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a) Relevanz der Willensbildung, nicht aber der Willenserklärung

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Für die Willensbildung i.S.d. Entscheidungsfindung sind nur solche Entscheidungen für die Bestimmung des Ortes der Geschäftsleitung relevant, die für Rechnung der ausländischen Gesellschaft getroffen werden.[125] Maßgeblich ist zudem der Prozess der Willensbildung selbst und nicht die anschließende Willenserklärung oder die Umsetzung der getroffenen Entscheidungen.[126] Im Regelfall ist am Ort der Willenserklärung auch der maßgebliche Wille tatsächlich gebildet worden.[127] Hierzu ist der Prozess der Willensbildung von Bedeutung, der in dem Gremium der Geschäftsleitung erfolgt. Regelmäßig ist in der Satzung das genaue Reglement für eine ordnungsmäßige Durchführung von Sitzungen der Geschäftsleitung festgelegt. Dies beinhaltet insbesondere die (vollständige oder mehrheitliche) Teilnahme der Geschäftsführer an den Sitzungen der Geschäftsleitung oder ihre ordnungsgemäße Vertretung und die Art und Weise der Beschlussfassung (z.B. Einstimmigkeit, einfache oder qualifizierte Stimmenmehrheit).

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Sämtliche Maßnahmen in organisatorischer und rechtsgeschäftlicher Hinsicht sollten zum Gegenstand zu fassender Beschlüsse der Geschäftsleitung gemacht und durch die Sitzungsprotokolle dokumentiert werden. Im Rahmen der Beschlussfassung kann auch die Festlegung und Kompetenzzuweisung an einzelne Geschäftsführer erfolgen, die getroffenen Entscheidungen der Geschäftsleitung umzusetzen. Diese Delegation von Geschäftsführungskompetenzen auf einzelne oder mehrere Geschäftsführer beschränkt sich regelmäßig auf die Umsetzung der getroffenen Entscheidungen der Geschäftsleitung. Dieser faktisch vorgenommenen Geschäftsverteilung bezogen auf die Ausführungsphase kommt allerdings für die Bestimmung des Ortes der Geschäftsleitung keine Bedeutung zu.[128]

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Von dem Prozess der Willensbildung und Entscheidung ist neben der Entscheidungsdurchführung auch die Entscheidungsvorbereitung abzugrenzen. Die der Willensbildung vorgelagerte Vorbereitungsphase umfasst allfällige Vorbereitungsmaßnahmen, die in der Ableitung von Handlungsbedarfen und der Identifizierung von Handlungsalternativen und deren Bewertung bestehen können. Diese können durch einzelne Organe selbst vorgenommen oder in Form von Beratungsleistungen bezogen werden. In der Vorbereitung der Geschäftsführer auf die Sitzung der Geschäftsleitung durch Festlegung und Abstimmung der Agenda sowie die Auswertung von Dokumenten, Vertragsentwürfen und Ähnlichem zu einzelnen Punkten der Tagesordnung liegt keine Vorwegnahme des Prozesses der Entscheidungsfindung. Es entspricht vielmehr den Grundsätzen ordnungsmäßiger Geschäftsführung und betrifft damit die jedem Geschäftsführer aus seiner Organfunktion erwachsenden Pflichten, dass das individuelle Votum auf einer möglichst umfassenden Sach- und Fachkenntnis basiert.

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Nehmen einzelne Organe der Gesellschaft auch Organfunktionen in anderen Gesellschaften wahr und/oder üben auch Tätigkeiten in Konzernzentralbereichen (z.B. Corporate Finance, Controlling) aus, kommt dem Ort, an dem diese Vorbereitungsmaßnahmen tatsächlich ausgeübt wurden, für die Bestimmung des Orts der Geschäftsleitung der Gesellschaft keine Bedeutung zu, wenn die Entscheidungsfindung diesen Personen in der Funktion als Organ der Gesellschaft obliegt und dem Ort der Geschäftsleitung zuzurechnen ist. Bloße Vorbereitungshandlungen sind deshalb stets von der tatsächlichen Willensbildung im Sinne einer Geschäftsleitungsentscheidung abzugrenzen. Dies gilt insbesondere in Fällen, in denen mehrere Geschäftsführer bestellt sind, die nach dem Organisationsreglement der Geschäftsführung für die betreffenden Geschäfte eine (einfache oder qualifizierte) Mehrheitsentscheidung zu treffen haben.

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Dass in einem Konzern für bestimmte Geschäfte eine zentrale Koordination mit entsprechenden Abstimmungsmaßnahmen der Konzernspitze erfolgt, ist eine anerkannte Realität von Konzernorganisationen zur Sicherstellung einer abgestimmten Investitions- und Finanzplanung im Gesamtverbund. Deshalb zählen auch koordinierende Vorgaben (z.B. Konzernfinanzierungsrichtlinie) zum Bereich der Vorbereitungsmaßnahmen.

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