Читать книгу Circles of Fate (3). Schicksalskampf - Marion Meister - Страница 10

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Misano rannte die Stufen der breiten Treppe hinunter, die sich um den Schicksalsbaum wand. War es der Weberin gelungen, Zara wiederzuerwecken?

Hastig stürmte er an den Weberinnen vorbei, die mitten in ihren Fluchtversuchen eingefroren waren.

Zwar hatte er diesem Mädchen versprochen, er würde die Frauen wieder auf‌tauen, wenn sie Zaras Faden zurückwebte. Aber … nein. Er hatte es nicht geschworen. Ihm waren die Weberinnen ein Dorn im Auge. Schon immer gewesen. Es war nicht nachzuvollziehen, weshalb Äon ihnen die Macht über das Leben geschenkt hatte. Auf keinen Fall würde er diese Frauen erlösen. Für die meisten käme die Hilfe sowieso zu spät. Auch wenn sie unter seinem magischen Eispanzer nicht erstickten, so erfroren sie allmählich. Er hatte diese Art der Folter vor Jahrhunderten bis zur Perfektion ausgelotet, als die Unsterblichen sich noch in die Kriege der Menschen eingemischt hatten. Ein paar Weberinnen weniger würden der Welt nicht schaden.

Er beugte sich im Laufen über das Geländer und erhaschte einen Blick auf die Sänfte. Sie stand unverändert am Fuß des Baums. Bewegte sich der Vorhang? Sein Herz hämmerte. Wartete dort unten Zara auf ihn? War sie zurückgekommen?

Seine Gedanken nur auf die Sänfte fokussiert, achtete er auf nichts anderes. Nicht auf die gefrorenen Früchte des Baums, die Eiszapfen an den Ästen oder die erstarrten Weberinnen.

Sein schwerer roter Mantel verfing sich an einer der Eisstatuen, aber es kümmerte ihn nicht, dass die Statue ins Wanken geriet, dass sie kippte und die Weberin auf den Stufen in tausend funkelnde Eissplitter zerbrach. Nicht schlimm. Die Welt brauchte keine Weberinnen, die Lebensfäden kappten, wie es ihnen gefiel!

Nach dem Klirren legte sich absolute Stille über die Halle und den gigantischen Baum. Kurz kam es ihm vor, als wäre er das einzig Lebendige in dieser Welt. Doch das konnte nicht sein. Er war nicht in den Turm eingedrungen, um ihn allein zu verlassen.

Er hatte das Ende der Treppe erreicht und näherte sich der Sänfte. Und wenn Jin sich geirrt hatte? Wenn es gar nicht möglich war, einen Verstorbenen mit seinem Totenfaden zurück ins Leben zu holen? Für einen Augenblick verharrte Misano vor der Sänfte. Fast hätte er den Schöpfer Äon um Beistand gebeten. Bring mir Zara zurück! Dieses Wesen hatte jedoch nicht nur die Menschen an die Weberinnen verraten, es hatte auch seine Erstgeborenen, die Unsterblichen, im Stich gelassen. Jin hatte vollkommen recht. Sie, die Unsterblichen, mussten ihr Schicksal von nun an selbst in die Hand nehmen. Und Misano hatte genau dies getan. Er hatte sich die Liebe seines Lebens zurückgeholt.

»Zara?«, flüsterte er. Sein Atem gefror, sein Herz hielt an. Die zarten weißen Seidenvorhänge, die das Innere der Sänfte verhüllten, schimmerten bläulich durch das vom Eis reflektierte Sonnenlicht. Selbst das Wasser der Quelle, in dem der Baum wurzelte, war von einer zarten Eisschicht bedeckt.

»Zara?«, wisperte er erneut. Er wagte es nicht, sich zu rühren. Wenn in der Sänfte noch immer eine Tote ruhte, dann … dann würde der Turm brennen!

Der Hauch seines Atemzugs bewegte den Vorhang. Sanft, als könnten seine ungeschickten Finger das Wunder zerstören, auf das er hinter der Seide hoff‌te, schob Misano den Stoff beiseite.

Dort lag sie in ihrem weißen Totengewand, auf weiche Kissen gebettet. Ein Blitz zuckte über seine geballte Faust. Zara! Zartes Rosa lag auf ihren Wangen und ihre bernsteinfarbenen Augen funkelten ihn überrascht an.

Misano starrte sie an. Unfähig, sich zu rühren oder Worte zu finden, stand er nur und sah seine Zara an. Sie war es. Seine Liebe! Atmend. Rosig.

»Wo bin ich?« Fröstelnd zog sie das Laken zu sich, um sich darin einzuhüllen.

Er spürte die Kälte nicht mehr, die er in den Turm gebracht hatte. Ein helles, wärmendes Glühen stieg in ihm auf, je länger er sie ansah. Und sie ihn.

Sie war zurück! Seine Zara, die Liebe seiner unendlichen Jahre! Die wunderbarste Frau, die je auf dieser Welt gewandelt war.

»Wo bin ich?«, wiederholte sie und berührte stirnrunzelnd die seidenen Vorhänge der Sänfte.

»Du bist bei mir.« Noch nie in seiner ewigen Existenz hatte er ein solches Gefühl in sich getragen. Eine Explosion aus unfassbarem Glück – es fühlte sich an, als wäre die Sonne in all ihrer Strahlkraft in seinem Inneren, würde ihn erleuchten, verbrennen, vollkommen erfüllen. »Du bist bei mir!«, wiederholte er lauter. »Zara!« Lachend griff er nach ihren Händen. Ihre Haut war noch kalt. Er zog sie zu sich, schlang seine Arme um sie. »Ich werde dich nie wieder gehen lassen!« Seine Lippen küssten ihren schlanken Nacken, ihre rosigen Wangen.

»Oh, Misano!« Den Kopf an seine Schulter geschmiegt, atmete sie erleichtert durch. »Ich habe seltsam geträumt. Der Traum fühlte sich so real an.«

»Er ist nun vorbei. Du bist zurück!« Er hob sie aus der Sänfte. »Du lebst!«

Die Hände um seinen Nacken geschlungen, ließ sie sich von ihm herumwirbeln. Er konnte es nicht fassen. Jin hatte recht behalten! In dem kleinen Fädchen hatte noch all das gesteckt, was es brauchte, damit Zara wieder bei ihm war. Er wollte gar nicht mehr auf‌‌hören, sie zu küssen und an sich zu drücken.

Zara begann zu lachen. »Misano! Was ist los mit dir. Wo sind wir?«

»Kein Ort, der noch irgendeine Bedeutung hätte!« Er wirbelte sie herum und tanzte mit ihr in den Armen über den vereisten Boden. »Lass uns hier verschwinden!«

Er würde sie bis zum Himmelspalast tragen, an das Ende der Welt und weiter. Niemals wieder würde er seine Zara loslassen!

Circles of Fate (3). Schicksalskampf

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