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1.2 Begriffliche Annäherung

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Das Wort »Sucht« (germ. suhti-, ahd. suht, suft, mhd. suht) geht etymologisch auf »siechen« (ahd. siuchan, mhd. siechen) zurück, das Leiden an einer Krankheit. Diese Bedeutung findet sich noch heute in vielen Krankheitsbezeichnungen wieder, wie z. B. der Gelbsucht, Schwindsucht oder Wassersucht. Mit dem Begriff »suchen« ist das Wort Sucht nicht verwandt, obgleich eine Suchtdynamik häufig als erfolglose Suche nach Sinn, nach extremen Erlebnissen, Zuständen oder ähnlichem charakterisiert wird.

In der Alltagssprache hat der Suchtbegriff einen festen Platz erhalten. Sowohl die Abhängigkeit von Substanzen als auch ein als zwanghaft erlebtes Verhalten wird oftmals als »süchtig« bezeichnet. »Süchtig nach Dir«, »Süchtig nach Schokolade« oder ähnliche Redewendungen beschreiben ein zwanghaftes Sich-Hingezogen-Fühlen zu Gegenständen, Personen oder auch Verhaltensweisen.

Begriffe wie »Geltungssucht«, »Tobsucht« beziehen sich eher auf Persönlichkeitsmerkmale von Menschen. In ihnen klingt aber ebenfalls das Merkmal der Übertreibung an und die mangelnde Fähigkeit oder ein Unwille, diese »übertriebenen« Eigenschaften in gemäßigtere Bahnen zu lenken.

In der Fachwelt wurde und wird der Begriff »Sucht« auch kritisch diskutiert: Der Begriff »Sucht« sei äußerst negativ besetzt und würde die Diskriminierung und Marginalisierung von Betroffenen vorantreiben, Stigmatisierungsprozesse verstärken und einen offenen und unvoreingenommenen Umgang mit dem Problem eher verhindern. Vor dem Hintergrund dieser Argumente hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die das diagnostische Manual der International Classification of Diseases (ICD-10, Kap. 11) herausgibt, im Jahr 1963 den Begriff »Sucht« (addiction) durch den Begriff der »Abhängigkeit« (dependence) bzw. durch das »Abhängigkeitssyndrom« ersetzt.

Doch auch der Abhängigkeitsbegriff erfuhr Kritik: Er verallgemeinere zu stark und verharmlose das Krankheitsgeschehen. Eine Abhängigkeitserkrankung im Sinne des ICD-10 sei beispielsweise mit der Abhängigkeit des Kleinkindes von seinen Bezugspersonen in keiner Weise vergleichbar und würde dem Leid, das oftmals mit einer Abhängigkeitserkrankung verbunden ist, nicht gerecht werden.

So hat sich in der Fachwelt die durch die WHO vorgenommene Umbenennung von »Sucht« nach »Abhängigkeit« nicht vollständig durchsetzen können: Die größte deutsche Fachzeitschrift heißt »Sucht«, eine der bedeutsamsten internationalen Fachzeitschriften »addiction«, die Drogenbeauftragte der Bundesregierung gibt jährlich einen »Sucht- und Drogenbericht« heraus und die »Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen« vertritt mit wenigen Ausnahmen sämtliche Träger der ambulanten Beratung und Behandlung, der stationären Versorgung und der Selbsthilfe. Die Beratung abhängiger Menschen findet in der Regel in »Suchtberatungsstellen« statt.

Heute findet sich dementsprechend meist ein synonymer Gebrauch der Begriffe »Sucht« und »Abhängigkeit«, dem auch in diesem Buch gefolgt wird. Wenn jedoch der Begriff »Sucht« manchmal zu überwiegen scheint, so ist dies dem Umstand geschuldet, dass sich manche Konstrukte nicht durch den Abhängigkeitsbegriff ausdrücken lassen: Es gibt ein Suchthilfesystem in Deutschland, aber kein Abhängigkeitshilfesystem.

Konsequenter ist die Umstellung des Begriffs »Rauschgift« gelungen: Dieser wurde in den vergangenen Jahren und vor dem Hintergrund der o. g. Argumente durch die wertneutraleren Begriffe »Substanzen«, »psychoaktive Substanzen« oder »psychotrope Substanzen« fast durchgängig ersetzt.

Soziale Arbeit in der Suchthilfe

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