Читать книгу Wind Of Change: - Martin Popoff - Страница 11

Оглавление

Auf sein letztes Studioalbum mit den Scorpions angesprochen, lacht Uli Jon Roth: „Taken By Force? Das ist das Album, das ich am wenigsten mag. Du willst mich wohl foltern.“ Doch entgegen Ulis Geringschätzung erfreut sich das Album großer Beliebtheit innerhalb der Scorpions-Fangemeinde.

Wo liegt also der Hund begraben? Kam es womöglich zu gröberen Spannungen im Studio?

„Nein, eigentlich nicht. Ich war wohl nicht in der richtigen geistigen Verfassung für dieses Album. Gedanklich hatte ich die Band bereits hinter mir gelassen. Und ich hatte Francis auch schon eingeweiht. Nun stieg aber zu dieser Zeit der Drummer, Rudy, aus. Also sagte ich: Okay, ich bleibe. Somit war ich nicht mehr ganz so engagiert und gab nicht unbedingt mein Bestes auf diesem Album. Das bedaure ich. Ich hängte mich nicht mehr so rein, kämpfte nicht mehr. Wenn ich ‚kämpfen‘ sage, meine ich das nicht unbedingt auf eine aggressive Weise, weil bei den Scorpions nicht gekämpft wurde. Allerdings kämpfte ich nicht mehr so um die Qualität des Albums. Ich verrichtete bloß noch Dienst nach Vorschrift, wenn man so will. Wenn ich mich in gleichem Maße eingebracht hätte, wie ich das bei Virgin Killer, In Trance und Fly To The Rainbow getan hatte, dann wäre es meiner Meinung nach ein viel besseres Album geworden. Es gibt nämlich gewisse Dinge, die mir an diesem Album nicht gefallen. Wenn ich mich mehr bemüht hätte, wäre das Ergebnis anders ausgefallen. Das bereue ich. Es ist das einzige Album, bei dem ich nicht hundertprozentig bei der Sache war – und das ist nicht gut. Mit ein paar Songs auf dem Album war ich auch nicht wirklich zufrieden. Allerdings ist ‚We’ll Burn The Sky‘ ein toller Song, daran besteht natürlich kein Zweifel.“

Es dürfte keine große Überraschung darstellen, dass es die heiter rockenden Headbanger-Nummern auf dem Album sind, an denen sich Uli am meisten stört. Dazu gehört wohl auch „Steamrock Fever“ mit seinem auf „spanisch“ getrimmten Metal-Feeling, obwohl die Nummer von Freunden solcher Spielereien als Proto-Metal-Klassiker angesehen wird.

„Ja, absolut schrecklich. Ich finde, ‚Steamrock Fever‘ ist ein einziger großer Witz“, spöttelt Roth. „Für Bands, die so einen Kram spielen, wäre er schon okay, aber die Scorpions hätten ihn nicht spielen sollen. Er ist ein missglückter Versuch, Pop zu spielen. Ich spiele da ja nicht einmal mit. Ich weigerte mich und sagte, dass ich das nicht spielen könnte. Na ja, ich glaube, ein bisschen Slide-Gitarre habe ich dann doch dazu beigetragen, weil sonst niemand da war, ein paar Noten vielleicht … Erinnere mich bitte nicht daran. ‚He’s A Woman – She’s A Man‘, echt miese Lyrics. Das war genau die Art von Songtext, mit dem ich nichts zu tun haben wollte: alberner, unreifer, pseudo-sexueller Mist. Das war genau das Gegenteil von dem, wofür ich meiner Meinung nach einstand. Damit wollte ich nichts zu tun haben. Doch trotz meiner Einwände schaffte es der Song auf das Album. Okay, ich spielte ein Gitarren-Solo darauf. Es ist nichts, womit ich in Zusammenhang gebracht werden möchte, aber so ist es nun einmal [lacht].“

„‚Steamrock Fever‘ war womöglich ein wenig von der Punk-Generation in England beeinflusst“, mutmaßte Rudolf. „Wir hatten in diesem Jahr auf Tour einiges davon mitbekommen. Ich denke, Punk ähnelte der Seattle-Szene, die später kam, weißt du? Es war eine ähnliche Situation, aber das Timing war ein wenig anders. England war viel kleiner und Dinge sprachen sich schneller herum. Aber egal, wir wollten etwas Neues ausprobieren. Doch Uli Jon Roth traf damals eine Entscheidung, weil er Monika Dannemann, die Exfreundin von Jimi Hendrix, im Speakeasy Club in London kennengelernt hatte. Er verliebte sich in sie. Von da an wollte er ein Soloalbum aufnehmen. Auf unserem Album spielte er nur halbherzig. Ich finde, dass das Material auf dem Album so gut ist, aber wie wir es spielten, war nicht wirklich angemessen. Es hätte so gut wie Lovedrive sein können. Aber da Uli schon mit dem Gedanken spielte, die Band zu verlassen, brachten wir die Arbeit am Album nicht ordentlich zu Ende.“

„Steamrock Fever“ gab textlich die neue Richtung der Band vor, allerdings auf eine mangelhaft artikulierte Weise, da die Autoren der Lyrics sich nicht die Mühe gemacht hatten, einen englischen Muttersprachler damit zu betrauen, ihre Texte zu begutachten. Man muss aber nur das inexistente Wort „Steamrock“ durch „Heavy-Rock“ ersetzen und es tut sich das Tor zu Ruhm und Ehre auf. Und in weiser Voraussicht verortete Klaus richtigerweise das „Fieber“ sogar in Los Angeles. Ein wenig verschroben wirkt der Soundeffekt vor dem Einstieg, der an schweres Straßenbaugerät denken lässt.

Soweit es Uli betrifft, entspricht „We’ll Burn The Sky“ (Seite 1, Track 2) ganz der faszinierenden Zwiespältigkeit der Band, die durch Schenker auf der einen Seite und Uli auf der anderen widergespiegelt wird. Wenn es mehr solcher Songs gegeben hätte, wäre Roth womöglich auch in der Band verblieben.

„Ja, es ist ein großartiger Song mit tollen Lyrics von Monika“, bekräftigt Uli. Monika Dannemann, die letzte Freundin von Jimi Hendrix, war zu diesem Zeitpunkt bereits mit Uli zusammen und die beiden sollten später auch noch heiraten. Leider sollte Monika, die Hendrix so wie auch Uli leidenschaftlich verehrte, 1996 im Alter von fünfzig Jahren freiwillig aus dem Leben scheiden. „Klaus singt das schöne Intro nicht minder schön. Mein wahrscheinlich liebster Song von Rudolf. Von Anfang an fand ich ihn außergewöhnlich. Er hat eine gewisse ätherische Qualität, obwohl es ein Rocksong ist. Er scheint sich nirgendwohin zu bewegen. Es ist einer dieser Songs, die sich für lange Zeit hinziehen könnten. Mir gefiel das Gitarren-Solo, du weißt schon, die zweistimmigen Passagen, die ich dafür geschrieben habe, in einer dreifachen Harmonie.“

Über die Dannemann-Lyrics – die einzigen, die sie für die Scorpions schrieb –, sagt Roth: „Sie entstanden, glaube ich, weil Klaus keinen Songtext auf Lager hatte. Ich weiß nicht mehr wirklich, wie das zustande kam. Monika reiste ja damals immer mit uns, weil wir unzertrennlich waren. So verbrachte sie 1977 sehr viel Zeit mit den Scorpions. Sie war bei vielen Touren mit dabei, weil sie mich begleitete. Ich kann mich aber nicht mehr genau daran erinnern, wie es dazu kam, dass sie diese Lyrics schrieb.“

Es sollte nicht unerwähnt bleiben, dass Taken By Force erneut eine Kontroverse bezüglich des Albumcovers nach sich zog. Francis Buchholz erklärt: „Da wir keine Idee für ein Cover hatten, bestückte RCA das Cover einfach mit Fotos der Bandmitglieder. Unsere japanische Plattenfirma RVC konnte damit aber nichts anfangen und nahm einfach ein Foto, das in einer ihrer Schubladen herumlag. Darauf zu sehen waren Kinder, die mit Spielzeugwaffen auf einem Friedhof kämpften. Uns gefiel die Doppeldeutigkeit und so erschien das Album in anderen Ländern.“

Den nordamerikanischen Fans wurde das auffällige Cover mitsamt Friedhofskulisse (die Akteure darauf sahen allerdings nicht wirklich wie Kinder aus) vorenthalten. Stattdessen erhielten sie jenes mit besagten Fotos der Bandmitglieder, beschriftet mit dem jeweiligen Namen und an der Oberkante des Covers aufgereiht. Darunter prangte zentral der Albumtitel in Rot vor tiefschwarzem Hintergrund. Das Layout der Rückseite wich im Grunde genommen nicht von diesem Schema ab. Zwar wirkte das Ganze irgendwie ungeschickt umgesetzt, doch im Verlauf der Jahre auch zunehmend ikonisch.

Wie Uli bereits erwähnt hat, musste die Band auch einen erneuten Besetzungswechsel hinterm Schlagzeug verkraften. Der neue Mann hieß Herman Rarebell und verstärkte die Gruppe für ihr fünftes Album, das am 4. Dezember 1977 in Europa, wenig später im neuen Jahr in Amerika und im April 1978 in Japan (mit dem bereits erwähnten besseren Cover) erschien. Rudy Lenners berichtet, dass er in der Tat in den Entscheidungsprozess eingebunden war und die Band nicht aufgrund von Herzproblemen verließ, sondern schlicht eine Veränderung nötig gehabt hätte. Bereits sechs Monate später spielte er wieder in anderen Bands, während er gleichzeitig unterrichtete und später auch als Produzent in Erscheinung trat. Auch angesichts des Erfolges der Band in den Achtzigerjahren blieb er seinen vormaligen Weggefährten wohlgesinnt, schließlich hatte er sich längst damit abgefunden, dass er nicht ehrgeizig genug war, um ein Star zu sein.

„Taken By Force entstand mit unserem neuen Drummer Herman Rarebell, den wir in London vor einer Show auf die Probe gestellt hatten“, erzählt Francis. „Herman war nämlich in der Hoffnung dorthin gezogen, ein Engagement bei einer englischen Band zu ergattern! Die Aufnahmen waren eine richtige Meisterleistung, da wir, bevor wir ins Studio gingen, Hermans Schlagzeugspiel noch nicht richtig in den Stil der Band integriert hatten.“

„Wir hörten sehr viel Led Zeppelin“, antwortet Francis auf die Frage nach gemeinsamen Einflüssen. „Sie waren vor allem Rudolfs und Her­mans Vorbilder. Sie mochten die Härte in ihrem Sound. Auf Deep Purple standen sie weniger. Ich mochte Deep Purple, weil ich fand, dass sie jede Menge Power hatten. Wir dachten nie darüber nach, eine Heavy-Band zu sein. Wir nahmen unsere Songs einfach so auf, wie wir sie spielten.“

„Ich war zwölf oder dreizehn“, erinnerte sich Herman Rarebell, als ihn Jeb Wright nach seinen ersten Schritten als Schlagzeuger fragte. „Ich war bei einer Hochzeit und dort stand ein Schlagzeug. Ich kletterte dahinter und von dort nahm meine Leidenschaft ihren Ausgang. Wenn man in diesem Alter eine Leidenschaft dafür entwickelt und drei Jahre bei der Sache bleibt, dann wird man ein großartiger Drummer. Als ich dann sechzehn oder siebzehn war, gab es in meiner Schule noch andere Jungs, die eine Band gründen wollten. Damals war ich noch kein toller Schlagzeuger, aber ich war sehr passioniert. Die anderen waren auch nicht großartig. Wir alle wuchsen mit unseren Instrumenten auf. Wir hatten ein Schlagzeug und drei Typen, die alle über einen einzigen Verstärker spielten [lacht].“

„Die Scorpions waren damals überhaupt noch nicht groß“, merkt Rarebell an. „Die waren oben im Norden in Hannover. Klaus spielte noch in einer Band namens Mushrooms und Rudolf hatte gerade erst eine Band mit dem Namen Scorpions ins Leben gerufen. Sie waren eine Schulband. Das war 1967 und 1968. Ich spielte in ein paar halbprofessionellen Bands. Eine davon hieß The Mastermen. Mit einundzwanzig ging ich nach England, wo ich dann auch die Scorpions kennenlernte, weil sie gerade auf Tour in England waren.“

„Ich war also weggezogen“, fährt Herman fort und liefert noch ein paar Infos zu der Zeit dazwischen. „Ich studierte Musik in Deutschland. Nach vier Semestern hatte ich aber genug von klassischer Musik und dachte, dass England bereits auf mich warten würde. Also zog ich dorthin. Ich hoffte, vielleicht bei Uriah Heep oder einer dieser Bands, die damals sehr populär waren, einsteigen zu können. Das war so 1971 bis 1972. Nach vier Wochen war ich dann selbstverständlich pleite und hielt mich als Taxifahrer, Gärtner und Barmann bis ungefähr 1974 über Wasser, als ich bei einer Band namens Vineyard einstieg. Wir spielten freitags, samstags, sonntags und mittwochs an Universitäten, an Schulen und in Pubs. Dann wurde ich Studiomusiker und spielte für ziemlich gutes Geld bei Sessions. Ich machte mir einen guten Namen als schneller Studioschlagzeuger, was etwas ist, das sich jeder Produzent wünscht: Man kommt rein, spielt den Song und haut wieder ab.“

„Ich spielte bei unterschiedlichen Songs mit, kann sie aber nicht mehr aufzählen“, fährt Herman fort. „Da waren keine großen Hits dabei. Irgendjemand rief mich an, ich tauchte auf und spielte. Einmal unterhielt ich mich mit Michael Monarch von Steppenwolf und auch den Jungs, die später ‚My Sharona‘ spielten, The Knack. Ich hatte auch eine Band mit zwei anderen Jungs und dann noch mit anderen Typen in England. Alexis Korner war einer der Leute, mit denen ich arbeitete. Dann auch noch mit dem Saxofonisten der Gary Glitter Band. Solche Leute, die ihre eigenen Produktionen an den Start brachten, meldeten sich bei mir. 1977 traf ich dann die Scorpions im Marquee. Ich sprach mit Rudolf und wir hatten dieselben Interessen. Als Nächstes spielte ich im Sound Center vor. Sie mochten meine Art zu spielen und fragten mich zwei Tage später, ob ich nach Hannover kommen wollte. Ich sagte zu, und von da an kennst du die Geschichte ja. Ich schloss mich ihnen an, weil wir dieselbe Philosophie hatten. Wir hatten die gleiche Herangehensweise an die Musik. Ich verstand mich echt gut mit Klaus und Rudolf. Man könnte sagen, dass wir auf derselben Wellenlänge lagen.“

Vor dem Scorpions-Engagement hatten sich für Herman kaum andere Möglichkeiten zum Vorspielen ergeben. „Nein, es gab nur den Melody Maker und ich hatte gedacht, da gäbe es große Bands, aber, na ja, der größte Act, für den ich vorspielte, hieß Sharks. Erinnerst du dich an die? Allerdings bekam ich den Gig nicht. Ich war ihnen zu laut. Der Typ mit dem Schnauzer [Anm.: Andy Fraser] sagte mir, ich wäre zu laut und müsste leiser spielen. All diese Dance-Bands, bei denen ich es versuchte – keiner wollte mich. Immer war ich zu laut, zu heavy, also stieg ich letztlich bei dieser Band Vineyard ein. Die hatten zumindest Arbeit für mich. Wie gesagt, die spielten am Freitag, Samstag, Sonntag und auch jeden Mittwoch. So konnte ich meinen Job als Taxifahrer kündigen. Gärtner war ich ja auch noch. Ich spielte zwei Jahre lang bei Vineyard. Dann bekam ich den Gig mit dem Steppenwolf-Typen, Michael Monarch, und dann zum Schluss noch bei The Knack. Nach drei Monaten kamen dann die Scorpions. Aber die sechs Jahre in England waren für mich ein harter Kampf ums Überleben. Es war nicht einfach.“

Wohlgemerkt, Herman hatte schon lange in Bands gespielt, bereits vor seinem Umzug nach England, etwa bei Gruppen wie The Mastermen, Fuggs Blues und R. S. Rindfleisch. Nachdem er aber das Scorpions-­Angebot angenommen hatte und herausfand, dass sie in ihrer Heimat nicht annähernd so groß waren, wie sie ihn das glauben gemacht hatten, fragte er sich, ob er nun nicht sogar als Drummer der Vorgruppe seiner alten Bands würde auftreten müssen.

„Mein größtes Vorbild ist John Bonham“, verrät Rarebell in Bezug auf seine Einflüsse. „Ich denke, in puncto Rock-Drumming ist er der absolute Meister. Natürlich gibt es noch andere Meister wie Ian Paice und Carl Palmer, und da Pete York mit Ian zusammengearbeitet hatte, war ich sehr froh darüber, als er kürzlich zusagte, mit mir zu arbeiten. Ich mag auch den Drummer von The Police. Stewart Copeland, oder? Ich finde, der war toll. Einer meiner frühesten Einflüsse war Ginger Baker, all diese tollen Songs, die er bei Cream spielte, so wie etwa ‚Toad‘. Von den Amerikanern mag ich Drummer wie Carmine Appice und Alex Van Halen. Auch Tommy Aldridge. Tommy ist ein alter Freund von mir. Ich habe viele Touren mit ihm gespielt. Ich weiß noch, wie er für Pat Travers spielte. Tolle Band, toller Gitarrist, ‚boom, boom, out go the lights‘ … Es war ein großer Genuss, das jeden Abend auf der Bühne zu sehen. Dasselbe lässt sich natürlich auch von AC/DC, Ted Nugent und Aerosmith sagen. Ich hatte eine richtig gute Zeit. Damals traf ich echt die Besten. Es war ein tolles Umfeld, um zu lernen.“

Über den Mann, den Herman damals ablöste, meinte er: „Rudy Lenners, mein Vorgänger am Schlagzeug, war Lehrer an einer Schule für Menschen mit Behinderung und wollte zurück in seinen Job. Er hatte genug davon, ins kalte England zu reisen und auf dem feuchten Fußboden eines Zwei-Sterne-Hotels zu pennen. Er war also ganz froh darüber, dass ich den Job übernahm. Er ging dann zurück zu seinen Schülern und ich kam nach Hannover. Sie mieteten mir ein Zimmer unterm Dach [lacht] und so fingen wir an. Das war am 18. Mai 1977, dem Tag von Klaus’ Hochzeit.“

Nun aber zurück zu Hermans erster Platte mit der Band, Taken By Force, und die flinke, clever arrangierte und beliebte Hardrock-Nummer „I’ve Got To Be Free“. Uli, der hier ein paar unerwartete Gitarren-Texturen beisteuert, steht dem Track allerdings irgendwie ablehnend gegenüber: „[Der Song] ist schon okay, gehört aber nicht wirklich zu meinen Glanzleistungen. Ich weiß nicht, die Lyrics sind vielleicht ein wenig ironisch. Ganz sicher keine Topleistung meinerseits.“

Wie kam Uli damals mit dem neuen Drummer zurecht? „Sehr gut. Es gab keine Probleme, allerdings befanden wir uns auch auf unterschiedlichen Wellenlängen. Damit will ich nur sagen, dass er total auf dieses Rockstar-Ding abfuhr, und all das war mir eher ein Dorn im Auge. Ich wollte bloß in der Musik aufgehen. Darum geht es ja auch in ‚I’ve Got To Be Free‘. Ich brauchte Freiheit, um [meine musikalischen Möglichkeiten] zu erkunden, wogegen es ihm eigentlich eher darum ging, den Durchbruch zu schaffen. Das war für mich damals aber irrelevant. Wir waren ja ohnehin sehr erfolgreich, zumindest gemessen an unserem eigenen Standard. Ich wollte diesen Weg weiterverfolgen. Unsere Wege verliefen in Bezug auf die Musik fast diametral zueinander, obwohl wir ja eigentlich zusammen spielten und ich sein Schlagzeugspiel mochte. Aber ich glaube nicht, dass er mich in irgendeiner Hinsicht verstand. Dabei war es ja ich, der Herman in die Band geholt hatte. Ich war es, der sich im Proberaum für ihn entschied.“

„Wenn man die Lyrics zu Ulis Song ‚I’ve Got To Be Free‘ hört“, sagt Herman, „dann wird einem bereits klar, dass er die Gruppe verlassen wollte. Er war nicht unbedingt glücklich über die Richtung, in die die Band meiner Meinung nach gehen sollte. Ich wollte, dass wir Songs mit Hooks spielten, wogegen er sein Hendrix-Ding durchziehen wollte. Allerdings, so dachte ich, hatte ja Jimi selbst das schon zur Genüge getan und dabei großartige Arbeit geleistet. Also zog Uli los und machte sein Solo-Ding, so wie er das schon immer tun wollte. Wie meine Mutter immer sagte: ‚Wenn der Zug erst einmal fährt, lass ihn fahren. Versuch nicht, auf ihn aufzuspringen, denn du könntest dir wehtun.‘“

Schon gleich nach seinem Einstieg fiel Herman auf, dass sich eine Kluft aufzutun begonnen hatte. „Ich unterhielt mich am Vorabend des Londoner Konzerts mit Rudolf und sagte ihm, dass ich kommen würde, um mir die Band im Marquee anzusehen. Rudolf fragte mich hinterher, was ich davon hielt. Ich sagte ihm, dass da eigentlich zwei Bands waren. Die eine spielte mit Uli Roth und klang wie Jimi Hendrix und die andere begleitete Klaus und ihn und klang ein bisschen wie frühe Uriah Heep. Rudolf stimmte mir zwar zu, meinte aber, dass sie nie mehr einen Gitarristen wie Uli finden würden. Ich sagte darauf: ‚Wenn das so ist, dann spielen wir eben so.‘ Wir müssten uns aber auch für eine Richtung entscheiden. Entweder wir verfolgten den Weg von Uli Roth – oder den von Klaus, Rudolf und mir.“

Die erste Seite von Taken By Force, die ziemlich durchgehend exotisch wirkt und in puncto Melodie einen leichten Latino-Einschlag aufweist, schließt mit einem unheimlichen, beinahe schon apokalyptischen Song mit dem Titel „The Riot Of Your Time“ ab. Eigentlich hätte man als bewanderter Scorpions-Fan angenommen, dass die Platte bis dahin – und tatsächlich ging es auf der zweiten Seite ähnlich weiter – den musikalischen Vorstellungen von Uli Jon Roth durchaus entsprochen hätte. Der war aber offensichtlich unzufrieden. Mit Blackout und Love At First Sting hatte das hier wenig zu tun. Rudolf sagte zu dem Song: „In unseren frühen Tagen, als wir begannen, unser eigenes Material zu schreiben, probierten wir immer gerne mal andere Sounds aus. So wie etwa die Reggae-Nummer auf Love At First Sting. Und ‚Riot Of Your Time‘ ist irgendwie … ich kam vor ungefähr einem halben Jahr dazu, mir den Song mal wieder anzuhören, und fand ihn interessant. Ich glaube, dass uns solche Songs, die anders waren, von all den anderen Bands abhoben. Die meisten Bands finden ihren Sound und dann komponieren sie innerhalb dieses Sounds. Wir aber versuchten stets, Songs aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Ich denke, dass ‚Riot Of Your Time‘ ein gutes Beispiel dafür ist.“

Im Verlauf der zweiten Seite rückt der bereits erwähnte mediterrane, marokkanische oder auch Zeppelin-ähnliche Stimmung immer mehr in den Vordergrund. So etwa auch „The Sails Of Charon“, ein exotisches Vergnügen, das weithin als bester Song im gesamten Scorpions-­Repertoire angesehen wird – oder zumindest als epischer Klassiker, der sich auch vor Vergleichen mit „Kashmir“ von Zeppelin oder „Stargazer“ und „Gates Of Babylon“ von Rainbow nicht zu fürchten braucht.

„Nun, das war eigentlich mein einziger Ausflug in den Metal-Bereich“, sinniert Uli, was aber nicht ganz der Wahrheit entspricht. „Da ist ein Anflug von Zeppelin. Solche Bands eben. Deswegen kommt der Song vermutlich so gut in den Vereinigten Staaten an. Abgesehen vom Gitarrensolo. Ich meine, es ist ein interessanter Song. Er ist auch ein paarmal gecovert worden. Aber es ist kein Song, der mir besonders am Herzen liegt. Er ist vielleicht auch eher experimentell. Ich experimentierte mit diesen modalen Tonleitern und der damit verbundenen Heaviness. Aber es war nicht wirklich … wie ich schon gesagt habe: Ich denke nicht, dass das von Herzen kam, weißt du? Ich möchte mich nicht davon distanzieren, versteh mich nicht falsch, aber es war nie ein Song, der mir viel bedeutet hat. Die Botschaft richtet sich einfach gegen schwarze Magie. Darum geht es.“

„Man darf auch nicht vergessen, dass wir ‚Sails Of Charon‘ nie live gespielt haben“, merkt Herman an. „Das ist schade, weil das einer meiner liebsten Schlagzeug-Songs überhaupt ist. Ich spielte ja nur ganz am Anfang ein paar Shows mit Uli. Und zwar in Japan. Das war schon alles in Bezug auf Live-Auftritte mit ihm. Wir hatten bereits all die anderen Sachen in unser Live-Set integriert. Okay, es war eine Mischung. Wir spielten zwar ‚We’ll Burn The Sky‘, aber nie typische Uli-Songs wie ‚Hell-Cat‘ oder ‚Polar Nights‘ und solche Sachen, nie. Wir spielten nie ‚Virgin Killer‘, ‚In Trance‘ dafür aber schon. Auch ‚Top Of The Bill‘ und ‚Robot Man‘, aber nie die typischen Uli-Nummern. Es war ihm damals ein bisschen zu viel, gleichzeitig zu singen und zu spielen. Im Studio spielte er ja zuerst alle Gitarren-Spuren für einen Track ein und sang erst im Anschluss daran.“

„Wir nahmen den Song nur im Studio auf, brachten ihn aber nie live“, bestätigte Uli im Gespräch mit Sam Dunn. „Ich spiele ihn mittlerweile live, aber damals taten wir das nicht. Ich schrieb ihn bei mir zu Hause, stellte ihn dann den Jungs vor und anschließend nahmen wir ihn auf. So wie mit allem, was ich schreibe, versuchte ich, etwas Neues zu fabrizieren. Wenn mir das dann gelungen ist, bin ich auch schon wieder fertig damit. Das ist ein Teil der Reise. Also habe ich auch nie wieder einen Song wie ‚Sails Of Charon‘ geschrieben. Es ähnelt irgendwie einem Motiv und da ist auch eine kleine Geschichte. Es war nie ganz fertig, fand ich. Später schrieb ich ein Arrangement für ein Orchester, das ich tatsächlich fertigstellte, aber das Original blieb unvollendet. Vielleicht aus gutem Grund. Aber neu war das Gitarrensolo – wenn irgendetwas wirklich neu war. Ich denke, dass es sich an dieser schnellen, phrygischen Tonleiter orientierte, was damals neu in der Rockmusik war. Meiner Meinung nach war das eine Art Flamenco-Ansatz auf die E-Gitarre umgelegt. Das war es tatsächlich: ein Flamenco-Rhythmus. Mir hat unlängst ein richtig guter Flamenco-Gitarrist aus den Staaten, Ben Woods, ein Album geschickt, auf dem er alleine ‚Sails Of Charon‘ auf einer Flamenco-Gitarre spielt. Er hat das toll hinbekommen und er hat es genau so gespielt, wie es gespielt gehört, weißt du? Ja, im Grunde genommen ist es ein Metal-Flamenco. Den Leuten war das nicht klar, mir aber schon.“

Zum Einfluss des Tracks auf Generationen von Heavy-Rock-Gitarristen meint Roth: „Das hat mich jahrelang verwundert. Die Leute nannten immer wieder diesen Song und er zählte nicht einmal annähernd zu meinen Lieblingssongs aus meinem eigenen Repertoire. Erst als ich an dem orchestralen Arrangement arbeitete, fing ich ihn plötzlich an, ihn sehr zu schätzen. Ich wusste nicht, was alle darin sahen. Die Gitarre war sicher etwas Neues. Die schnellen Triolen-Läufe, die locker überall über das Griffbrett glitten und gleichzeitig melodiös waren. Vielleicht war es ja das. Der Riff unterschied sich damals vielleicht von allen anderen im Rock, obwohl ich das nicht mit Sicherheit sagen kann. Ich eignete es mir jedenfalls von nirgendwo her an. Es kam einfach und das sehr schnell. Es schrieb sich irgendwie von selbst, weißt du? Also kann ich mich nicht einmal mehr daran erinnern. Es gab keine Blaupause oder Vorlage dafür, außer dass es sich eben irgendwie wie ein Flamenco anfühlte, ein Heavy-Flamenco. Jede Generation hat eine eigene Perspektive. Deshalb kann ich das, was die Kids, die nach mir kamen, darin sehen, nicht erkennen. Genau so, wie sie nicht nachvollziehen können, was ich in Hendrix sehe und höre. Aber ich weiß, dass es sich, als ich es spielte, neu anfühlte – wie nichts, was ich je zuvor gespielt hatte. Vielleicht ist es ja das. Womöglich fing es etwas ein. Es war ein wenig seltsam, weil ich vorher und nachher nie wieder so einen Song geschrieben habe.“

Auf die Frage, warum der Song bei den Scorpions-Fans so großen Anklang findet, antwortet Rudolf: „Weil es ein herausragender Riff ist. Das Gitarrenspiel ist außergewöhnlich und der Song hat ein irgendwie magisches Feeling. Es ist eine sehr starke und mächtige Kombination aus unterschiedlichen Dingen, die zueinander passen, die Komposition und die Melodie. Alles kam auf perfekte Weise zusammen und wenn Leute den Song hören, vermittelt er einen sehr starken Impuls. Ich weiß, dass der Song viele junge Bands beeinflusst hat.“

Zurück zum Album. „Your Light“ ist einer dieser ruhigen, unterschätzten Songs auf Taken By Force, die die Integrität des Albums stärken und es bereichern. Die Nummer ist zwar kein Blues, kein Funk und kein Metal, aber eine faszinierende, an Hendrix erinnernde Kombination aus allen drei, die Herman mit einem fabelhaften Groove vorantreibt. Die Produktion war gediegen, glasklar und entsprach höchsten Ansprüchen. Uli spielt einen flüssigen, funkigen Riff und eigentlich kann man gar nicht anders, als um den Verlust dieser Seite der Band, der mit Ulis Abschied besiegelt war, zu trauern. Obwohl man nicht vergessen sollte, dass die Band auch ohne Uli noch ein paar ziemlich tolle Platten machte.

„Mir gefällt ‚Your Light‘“, sagt Roth, der alleinige Urheber des Tracks. „Textlich richtet sich der Song an Jesus. Also ist es im Grunde genommen ein spiritueller Song. Für mich war da aber bereits klar, dass ich aussteigen würde. Als wir an Taken By Force arbeiteten, hatte ich schon ein paar Songs für Electric Sun geschrieben, die absolut nicht ins Scorpions-Format passten. Ich hatte schon ‚Earthquake‘ und ähnliche Nummern geschrieben. Auf keinen Fall konnte ich die im Scorpions-Kontext performen. Das ging mir also auch durch den Kopf. Es war höchste Zeit für mich, aus der Band auszusteigen. So einfach war das. Gegen Ende war ich einfach nicht länger zufrieden. Obwohl: Die Japan-Tour genoss ich schon noch.“

Ulis Abneigung gegen „He’s A Woman – She’s A Man“ lässt sich durchaus nachempfinden. Klar, in erster Linie liegt das wohl am ungeschickten Songtext über einen Transvestiten, aber auch am routiniert anmutenden Heavy-Metal-Gewummer, das – so viel muss man der Band schon lassen – 1977/78 alles andere als gut erkundetes Territorium darstellte. Schließlich schmiedete die Band zusammen mit Gruppen wie Rainbow, die zu diesem Zeitpunkt ihr drittes Album am Start hatten, und Judas Priest mit Sin After Sin ein paar der ersten brauchbaren Heavy-Rock-Blaupausen. In der Tat sind es vermutlich Letztere, Judas Priest, diese Gruppe von Denkern und Machern, die mit ihrem ausgefeilten Repertoire noch einen Schritt weiter als der Proto-Metal der Scorpions ging und dabei Heavy-Rock-Hymnen von eben jener Art schuf, die Uli langweilte.

Für den Text von „He’s A Woman – She’s A Man“ zeichnete der Neue, Herman Rarebell, verantwortlich – sein einziger Beitrag zum Songwriting auf diesem Album. „Man darf nicht außer Acht lassen, dass ich am 18. Mai einstieg und da schon fast alle Songs geschrieben waren“, sagt Rarebell, der die Texte vieler Smash-Hits zum Repertoire der Band beisteuern sollte – eine seltene Rolle für einen Schlagzeuger. „Auf Taken By Force blieb nur noch ‚ He’s A Woman – She’s A Man‘ übrig. Das war der erste Song, den ich schrieb. Damals musste die ganze Band so eine Promo-­Aktion für die französische Plattenfirma machen. Als wir uns nun nach Frankreich begaben, sagte jeder, dass wir in den Rotlichtbezirk von Paris gehen sollten. Dahin, wo die ganzen Nutten waren. Einen Blick riskieren, du weißt schon. Wir fuhren also dorthin, und da kam ein richtig hübsches Mädchen zu unserem Wagen. Sie hatte eine tolle, tiefe Stimme. Sie kam also an und sagte: ‚Glaubt nicht, das ich eine Puppe bin, nein, ich bin ein Typ. Ich kenne euch und bin ein großer Fan. Hört bloß nicht auf zu rocken!‘ Sie war ein deutscher Transvestit. Wir waren alle schockiert. Er war eine Frau oder sie war ein Mann! Niemand hatte eine Idee für den besagten Song. Ich liebte Rudolfs Riff und dachte mir, dass das perfekt passen würde: ‚He’s A Woman – She’s A Man‘. Alle fanden das großartig und forderten mich auf, auch den restlichen Text zu schreiben. Was ich schrieb, gefiel allen, und so fing ich an, mich um die Lyrics der Band zu kümmern. Dann kam das nächste Album – Lovedrive – und ich wurde gebeten, noch mehr zu schreiben. Und als das gut ankam, schrieb ich fast alles auf Animal Magnetism, Blackout und den anderen, weil mir noch mehr einfiel. Klaus und ich tauschten Ideen aus, aber letztendlich sagte er, dass er nicht genug Ideen hätte, um damit ein ganzes Album zu füllen, und ich ihm helfen sollte. So kam das zustande. Ich konnte am besten Englisch, weil ich ja ein paar Jahre in England gelebt hatte. Unserem Produzenten – Dieter Dierks – gefielen meine Texte. Ich schrieb darüber, was uns so passierte, während wir unterwegs waren. Ich denke, dass sich die Leute damit identifizieren konnten.“

„Meine Philosophie ist es, Spaß zu haben, weil dann auch die Leute Spaß haben“, sagt Herman über seine Vorliebe für nicht allzu literarische Themen. „So einfach ist das. Du darfst dabei aber auch nicht vergessen, dass ich nicht so viele Wörter hatte, mit denen ich herumspielen konnte, weil mein Vokabular nicht so groß wie deines ist, schließlich ist Englisch deine Muttersprache. In England musste ich zwischen 1971 und 1977 Englisch lernen. Mein ganzes Englisch stammt aus der Zeit. Wenn du morgen nach Deutschland ziehen würdest, dann würdest du in sechs Jahren auch problemlos fließend Deutsch sprechen. Heutzutage kann dir jeder hier auf Englisch Auskunft geben, aber vor dreißig Jahren hätte das keiner gekonnt. Und wärst du in der DDR gelandet, dann hätten die Leute Russisch mit dir gesprochen.“

Doch fürs Erste blieb Hermans Ode an einen Transvestiten sein einziger lyrischer Beitrag zur aktuellen Platte. „Ja, das war der einzige. Damals hatten wir noch Uli in der Band und er hatte noch einen fertigen Song auf Lager. Er sagte zu mir, dass er ‚I’ve Got To Be Free‘ hieß und ich die Drums dazu spielen sollte. Er hatte sowohl die Struktur als auch den Text bereits bei der Hand. Die Ausrichtung der Band, die ihm damals, als ich einstieg, vorschwebte, war mehr Jimi Hendrix mit Orchester-Begleitung. Aber als ich zur Band stieß, schlug ich Rudolf vor, dass wir melodischen Hardrock spielen sollten, damit die Leute bei unseren Songs mitsingen konnten. Uli wollte aber sein eigenes Ding machen. Deshalb gründete er dann Electric Sun.“

„Monika schrieb viele seiner Texte“, erklärt Rarebell bezüglich Ulis mysteriöser Partnerin. „Sie war ursprünglich auch mal die Freundin von Jimi Hendrix. Sie war an jenem Abend, als er starb, bei ihm. Sie behauptet, dass sie Jimi gesagt hätte, er solle ein Viertel einer Schlaftablette schlucken, er aber stattdessen gleich vier genommen hätte. Das ist die Story, die sie all die Jahre erzählt hat, aber ich glaube ihr nicht. Ich glaube das nicht im Geringsten. Vielmehr glaube ich, dass die US-Regierung ihn auf dem Gewissen hat, weil er zu populär für einen schwarzen Typen zur damaligen Zeit war. Er machte seinen Mund auf und sprach sich für Freiheit aus. Und dann kümmerten sich die CIA oder auch der Secret Service um ihn, so wie sie das schon bei Kennedy getan hatten. Das ist meiner Meinung nach passiert. Man darf nicht vergessen, dass man ihn damals sogar als gefährlicher als Martin Luther King einstufte. Er war für die weißen Kids ein Held. In einem Land, in dem der Rassismus so stark ausgebildet ist wie in Amerika, war es undenkbar, dass ein Schwarzer so viel Einfluss hatte.“

Den Abschluss von Taken By Force bildet Born To Touch Your Feelings – eine traurige Ballade über die Schmerzen, die das Leben und die Liebe bereithalten, wie sie auch schon auf den ersten vier Alben gehäuft vorzufinden gewesen waren. Uli sagt dazu: „Ich kann mich an ‚Born To Touch Your Feelings‘ als potenziell sehr guten Song erinnern, aber wir bekamen es nicht wirklich auf die Reihe. Ein Gitarrensolo am Ende … Aber du weißt schon, ich glaube, ich hatte keine Lust mehr.“

„Ja, ich weiß, dass Uli innerlich bereits mit der Band abgeschlossen hatte, als wir dieses Album aufnahmen“, erklärt Rudolf in Übereinstimmung mit Ulis eigenen Erinnerungen. „Ich glaube, dass es besser geworden wäre, wenn Uli sich mehr eingebracht hätte. Das Material auf dem Album ist nämlich exzellent. Aber es war auch Hermans erstes Album und in der Vergangenheit – mit Rudy Lenners und so – hatten wir eher schnellere Drummer. Mit Herman hatten wir zum ersten Mal einen richtig entspannten Schlagzeuger. Wir hatten nicht wirklich Zeit, um uns aufeinander einzugrooven. Das Album ist schon gut, aber wenn wir uns etwas mehr Zeit genommen hätten, um einander kennenzulernen, wäre es besser geworden. Allerdings mag ich das Material sehr gerne. ‚Steamrock Fever‘ ist hervorragend, weil der Song irgendwie anders ist. Kommerziell, ja, aber auch anders. Uli spielt nicht viel bei ‚Steamrock Fever‘, weil er den Song nie mochte. Es gab bereits diese Kluft zwischen dem Schenker-Sound und Uli Roths Sound, weil Uli sich mehr an Jimi Hendrix orientierte und ihm Sachen wie ‚Steamrock Fever‘ und ‚He’s A Woman – She’s A Man‘ nicht gefielen, daher spielte er nur die Solos. Alles andere spielte ich selbst, weil er eben sagte: ‚Das Zeug spiele ich nicht.‘ Aber da ich keine Solos spiele, überzeugten wir ihn, sich zumindest um die zu kümmern.“

„Er ist ja gut!“, fährt Schenker fort. „Ich meine, Uli spielte stets gute Solos – Sachen wie bei ‚Catch Your Train‘, das nicht auf Taken By Force drauf war. Schau dir nur ‚Sails Of Charon‘ an – unglaubliche Solos, unglaubliche Spieltechnik! Ich finde, dass ist einer der besten Songs, die er je spielte. Wenn er Gitarrensolos zu Sachen spielte, die Klaus und ich geschrieben hatten, spielte er großartiges Zeug. Aber irgendwie spitzte sich bei Taken By Force alles zu. Da hatte er bereits sein Solo-Projekt im Kopf. Bei ‚We’ll Burn The Sky‘ war er etwas mehr involviert, weil Monika dazu die Lyrics beisteuerte. Dieser Text handelte von Jimi Hendrix. Er hatte also eine starke Verbindung zu ‚We’ll Burn The Sky‘ und lieferte exzellente Parts zu der Musik, weil er viel zu diesem Song über Jimi Hendrix beitragen und die Liebe von Monika Dannemann zu ihm aufrechterhalten wollte. Die Songs kamen aus unterschiedlichen Ecken, obwohl sie für sich genommen alle großartig sind.“

Wind Of Change:

Подняться наверх