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3.1 Persönlichkeitsmerkmale
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Das Herzstück einer funktionierenden und wirkungsvollen Compliance-Organisation ist der Compliance Officer.[4] Den Compliance Officer und die Vielzahl von Experten, die ihm im Einzelfall zur Seite stehen, sollte im Idealfall ein Persönlichkeitsprofil[5] auszeichnen, das sich vor allem durch Standfestigkeit, Konfliktfähigkeit, Mut und Vertrauen auszeichnet.[6] Standfestigkeit und Konfliktfähigkeit sind unabdingbar im Dialog sowohl mit der Geschäftsleitung als auch mit den Mitarbeitern. Ein Vorkommnis, das für compliance-relevant erachtet wird, wird in einem Unternehmen stets eine Vielzahl von Meinungen nach sich ziehen, gleichgültig, ob es sich hierbei um eine Durchsuchung von Geschäftsräumen durch die Staatsanwaltschaft wegen Vorwürfen der Steuerhinterziehung oder um eine anonyme Anzeige handelt, dass ein Mitarbeiter während der Arbeitszeit illegale Inhalte im Internet anschaut. Die Belastungen, die derartige Vorkommnisse für einen Compliance-Beauftragten in persönlicher und beruflicher Hinsicht mit sich bringen können, sind nicht zu unterschätzen. Anfeindungen, Mobbing ähnliches Verhalten, aber auch offene Aggression sind keine Seltenheit, so dass die Verantwortlichen im Unternehmen gut beraten sind, eine Persönlichkeit auszuwählen, die derartigen Stimmungen gewachsen ist und die „rote Fahne“ auch dann hisst, wenn dies von einer Mehrheit im Unternehmen oder von einzelnen Entscheidungsträgern nicht gut geheißen wird. Sich nicht von der einmal eingeschlagenen Strategie abbringen zu lassen, konstant in seiner Urteilsfähigkeit zu bleiben und ein verlässlicher Ansprechpartner für alle Beteiligten zu sein, kann sehr viel Mut und Durchsetzungskraft erfordern, vor allem dann, wenn die Unternehmensleitung nicht kontinuierlich die erforderliche Unterstützung leistet.
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Eine weitere wichtige Eigenschaft des Compliance-Beauftragten sollte die Fähigkeit sein, Risiken antizipieren und realistisch einschätzen zu können. Dies bedeutet, dass der Compliance-Verantwortliche in der Lage sein muss, neben dem erforderlichen rechtlichen und unternehmerischen Sachverstand die Vorstellungskraft zu besitzen, aufgrund der bestehenden Geschäftsbereiche sowohl kurzfristige als auch langfristige Risikoentwicklungen zu erkennen und zu werten. Er muss also bspw. in der Lage sein, die Frage zu stellen „Könnte Geldwäsche für uns ein Problem sein?“, auch wenn es sich bei dem betroffenen Geschäftsbereich nicht klassischerweise um ein von Geldwäsche bedrohtes Segment handelt. Eine gewisse Weitsicht auch außerhalb der eingefahrenen Denkmuster trägt oft mehr zu einer wirkungsvollen Compliance bei als jegliche Wiederholung jahrelanger Strukturen.
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Die Möglichkeit, Risiken möglichst frühzeitig wahrzunehmen, besteht aber nur dann, wenn der Compliance-Beauftragte und sein Team möglichst frühzeitig in Unternehmensprozesse und Risikobewertungen einbezogen werden. Es sollte deshalb von der Compliance-Abteilung stets darauf gedrungen werden, von der Geschäftsleitung und allen relevanten Abteilungen im Unternehmen von Anfang an in strategische Überlegungen einbezogen werden.[7] Nur dann kann sichergestellt werden, dass eine vernünftige Einschätzung möglicher Risiken auch von Compliance-Seite möglich ist.[8]
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Dass die Person, die entweder als Einzelkämpfer oder als Vorgesetzter einer Abteilung, die für die Einhaltung von Gesetzen, Regelungen und internen Richtlinien verantwortlich zeichnet, hinsichtlich ihrer Integrität über alle Zweifel erhaben sein muss, dürfte selbstverständlich sein. Jegliches bewusste Fehlverhalten muss absolut tabu sein, da dadurch die Glaubwürdigkeit des unternehmensinternen Compliance-Konzepts und der allumfassenden Compliance-Kultur in Gefahr kommt. Der Compliance-Beauftragte sollte sich deshalb nicht scheuen, für sich und seine Mitarbeiter Spezialbefugnisse einzufordern, wenn diese erforderlich sind, um die Tätigkeit effektiv ausüben zu können.
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Ebenso bedeutsam ist die Neutralität des Compliance-Beauftragten in allen unternehmensrelevanten Zusammenhängen. Der Compliance-Verantwortliche muss bei seiner Tätigkeit ausschließlich das Interesse des Gesamtunternehmens im Blick haben, er darf keine eigenen oder Bereichsinteressen vertreten. Allerdings ist der Compliance-Verantwortliche stets in Gefahr, zum Spielball von Unternehmensinteressen zu werden und sollte sich deshalb stets bemühen, seine Neutralität und Unabhängigkeit zu bewahren. Auf persönliche Meinungsäußerungen, die möglicherweise Rückschlüsse auf eine subjektive Haltung oder Voreingenommenheit zulassen könnten, ist tunlichst zu verzichten. Dies gilt für allgemeine weltanschauliche, politische oder gesellschaftliche Themen ebenso wie für unternehmensinterne Vorgänge.
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Einen Teil, wenn nicht einen Großteil seiner Zeit wird der Compliance-Verantwortliche, zumal, wenn er als Einzelkämpfer agiert, damit verbringen, Konfliktmanagement im weitesten Sinne zu betreiben, d.h. sich anbahnende Konflikte möglichst zu vermeiden, bereits entstandene Konflikte zu entschärfen und bestehende Konfliktursachen dauerhaft zu beseitigen. Diese Aufgaben ergeben sich zum einen objektiv aus der Stellung von Compliance als Instrument der Führungskontrolle,[9] zum anderen, auf der subjektiven Ebene, aus der Stellung des Compliance-Beauftragten als Vertrauensperson. Die Tatsache, dass der Compliance-Beauftragte aus dieser Vertrauensstellung heraus häufig mit Konfliktsituationen konfrontiert wird, führt häufig dazu, dass er als Konfliktmanager oder auch Mediator tätig werden muss. Selten wird sich eine compliance-relevante Situation als eindeutig erweisen; vielmehr wird in der Regel Aussage gegen Aussage stehen und eines Vermittlers bedürfen, der entschärft, gemeinsam mit den Parteien nach Lösungen sucht oder auch, als ultima ratio, die Eskalation nicht scheut.