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c) Greifbares Vorhandensein der beherrschten ausländischen Gesellschaft (Geschäftsräume, Personal, Ausrüstungsgegenstände)

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Nach den Anforderungen des EuGH müssen bei der ausländischen Gesellschaft, entsprechend der Forderung nach einer festen Einrichtung im Aufnahmemitgliedstaat, (eigene oder angemietete) Geschäftsräume vorhanden sein, in denen (ständig) eigene Mitarbeiter mit den notwendigen Ausrüstungsgegenständen (Sach- und Geldkapital) konkret mit der Geschäftstätigkeit der Gesellschaft (z.B. Finanzierungs-, Holdingtätigkeit) befasst sind.[85] Die Art der Tätigkeit der ausländischen Gesellschaft kann der Satzung der Gesellschaft und den Jahresabschlüssen bzw. Geschäftsberichten entnommen werden.[86] Die sachliche und personelle Ausstattung orientiert sich auch außensteuerrechtlich an der Art und dem Umfang der Geschäftstätigkeit.[87]

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Die ausländische Gesellschaft muss sich als „lebender Organismus“[88] erweisen. Die Größe und Ausstattung der Geschäftsräume der ausländischen Gesellschaften muss der jeweiligen Art und dem jeweiligen Umfang der Geschäftstätigkeit in den einzelnen Geschäftsjahren entsprechen. Die konkreten Geschäfts-/Ausführungshandlungen müssen entsprechend der Art und der Intensität der Geschäftstätigkeit durch geschäftsleitendes und angestelltes und für die jeweilige Tätigkeit qualifiziertes Personal[89] vorgenommen werden. Über den im Jahresabschluss bzw. Geschäftsbericht ausgewiesen Personalaufwand kann die angemessene Personalausstattung belegt werden.[90] Die jeweiligen Geschäftsführer müssen die für die Geschäftstätigkeit bedeutsamen Entscheidungen selbst treffen, was durch die jeweiligen Protokolle zu den Sitzungen der Geschäftsleitung nachweisbar sein sollte. In diesem Fall kann die ausländische Gesellschaft die ihr übertragenen Aufgaben selbstständig erfüllen. Dies entspricht insoweit auch den Anforderungen des BMF-Schreiben vom 8.1.2007,[91] auf das aus praktischer Sicht zurückgegriffen werden kann.[92] Nach dem BMF-Schreiben vom 8.1.2007[93] hat die ausländische Gesellschaft ständig[94] sowohl geschäftsleitendes als auch anderes Personal im Aufnahmemitgliedstaat[95] zu beschäftigen. Ob aus dieser Formulierung folgt, dass mindestens zwei Personen bei der ausländischen Gesellschaft beschäftigt werden müssen, ist fraglich.[96] Bislang war eine Beschäftigung von mindestens zwei Personen dennoch ratsam,[97] auch wenn sich aus der Vorgabe des EuGH nicht auf die Anzahl des Personals schließen lässt. Allerdings könnte das Urteil des FG Münster vom 20.11.2015[98] zukünftig zu einer anderen Einschätzung führen. Dem FG Münster geht mit Urteil vom 20.11.2015[99] die formale Betrachtung der Finanzverwaltung in ihrer Allgemeinheit zu weit, da sie nicht darauf abstellt, welche personellen Ressourcen die konkrete Tätigkeit der ausländischen Gesellschaft erfordert; nicht zwingend erforderlich seien mindestens zwei Personen. Abzuwarten bleibt, ob sich die Auffassung des FG Münsters insoweit im anhängigen Revisionsverfahren durchsetzen kann.

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Die ausländische Gesellschaft muss jeweils über einen für ihren jeweiligen Geschäftszweck angemessenen eingerichteten Geschäftsbetrieb verfügen, d.h. eine angemessenen Ausstattung mit Sach- und Geldkapital (z.B. eigene oder zur Nutzung entgeltlich überlassene Büromöbel, Aktenschränke, EDV-Ausstattung inklusive eigener Drucker, Telefone und Faxgeräte, Internetanschlüsse, Büromaterial, Software, Geldkapital). Der Umfang der Ausrüstungsgegenstände kann den Jahresabschlüssen bzw. Geschäftsberichten der ausländischen Gesellschaft entnommen werden (Höhe der Abschreibungen, Miet-, Pacht- und Leasingaufwendungen). Diese Informationen stehen dem steuerpflichtigen Inlandsbeteiligten unabhängig von seiner Beteiligungshöhe in der Regel zu Verfügung.[100] Darüber hinaus können Verträge aller Art mit Geschäftspartnern, Arbeitnehmer, Vermietern, Dienstleistungsunternehmen etc. als Nachweis dienen. Bei nicht mehrheitlich beteiligten inländischen Steuerpflichtigen dürfte diese Nachweisführung schwierig sein.[101]

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Im Ergebnis muss die ausländische Gesellschaft ihrer jeweiligen Funktion entsprechend aufgrund ihrer jeweiligen personellen und sachlichen Ausstattung in der Lage sein, die angestrebte wirtschaftliche Tätigkeit selbstständig zu erfüllen.[102] Wenn die ausländische Gesellschaft – entsprechend der Diktion des EuGH – über die nötige wirtschaftliche Realität im Aufnahmemitgliedstaat verfügt, kommt es nach der Rechtsprechung des EuGH nicht mehr darauf an, ob der Einsatz der Gesellschaft auch steuerlich motiviert sein könnte.[103]

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Es zeigen sich gewisse Parallelen zur Prüfung des Ortes der Geschäftsleitung gem. § 10 AO. Dieses Kriterium dient dazu, nicht auf die formalen Merkmale der Gründung und Registrierung einer Gesellschaft zu blicken, sondern die materiell-wirtschaftliche Leitung der Gesellschaft als Abgrenzungsmerkmal zu verwenden. Die Prüfung des Orts der Geschäftsleitung führt die vom EuGH im Zusammenhang mit der Hinzurechnungsbesteuerung geforderte „wirtschaftliche“ Betrachtungsweise im Kern bereits durch.[104] Folglich sind die vom EuGH im Zusammenhang mit der Hinzurechnungsbesteuerung aufgestellten Kriterien zur wirtschaftlichen Substanz der ausländischen Gesellschaft bereits im Wesentlichen Gegenstand der Prüfung des Orts der Geschäftsleitung.

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