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SIMORGH

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AUTOR: Farid ud-Din Attar

TITEL: Die Konferenz der Vögel

(aus dem Persischen von Katja Föllmer)

ORIGINALFASSUNG: 12. Jh.



Da sahen sie das Abbild Simorghs auf der Erde. Als die dreißig Vögel genauer hinschauten, sahen sie, dass sie selbst Simorgh, Dreißigvögel, waren. Aus Erstaunen waren sie ganz verwirrt. Sie hatten es nicht gewusst, bis sie es geworden waren.

Wer bin ich und wenn ja, wie viele? Oder: Dreißig Vögel suchen einen König. Oder: Tausend ist das neue Dreißig. Oder: Dreißig Spatzen am Ziel sind besser als tausend ahnungslose Tauben auf dem Dach.

In Farid ud-Din Attars mystischem Versepos Die Konferenz der Vögel (alternativ: Vogelgespräche) machen sich Tausende Vögel aus allen Teilen der Welt auf die Suche nach dem idealen König. Dieser ist ebenfalls ein Vogel, ein schräger Vogel geradezu, und in der Mythologie beladen mit Geschichten und Gerüchten: Simorgh (oder Simurgh) heißt er,

»Si morgh«, das bedeutet getrennt geschrieben eben »dreißig Vögel«, aber diese dreißig übrig gebliebenen Vögel konnten wahrscheinlich kein Persisch, deshalb nahmen sie diese lange, beschwerliche, verlustreiche Suche auf sich, um sich letztlich selbst zu finden: Weg = Ziel, Siddhartha lässt grüßen.

Der »Löwe der Lüfte«, wie er (oder wahlweise sie) auch genannt wird, ist ein großer Vogel, die genaue Art ist nicht bekannt. Passend zu der situationselastischen Verdreißigfachung ist auch der Umstand, dass Simorghs Antagonist Angha manchmal mit ihm oder ihr gleichgesetzt wird.

Zu Beginn der Vogelkonferenz heißt es: Alle Vögel sind schon da. Die Teilnehmer vom Wiedehopf bis zu Fink und Nachtigall, von Pfau bis Geieradler, Papagei, Geier und Reiher halten flatterhafte Reden und Ausreden, die einen gemeinsamen Ausflug auf der Suche nach dem Göttlichen zur Folge haben. Unter anderem wird dabei folgende Geschichte von Simorgh erzählt: »Er zog glänzend um Mitternacht über China. Inmitten Chinas verlor er eine Feder. Jeder Einwohner war sehr erregt. Jeder machte ein Abbild von dieser Feder.« Klingt nach einer visionären Vorschau auf die SelfieKultur.

Simorgh, heißt es, sei »uns nah, aber wir sind so fern von ihm. Seine Ruhe liegt im Heiligtum der Großmut, sein Name ist auf keiner Zunge.« Vor seiner Tür sollen mehr als hunderttausend Vorhänge aus Licht und Dunkelheit hängen, in anderen Worten, er ist so schön, dass man ihn nicht sehen kann, so klug, dass niemand seine wissende Vollkommenheit begreift. Simorgh ist das ornithologisierte Escher-Bild, und hätte die perfekte Musik aus Robert Schneiders Schlafes Bruder eine Gestalt, es wäre die seine. Oder ihre.

Am Ende der verschnäbelten Schnitzeljagd hat der weise Dichter ihnen so viele Weisheiten mit auf den Weg gegeben, dass die skurrile Auflösung sie vollends verwirrt. »Wie du siehst, war alles, was du wusstest, nicht Er, und auch nicht das, was du sagtest und hörtest, war Er«, erklärt ihnen Gott. Und dann heißt es kurzerhand: »Der Weg ist zu Ende.«

GATTUNG: Aves maximus

LEBENSRAUM: die Welt

BEINAME: Löwe der Lüfte

BEUTESCHEMA: jeder mit jedem

FABELTAUGLICHKEIT:

MERKMAL: #Feder

NATÜRLICHER FEIND: Angha

Das Buch der Tiere

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