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4. Kapitel
ОглавлениеEine Woche später stechen wir in See und halten einen nordwestlichen Kurs auf die Kokosinseln. Wir haben uns mit ausreichend Proviant eingedeckt, und die Wasser- und Dieseltanks sind bis zum Rand voll. Das Wetter ist wunderbar, es ist wolkenlos, die Sonne scheint und wir haben ausreichend Wind. Unsere Stimmung ist sehr gut, weil endlich mehr Dynamik in unser Leben eintritt. In Port Hedland war es ganz schön, aber es ist einfach zu langweilig und provinziell. Wir sind Städter, die mehr Außenreize brauchen und in der Provinz verkümmern würden. Übrigens habe ich vor ein paar Tagen den alten „Kingswood“ in Port Hedland für hundert australische Dollar verkauft.
Die Jacht läuft gut durch das Wasser, weil ich letzte Woche mittels Schnorchel und Taucherbrille die Algen am Rumpf entfernt habe. Nach kurzer Zeit verschwindet Port Hedland hinterm Horizont, weil wir eine richtig gute Geschwindigkeit schaffen.
Bis zu den Kokosinseln sind es ungefähr 2.800 Kilometer, sodass wir ungefähr vier Wochen für diese Strecke benötigen werden. Es gibt unterwegs keine weitere Insel, das heißt, dass wir mit unseren Vorräten bis zu den Kokosinseln auskommen müssen. Diese Tropeninseln sind bewohnt und ermöglichen uns, eine längere Erholungspause einzulegen.
Lisa beschäftigt sich viele Stunden am Tag mit Maria und ist dabei sehr mütterlich. Es ist gut, dass sie so viel Zeit für das Kind hat. Andere Mütter, die permanent beruflich im Stress sind, können sich nur sehr eingeschränkt um ihre Kinder kümmern. Dies hat fatale Folgen für die Kinder und später können die Lehrer in der Schule die Defizite nicht mehr ausgleichen.
Tisza liegt auf dem Vorderdeck und schläft. Da ihre Hüften mittlerweile etwas steif sind, wird sie die Tage mit weitläufigen Spaziergängen kaum vermissen. Nur das Kacken ist vermutlich ein Problem, weil sie dafür eine schöne Wiese bevorzugt.
„Alles klar?“, frage ich Lisa.
„Alles klar!“
„Dann ist ja alles gut. Ich freue mich, dass ich jetzt mehr gefordert werde.“
„Ich weiß, du brauchst immer ein bisschen Action!“
„Der Gedanke, in Port Hedland zu versauern, ist für mich furchtbar“, erkläre ich.
„Ja, aber trotzdem gehen wir ein Wagnis ein!“
„Das ganze Leben ist ein Wagnis!“, sage ich.
„Ja, ich erinnere mich, dass du mal gesagt hast, auch in Berlin können wir einen Dachziegel auf den Kopf bekommen!“
„Das stimmt. Oder du gehst über die Straße und ein Auto fährt dich platt oder du wirst von deinem eigenen Partner umgebracht“, sage ich amüsiert.
„Hör auf, so schreckliche Dinge zu erzählen!“
„Ja, ich höre sofort auf. Uns wird ganz sicher nichts passieren, weil wir die kleine Maria dabei haben.“.
„Okay!“
Der Wind frischt etwas auf, sodass wir mehr Fahrt machen und unser Tagespensum gut schaffen werden. Es befinden sich aber keine verdächtigen Wolken am Himmel, die auf einen Sturm hinweisen. Die Lufttemperatur ist sehr hoch, weil wir uns immer weiter dem Äquator nähern. Allerdings liegen die Kokosinseln noch südlich davon.
Am Abend stelle ich die Segelautomatik ein, weil der Wind etwas nachgelassen hat. Es sind keine anderen Schiffe zu sehen, sodass keine Kollision zu befürchten ist. Allerdings müssen wir auch hier immer wachsam sein, denn unsere Jacht würde bei einem Zusammenstoß mit einem anderen Schiff sehr schlecht aussehen.
Lisa brät ein Nudelgericht in der Pfanne und der leckere Duft zieht in meine Nase. Ich öffne ein kaltes Foster-Bier und bin froh, dass wir jetzt auf dem kürzesten Weg Richtung Heimat segeln. Als ich im Kurzwellenradio einen deutschen Sender suche, finde ich den seriösen Deutschlandfunk, der jetzt von Mallorca aus ausgestrahlt wird.
Die neusten Nachrichten sagen, dass der Krieg der Religionen mit voller Heftigkeit weiterläuft. Die Amerikaner haben mittlerweile ungefähr neunzig Prozent der Ölfelder in den Golfländern besetzt. Die arabischen Länder haben weiterhin keine militärischen Erfolge und ziehen sich weit in die Wüste zurück. Die Araber haben fürchterliche Anschläge in den NATO-Ländern außer Deutschland angekündigt. In Deutschland sind solche Anschläge natürlich sinnlos, weil dort sowieso schon alles radioaktiv kontaminiert ist. Im Seegebiet im Persischen Golf und vor der somalischen Küste haben Seeschlachten zwischen den NATO-Kriegsschiffen und arabischen Schiffen stattgefunden, die aber die Araber verloren haben.
Somit haben wir später freie Fahrt und müssen nicht mit den Arabern rechnen. Auch die somalischen Piraten werden sich mittlerweile verkrümelt haben, sodass wir auch von dieser Seite nichts zu befürchten haben. Unsere Jacht hat eine deutsche Fahne, sodass die NATO-Schiffe uns sicherlich erkennen und passieren lassen werden. Ich werde aber trotzdem Abstand von allen Kriegsschiffen halten. Sicher ist sicher!
Als Lisa mit dem Essen fertig ist, schalte ich das Radio wieder aus. Lisa hat wieder einmal toll gekocht. Zur Feier des Tages öffne ich zum Essen einen australischen Wein. Lisa und ich prosten uns zu und die Gläser klingen dabei. Noch ist alles sehr gemütlich, weil ruhige See ist.
Auch Tisza bekommt ihr Abendessen, allerdings muss ich ihr wieder beibringen, ihr Geschäft auf dem Vorderdeck zu verrichten. Dies ist gar nicht so einfach, weil sie es mittlerweile schlicht vergessen hat. Ich will hier nicht genauer beschreiben, wie ich es geschafft habe.
Nachdem Maria im Bett ist, sitzen wir noch sehr lange an Deck. Dann geht Lisa in die Koje, während ich weiter an Deck bleibe, um auf mögliche Schiffe zu achten. Die Segelautomatik lasse ich heute Nacht aktiv, weil wir nur sehr geringen Wind haben. Um Mitternacht gehe ich auch in die Koje, da hier absolut keine Schiffe unterwegs sind.
Als ich in die Koje krieche, schläft Lisa bereits tief und fest. Ich gebe ihr noch einen Kuss und versuche einzuschlafen, aber es gelingt mir nicht, weil ich etwas angespannt bin. Nach einigen Minuten stehe ich noch einmal auf und schaue, ob auch wirklich keine anderen Schiffe in der Nähe sind. Weil keine Boote zu sehen sind, krabble ich erneut zu Lisa in die Koje und schlüpfe unter die Decke. Tisza legt sich an meine Füße.