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1.4 Ergebnissicherung und Ausblick

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Der Herrschaftsauftrag in Gen 1,28 bildet nach wie vor eine neuralgische Stelle im Verständnis der Mensch-Tier-Beziehung. Dieser Vers ist und bleibt ambivalent, weil er nämlich eine bleibend ambivalente Erfahrung des Menschen reflektiert: dass er als einziges Lebewesen konkret die reflektierte Möglichkeit bzw. die Freiheit hat, sich der Umwelt und den Tieren gegenüber entweder bewusst lebensdienlich oder aber zerstörerisch zu verhalten. Zugleich birgt der Schöpfungsbericht – besonders die Perikope der Erschaffung der Tiere und der Menschen sowie der Herrschaftsauftrag – ein intuitives Wissen darum, dass die Menschen diese Möglichkeit nicht despotisch missbrauchen dürfen. Vielmehr erfahren sie sich in die Pflicht genommen, die Welt als Lebensraum für alle Lebewesen zu wahren. Aus dem Eigenwert aller Geschöpfe ergibt sich ein fundamentales Lebensrecht, aus der Verletzbarkeit das Recht, dass ihnen nicht Wunden oder Schmerzen zugefügt werden. Weil die Menschen darum wissen, werden diese Rechte für sie auch zur Pflicht. Darin erkennt der biblische Autor gleichsam einen göttlichen Auftrag, der den Menschen vorgegeben ist und den sie sich nicht selbst gegeben haben. Zugleich ist es eine Erfahrung von Menschen zu jeder Zeit und an jedem Ort, dass sie sich in gestörten Beziehungen vorfinden – sowohl untereinander als auch zu den Tieren und der Umwelt. Dass Adam den Ackerboden im Schweiße des Angesichts bebauen und unter Mühsal von ihm essen muss (vgl. Gen 3,17–19), wird ebenso als Folge der Sünde angesehen wie die Tatsache, dass auf allen Tieren Furcht und Schrecken vor den Menschen liegen (vgl. Gen 9,2). Der Segensspruch, den Gott nach der Sintflut zu Noah und seinen Söhnen spricht, ist in dieser Hinsicht unmissverständlich: Der Fruchtbarkeits- und Prokreationssegen sowie der Auftrag, die Erde zu bevölkern, werden wiederholt, der Herrschaftsauftrag allerdings weicht der nüchternen Warnung, dass die Tiere den Menschen fürchten sollen, denn ihm sind sie ausgeliefert:

„Und Gott segnete Noah und seine Söhne und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und vermehrt euch und füllt die Erde! Und Furcht und Schrecken vor euch sei auf allen Tieren der Erde und auf allen Vögeln des Himmels! Mit allem, was sich auf dem Erdboden regt, mit allen Fischen des Meeres sind sie in eure Hände gegeben.“ (Gen 9,1–2)

Dieser Vers klingt nüchtern. Spiegelt sich in ihm die bittere Einsicht wider, dass der Mensch seiner ihm anvertrauten Aufgabe nicht nachgekommen ist? Die Freiheit, dem Leben zu dienen und es zu fördern – und zwar im Namen Gottes – oder es zu zerstören, hat er missbraucht. Deshalb macht sich Gott selbst zum Garanten für das Leben der Menschen und der Tiere. In den Bund, den er mit Noah und seinen Söhnen schließt, sind die Tiere ausdrücklich eingebunden:

„Und ich, siehe, ich richte meinen Bund mit euch auf und mit euren Nachkommen nach euch und mit jedem lebenden Wesen, das bei euch ist, an Vögeln, an Vieh und an allen Tieren der Erde bei euch, von allem, was aus der Arche gegangen ist, von allen Tieren der Erde. Ich richte meinen Bund mit euch auf, dass nie mehr alles Fleisch ausgerottet werden soll durch das Wasser der Flut, und nie mehr soll es eine Flut geben, die Erde zu vernichten.“ (Gen 9,8–11)

Im Noahbund wird über die geschöpfliche Schicksalsgemeinschaft zwischen Tieren und Menschen hinausgehend auch eine heilsgeschichtliche Verbundenheit begründet. Die Tiere sind in den Bund Gottes mit den Menschen und damit auch in die Heilszusage hineingenommen. An dieser Stelle soll noch daran erinnert werden, dass auch der Apostel Paulus davon überzeugt ist, dass den Tieren und der gesamten außermenschlichen Schöpfung Hoffnung auf Heil zugesagt ist:

„Denn das sehnsüchtige Harren der Schöpfung wartet auf die Offenbarung der Söhne Gottes. Denn die Schöpfung ist der Nichtigkeit unterworfen worden – nicht freiwillig, sondern durch den, der sie unterworfen hat – auf Hoffnung hin, dass auch selbst die Schöpfung von der Knechtschaft der Vergänglichkeit frei gemacht werden wird zur Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes. Denn wir wissen, dass die ganze Schöpfung zusammen seufzt und zusammen in Geburtswehen liegt bis jetzt.“ (Röm 8,19–22)

Wer sind diese „Söhne Gottes“, auf deren Offenbarung die außermenschliche Schöpfung innigst wartet? Ist es der von der Sünde erlöste Mensch, der endlich jener Aufgabe gerecht wird, die Gott ihm als seinem Statthalter in der Schöpfung zugedacht (Gen 1,26) und aufgetragen hat (V 28)?

Jedenfalls soll am Schluss dieses Kapitels ein Zweifaches festgehalten werden.

Erstens: Die Vorrangstellung des Menschen gegenüber den Tieren, die im Letzten durch seine Moralfähigkeit bzw. – als Voraussetzung dafür – durch seine Vernunftbegabung und Freiheit begründet ist, rechtfertigt in keiner Weise einen willkürlichen Umgang mit den Tieren, sondern – ganz im Gegenteil – sie nimmt den Menschen in die Pflicht, Leben zu erhalten und zu fördern bzw. Leid zu verhindern und Leben nicht zu vernichten. In diesem Sinne betont Papst Franziskus, dass von uns Menschen ein respektvoller Einsatz gegenüber der Welt zu verlangen ist, weil man zugleich seine besonderen Fähigkeiten der Erkenntnis, des Willens, der Freiheit und der Verantwortlichkeit anerkennt und zur Geltung bringt.61 Alles andere würde einen falschen Anthropozentrismus bedeuten, den beispielsweise Papst Franziskus als „fehlgeleitet“ und „despotisch“ anprangert und ablehnt:62 „Wenn der Mensch sich selbst ins Zentrum stellt, gibt er am Ende seinen durch die Umstände bedingten Vorteilen absoluten Vorrang, und alles Übrige wird relativ.“63

Zweitens: Die Tiere von der Heilsgeschichte auszuschließen und sie damit gleichsam aus dem Heilsplan Gottes herausfallen zu lassen, widerspricht der biblischen Sicht von Schöpfung und dem biblischen Blick auf die Tiere. Das hat weitreichende Konsequenzen bis hin zur Frage, ob denn dann auch den Tieren so etwas wie eine ewige Vollendung oder ein Weiterleben nach dem Tod zuerkannt werden muss, vereinfacht gefragt, ob Tiere auch „in den Himmel kommen“. Auf diese Frage wird weiter unten noch näher eingegangen werden.64

Im folgenden Kapitel wird eine andere grundsätzliche Frage vertieft werden, die sich angesichts der vielfachen Formen von Leid und Übel stellt, denen wir in der Natur begegnen und die nicht vom Menschen zu verantworten sind. Denken wir nur an das bereits erwähnte „Gesetz“ des Fressens und Gefressenwerdens, an das evolutionsbiologische Prinzip der Elimination von schwachen Individuen oder an jenes des Überlebens der am besten angepassten Individuen. Kann die Schöpfung angesichts dieser Tatsachen als gut angesehen werden? Und überhaupt: Lässt sich das christliche Schöpfungsverständnis, das den bisherigen Ausführungen zugrunde liegt, mit den heutigen Erkenntnissen der Evolutionsbiologie in Einklang bringen? Oder stellt es nicht vielmehr ein Relikt eines archaischen und mythischen Versuchs einer Erklärung der Welt dar, auf die wir heute nicht mehr angewiesen sind und die wir überwinden sollten?

Der Mensch und das liebe Vieh

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