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Plötzlich schienen die Cover der unterschiedlichsten Zeitschriften voll von Themen wie den Fragen nach Sinn und Selbstverbesserung angesichts der Wirtschaftskrise zu sein. Auf dem Wissensmagazin der Süddeutschen Zeitung prangte als Zeile: „Das gute Leben – Alternativen zum Leistungswahn.“ Der Focus titelte „Glück, selbst gemacht“, und behauptete: „Die Deutschen entdecken den Spaß, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen.“ Die Junge Karriere forderte in derselben Woche auf der Titelseite: „Erfinden Sie Ihren Job neu“, und fragte: „Arbeiten Sie noch oder leben Sie schon? Wie Sie sich und Ihren Beruf neu ausrichten – mit oder ohne Chef!“ Irgendetwas geschah hier.
„In der Krise stellen die Menschen wieder vermehrt die Frage nach dem, was wirklich wichtig ist“, analysierte die Süddeutsche. Manche probten den Ausstieg aus einem System, das sie als sinnentleert empfänden, und eine neue Generation von Sozialwissenschaftlern denke über andere Gesellschaftsmodelle nach: „Wo alte Gewissheiten erschüttert werden, wächst bei vielen die Bereitschaft, Neues zu wagen.“
Der Münchner Soziologe Ulrich Beck sieht in Sachen neuer Lebenskonzepte gar „einen unglaublichen Reformbedarf wie zu Beginn der Industrialisierung“. Horst Opaschowski, wissenschaftlicher Leiter der Hamburger Stiftung für Zukunftsfragen und Berater von Wirtschaft und Politik, sekundiert, die weltweite Krise sei eine „Wendezeit“, die er gar mit der 68er-Bewegung vergleicht. „Damals war die gleiche Aufbruchstimmung wie jetzt.“ Deutschland stehe am Beginn einer Periode der Erneuerung: „Zukunftsvisionen werden nicht länger nur mit Produktvisionen verwechselt. Und mehr mit unternehmerischem Mut als mit Staatsgläubigkeit wollen die Bundesbürger Wege in die Zukunft beschreiten.“
Auch in einer aktuellen Untersuchung des Zukunftsinstituts von Trendforscher Matthias Horx wird die Wirtschaftskrise als reinigendes Gewitter gewertet, als Beschleuniger für einen überfälligen Umbruch. Mitarbeiter wandelten sich zunehmend zum Selbstunternehmer. Starre Hierarchien, behäbige Kommunikationsstrukturen und lineare Unternehmensabläufe passten immer weniger zur schnell drehenden digitalen Wirtschaftswelt des 21. Jahrhunderts. Selbstständigkeit, freiberufliche Projektarbeit, temporäre Arbeitslosigkeit oder Multijobbing kennzeichneten die neue Arbeitswelt. Der Wunsch nach einer sinnvollen beruflichen Tätigkeit und nach Selbstverwirklichung im Job würden in der Ökonomie von morgen zur entscheidenden Produktivitätskraft für zukunftsfähige Unternehmen.