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Ich kann Dinge sehen, die anderen Menschen verborgen bleiben. Keine Sorge, ich rede nicht von Geistern oder Dämonen. Jeder weiß, dass nur Sonntagskinder übersinnliche Fähigkeiten haben, und ich wurde an einem Montag geboren.

Ich spreche von Idioten.

An jenem sonnigen Frühlingstag schlenderte ich mit meiner Freundin Diana durch die Auricher Fußgängerzone, um bei Paulis Pommesmobil, das sich Dianas Informationen zufolge für den heutigen Tag auf dem Marktplatz angekündigt hatte, die wahrscheinlich besten Pommes der Welt zu genießen. Bei der Gelegenheit wollte sie mir auch ihren neuen Freund vorstellen, den wir dort treffen sollten.

Auf Höhe des Kugelbrunnens, gleich neben dem Zugang zur Tiefgarage, wurden wir auf eine Menschenansammlung aufmerksam, die sich kreisförmig um etwas oder jemanden scharte, Musik schallte zu uns herüber. Wir gesellten uns dazu und kämpften uns vor bis in die erste Reihe. Schon Sekunden später bereute ich diese Entscheidung, denn in der Mitte des Kreises stand ein Clown und lieferte seine alberne Vorstellung ab.

Ich hasse Clowns.

Ich werde nie verstehen, was an weiß geschminkten Männern mit Lippenstift lustig sein soll. Und überhaupt, was soll die aufgemalte Träne unter dem Auge? Das machen sonst nur Gangmitglieder, die schon mal jemanden unter die Erde gebracht haben. Das sagt doch alles.

Als würde der typische Look nicht reichen, trug dieser Clown auch noch grüne Haare. Etwas Gruseligeres war mir noch nie untergekommen. Von seinem Handwerk verstand er auch nicht besonders viel. Er warf eine Bananenschale auf den Boden, versuchte, darauf auszurutschen, verfehlte sie mit seinen übergroßen Schuhen aber immer wieder, und so wankte er hin und her wie ein Betrunkener. Es war mir ein Rätsel, warum die Umstehenden ihn auch noch durch höfliche Lacher und Applaus in seinem Tun bestärkten, jeder weiß doch, dass man Idioten am besten ignoriert, damit sie von allein aufgeben. Sogar Diana wippte im Takt des Ententanzes, der aus einem alten CD-Player am Fuße des Kugelbrunnens plärrte, und ahmte mit den Händen Schnabelbewegungen nach. Sie strahlte, als der Clown es ihr gleichtat.

»Komm schon, Elli, zier dich nicht so, nach der Trennung von Wilbert habe ich mir ein bisschen Spaß verdient.« Sie versuchte, mich zum Mitmachen zu animieren, aber das kam gar nicht in die Tüte.

»Das ist kein Argument, du hast schließlich schon was Neues am Laufen«, sagte ich.

Sie strich sich eine ihrer rotblonden Locken hinter das Ohr. »Richtig, seit genau fünf Tagen.«

Der Clown kletterte auf den Kugelbrunnen und schickte sich an, eine akrobatische Einlage abzuliefern, rutschte jedoch auf der nassen, rotierenden Granitkugel aus und landete mit durchnässtem Hintern auf dem Boden. Er rappelte sich auf und rieb sich den Allerwertesten. Mein Idiotenradar meldete einen besonders schwerwiegenden Fall. Zu allem Überfluss hopste er nun, vorgebeugt wie ein Eisschnelllläufer in rasanter Fahrt, auf Diana zu, die ihm ein breites Grinsen schenkte.

Sie mochte den Kerl ja witzig finden, auf mich wirkte er ungefähr so sympathisch wie der Horror-Clown aus »Es«, der kleine Kinder fraß.

Die letzten Takte der Musik verklangen, und Pennywise sank vor Diana auf die Knie. Als die CD stoppte, kämpfte er sich auf die Beine und verbeugte sich vor seinem Publikum, das für den Unsinn tatsächlich noch bezahlte und einige Münzen in einen bereitgestellten Hut fallen ließ.

Diana klatschte, stürmte auf den Clown zu und umarmte ihn. Ehe ich es richtig begriff, gab sie ihm einen leidenschaftlichen Kuss und kam dann händchenhaltend mit ihm zu mir zurück. »Elli, darf ich dir meinen neuen Freund vorstellen?«

»Das ist nicht dein Ernst!«, platzte es aus mir heraus.

»Nun hab dich mal nicht so«, sagte sie. »Du musst deine Clown-Phobie endlich in den Griff bekommen.«

»Das klappt höchstens dann, wenn du mir Ronald McDonald als neuen Freund präsentierst, der hat wenigstens immer Pommes dabei.«

Pommes sind mein absolutes Suchtmittel, und so langsam dämmerte mir, dass Diana diesen Köder ausgeworfen hatte, um mir ihren Clown unterzujubeln.

Der trat auf mich zu und verbeugte sich. »Ich bin Bruno. Einfach Bruno, den Nachnamen habe ich abgelegt. Wie Madonna.«

Automatisch griff ich nach der Hand, die Bruno mir entgegenstreckte. »Elli. Nachname Vogel.«

Eigentlich hätte ich mich als Eleonore vorstellen müssen, denn ich hatte mal gehört, man solle seinen Spitznamen nur den Menschen anbieten, die man mochte. Das war bei einem Clown ganz und gar ausgeschlossen. Aber mit Ausnahme meiner Mutter nennt mich jeder Elli, und ihr ist die lange Form einfach lieber.

»Du bist Schriftstellerin, oder?«, fragte Bruno.

»Halbtags.«

Tatsächlich war es mir im vergangenen Herbst geglückt, ein E-Book herauszubringen. Es wurde zum Überraschungserfolg, aber ich hatte das dumpfe Gefühl, dass das nicht an meiner schriftstellerischen Leistung lag, sondern daran, dass ich wenige Wochen nach der Veröffentlichung fast ermordet worden wäre, was mich zum Gegenstand zahlreicher Zeitungsberichte machte.

Von den Buchverkäufen hatte ich den Winter über gut leben können. Zwar hatte ich inzwischen ein zweites Buch veröffentlicht, aber seit mir niemand mehr nach dem Leben trachtete und es dementsprechend wenig über meine Person zu berichten gab, ließ das Interesse an meinen Büchern merklich nach. Inzwischen musste ich in Teilzeit wieder einer geregelten Tätigkeit nachgehen, um über die Runden zu kommen. Und genau da lag mein Problem: In ebendiesem Teil meiner Zeit war ich arbeitslos. Darüber hinaus existierten die Berufe, die mich wirklich interessierten, einfach nicht. Ich hatte hierzulande jedenfalls noch nie eine Stellenanzeige für Eisverkoster oder professionelle Katzenstreichler gesehen.

»Jetzt im Frühjahr hat Bruno noch nicht viel zu tun, aber schon bald wird er hier täglich vor Touristen auftreten.« Diana deutete auf das Areal des Kugelbrunnens. »Die sind bestimmt ganz wild auf seine Darbietungen.«

Die einzige Darbietung, die ich von Bruno sehen wollte, war der Verschwinde-Trick. Aber leider war er kein Zauberer, und so musste ich mich mit seiner Anwesenheit arrangieren.

»Warum hast du grüne Haare?«, fragte ich.

»Ach Mist, ich habe wohl wieder nach der falschen Farbe gegriffen.« Bruno kratzte sich am Kopf, die Perücke wackelte hin und her. »Eigentlich trage ich immer rote Haare, aber ich leide an einer Rot-Grün-Sehschwäche, und wenn die Perücken nebeneinanderliegen, kann ich sie nicht unterscheiden. Grün trage ich sonst nur freitags, wenn ich als Beppo auftrete.«

Ich hatte Mühe, seinen Ausführungen zu folgen, was aber auch an meinem knurrenden Magen liegen konnte, der mir das Denken erschwerte. Ich beugte mich zu Diana. »Wenn das mit Paulis Pommesmobil nur ein Trick war, um mir Bruno unterzujubeln, werde ich ernsthaft sauer. Darüber macht man keine Scherze.«

»Bleib locker«, sagte Diana. »Du bist ganz schön unleidlich, wenn du hungrig bist. Pauli ist da, ich kann seinen Wagen von hier aus sehen.«

Der Wochenmarkt auf dem Marktplatz lag in den letzten Zügen, die Verkäufer räumten bereits ihre nicht verkauften Waren ein. Wir bahnten uns einen Weg zwischen den gestapelten Kisten hindurch und folgten dem verheißungsvollen Duft des Frittierfetts. Diana lief dicht neben mir; Bruno hatte in seinen riesigen Schuhen Mühe, mit uns Schritt zu halten, und watschelte in einigem Abstand hinterher.

»Kannst du mir mal sagen, was das mit dem Clown soll?«, fragte ich halblaut. »Ich dachte, du trauerst Wilbert noch hinterher und vergnügst dich nur zum Spaß mit einem anderen.«

Diana winkte ab. »Mit Wilbert habe ich abgeschlossen. Bruno ist das perfekte Trostpflaster. Sieh ihn dir doch nur an: Wie soll man bei diesem Anblick schlechte Laune haben?«

Ich sah verstohlen über meine Schulter und kam zu einem gänzlich anderen Urteil: Das mit der schlechten Laune fiel mir leicht.

Diana verliebt sich schnell, heftig und meistens in Freaks. So rasant, wie die Verliebtheit beginnt, endet sie erfahrungsgemäß auch wieder. In der Regel sind ihre Auserwählten harmlose Spinner, aber bei Bruno war ich mir nicht so sicher. Da war mir Wilbert, der Tänzer ohne Talent, deutlich lieber. Der war wenigstens Angestellter in einem Druckshop und kein unheimlicher Clown.

Der Sous-Turm, eine fünfundzwanzig Meter hohe Skulptur aus Stahlrohr und Plexiglas, die irgendwas zwischen Glockenspiel und Kunst darstellen soll, streckte sich dem wolkenlosen Himmel entgegen. Paulis Pommesmobil stand ein Stück weiter hinter der gläsernen Markthalle an der Kreuzung zur Lilienstraße. Auf der Seitenfläche des gelben Kastenwagens prangte eine überdimensional große Pommestüte mit lachendem Gesicht, ganz automatisch lächelte ich zurück.

Vor dem Verkaufstresen hatte sich eine lange Warteschlange gebildet, der wir uns anschlossen. Paulis Pommes waren legendär, und durch den Umstand, dass er Aurich nur alle paar Wochen anfuhr, wurden sie noch begehrenswerter. Es gab sogar Menschen, die ihm wie Groupies von Standort zu Standort folgten. Das konnte ich mit Gewissheit sagen, weil ich mitunter dazugehörte.

Ich tappte ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. Für einen Frühlingstag im Mai war es ungewöhnlich heiß, und die Tatsache, dass wir, bedingt durch Brunos Auftritt, schon eine ganze Weile im prallen Sonnenschein standen, machte die Warterei nicht unbedingt angenehmer. Mein Scheitel glühte bereits.

Ein grauhaariger, sorgfältig rasierter Mann mit gepflegtem Kurzhaarschnitt nahm sein Essen entgegen und balancierte es zu einem der weißen Stehtische neben dem Verkaufswagen. Er zog eine Pommes aus der Tüte und tunkte sie in Mayonnaise. Ich sah ihm neidisch dabei zu.

Unsere Blicke trafen sich, und ich erkannte den Mann, doch mit ihm ging eine Veränderung vor, die nichts Gutes verhieß. Sein fahler Büroteint verwandelte sich in ein dunkles Rot und nahm dann eine bläuliche Färbung an, die Pommestüte rutschte ihm aus der Hand und fiel auf den Boden, wo er eine Sekunde später ebenfalls aufschlug.

»Verdammt, das hat mir gerade noch gefehlt!« Ich spurtete zu ihm rüber.

Diana bedeutete Bruno, unseren Platz in der Schlange zu verteidigen, und folgte mir. »Kennst du den Kerl?«

»Das ist Hans Lemke, der Standesbeamte, der meine Eltern trauen soll. Wenn er vor der Hochzeit das Zeitliche segnet, dreht meine Mutter durch!«

Meine Mutter hatte sich nach weit über dreißig Jahren wilder Ehe dazu durchgerungen, meinem Vater das Ja-Wort zu geben. Unter der Bedingung, dass ihr langjähriger Freund, der Standesbeamte Hans Lemke, die Trauung vornahm. Und das konnte er nun mal nur, solange er noch unter den Lebenden weilte.

Ich kniete mich neben den Ohnmächtigen, drehte ihn auf den Rücken und tastete an seinem Handgelenk nach dem Puls.

Nichts.

Schwer zu sagen, ob er wirklich keinen hatte oder ob ich ihn wegen meiner fehlenden Kenntnisse in Erster Hilfe schlicht nicht fühlen konnte. Den ersten und einzigen Ersthelferkurs meines Lebens hatte ich während des Führerscheins vor dreizehn Jahren gemacht, und schon damals wäre mir jeder Leichtverletzte unter den Händen weggestorben.

»Ich glaube, er hat einen Herzstillstand«, sagte ich zu Diana. »Kennst du dich mit Herzdruckmassage und Mund-zu-Mund-Beatmung aus?«

Diana wedelte abwehrend mit den Händen. »Sieh dir seine Mundwinkel an, da klebt mindestens ein Pfund Mayonnaise dran. Bei dem beatme ich gar nichts!«

»Dann ruf wenigstens einen Krankenwagen!«

Ich knöpfte Lemkes Hemd auf. Von seiner behaarten Brust drang mir ein penetranter Parfümduft entgegen und mischte sich mit dem Geruch der Pommes, die wie ein Heiligenschein um seinen Kopf verteilt lagen. Ich legte die Hände übereinander, platzierte sie an der Stelle, an der ich das Brustbein vermutete, und drückte zaghaft zu. Und noch einmal.

»Jetzt hilf mir doch mal!«, blaffte ich Diana an.

»Nur nicht nervös werden«, sagte sie. »Man soll die Herzdruckmassage zum Rhythmus von ›Stayin’ Alive‹ machen. Soll ich dir den Takt vorgeben?«

»Du sollst endlich den verdammten Krankenwagen rufen!«

»Ist schon passiert«, meldete jemand aus der Warteschlange. Die Stimme kam mir bekannt vor, und noch während ich auszumachen versuchte, wer gesprochen hatte, löste sich Helena Schön aus der Gruppe und trat auf uns zu. »›E-Book-Elli als Lebensretterin‹, Untertitel: ›Da denkt selbst sie nicht mehr an die schönste Nebensache der Welt!‹«

Ich verdrehte die Augen und versuchte weiter, Hans Lemke unter den Lebenden zu halten. Zwei Männer kamen von irgendwoher hinzu und halfen mir.

Die schöne Helena kommentiert jedes unserer Zusammentreffen mit einer imaginären und tatsachenverdrehenden Schlagzeile. Einige davon finden sich später tatsächlich in der Zeitung wieder. Sie arbeitet als Journalistin beim »Ostfriesland-Reporter«, unserem lokalen Revolverblatt, und schreibt gern verleumderische Artikel über mich und mein angeblich ausschweifendes Liebesleben. Außerdem ist sie die Freundin meines Verflossenen, Jörg. Und die einzige Person, die es schafft, Mordgelüste in mir zu wecken.

Helena strich sich eine frisch blondierte Locke hinter das Ohr, zückte ihren Fotoapparat und machte eine Aufnahme von meinem Schützling und mir.

Bevor ich besagten Mordgelüsten nachgeben konnte, ertönte eine Sirene, ein Krankenwagen brauste heran, und zwei Rettungssanitäter kümmerten sich um Hans Lemke. Sie bezeichneten seinen Zustand trotz meines Einsatzes als stabil, hievten ihn auf eine Trage und luden ihn in den Rettungswagen. Nach ein paar Minuten war der Spuk vorbei, als sei nichts gewesen, und ich fragte mich, ob ich alles nur geträumt hatte. Bis Helena mich in die Wirklichkeit zurückholte.

»Schade, dass er nicht abgekratzt ist.« Sie seufzte. »Dann hätte es mein Artikel bestimmt auf die Titelseite geschafft.«

»Du hast aber auch ein Pech«, entgegnete ich. »Vielleicht hättest du den Krankenwagen lieber nicht rufen sollen.«

»Das war ich nicht. Pauli hatte das Handy schon in der Hand, kaum dass der Typ den Boden berührte.«

»Hätte mich auch gewundert. Du wärst nicht du, wenn du dich um deine Mitmenschen sorgen würdest.«

Ich ließ Helena stehen und gesellte mich mit Diana zu Bruno, der sich in der Warteschlange auf den zweiten Platz vorgekämpft hatte. »Du kannst meine Pommes streichen«, sagte ich. »Hans Lemkes parfümierte Brusthaare haben mir den Appetit verdorben, und jetzt hängt der Geruch an meinen Händen. Ich muss sie erst irgendwo waschen.« Und, wenn möglich, desinfizieren.

»Das kannst du bei uns in der Redaktion machen, Elli.« Helena war mir unbemerkt gefolgt.

»Warum so hilfsbereit?«, fragte ich misstrauisch. Bei Angeboten von Helena ist Vorsicht geboten, denn meistens führt sie nichts Gutes im Schilde.

Sie zuckte die Achseln. »Mein Chef hat heute Morgen von dir gesprochen. Klang so, als hätte er ein Jobangebot für dich.«

»Und da läufst du mir ganz zufällig über den Weg, um mir diese Nachricht zu überbringen?«

Ich bin bestimmt nicht der schlaueste Mensch auf der Welt, aber in diesem Moment kombinierte ich blitzschnell. Helena hatte ihren Platz in der Warteschlange verlassen, obwohl das für das Foto nicht nötig gewesen wäre. Niemand räumte freiwillig seinen Platz vor Paulis Pommesmobil, manchmal endete das Anstehen sogar in einer handfesten Prügelei. Außerdem konnte diese Frau unmöglich Pommes mögen. Sie war eher klapprig als schlank und wäre ungeschminkt und mit kurzen Haaren als zwölfjähriger Junge durchgegangen. Sie hatte hier auf mich gewartet, weil sie wusste, dass mein Weg mich früher oder später zu Pauli führen würde. Meine Vorliebe für die fettigen Kartoffelstäbchen war ein offenes Geheimnis.

»Um was für einen Job handelt es sich?«, fragte ich.

»Woher soll ich das wissen? Du solltest nicht zu wählerisch sein, jeder weiß, dass du seit Monaten arbeitslos bist.«

»Ich bin immer noch Autorin.« Autorin im Urlaub, um genau zu sein. Nach der Veröffentlichung meines zweiten E-Books »Helden und Mut« hatte ich mir vier Wochen Urlaub verordnet. Drei, um das Buch sacken zu lassen, und eine, um mich von der anstehenden Hochzeit zu erholen.

Helena verzog das Gesicht zu einem falschen Grinsen. »So kann man es natürlich auch nennen.«

Die Sache ist die, dass Helena mir meinen Exfreund Jörg seinerzeit auf schändliche Weise ausgespannt hat, und in meinem ersten Buch »Fremd und Gänger« sind die beiden nicht besonders gut weggekommen. Natürlich hatte ich ihre Namen geändert, aber jeder, der sie und mich kannte, wusste, wer gemeint war. Ich bin eben recht nachtragend, wenn mein Freund mit einer anderen Frau auf unserem Wohnzimmerteppich Salamiversenken spielt.

»Überleg es dir«, sagte Helena. »Du weißt ja, wo sich unsere Redaktionsräume befinden.« Sie wies über die Schulter in Richtung Lilienstraße und trippelte davon.

Diana stieß mich mit dem Ellenbogen an. »Was hältst du davon? Willst du dem Schmierblatt einen Besuch abstatten?«

»Kann ja nicht schaden, finanziell sieht es bei mir zurzeit nicht gerade rosig aus. Mal sehen, um was für ein Angebot es sich handelt.« Ich seufzte. »Und danach bringe ich meiner Mutter schonend bei, dass ihre Hochzeit wahrscheinlich ins Wasser fällt.«

Der falsche Friese

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