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1. EuGH-Urteil in der Rs. Cadbury Schweppes

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Ursprünglich bildete die aus dem Trennungsprinzip resultierende Abschirmwirkung von Kapitalgesellschaften im Thesaurierungsfall in Kombination mit dem internationalen Steuergefälle zugunsten des Auslands einen Anreiz zur Verlagerung von (insb. standortelastischen) Einkunftsquellen auf Kapitalgesellschaften, die in „Steueroasen“[21] domizilieren.[22] Durch die Abschirmwirkung können Steuervorteile in der Form von Zins- und Liquiditätsvorteilen sowie aus der Wiederanlage resultierende Kumulationsvorteile erzielt werden.[23] Als Maßnahme gegen diese „ungerechtfertigte(n) Steuervorteile“[24] wurden die Regelungen zur Hinzurechnungsbesteuerung gem. §§ 7–14 AStG als Kernstück des Außensteuergesetzes[25] im Jahr 1972 eingeführt. Ziel der §§ 7–14 AStG ist die Beseitigung der „ungerechtfertigte(n) Steuervorteile“ aus der Nutzung des internationalen Steuergefälles durch Basisgesellschaften (internationale Minderbesteuerung), die damit verbundene Wiederherstellung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und der steuerlichen Wettbewerbsneutralität.[26] Die Hinzurechnungsbesteuerung verfolgt somit in ihrer ursprünglichen Zielsetzung Missbrauchsabwehrziele.[27]

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Seit Einführung des Halbeinkünfteverfahrens durch das StSenkG soll die Hinzurechnungsbesteuerung außerdem die notwendige Vorbelastung für niedrig besteuerte Gewinn ausländischer Gesellschaften aus passivem Erwerb sicherstellen.[28] Zwar ist die Hinzurechnungsbesteuerung i.d.F. des StSenkG nicht zur Anwendung gekommen, dennoch verfolgt auch die derzeitige Hinzurechnungsbesteuerung, die auf der Konzeption des UntStFG fußt, die Vorbelastungszielsetzung.[29] Allerdings bestehen an der Fähigkeit der Hinzurechnungsbesteuerung in der derzeitigen Fassung, die Vorbelastungszielsetzung erfolgreich umzusetzen, erhebliche Zweifel.[30]

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Die deutschen Regelungen zur Hinzurechnungsbesteuerung gem. §§ 7–14 AStG enthalten mittlerweile für Hinzurechnungsbeträge ab dem Veranlagungszeitraum 2009[31] eine Ausnahmeregelung für den Fall des erbrachten Nachweises, dass die beherrschte ausländische Gesellschaft über wirtschaftliche Substanz im Ausland verfügt (sog. Motivtest), § 8 Abs. 2 AStG.[32] Zurückzuführen ist diese Regelung auf die Entscheidung des EuGH in der Rs. Cadbury Schweppes zur britischen „Controlled Foreign Companies Legislation“. Sie ermöglicht es, die durch den Katalog für passive Einkünfte i.S.d. § 8 Abs. 1 AStG und die Niedrigbesteuerung i.S.d. § 8 Abs. 3 AStG typisierte Missbrauchsvermutung[33] zu entkräften.[34] Verfahrensrechtlich ist in Fällen des § 8 Abs 2 AStG dennoch eine Feststellungserklärung abzugeben, § 18 Abs. 3 S. 1 HS 2 AStG.

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Der Vorschlag der EU-Kommission für eine Anti-BEPS-Richtlinie enthält als Teil der Massnahmen zur Bekämpfung der Steuervermeidung ein CFC-Regime, dass in Art. 8 Abs. 2 einen Substanztest vorsieht.[35] Ebenso schlägt die OECD bzw. die G20 die Einführung oder Verschärfung von CFC-Regelungen vor. Der OECD/G20 BEPS-Aktionspunkt 3 sieht ein CFC-Regime mit Substanztest vor.[36]

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In der Rs. Cadbury Schweppes hat der EuGH mit Urteil vom 12.9.2006 eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit gem. Art. 49 AEUV (ex Art. 43 EG) durch die britische „Controlled Foreign Companies-Legislation“ festgestellt. Eine Hinzurechnungsbesteuerung könne nach Ansicht des EuGH nur gerechtfertigt sein, wenn sie

„nur rein künstliche Gestaltungen [betrifft], die dazu bestimmt sind, der normalerweise geschuldeten nationalen Steuer zu entgehen. Von der Anwendung einer solchen Besteuerungsmaßnahme ist folglich abzusehen, wenn es sich auf der Grundlage objektiver und von dritter Seite nachprüfbarer Anhaltspunkte erweist, dass die genannte beherrschte ausländische Gesellschaft ungeachtet des Vorhandenseins von Motiven steuerlicher Art tatsächlich im Aufnahmemitgliedstaat angesiedelt ist und dort wirklichen wirtschaftlichen Tätigkeiten nachgeht.“[37]

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Die weiteren wesentlichen Aussagen des EuGH lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Die Niederlassungsfreiheit soll es den Staatsangehörigen ermöglichen, „in stabiler und kontinuierlicher Weise am Wirtschaftsleben eines anderen Mitgliedstaats (…) teilzunehmen“[38].
Der Niederlassungsbegriff impliziert „die tatsächliche Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mittels einer festen Einrichtung in diesem Staat auf unbestimmte Zeit (…) Daher setzt sie eine tatsächliche Ansiedlung der betreffenden Gesellschaft im Aufnahmemitgliedstaat und die Ausübung einer wirklichen wirtschaftlichen Tätigkeit in diesem voraus.“[39]
Diese Feststellung muss auf „objektiven, von dritter Seite nachprüfbaren Anhaltspunkten beruhen, die sich u.a. auf das Ausmaß des greifbaren Vorhandenseins der beherrschten ausländischen Gesellschaft in Form von Geschäftsräumen, Personal und Ausrüstungsgegenständen beziehen.“[40]
Eine rein künstliche Gestaltung könnte „insbesondere bei einer Tochtergesellschaft der Fall sein, die eine „Briefkastenfirma“ oder eine „Strohfirma“ ist“[41]. Dabei reicht das Streben nach Erleichterung der Steuerlast nicht aus, um zu dem Schluss zu gelangen, dass eine rein künstliche Gestaltung vorliegt.[42]

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Ferner ist von Bedeutung, dass Gegenstand der EuGH-Entscheidung in der Rs. Cadbury Schweppes reine Konzernfinanzierungsgesellschaften in den sog. Dublin Docks („IFSC – International Financial Service Centre“) waren. Alleiniger Zweck der beiden errichteten Gesellschaften war es, die Gewinne, die mit den Aktivitäten der internen Finanzierung des Cadbury Schweppes-Konzerns in Zusammenhang standen, in den Genuss der steuerlichen Regelungen des IFSC kommen zu lassen.[43] Hieraus ergibt sich, dass der Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit für reine Finanzierungsgesellschaften und für rein konzerninterne Dienstleistungen eröffnet ist.[44]

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