Читать книгу Auch Schmetterlinge können sterben - Martina Decker - Страница 12

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Roman wischte mit dem Handtuch über den beschlagenen Spiegel im Badezimmer. Ein prüfender Blick und er entschied, dass eine Rasur nicht nötig war. Die dunklen Schatten des Halbtagebarts gaben seinem Gesicht einen leicht verwegenen Ausdruck, der besonders bei den Damen immer sehr gut ankam. Er beschränkte sich auf die Basics, benutzte die neutrale Gesichtscreme und das exklusive Deodorant mit dem Duft nach Zedernholz und Männlichkeit. Dass er anschließend schon wieder den Kleiderschrank durchsuchen musste, vermieste ihm augenblicklich erneut die Laune, nicht zuletzt auch deswegen, weil der Anblick des Hemdenhaufens vom Morgen ihn nur allzu deutlich daran erinnerte, dass er kein weißes Hemd im Schrank finden würde. Als er im hintersten Winkel doch noch fündig wurde, verschwand die Zornesfalte über seiner Nasenwurzel langsam. Er stellte noch einmal die Brause an. Im heißen Wasserdampf würde das Hemd sich hoffentlich schnell aushängen. Wenn nicht, würde er das Jackett den ganzen Abend anlassen. Er schlüpfte in die dunkelblaue Anzughose und tappte auf nackten Füßen und mit freiem Oberkörper durch den Flur in die Küche. Ein Espresso würde ihm den nötigen Schwung für den Abend geben. Er wollte hellwach sein und mit den Gedanken hundertprozentig bei der Sache. Seine Aufgabe war es, gut gelaunt durch den Abend zu führen, die Damen am Tisch charmant zu unterhalten und ganz nebenbei die besten Konditionen für eine weitere Zusammenarbeit heraus zu handeln.

»Ich nehme auch einen!«

Roman zuckte unmerklich zusammen. Ohne sich umzudrehen, antwortete er: »Warum bist du noch hier?« Er nahm eine zweite Tasse aus dem Regal und stellte sie unter das Brühsieb.

»Weil ich deiner Frau versprochen habe, auf dich aufzupassen.«

»Ich brauche keinen Aufpasser.« Mit beiden Tassen in der Hand wandte er sich um. Ihre Zungenspitze benetzte die Lippen. »Nicht schlecht! Ein Sixpack. Die meisten Männer in deinem Alter haben eher ein Fässchen. Darf ich mal anfassen?«

Er hielt ihr die Kaffeetasse hin. »Finger weg. Das gehört dir nicht!«

»Was nicht ist, kann ja noch werden.«

Überrascht zog er die Augenbrauen hoch. »Machst du mich an?«

Sie lachte. »Besteht Bedarf?«

»Wie du weißt, bin ich ein verheirateter Mann. Ein treuer verheirateter Mann«, setzte er nach. »Der Mann deiner besten Freundin!«

»Und das ist selbstverständlich der einzige Grund, warum ich hier bin. Oder glaubst du wirklich, ich wäre auch nur die Spur an dir interessiert?«

Roman zog es vor, darauf nicht zu antworten. Sonja war Feuer und er nicht gewillt, sich an ihr die Finger zu verbrennen. Bis heute hatte er es immer geschafft, ihr aus dem Weg zu gehen. Sie war ihm zu direkt, gefährlich sexy und viel zu sehr von sich eingenommen. Sie liebte die Männer, hielt es aber nie lange mit einem aus – oder war es umgekehrt? Diese Frau war das komplette Gegenteil von Julia, und wenn er ehrlich war, verstand er überhaupt nicht, wie diese beiden unterschiedlichen Frauen jemals hatten Freundinnen werden können.

Sonja sah ihn über den Tassenrand hinweg an. »Nimmst du mich jetzt mit zu dem Dinner?« Ihre Blicke trafen sich. »Von mir aus«, erwiderte er gönnerhaft. Was er eben in ihren Augen gesehen zu haben glaubte, strafte ihre vorangegangene Behauptung Lügen. »Aber du benimmst dich, ist das klar? Keine Anmache, keine emanzipatorischen Reden …« Es war riskant.

Warum hatte Julia Sonjas Vorschlag nicht sofort abgelehnt? Warum war Julia überhaupt weggefahren? Sie wusste doch, wie wichtig die Spanier für sein berufliches Weiterkommen waren. Kurz war er versucht, sie danach zu fragen. Andererseits konnte Sonja sehr amüsant sein, wenn sie wollte. Vermutlich war sie mit ihrer freizügigen Art gar nicht so fehl am Platze beim Dinner. Vielleicht sogar gewinnbringender als eine Julia, die aus lauter Zorn und Frust über ein verpasstes Klassentreffen einfach nur dabei sitzen würde. »Also, was ist? Sind wir uns einig?«, fragte er nach. »Selbstverständlich!« Sonja hob die rechte Hand wie zu einem Schwur. »Ich schwöre bei allem, was mir heilig ist, dass ich dir keine Schande machen werde und diesen besonderen Abend nicht mit …«

»Es ist besser, du nimmst mich ernst!« Roman erhob sich. »Ich zieh mich an und dann können wir los.«

Auch Schmetterlinge können sterben

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