Читать книгу BEHIND BARS - Marina Ocean - Страница 13
Kapitel 4
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Ich schaue auf und muss mich erst einmal orientieren, doch sehe ich alles nur verschwommen. Gleißend helles Licht scheint durch die geöffnete Tür vom Flur herein und meine Augen schmerzen höllisch, genau wie meine Arme. Stimmen dringen an mein Ohr. Ich verstehe, was sie sagen, aber erfassen kann ich es nicht. Mein Hirn fühlt sich an, als wäre es Matsch. Ob das jedoch noch Nachwirkungen des Medikaments oder Begleiterscheinungen der Einsamkeit und der Kälte sind, kann ich nicht sagen.
Seit ich hier bin, hatte ich immer wieder heftige Wutausbrüche, die letztlich in absolute Hilflosigkeit umgeschlagen sind. Ungestüm habe ich an den Ketten gezogen, mir dabei fast meine Schultern ausgekugelt, konnte mich allerdings nicht befreien. Die Haut an meinen Handgelenken brennt wie Feuer, denn die Manschetten haben sich inzwischen tief in mein Fleisch geschnitten und doch zieht der Schmerz an mir vorbei. Es ist einfach viel zu kalt hier drin, um überhaupt etwas zu fühlen. Auch mein Körper zittert nicht mehr. Es scheint so, als hätte er sich in seine ausweglose Situation gefügt. Ich schätze, ich habe eine ordentliche Unterkühlung, denn jede Bewegung fällt mir schwer und meine Extremitäten sind inzwischen seltsam steif.
Langsam gewöhnen sich meine Augen an die Helligkeit und auf einmal erkenne ich eine dunkelhaarige, zierliche Frau, die auf mich zukommt und mit mir spricht. Sie ist hübsch und sie wirkt auf mich, wie ein schwarzer Engel, der geradewegs aus dem Licht heraus erscheint. Ich schnaufe wutentbrannt, denn ich kann kaum reden. Sie soll mich einfach in Ruhe lassen! Das letzte Mal, als jemand bei mir war, haben sie mich nochmal misshandelt, mir Ketten über meine Haut gezogen, mich geschlagen und innerlich wappne ich mich bereits für die nächste Tortur, die mir zweifelsohne gleich widerfahren wird! Sicher werden in wenigen Sekunden noch mehr von ihnen auftauchen.
Doch als mein Blick auf die Cola-Flasche in ihrer Hand fällt, überkommt mich ein unbändiger Durst. Fast schon geifernd sehe ich die Flasche an und überlege, ob das vor meinen Augen die Wirklichkeit ist oder mir die Wahrnehmung einen Streich spielt. Mein Körper beginnt wieder unkontrolliert zu zittern, vor Kälte und diesmal ebenso vor Gier, als ich sehe, wie sie in kleinen Bewegungen die Flasche aufschraubt. Danach führt sie diese an meine Lippen.
Die ersten Tropfen landen auf meiner Zunge und ich spüre, wie meine Lider zu flattern beginnen. Oh mein Gott, ist das gut! Ich glaube, Cola hat noch nie so fantastisch geschmeckt! Meine Geschmacksknospen im Mund explodieren und ich trinke immer schneller, sauge die Flüssigkeit in mich hinein und spüre, wie meine trockene Kehle benetzt wird. Doch mein Körper ist so unterkühlt, dass ich mit dem Schlucken gar nicht nachkomme.
»Etwas langsamer«, höre ich ihre Worte, doch die Warnung kommt zu spät. Ich verschlucke mich, Schaum bildet sich aufgrund der vielen Kohlensäure in meinem Mund und einiges von dem wertvollen Getränk läuft mir über die Lippen und tropft an meinem Kinn herunter. Ich huste, wobei es mir beinahe den Brustkorb zerreißt und ringe nach Luft. Dabei spüre ich, wie sie mir auf den Rücken klopft, wodurch die Ketten leise klirren.
Schmerzhafte Stiche ziehen bei jedem Schlag durch meinen Leib und holen mich zurück in die Wirklichkeit, während der Zucker langsam meinen Kreislauf wieder in Schwung zu bringen scheint. Das hier passiert wahrhaftig, denke ich. Und ringe nochmal tief nach Atem, als sie mir die Tropfen von meinem inzwischen stoppeligen Kinn wischt. Ihre Haut ist warm, sie berührt mich so behutsam, dass es mich total verwirrt und ihr lieblicher Duft dringt dabei in meine Nase. Ein betörendes Gemisch aus Vanille und Zitrone, das bewirkt, dass sich meine Wahrnehmung augenblicklich etwas schärft.
»Ich hole Sie hier raus«, flüstert sie mir zu und setzt dann erneut die Flasche an meine Lippen. Schnell schlucke ich weitere Male und kann gar nicht genug von dem süßen Zeug bekommen. In diesem Moment stürmen Wachmänner den Raum und ich spanne mich innerlich an, für das, was gleich kommt. Ob sie mich wieder verprügeln? Mich erneut fixieren oder mir das Betäubungsmittel direkt so verabreichen? Bekomme ich nochmal eine Spritze?
»Wer ist hierfür verantwortlich?«, will die Frau jetzt von einem anderen, leger gekleideten Mann wissen, den ich nicht kenne und wirbelt herum. Er kam soeben als letztes in den Raum.
»Wer?«, setzt sie zornig nach und ich kann mich nur wundern, wie viel Energie man aus ihrer Stimme heraushört.
»Wehrstein«, höre ich ihn sagen.
»Und warum steht darüber nichts in der Akte? Das ist verdammt nochmal mein Patient! Weshalb werde ich über so etwas nicht informiert?«, spuckt sie ihm jetzt entgegen und in meinem Kopf beginnt es zu arbeiten. Ihr Patient? Ist die noch ganz richtig im Kopf? Ich bin kein Patient. Und diese Frau habe ich noch nie zuvor gesehen!
»Das ist menschenverachtend und unwürdig, was Sie treiben!«, echauffiert sie sich. »Ach warten Sie. Natürlich steht nichts in der Akte.« Nun fasst sie sich an den Kopf. »Gott, wie konnte ich nur so dumm sein?« Als sie den Kerl jetzt erneut anschaut, tritt sie einen Schritt näher an ihn heran.
»Ihr wisst verdammt genau, dass das illegal ist. Wie oft habt ihr sowas schon gemacht? Wo sind die inoffiziellen Aufzeichnungen?«
»Bei Wehrstein im Büro«, gibt der Mann jetzt kleinlaut ein wenig Auskunft, beantwortet jedoch lange nicht alle Fragen und ich überlege dabei ernsthaft, was hier gerade los ist.
»Habt ihr eigentlich kein schlechtes Gewissen? Gar keine Skrupel? Was glaubt ihr eigentlich, was passiert, wenn einer der Gefangenen euch mal anzeigt?«
Anzeigt? Hört, hört. Was ist das denn für eine? Klingt fast so, als würde die hier aufräumen wollen?
»Bis die Häftlinge entlassen werden, gibt es hierüber keinerlei Beweise mehr. Und Sie glauben doch wohl selbst nicht, dass denen jemand glaubt!« Dabei zeigt er auf mich, sieht sie dennoch weiter an.
»Ich fasse es nicht!«, ruft sie aus, während sich die Wachmänner bei mir an den Kettenhalterungen zu schaffen machen. Schmerzvoll stöhne ich auf, als sich die Fesseln an meinem Handgelenk bewegen und die Blutverkrustungen aufreißen, die sich in den letzten Stunden gebildet haben.
»Hat der Mann eigentlich in den letzten zwei Tagen etwas zu essen oder zu trinken bekommen?«, will sie weiter wissen, doch eine Antwort erhält sie nicht.
»Ihr seid verrückt! Mir fehlen die Worte … Ich meine, er hätte sterben können! Ist euch das überhaupt bewusst?«
»Es wurde in regelmäßigen Abständen eine Lebendkontrolle durchgeführt und der Raum wird konstant überwacht. So schnell stirbt schon keiner!«
»Das kann doch nicht Ihr Ernst sein?!« Die Fassungslosigkeit steht ihr ins Gesicht geschrieben und fast kaufe ich ihr ab, dass sie hiervon tatsächlich nichts wusste. Allerdings nur fast! Was bezweckt sie mit diesem Theater vor mir?
Ich beobachte ihre Gestik und ihre Mimik, sinke dann jedoch schlagartig in mich zusammen, als die Ketten gelöst werden und meine Beine nachgeben. Sofort ist sie bei mir und kniet neben mir auf dem Boden.
»Könnt ihr nicht aufpassen?«, blafft sie jetzt die Wärter an und wendet sich dann mir zu.
»Haben Sie starke Schmerzen?«
Ich kann nicht antworten, bin einfach zu schwach. Immer wieder fallen meine Lider zu und ich habe das Gefühl, als würden meine Augen Karussell fahren. Alles dreht sich und ich stütze mich leicht auf ihr ab. Vermutlich erdrücke ich sie gleich mit meinem Gewicht und sie ächzt auch bereits ein wenig, doch ich bin einfach nicht fähig, aufzustehen.
»Bringt eine Trage oder ein Bett. Irgendetwas!«, weist sie an und sofort springen einige Männer durch die Tür, um ihrem Befehl Folge zu leisten.
»Dieser Mann bekommt umgehend etwas Ordentliches zu essen und zu trinken«, bestimmt sie. »Außerdem darf er duschen, so lange er will.«
»Aber, die Zeit zum Duschen ist strikt festgel…«
»Ich sagte, so lange er will! Er ist komplett durchgefroren, Herrgott nochmal!«
Wütend schnaubt sie und der Wachmann neben mir verstummt.
»Anschließend soll ein Arzt kommen und sich das ansehen.«
»Jawohl«, gibt der Wachmann von sich.
»Keinen Arzt«, flüstere ich, weil ich immer noch nicht ganz Herr meiner Sinne und auch nicht meiner Stimme bin.
»Wie bitte?«, fragt sie nun eine Spur versöhnlicher an mich gewandt.
»Keinen! Arzt!«, sage ich ein wenig lauter und versuche dabei so entschlossen wie möglich zu klingen. Eher möchte ich auf der Stelle tot umfallen, als ein weiteres Mal einen dieser Halbgötter in Weiß an meine Haut zu lassen!
Verwundert sieht sie mich an, doch dann nickt sie. »Okay«, bestätigt sie. »Keinen Arzt«, wiederholt sie etwas lauter. Erneut sieht sie mir durchdringend in die Augen und setzt dann nach. »Aber ich werde gleich noch einmal nach Ihnen sehen.«
Wenig später sitze ich an einem Tisch. Der Raum um mich herum ist kahl und die nackten Betonwände scheinen mich zu verhöhnen. Genauso wie eben in dem Kettenraum, in dem ich ausgeharrt habe, nur mit dem Unterschied, dass es hier tatsächlich warm ist.
Die Holzplatte, auf der ich meine Arme abgelegt habe, ist dreckig und verschmiert, doch ich nehme es kaum wahr. Mein Verstand hat sich abgeschaltet. Ich registriere lediglich das Nötigste. Mein Körper scheint nur noch auf Sparflamme zu laufen und ich zittere nach wie vor, daher ist es mir auch derzeit vollkommen egal, wo ich mich befinde oder was um mich herum passiert. Die Haut auf meinen Wangen glüht und dies ist das Einzige, was ich wirklich registriere. Ich frage mich, ob ich Fieber habe oder ob es sich nur so anfühlt, weil ich jetzt wieder im Warmen bin. Weit komme ich mit meinen Gedanken allerdings nicht.
Die Tür schwingt auf und herein kommt eine rundlich, untersetze Frau mit Haarnetz und weißer Kochschürze. Sie trägt ein Tablett mit einem Teller darauf und läuft auf mich zu. Ihr Gesichtsausdruck ist grimmig und als sie mich mit einem spanischen Akzent anspricht, bin ich inzwischen so erschöpft, dass ich kurz meine Augen schließen muss.
»Wegen dir musste ich Überstunden machen«, schimpft sie flüsternd. Ich höre, wie die Frau das Tablett vor mir auf den Tisch knallt, hebe meine schweren Lider wieder und betrachte mein Essen. Als wäre es eine Meisterleistung, einen Teller Erbsensuppe aufzuwärmen, spielt sie sich vor mir auf, während ich meinen Blick hebe und sie ansehe.
»Ich hoffe, du erstickst daran, culo!«, flucht sie.
»Fick dich!«, zische ich ihr ebenso leise zu und nehme dabei wahr, wie ihr Gesicht trotz des hispanischen Hauttons eine rötliche Farbe annimmt. Verärgert spießt sie mich regelrecht mit ihrem Blick auf und spuckt dann ohne Vorwarnung in Richtung meines Abendessens.
Ich kann von Glück sagen, dass meine Hand im Weg lag und ihr Speichel daher lediglich meinen Handrücken getroffen hat, statt den Teller. Am liebsten würde ich aufstehen und sie mir vornehmen. Es würde mich nämlich nicht wundern, wenn sie auch vorher schon einmal in die Suppe gespuckt hat. Doch ich bin zu schwach, um jetzt den Aufstand zu proben. Und nach zwei Tagen ohne Essen, sieht selbst dieses unappetitliche Gericht richtig verlockend aus. Der duftende Essensgeruch lässt mir das Wasser im Mund zusammenlaufen, demzufolge ignoriere ich ihre Schimpftirade, die nun folgt und greife zur Serviette, um meine Hand zu säubern. Anschließend bewegen sich meine Finger zitternd zum Löffel und nehmen ihn auf. Ein Wachmann pfeift sie währenddessen zurück und befiehlt ihr, sich aus dem Raum zu entfernen. Er folgt ihr ebenso, schließt die Tür ab und lässt mich allein zurück.
In meinem Kopf dreht sich alles. Massig viele Gedanken rasen durch meine Gehirnwindungen. Wie tief bin ich eigentlich gesunken? Wie lange habe ich noch vor, mich zu belügen und mir einzureden, dass ich hier unbeschadet einfach wieder rausspazieren kann, sobald meine Haft abgesessen ist? Ich betrüge mich selbst, denn ich bin schon lange nicht mehr der, der ich einmal war! Der nette Junge von nebenan, der hilfsbereit zur Seite steht, wenn jemand in Nöten ist … Das war einmal. Der Knast hat mich zu einem anderen Menschen gemacht, hat mich hart und kalt werden lassen, denn hier drin gibt es kein Miteinander und erst recht kein Mitgefühl. Für niemanden!
Einen Löffel nach dem anderen schiebe ich mir in den Mund. Das heißt, ich versuche es, denn durch das Zittern meiner Hand landet wieder mehr Suppe im Teller als auf meiner Zunge. Trotzdem spüre ich, wie mich die wenigen Portionen von innen her zu wärmen beginnen. Immer wieder muss ich innehalten, um für die nächste Bewegung Kraft zu tanken, bevor ich sie ausführen kann. Es dauert mehrere Minuten, bis ich vier Löffel gegessen habe, doch dann ziehe ich genussvoll die wohltuende Hitze aus den wenigen Schlucken heraus und spüre, wie mein Körper langsam ruhiger wird, wie meine Muskeln sich entkrampfen und das Zittern sich abschwächt. Ich bin so dermaßen im Arsch! Noch nie in meinem Leben bin ich so kraftlos gewesen wie jetzt. Am liebsten würde ich den Kopf einfach auf den Teller sinken lassen und sterben. Es ist unfassbar, wie leicht ein Körper geschwächt werden kann. Diese verdammten Dreckschweine! Nein, selbst dieses Wort ist noch zu harmlos für diese Berserker! Sobald ich rauskomme, mache ich sie fertig! Alle! Das schwöre ich mir.
Nachdem ich die Suppe gegessen habe, wofür ich gefühlte zwei Stunden gebraucht habe, kehrt langsam die Kraft in meine Gliedmaßen zurück. Trotzdem möchte ich einfach nur noch pennen. Die Vorfreude auf meine weiche Matratze lässt mich beinahe besinnungslos werden. Doch noch ist es nicht so weit.
»Neumann? Duschen!«, werde ich aufgefordert und erhebe mich langsam und schwerfällig von meinem Stuhl.
»Geht das auch schneller?«, blafft mich der Wärter an. Dabei sehe ich ihn angriffslustig an, erdolche ihn förmlich mit meinem Blick und versuche mir, sein Gesicht einzuprägen. Ich bin allerdings klug genug, das hier nicht eskalieren zu lassen und ziehe es vor, seinen verbalen Angriff in meinem momentanen Zustand zu ignorieren. Sicherlich könnte ich es derzeit sowieso nicht mit ihm aufnehmen, das weiß er verdammt gut und ich ebenso. Also halte ich meinen Mund und lasse mich von ihm zu den Duschräumen schubsen.
Diese sind tatsächlich leer und es scheint so, als hätten sie die Nasszellen wirklich exklusiv für mich geöffnet. Wer ist diese Frau, dass sie anscheinend solch eine Autorität hat, dies für mich möglich zu machen? Ich könnte wetten: Wäre sie nicht gewesen, hätte ich noch immer in den Ketten festgesessen. Und den Duschraum alleine zu benutzen, hätte mir ebenso niemand gewährt. Vielmehr hätten sie mich Tage später stinkend, durchgefroren und dreckig in meine Zelle gestopft, in der ich blutverschmiert auf meine Matratze gesunken wäre. Und am nächsten Tag hätten sie mich für die Flecken auf dem Laken auch noch bestraft. So, wie es immer gehandhabt wird.
Für mich war diese Tortur zwar das erste Mal, doch ich habe bereits die Gespräche der Mithäftlinge über solche Maßnahmen gehört, die in den letzten Wochen Einzug gehalten haben. Ständig fällt diesen Wichsern etwas Neues ein, wenn wir nicht spuren. Meine Strafe, die ich über mich ergehen lassen musste, hat mich jedoch trotzdem ziemlich überrascht, denn das hat eindeutig eine neue Qualität. Von solchen Machenschaften war bisher nie die Rede gewesen. Nicht einmal ansatzweise! Daher bin ich gespannt, was noch folgen wird. Wenn sie jetzt schon die Grenzen von Würde und Achtung überschreiten, was wird uns dann in Zukunft noch alles blühen?
Sie testen wahrscheinlich ihre Methoden und Ideen an uns, versuchen unseren Willen zu brechen. Doch an mir werden sie sich damit die Zähne ausbeißen, so wahr mir Gott helfe! Mich werden sie nicht klein bekommen, nicht in eintausend Jahren!
Zuerst habe ich mich auch gefragt, was sie damit bezweckt, mir zu helfen, doch dann ist es mir wie Schuppen von den Augen gefallen. Ich bin ihr Patient! Das Gespräch beim Chef. Sie wollen mich weiterhin zu dieser Therapie bewegen, doch nicht mit mir! Wenn sie glauben, dass sie mir nur Zucker in den Arsch blasen müssen, nachdem sie mich misshandelt haben, dann haben sie sich geschnitten! Ich vergesse diese Scheiße hier nicht und je mehr sie mich drangsalieren, desto ungemütlicher werde ich. Da hilft es auch nicht, dass sich diese Kleine versucht, bei mir einzuschleimen! Es wird ihnen noch leidtun, dass sie das mit mir gemacht haben. Irgendwann wird meine Stunde kommen, und dann werde ich mich an ihnen rächen, werde den Augenblick genießen, wenn sie wie verweichlichte Hunde vor mir um Gnade winseln und um ihr Leben flehen. Ich freue mich jetzt schon darauf.
Tatsächlich stört mich niemand beim Duschen und ich kann mich so lange unter dem warmen Wasserstrahl aufwärmen, wie ich möchte. In den ganzen Jahren, in denen ich einsitze, ist das noch nie vorgekommen! Diese Situation koste ich daher gnadenlos aus und stehe eine gefühlte Ewigkeit hier drin, lasse sie absichtlich auf mich warten, so lange es mir beliebt. Ich habe tatsächlich ihren Freifahrtschein dafür erhalten und lege es natürlich absichtlich darauf an, diesen voll und ganz einzufordern, auch wenn meine offenen Wunden unter dem Wasser höllisch brennen. Erst als meine Haut schon ganz aufgeweicht ist und ich das Gefühl habe, dass auch die letzte Stelle in mir wieder aufgewärmt ist, verlasse ich die Dusche und trockne mich in aller Seelenruhe ab. Sogar frische Kleidung haben sie mir hingelegt. Joggingklamotten aus meiner Zelle, aber immerhin waren sie so freundlich, mir diese herzubringen. Selbst wenn ich weiß, dass sie dabei direkt meine Zelle gefilzt haben.
Können sie aber von mir aus so oft tun, wie sie wollen. Im Gegensatz zu anderen Häftlingen habe ich nämlich nichts zu verstecken. Mir ist dieses Katz und Maus Spiel, um Gegenstände und Drogen verschwinden zu lassen, viel zu anstrengend. Bei mir gibt es keine Gras-Päckchen im Abfall, ausgehöhlte Fischdosen mit Pillen beziehungsweise ›H‹ in der Schuhsohle. Für was auch? Ich meide den Kontakt zu den anderen Häftlingen, weshalb sollte ich mir da so eine Scheiße besorgen, um es dann an die anderen zu verticken? Ich will mit denen nichts zu tun haben. Aber von mir aus sollen sie auf Nummer sicher gehen und die Inneneinrichtung meines Haftraumes auf den Kopf stellen. Hinter meine Poster der leichtbekleideten Ladys an den Wänden schauen und in der Toilette herumwühlen. Wenn es ihnen Spaß macht, diese Drecksarbeiten auszuführen, bitteschön!
Als ich angezogen bin, trete ich nach draußen, wo ich bereits von einem Wärter in Empfang genommen werde. Er spricht in sein Funkgerät und informiert irgendjemanden darüber, dass ich fertig bin, bevor er mich wieder anschnauzt:
»Wurde aber auch langsam Zeit!«
Ich sage nichts dazu, kann mir jedoch ein dreckiges Grinsen nicht verkneifen, weil ich weiß, dass ihn das viel mehr auf die Palme bringt, als wenn ich irgendetwas dazu sagen würde. Und es scheint auch zu funktionieren, denn wenn Blicke töten könnten, würde ich jetzt vermutlich einfach umfallen.
Brav wende ich mich anschließend ab, tue so, als wäre nichts gewesen und laufe vor dem Wärter her. Dass er jetzt innerlich kocht, ist mir Rache genug.
Bestimmend treibt er mich an schneller zu laufen und führt mich in meinen Zellentrakt. Dort werde ich ohne viel Aufhebens in meinen Haftraum gesperrt und setze mich erst einmal erschöpft aufs Bett. Schon wenig später entscheide ich mich dazu, mich hinzulegen, denn ich bin vollkommen im Arsch und will jetzt sofort eine Runde pennen. Selbst die Flutlichter draußen, die inzwischen die dunkle Nacht rings um den Knast hell erleuchten, stören mich heute nicht. Ich lege den Arm über meine Augen und versuche, ein wenig zur Ruhe zu kommen. Noch scheint es mir aber nicht vergönnt zu sein, denn nun klopft es an meiner Zellentür. Ein paar Sekunden danach öffnet sie sich bereits, doch ich sehe nicht einmal auf, höre lediglich, dass sie sich direkt wieder schließt. Trotzdem spüre ich genau, dass ich jetzt nicht mehr alleine bin und als ich die Absatzgeräusche weiblicher Schuhe vernehme, gepaart mit dem verführerischen Duft von Vanille und Zitrone, der mir wenig später in die Nase steigt, weiß ich auch genau, wer mich da gerade besucht und in meinen Raum eintritt.
»Was wollen Sie, Lady?«, frage ich sie wenig freundlich. Natürlich weiß ich genau, dass sie noch einmal vorbeischauen wollte, doch was sie hier will, kann ich mir nicht erklären.