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1.4 Rechtsformspezifische Besonderheiten
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Besonderheiten für die Ausgestaltung der Compliance-Organsiation können sich aus der Rechtsform und der Konzernstruktur eines Unternehmens bzw. Unternehmensverbundes ergeben. Die strengsten Anforderungen gelten in der Aktiengesellschaft. Dort sind die Vorstandsmitglieder zur eigenverantwortlichen Leitung der Gesellschaft verpflichtet (§ 76 Abs. 1 AktG). Sie unterliegen im Grundsatz nicht den Weisungen der Gesellschafter (Aktionäre) oder des Aufsichtsrates. Korrelat dieser Freiheit ist die besondere Verantwortung für die Sicherstellung der Rechtschaffenheit im Unternehmen.[22] Die Pflicht zur Einrichtung eines Überwachungssystems für bestandsgefährdende Entwicklungen, § 91 Abs. 2 AktG, normiert nur einen engen Ausschnitt hinsichtlich der diesbezüglichen Organisationspflichten des Vorstands einer Aktiengesellschaft.[23] Im Gegensatz zum Verständnis der Betriebswirtschaftslehre und Prüfungspraxis umfasst § 91 Abs. 2 AktG nach der herrschenden gesellschaftsrechtlichen Auffassung gerade nicht den Aufbau eines umfassenden Risikomanagementsystems.[24]
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Im Vertragskonzern bezieht sich diese Verantwortung ohne Weiteres auch auf die Tochterunternehmen. Die konzernrechtlichen Instrumentarien, insbesondere das Weisungsrecht gegenüber der Geschäftsleitung eines konzernierten Tochterunternehmens erleichtern einerseits eine konzernweite durchgehende Compliance-Organisation. Sie führen andererseits dazu, dass diese konzernrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten auch genutzt werden müssen, um eine möglichst effiziente Compliance-Organisation auf die Beine zu stellen.[25]
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Im faktischen Konzern besteht, falls die beherrschte Gesellschaft in der Rechtsform der Aktiengesellschaft existiert, ein solches Weisungsrecht nicht. Dort ist aber immerhin eine faktische Möglichkeit der Einflussnahme regelmäßig gegeben. Diese Einflussmöglichkeit ist auch zu nutzen, um die organisierte Rechtschaffenheit der beherrschten Tochterunternehmen sicherzustellen. Zumindest insoweit dürfte eine gewisse Konzernleitungspflicht heute anzuerkennen sein.[26]
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Häufig werden dieser Betrachtungsweise in der Praxis die Haftungsrisiken entgegengehalten, die bei Einflussnahmen im faktischen Konzern bestehen (§§ 311, 317 AktG). Dabei handelt es sich um eine Scheindiskussion. Denn Voraussetzung für eine Haftung des herrschenden Unternehmens ist, dass sich die Einflussnahme nachteilig auf das beherrschte Unternehmen auswirkt. Weshalb und unter welchen Umständen es für ein beherrschtes Unternehmen nachteilig sein soll, wenn das herrschende Unternehmen organisatorische Maßnahmen ergreift, um die Rechtschaffenheit im Handeln des Tochterunternehmens, ihrer Organmitglieder und Mitarbeiter herzustellen, lässt sich jedenfalls im Grundsatz nicht erkennen.
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Bei der GmbH gelten im Ansatz vergleichbare Grundsätze wie in der Aktiengesellschaft. Die Geschäftsleiterverantwortung ist dort insoweit abgemildert, als eine (wirksame und rechtmäßige) Weisung der Gesellschafter zur Enthaftung der Geschäftsführung führt.[27] Gleichwohl tut auch ein Unternehmen in der Rechtsform der GmbH gut daran, eine Compliance-Organisation einzurichten, die der nationalen und internationalen Verkehrssitte (best practice) entspricht. Die Pflicht zur Einrichtung eines Risikomanagementsystems i.S.d. § 91 Abs. 2 AktG gilt (analog) auch für die GmbH.[28]