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a) Stabile und kontinuierliche Teilnahme am Wirtschaftsleben eines anderen Mitgliedstaats

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Eine stabile und kontinuierliche Teilnahme am Wirtschaftsleben eines anderen Mitgliedstaats erfordert nicht notwendigerweise eine räumlich bezogene Teilnahme am allgemeinen Wirtschaftsverkehr im Aufnahmemitgliedstaat. Eine nachhaltige Nutzung der Ressourcen (Infrastruktur, Rechtssystem etc.) des Aufnahmemitgliedstaats genügt.[53]

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Das FG Münster scheint die Nutzung der rechtlichen Rahmenbedingungen als hinreichende Bedingung mit – nicht rechtskräftigem – Urteil vom 20.11.2015[54] in Frage zu stellen. Nach dessen Ansicht können die rechtlichen Rahmenbedingungen im Ansässigkeitsstaat, wenn diese zum Beschaffungsmarkt gezählt würden, eine wirtschaftliche Verflechtung nur dann begründen, wenn besondere, für den Unternehmensgegenstand günstige Bedingungen genutzt würden, z.B. bestimmte gesellschaftsrechtliche (aber gerade nicht steuerliche) Regelungen für eine Unternehmensgründung oder -führung oder ein günstigeres Prozessrecht. Zwar werden entsprechende vorteilhafte gesellschaftsrechtliche Regelungen für die Unternehmensgründung oder -führung im Aufnahmemitgliedstaat häufig vorhanden (z.B. kein Mindestkapital für die Gründung einer Kapitalgesellschaft, überschaubare Gründungskosten und Kosten der laufenden Verwaltung) und für die Standortwahl mit ausschlaggebend sein. Dennoch ist gegen die Auffassung des FG Münster einzuwenden, dass auch die steuerlichen Regelungen zu den rechtlichen Rahmenbedingungen gehören, die Teil der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des Aufnahmemitgliedstaats sind.[55] Über die Inanspruchnahme der rechtlichen Rahmenbedingungen nimmt die ausländische Gesellschaft deshalb auch am Wirtschaftsleben des Aufnahmemitgliedstaates teil.[56]

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Fraglich ist, wie die Einschaltung einer ausländischen Gesellschaft zu beurteilen ist, die nicht auf die Nutzung besonders günstiger steuerlicher Regelungen im Aufnahmemitgliedstaat, sondern in der Minderung der Besteuerung in einem dritten Staat gerichtet ist.

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Wendet sich die ausländische Gesellschaft an den

Absatzmarkt im Aufnahmemitgliedstaat (z.B. durch aktives Management eines Beteiligungsportfolios, das auch Gesellschaften im Aufnahmemitgliedstaat umfasst, (konzerninterne) Finanzierungstätigkeiten, Erbringung von Beratungsleistungen, Erbringung von Vermietungsleistungen, Personalgestellung) und/oder an den
Beschaffungsmarkt im Aufnahmemitgliedstaat (z.B. durch Eröffnung von Bankkonten und Inanspruchnahme weiterer Bankdienstleistungen, Anmietung von Geschäftsräumen, Erwerb von Büromöbeln und -ausstattung, Einstellung von Personal, Bezug von Strom, Telekommunikationsdienstleistungen, rechtlichen und steuerrechtlichen Beratungsleistungen sowie von Wirtschaftsprüfungsleistungen und Managementdienstleistungen, Inanspruchnahme eines Registergerichts)[57]

liegt eine Teilnahme am Wirtschaftsleben eines anderen Mitgliedstaates vor.[58]

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Da bereits eine nachhaltige Nutzung der Ressourcen (Infrastruktur, Rechtssystem etc.) des Aufnahmemitgliedstaats ausreicht, ist fraglich, ob – wie vom FG Münster im Urteil vom 20.11.2015[59] gefordert – eine von der Niederlassungsfreiheit geschützte Verflechtung mit dem Markt des Ansässigkeitsstaates voraussetzt, dass gezielt bestimmte Ressourcen (über die rechtlichen Rahmenbedingungen hinausgehend) im Aufnahmestaat, z.B. besonders günstige oder entsprechend der Tätigkeit besonders ausgestattete Räumlichkeiten, Maschinen, gut ausgebildetes Personal oder besondere Produktionsbedingungen genutzt werden.[60]

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Die stabile und kontinuierliche Teilnahme am Wirtschaftsleben des Aufnahmemitgliedstaates kann ferner anhand der Entwicklung der betreffenden Gesellschaft im Zeitablauf ersichtlich werden. Reagiert die ausländische Gesellschaft seit ihrer Gründung auf sich verändernde Unternehmens- und Marktsituationen, etwa durch eine Ausweitung ihrer Tätigkeiten, zeigen sich hierin der „lebende Organismus“ und die kontinuierliche Teilnahme am Wirtschaftsleben des Aufnahmemitgliedstaats. Neben den tatsächlichen Geschehensabläufen kann die im Gesellschaftsvertrag bzw. der Satzung festgelegte Gründung der Gesellschaft auf unbestimmte Zeit ein wichtiges Indiz dafür sein, dass die Gründung der Gesellschaft auf eine nachhaltige Integration im Aufnahmemitgliedstaat gerichtet ist.

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