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3. Geldwäscherei
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Geldwäscherei ist ein allgemeinrechtliches strafrechtliches Delikt, das nicht nur von Personen im regulierten Finanzsektor, sondern grundsätzlich von jedermann begangen werden kann. Konkret wird in Art. 305bis StGB jede Handlung unter Strafe gestellt, die geeignet ist, die Ermittlung der Herkunft, die Auffindung und Einziehung von Vermögenswerten zu vereiteln, die aus einem Verbrechen oder einem qualifizierten Steuervergehen herrühren. Indem qualifizierte Steuervergehen, d.h. Steuerbetrug im Umfang von mehr als 300 000 CHF pro Steuerperiode, seit dem 1.1.2016 in den Katalog der relevanten Vortaten aufgenommen wurden, erfuhr der Geldwäschereitatbestand nochmals eine erhebliche Ausweitung.
Typische Geldwäschereihandlungen sind gem. Rechtsprechung z.B. die Überweisung von Geld über die Grenze (weil dann die Fahndbarkeit des Geldes für die Strafverfolgungsbehörden ungeachtet bestehender Rechtshilfeverträge etc. erschwert ist), die Barabhebung verbrecherisch erlangter Geldmittel (weil dann die Fahndbarkeit des Geldes durch Unterbrechen der prüfbaren Papierspur erschwert wird), oder aber die Integration der aus dem Verbrechen herrührenden Vermögenswerte in die legale Wirtschaft, indem man damit Rechnungen bezahlt, Immobilien erwirbt etc. (weil das Geld bei einem gutgläubigen Empfänger, der dafür eine marktkonforme Gegenleistung erbringt, nicht mehr verfallen bzw. konfisziert werden kann). Das Gesagte gilt nicht nur für Vermögenswerte, die aus Verbrechen herrühren, sondern auch für Transaktionen mit legal erlangten Geldmitteln, die z.B. auf einem Bankkonto mit verbrecherischen Vermögenswerten vermischt wurden. Umstritten ist, zu welchen Teilen ein solches Bankkonto damit geldwäschereifähig ist. Je nach Theorie kann die Kontamination legaler Gelder durch verbrecherische Gelder sehr weit gehen und theoretisch ein ganzes Unternehmen komplett infizieren (und damit lahmlegen). Das Problem der Kontamination legal erworbener Gelder ist eines der Hauptprobleme, die für Unternehmen aus dem Geldwäschereitatbestand resultieren, war aber bisher kaum Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen (und wurde soweit ersichtlich höchstrichterlich bis heute nicht geklärt).
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Geldwäscherei begeht auch, wer bloß in Kauf nimmt und sich damit abfindet, dass die Vermögenswerte aus einem Verbrechen (einem mit mehr als drei Jahren Freiheitsstrafe bestraften Delikt) herrühren könnten. Nach (umstrittener) Praxis des Bundesgerichts kann der Vortäter, der das fragliche Verbrechen (die sog. Vortat) begangen hat, sogar sein eigener Geldwäscher sein. Der Strafrahmen beträgt Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe, geht aber in sog. schweren Fällen bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe und (kumulativ) Geldstrafe bis zu 500 Tagessätzen zu max. 300 CHF. Art. 305ter StGB ergänzt diese Regelung durch eine besondere Sorgfaltspflicht für berufsmäßige Vermögensverwalter, welche die Identität der wirtschaftlich Berechtigten nicht sorgfältig überprüfen.
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Geldwäscherei ist auch bei Vortaten (d.h. Verbrechen, die die fraglichen Vermögenswerte erzeugen) im Ausland strafbar, wenn die Vortat sowohl in der Schweiz als auch im Ausland mit Strafe bedroht ist (doppelte Strafbarkeit, wobei es sich nicht unbedingt beiderorts um dasselbe Delikt handeln muss). Dabei werden spezifisch ausländische Merkmale (z.B. Steuerhinterziehung zulasten Deutschlands, hingegen nicht zulasten der Schweiz), die nach Schweizer Strafrecht die Strafbarkeit ausschließen, weggedacht (man tut so, als sei im Ausland eine Steuerhinterziehung zulasten der Schweiz begangen worden), um die doppelte Strafbarkeit möglichst häufig zu bejahen (man spricht von „abstrakter“ doppelter Strafbarkeit). Außerdem wurde der Vortatenkatalog kürzlich durch Aufwertung neuer Delikte zu Verbrechen (darunter insbesondere schwere Steuerhinterziehung) ausgeweitet. Wichtig ist sodann, dass sich ein Unternehmen, in dessen Geschäftsbereich Geld gewaschen wird, ungeachtet der Bestrafung des Individualtäters strafbar machen kann, wenn das Unternehmen über keine hinreichende, risikoadäquate Geldwäschereicompliance verfügt (Art. 102 Abs. 2 StGB). Die erforderlichen Compliancemaßnahmen ergeben sich für den regulierten Finanzsektor im Wesentlichen aus dem Geldwäschereigesetz (siehe unten Rn. 313). Für nicht regulierte Unternehmen ergibt sich die erforderliche Geldwäschereicompliance aus den Compliancemaßnahmen, die zur Vermeidung der für sie betriebsrisikotypischen Vortaten (Bestechung, Insiderhandel, etc.) geboten sind. Ergänzt werden die Geldwäschereibestimmungen des StGB durch Art. 260ter StGB (Strafbarkeit der Beteiligung an einer kriminellen Organisation) und Art. 72 StGB (Einziehung, d.h. strafrechtlicher Verfall, von Geldern des organisierten Verbrechens).
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Das Geldwäschereigesetz (GwG) bildet neben dem allgemeinrechtlichen strafrechtlichen Delikt von Art. 305bis StGB das Rahmengesetz. Anders als Art. 305bis StGB gilt das GwG nur für sogenannte Finanzintermediäre, für welche es besondere Sorgfaltspflichten begründet, die sodann in verschiedenen Verordnungen konkretisiert werden. Im Wesentlichen werden Finanzintermediäre dadurch verpflichtet,
– | ihre Kunden zu kennen und zu identifizieren (know your customer – KYC) sowie den an den fraglichen Vermögenswerten wirtschaftlich Berechtigten zu identifizieren, wenn dieser nicht mit dem Kunden (Vertragspartner der Bank, Versicherung, etc.) übereinstimmt; |
– | ein Risikoprofil des Kunden (und ggf. wirtschaftlich Berechtigten) zu erstellen und bei Transaktionen, die nicht zum Profil passen, Hintergrundabklärungen durchzuführen; |
– | verdächtige (insbesondere kommerziell nicht vernünftig erklärbare, nicht zum Risikoprofil des Kunden passende) Transaktionen bzw. Vermögenswerte, bei denen Verdacht besteht, dass sie aus einem Verbrechen herrühren, der Geldwäschereimeldestelle der Bundespolizei (MROS) zu melden und die Vermögenwerte bei Schweigepflicht gegenüber dem Kunden (und grundsätzlich auch Dritten) zu sperren; |
– | das eigene Unternehmen mittels Geldwäschereifachstelle, internen Weisungen, Ausbildungen und Kontrollmechanismen ausreichend und risikoadäquat zu organisieren. |
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Zentraler Anknüpfungspunkt der durch das GwG begründeten Sorgfaltspflichten ist der Begriff des Finanzintermediärs (Art. 2 Abs. 2 und 3 GwG). Dieser Begriff ist weit gefasst. Finanzintermediäre sind Personen oder Unternehmen, die berufsmäßig Vermögenswerte anderer verwalten oder Zahlungsverkehrsdienstleistungen anbieten. Finanzintermediäre können Banken, Finanzinstitute, Fondsleitungen und Versicherungen, aber auch Anwälte, Treuhänder und Rohstoffhändler sein. Wesentlich ist, dass ein und dieselbe Person oder Unternehmung mit Bezug auf einen bestimmten Transaktionstypus berufsmäßiger Finanzintermediär sein und dem GwG unterstehen kann, während er bei anderen Transaktionsarten eventuell nicht reguliert ist. So muss z.B. eine Bank keine KYC-Dokumentation führen, wenn sie von einem Büromateriallieferanten Papier kauft.
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Die Kontrolle der Einhaltung der Sorgfaltspflichten erfolgt auf drei Arten:
– | durch die FINMA für Bank- und Versicherungsinstitute sowie durch die Eidgenössische Spielbankenkommission für Spielkasinos; |
– | durch Anschluss an eine sog. SRO (Selbstregulierungsorganisation) für die übrigen Finanzintermediäre; in diesem Falle wird der FINMA die Oberaufsicht (über die SRO) übertragen; |
– | durch direkte Unterstellung unter die Aufsicht der FINMA. |
Auch ausländische Unternehmen unterstehen für ihre schweizerischen Niederlassungen der GwG-Regulierung, soweit diese als berufsmäßige Finanzintermediäre tätig sind.
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Das Geldwäschereigesetz und die dazugehörigen Verordnungen wurden per 1.1.2016 totalrevidiert. In der Revision wurde insbesondere der Kreis politisch exponierter Personen stark ausgedehnt.
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Die FINMA hat, als Behörde für die Bekämpfung der Geldwäscherei, die Aufgaben, Wegleitungen und Instruktionen zu erlassen, Selbstregulierungsorganisationen und andere dem Geldwäschereigesetz unterstellte juristische Personen zu kontrollieren und Untersuchungen im Gebiet der Geldwäscherei vorzunehmen oder von Banken oder Versicherungen zu verlangen, sich durch akkreditierte Prüfgesellschaften intern untersuchen zu lassen und das Ergebnis der FINMA offenzulegen.
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Die von der FINMA zugelassenen Selbstregulierungsorganisationen führen bei ihren Mitgliedern Prüfungen durch und bilden deren Geldwäschereibeauftrage regelmäßig aus bzw. –weiter.
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Das MROS nimmt Verdachtsmeldungen der Finanzintermediäre entgegen, analysiert diese und leitet sie an die Strafverfolgungsbehörden weiter, wenn der gemeldete Verdacht nicht von der Hand zu weisen ist. Wenn der meldende Finanzintermediär innert fünf Arbeitstagen keine Anweisungen seitens des MROS oder der Strafverfolgungsbehörden erhält, kann er über die gesperrten Gelder in eigener Verantwortung verfügen.