Читать книгу Tatort Bodensee: Der Fall Winterbergs - Martin Oesch - Страница 23
Monika stößt wen von der Bettkante
ОглавлениеFür mich als Haushälterin ist es erstaunlich, wie sich die Energie im Haus geändert hat, seit Herr Winterberg weggesperrt ist. Es fühlt sich an, als ob es hier ein Vakuum gäbe, das niemand füllen kann. Sie müssen wissen, seine Präsenz dominiert einen Raum. Er ist groß, das haben Sie ja selber gesehen, aber ich sage Ihnen: Sein Ego übersteigt seine Körpergröße noch bei Weitem. Fragen Sie mal seine Kinder. Und dem schönen Geschlecht war er nie abgeneigt. Seine Frauen, ich mein die, mit denen er verheiratet war, die arrangierten sich und schauten weg, wenn Sie wissen, was ich meine. Das bleibt jetzt aber unter uns! Nicht dass Sie denken, ich wäre so ein Tratschweib, gell!
Die Frau Winterberg, also die jetzige, die neue, versucht zwar, so gut es geht, den Schein zu wahren. Sie spielt Alltag wie immer. Aber mich führt sie nicht an der Nase rum. Die ist doch total verunsichert. Wenn Sie mich fragen, zweifelt die nämlich auch an Roberts Unschuld. Darf sich das aber nicht anmerken lassen. Eine Frau Winterberg lässt sich nie etwas anmerken. Schon gar keine Zweifel. Ich sag’s Ihnen, wie’s ist: Ein Wunder ist’s! Ein Wunder, dass das alles so lange gut ging. Der Winterberg und seine Weibergeschichten. Was ich da alles gesehen und gehört hab in all den Jahrzehnten. Das geht auf keine Kuhhaut. Keiner Versuchung konnte der widerstehen, nicht einer! Und die Frauen? Ja, ich hab da so meine Theorie: Geld und Macht scheinen immer noch eine fatale Wirkung zu haben, das lähmt den präfrontalen Cortex, wo die Vernunft hocken tät, wenn sie denn zu Hause wäre. Und so kommt das eine zum anderen, wenn Sie wissen, was ich meine.
Schauen Sie: Ich habe mir nie viel aus Männern gemacht. Damals beim Maibaum in Altötting, da wo ich herkomm’, das habe ich ja schon erzählt, gell. Da habe ich früher schon bemerkt, wie die sich um mich bemühen, die jungen Burschen. Ich sag jetzt nicht, dass ich eine alte Jungfer bin, aber ich war schon immer sehr wählerisch. Darf ich offen reden? Ich find ihn halt einfach nicht so schön: den Mann an und für sich und sein Drumherum. Da kratzt und schabt er, und dann ist er zudringlich und dafür meist zu schwer. Mir war das immer eher unangenehm. Heut’ noch mehr als damals. Soweit ich mich erinnere. Ich habe das Thema abgeschlossen. Also die Sache mit den Männern.
Meinen Sie, ich habe nicht gemerkt, wie sich der Winterberg damals an mich rangemacht hat? Natürlich habe ich das gemerkt. Da kommt die Frau Winterberg zweimal hintereinander nieder, da war dann halt zweimal einige Wochen Pause. Also zwischen den beiden. Da tut sich der Winterberg natürlich schwer damit: sein Verlangen im Hosenstall zu halten. Da war er bei mir aber an der falschen Adresse, das sag ich Ihnen. Nicht, dass ich mal hätte Nein sagen müssen, so weit kam’s zum Glück nicht. Aber eine sensible Frau wie ich spürt auch schon Vorstufen dazu. Und das war schwierig genug. Der Winterberg war also der letzte Mann, den ich sozusagen von der Bettkante gestoßen habe. Aber es gibt ja auch andere Wege, glücklich zu sein. So emotional, im weitesten Sinne, wenn Sie wissen, was ich meine. Gell, das haben Sie schon vermutet! Selbst ist die Frau.