir hin und wieder.

»Sind Sie in Kürze mal in Vancouver und können auf ein Gespräch reinschauen? Dann könnten wir verschiedene Möglichkeiten durchspielen.« Er verneint natürlich, ich hatte es fast befürchtet. Solche Sachverhalte über Telefon- oder Web-Meeting durchzusprechen, gestaltet sich jedoch mehr als schwierig. »In Ordnung. Dann fliege ich zu Ihnen raus.« Das ist ohnehin nicht verkehrt, damit ich mir einen Überblick über den Betrieb verschaffen kann. Dumm nur, dass ich für so etwas gar keine Zeit habe. Ich rufe den Kalender auf dem Laptop auf, weiß jedoch auch so bereits, welches Bild mich erwartet. Meine Wochen sind voll durchgetaktet. Meetings, Termine mit Klienten und Gerichtsverhandlungen. Und in den nächsten drei Wochen sehe ich nichts, was sich verschieben lässt. Wir sind eine der wenigen Kanzleien, die auch über die Feiertage und den Jahreswechsel erreichbar sind. In dieser Zeit kommt oft das große Geld rein, denn wenn Klienten keine wirkliche Wahl haben, sind sie bereit, horrende Summen zu bezahlen. Und da rechtlicher Beistand in dieser Zeit Mangelware ist … Es ist ein Selbstläufer. Was jedoch auch bedeutet, dass wir zwischen den Jahren Termine bis zum Anschlag haben.

»Ich kann Ihnen lediglich am kommenden Wochenende einen Termin anbieten. Unter der Woche ist bei uns dieses Jahr nichts mehr zu machen und auch nach Silvester sieht es erst einmal schwierig aus.« Für ihn jedoch scheint das kein Problem zu sein. Er bietet mir sogar direkt an, dass er einen Privatjet schickt, damit dieser mich abholt. Das ist immer noch billiger, als die Strafzahlung, die ihn erwartet. Anschließend schlägt er ein Abendessen in einem seiner Fischrestaurants vor. Ich bin natürlich einverstanden, auch wenn es mir gehörig gegen den Strich geht, dass ich damit ein weiteres Wochenende torpediere. Aber gut. Es ist, wie es ist, schließlich wusste ich vorher, auf was ich mich einlasse, als ich mit meinen Partnern eine eigene Kanzlei gegründet habe.

Wir legen auf und ich notiere den Termin im Kalender. Anschließend klingele ich meine Assistentin her und schicke dem Mandanten währenddessen eine Terminbestätigung per E-Mail. Es dauert keine Minute, bis sie die Tür öffnet und im Türrahmen steht.

»Stacy, ich muss am Samstag geschäftlich nach Alaska. Hast du kurzfristig Zeit, mich zu begleiten?«, frage ich sie und sehe noch nicht einmal zu ihr auf, denn ich bin gerade dabei, mir Paragraphen zu notieren, die ich für den Fall ausführlicher prüfen sollte.

»Es tut mir schrecklich leid, Xavier, aber ich bin am Wochenende als Trauzeugin auf einer Hochzeit eingeladen.« Nun sehe ich doch auf.

»Ach fuck! Kann die Hochzeit nicht verschoben werden? Ich brauche dich dabei.«

Entgeistert sieht sie mich an und ich fühle mich genötigt, meine Aussage zu revidieren. »Kleiner Scherz am Rande.« Mir ist natürlich klar, dass sich eine Hochzeit nicht so ohne Weiteres verschieben lässt. Scheiße ist es trotzdem. Ich kann da unmöglich allein hin. Bis ich wieder in Vancouver bin, habe ich die Hälfte vergessen! Mein Kopf ist einfach zu voll.

»Kann Linda mitkommen?« Sie ist eine weitere Assistentin aus der Kanzlei und meine letzte Hoffnung.

»Äh, nein. Linda ist ebenfalls auf der Hochzeit.«

Ernsthaft? Und wer heiratet denn bitte eine Woche vor Weihnachten? Haben die gerade nichts Besseres zu tun?

»Ich könnte mitkommen«, höre ich eine rauchig leise Stimme aus dem Hintergrund. Ohne, dass ich es bemerke, schnellt meine rechte Augenbraue in die Höhe und ich schiele an Stacy vorbei. Die neue Praktikantin, welche Pete, einer meiner Partner, vor etwa zwei Wochen eingestellt hat, steht schüchtern von ihrem Schreibtisch auf und positioniert sich hinter meiner Assistentin. Und ich weiß nicht, ob ich über ihre Aussage lachen oder sie einfach nur ungläubig anstarren soll. Was glaubt sie denn, was das wird? Ein Kaffeekränzchen?

»Miss …«

»Tyrell. Jocelyn Tyrell.«

»Miss Tyrell, das ist sehr löblich von Ihnen, dass Sie mir das anbieten. Haben Sie denn bereits juristisches Fachwissen, damit Sie mich entsprechend unterstützen können? Ich benötige eigentlich zwingend eine Rechtsanwaltsfachangestellte, die sich mit der Materie auskennt und ein entsprechendes Protokoll des Termins anfertigen kann.«

»Ich bin im letzten Studienjahr für Jura und sicher, dass ich das hinbekomme, Mr. McLane«, antwortet sie mir, womit sie mich dann doch etwas überrascht. Sie sieht so jung aus. Bisher hatte ich noch keine Berührungspunkte mit ihr und war mir sicher, dass Pete sie nur aufgrund ihres Aussehens eingestellt hat. Sie wäre nicht die Erste, die von nichts eine Ahnung hat und lediglich zum Ficken …

»Mr. McLane?«

»Hmm?« Fragend sehe ich zu ihr zurück und merke, dass ich vollkommen abgedriftet bin. »Ja, in Ordnung. Bitte buchen Sie uns zwei Einzelzimmer in einem Hotel.« Dann greife ich nach meinen Notizen und halte sie in die Höhe. Sie reagiert sofort, läuft um Stacy herum und nimmt die Unterlagen entgegen. »Das Hotel sollte in der Nähe der Fischfabrik liegen. Die Adresse ist notiert. Und bitte legen Sie eine Akte an.«

»Sehr wohl, Mr. McLane.« Ich nicke, woraufhin sie eilig mein Büro verlässt. Zumindest gehorcht sie. Sie ist vielleicht doch nicht so dumm wie ihre Vorgängerinnen. Und dennoch kann ich mir nicht verkneifen, ihr auf den wohlgeformten Apfelarsch zu starren, als sie sich von mir entfernt und wieder aus meinem Sichtfeld verschwindet. Heiß! Anmerken lasse ich mir das natürlich nicht.

Als auch Stacy wieder aus meinem Büro verschwinden will, räuspere ich mich noch kurz. Augenblicklich bleibt sie stehen und ich forme mit den Lippen eine lautlose Frage:

»Taugt sie was?«, will ich wissen, weil ich echt Schiss habe, dass der Geschäftstermin am Wochenende in die Hose geht. Leider ist die Kleine derzeit meine einzige Option.

Zu meiner Beruhigung nickt Stacy und flüstert mir zu: »Sie ist nicht auf den Kopf gefallen und wird das hinbekommen.« Dann zwinkert sie mir zu und ich lasse mich erleichtert im Stuhl zurücksinken. Gott sei Dank! Zumindest größere Katastrophen sollten damit ausbleiben. Kurz darauf ist auch meine Assistentin verschwunden und hat die Bürotür leise hinter sich geschlossen. Ich bin wieder allein, die Neugierde brandet jetzt allerdings erst richtig auf.

Ohne zu überlegen, drücke ich die Kurzwahltaste zu Petes Büro. Bereits nach zwei Mal Klingeln nimmt er ab.

»Xavier«, begrüßt mich mein Partner tonlos und ich komme direkt zur Sache.

»Diese neue Praktikantin, wer ist das?«

»Was meinst du damit, wer sie ist?«

»Wo kommt sie her? Was kann sie?«

»Jocelyn ist im letzten Studienjahr für Jura.«

»Das weiß ich jetzt auch. Bitte ein paar mehr Infos.«

»Warum interessiert dich das auf einmal? Als ich vor ein paar Wochen bei dir war und dir die Unterlagen zeigen wollte, hat es dich auch nicht gejuckt. Warte, ich glaube: Ist mir scheißegal. Such du aus!, waren ziemlich genau deine Worte.« »Sie wird mich am Wochenende zu einem Klienten nach Alaska begleiten. Jetzt ist es mir also nicht mehr egal.« »Oh, okay. Moment, ich glaube, ich habe noch irgendwo ihre Bewerbungsunterlagen auf dem Rechner. Ich suche sie raus und schicke sie dir.« »Alles klar, danke!« Damit lege ich auf. Bereits wenige Sekunden später öffne ich die weitergeleitete E-Mail und erfasse als Erstes das wahnsinnig attraktive und hübsche Lächeln von Jocelyn. Ihre blauen Augen strahlen mich an und ich kann nicht anders, als eine Zeit lang auf dieses Foto zu starren. Die Haare fallen ihr glänzend über ihre Schultern und ich frage mich, warum sie mir bisher noch nicht aufgefallen ist. Seit etwas mehr als zwei Wochen, sitzt sie bereits dort draußen, doch ich war die ganze Zeit so beschäftigt, dass ich dieses bildschöne Wesen vollkommen übersehen habe. Nicht, dass es von Belang wäre, ob sie nun schön ist oder nicht. Aber diese Erkenntnis verdeutlicht mir mal wieder, dass ich eindeutig zu viel arbeite. Ich bekomme kaum noch etwas mit. In diesem Moment kann ich mich dunkel daran erinnern, dass Stacy vier Anläufe unternommen hat, um sie mir vorzustellen. Jedes Mal war ich im Gespräch oder bekam gerade ein Telefonat rein. Vielleicht sollten diese Tyrell und ich noch mal von vorne anfangen, überlege ich.

Ich scrolle weiter, fliege über ihren Lebenslauf. Sie ist erst zweiundzwanzig, verdammt jung dafür, dass sie bereits im letzten Semester ist. Entweder hat sie früher angefangen zu studieren oder irgendwo etwas übersprungen. Als ich weiterblättere, finde ich den Zeitpunkt und sehe, dass Letzteres der Fall ist. Sie muss wirklich was auf dem Kasten oder einen triftigen Grund haben, wenn sie so etwas schafft. Vielleicht auch beides, denn dieses Studium ist wahrlich kein Zuckerschlecken. Als ich ihre Notenübersicht überfliege, stocke ich. Beinahe überall volle Punktzahl. Das Mädchen scheint sich wirklich ordentlich ins Zeug zu legen. Ich bin beeindruckt und habe jetzt ein relativ gutes Gefühl für unseren Termin am Wochenende. Inzwischen bin ich ebenfalls davon überzeugt, dass sie die Aufgabe meistern wird und ein wenig Praxis kann ihr sicher nicht schaden.


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