Читать книгу Mut zum Genuss - Marlies Gruber - Страница 6
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EINLEITUNG ODER:
WARUM MUTIG SEIN?
ОглавлениеIch könnte kurz antworten: Weil viele Angst haben.
Angst vor dem zu dick werden, vor Pestiziden, vor Zusatzstoffen, vor zu viel Technologie, vor Unverträglichkeiten, vor Krankheiten, vor Täuschung … Angst davor, etwas falsch zu machen, Grenzen zu überschreiten, sich gehen zu lassen. Dass grundsätzlich Angst mitschwingt, liegt in der Natur der Sache: Evolutionär geht es um die Urangst, vergiftet zu werden. Heute dagegen werden in vielen Schattierungen Ängste vor dem Essen geschürt. Auf Angst gründet auch ein verkrampfter, unentspannter Umgang. Dabei kann Essen und Trinken wie ein herrliches Panorama zu absoluten Höhenflügen verleiten. Man muss sich nur trauen. Jemand, der an Höhenangst leidet und dennoch über schmale Grate einen Berggipfel erreicht, wird mit Glücksgefühlen belohnt. Ängste zu überwinden macht frei. Wer sie verdrängt, verstärkt sie nur. Wer sie nicht kennt, vermeidet oder verleugnet, dem fehlt das Selbstvertrauen zum Mutigsein. Denn Mut gibt es nur im Bewusstsein der Angst.
Mut zum Genuss ist deswegen gefordert, weil sich eine Verbots- und Verzichtskultur beginnt auszubreiten. Nicht mehr rauchen, Wein und Bier alkoholfrei trinken, fettarm essen. Sich Restriktionen unterzuordnen mag für manche der rechte Weg sein. Doch sich zu fügen bedeutet immer, einen Kompromiss einzugehen. Ein Kompromiss: wofür? Die Einen ha ben Angst vor Erkrankung, die Anderen bangen vor sozialer Ausgrenzung. Natürlich macht krank sein ebenso wenig froh, wie nicht dazuzugehören. Doch abgeschliffen, eingepasst, ordentlich und kontrolliert – fremdbestimmt zu leben, widerspricht gänzlich einem guten Leben. Uns von äußeren Begrenzungen zu lösen, Widerstände zu überwinden, kostet Kraft und ist mit Aufwand verbunden. Doch das macht innere Freiheit aus, selbstbestimmt zu entscheiden, was für einen gut ist und was glücklich macht. Mutig ist, Ängste nicht abzulehnen, sondern sie einzubeziehen. Sich nicht für das Eine oder das Andere zu entscheiden, sondern den richtigen Ausgleich zu finden.