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»Nasologie

Als die Mitglieder des WSG Quintetts auf mich zukamen, um mich nach einem Clownskurs zu fragen, der der Gruppenbildung und der Einstimmung auf die gemeinsame Reise dienen sollte, da hatten sie schon allerbeste Clownsqualitäten bewiesen:

den Mut, ins Ungewisse aufzubrechen;

die Hartnäckigkeit, den auftretenden Schwierigkeiten mit Fantasie und schöpferischem Humor zu begegnen;

die Zielstrebigkeit, die schier nicht enden wollenden Planungsaufgaben zu verfolgen;

die Respektlosigkeit, sich nicht von »Rang und Namen« einschüchtern zu lassen;

die Freude daran, eigene Potenziale zu entdecken und die Lebenszeit zu nutzen.

Wenn ich Clownsspiel unterrichte, dann fange ich mit dem »basalen Menschen« an zu arbeiten. Dieser basale Mensch äußert seine Empfindungen direkt, körperlich, mimisch, lautlich, »einsilbig« (hier in der Bedeutung von »nicht wortreich«).

Die erste Regel stellt sofort sämtliche Gewohnheiten auf den Kopf: Der Clown sagt strahlend, laut und vernehmlich Ja zu sich selber, zum Da-Sein auf der Bühne und zu allem, was ihm begegnet. Dieses Ja schließt auch Spielvorschläge in Improvisationen mit ein.

Die Rolle, die ich einnehme, ist die eines Chef-Clowns, der laute, paradoxe und anarchische Anweisungen gibt und, Äußerungen imitierend, wie ein Spiegel funktioniert. Dabei setze ich mich genauso der Lächerlichkeit aus, wie jede/r Mitwirkende es im Laufe der Zeit tut. Ohne größere Vorträge gelingt es auf diese Weise, im gemeinsamen Spiel Prinzipien zu verdeutlichen und Prozesse voranzutreiben: Mit Einzelnen, um die individuellen Clowns-Charaktere zu entwickeln, in der Gruppe, um szenisch-musikalische Ergebnisse zu erzielen.

Ein kleiner Katalog von Übfeldern:

Einsatz der kleinsten Maske der Welt, der roten Nase;

zu führen und zu folgen;

impulsiv empathisch zu »spiegeln«, d.h. Gesehenes und Gehörtes unkommentiert zu wiederholen;

die Augen maximal zu öffnen, um das Staunen zu befördern;

große Emotionen nicht zu scheuen;

körperlich »auf Trab« zu kommen;

in starken Konfrontationen zu bestehen (»Ja!« versus »Nein!«);

Lächerlichkeit und Scheitern nicht zu fürchten;

selber nicht zu lachen;

»Niveau« (Lautstärke und Präsenz) zu halten;

keine Selbstzensur zu üben.

Im Verlauf von fünf Arbeitstagen entstand mit dem WSG-Ensemble ein kleiner Parcours von Straßentheater-tauglichen Mikro-Szenen, bei denen die instrumentalen, sängerischen und circensischen Fähigkeiten der Gruppe zum Einsatz kamen und welcher die chorische Rezitation von Bertolt Brechts Gedicht »So bildet sich der Mensch« beinhaltete.

Es war ein riesengroßes, ungewöhnliches Vergnügen, mit diesen jungen Menschen zu arbeiten! Sollten neue WSG-Ensembles Clowns-Betreuung suchen: Ich bin jederzeit bereit, wieder Ja! zu sagen.

Christiane Zanger

WanderStudiumGenerale

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