Читать книгу Compliance - Markus Böttcher - Страница 37

1.2 Folgerungen für die Compliance-Organisation

Оглавление

7

Die organschaftliche Legalitätspflicht ist mithin die Quelle gesellschaftsrechtlich fundierter Compliance-Organisationspflichten. Daraus folgt unmittelbar, dass sich nur Organisationspflichten im Hinblick auf rechtmäßiges Verhalten, nicht aber weitergehende Anforderungen an „ethisches“ oder „moralisches“ Verhalten ergeben können. Dies ist deshalb wichtig, weil in der internationalen Unternehmenspraxis, insbesondere beeinflusst durch amerikanische Vorbilder, der Brauch um sich greift, das Verhalten von Mitarbeitern durch umfassende „Codes of Ethics“ zu reglementieren.[8] Dass es dabei zu Missbräuchen und Auswüchsen kommen kann, die letztlich sogar mit verfassungsrechtlichen Garantien, insbesondere mit dem Persönlichkeitsrecht von Mitarbeitern kollidieren können, ist mittlerweile aus der Praxis hinlänglich bekannt. Einschlägiges Negativbeispiel ist der Kodex des U.S.-amerikanischen Einzelhandelskonzerns Walmart, der Liebesbeziehungen zwischen Mitarbeitern verbieten wollte.[9] In dieselbe Kategorie fällt der vor einiger Zeit bekannt gewordene Fall des Logistikunternehmens UPS, das männlichen Mitarbeitern das Tragen von Vollbärten untersagte.[10] In diesem Zusammenhang ist auf eines ganz klar hinzuweisen: (Pseudo-)ethische Vorschriften dieser Art müssen von Rechts wegen nicht sein; entscheidet sich ein Unternehmen gleichwohl dafür, erfolgt dies auf freiwilliger Basis.

8

Eine zweite Folgerung ergibt sich aus dem weiten Organisationsermessen, das dem Geschäftsleiter grundsätzlich zusteht. Nicht jeder Compliance-Verstoß, der in Unternehmen geschieht, ist zugleich ein Indiz oder gar ein Beweis für das Fehlen einer hinreichenden Compliance-Organisation.[11] Im Gegenteil: Ein Pflichtenverstoß im Hinblick auf die organisierte Rechtschaffenheit des Unternehmens kann nur dann vorliegen, wenn eine Compliance-Organisation vollständig fehlt oder die vorhandene Organisation evident unangemessen ist. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn Compliance vollständig auf nachgeordnete Ebenen delegiert wird und keinerlei Restverantwortung für Compliance innerhalb der Geschäftsleitung verbleibt. Es ist also zumindest erforderlich, dass eine direkte, möglichst kurze Berichtslinie von dem Compliance-Verantwortlichen (Chief Compliance Officer) zu einem Mitglied der Geschäftsleitung existiert. Ein organschaftlicher Pflichtenverstoß ist ferner denkbar, wenn die Compliance-Organisation die wesentlichen Compliance-Risiken des Unternehmens nicht abdeckt. Tätigt das Unternehmen bspw. erhebliche Umsätze mit staatseigenen Unternehmen in Ländern, die für Korruption bekannt sind, werden organisatorische Maßnahmen zur Vermeidung von Korruptionsdelikten zur Pflicht.[12] Fertigt ein Unternehmen Produkte, die beim Auftreten von Produktfehlern Gefahren für Leib und Leben der Kunden bergen können, sind – unabhängig von spezialgesetzlichen Pflichten – organisatorische Maßnahmen zur Sicherstellung der Produktsicherheit unabdingbar.

9

Schließlich kann ein organschaftlicher Pflichtenverstoß vorliegen, wenn die Ausstattung der Compliance-Organisation evident ungenügend ist. Ein einzelner Compliance-Beauftragter kann bspw. nicht für die Rechtschaffenheit eines weit verzweigten, international tätigen Konzerns sorgen.

10

Liegt ein organschaftlicher Pflichtenverstoß vor, kann dies für den pflichtwidrig handelnden Geschäftsleiter zum Widerruf seiner Organbestellung, zur Kündigung seines Dienstvertrages und zur Haftung auf Schadensersatz führen.[13]

Compliance

Подняться наверх