Читать книгу Wünsch dich ins Wunder-Weihnachtsland Band 5 - Martina Meier - Страница 15

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Wolle, das Weihnachtsschaf

Der Winter nahte und in dieser Nacht schliefen alle Schafe im Stall. Wirklich alle? Nein, ein kleines Lämmchen drehte sich im Stroh von einer auf die andere Seite und konnte nicht einschlafen. Ärgerlich stand Wolle auf und ging ans Fenster. Dicke, schwere Wolken flogen vorbei und es sah aus, als trügen sie eine Menge Schnee in ihren Bäuchen. Plötzlich raschelte etwas im Stroh, und Wolle sprang erschrocken zur Seite.

„He, was soll das? Du kannst dich doch nicht einfach auf meine Mütze stellen!“ Ein kleiner Zwerg kam schimpfend aus dem Stroh geklettert. Wütend schlug er die zerknitterte blaue Haube aus und setzte sie wieder auf seinen Kopf. Vorsichtig schnupperte Wolle an ihm. „Hihi, lass das. Das kitzelt!“, lachte der Zwerg.

„Wer bist du?“, fragte Wolle neugierig.

„Ich heiße Grim Breithut und bin auf dem Weg zum Weihnachtsmann.“ Stolz streckte der Zwerg die Brust raus, nahm einen Brief aus der Tasche und las ihn Wolle vor: „Lieber Grim, für die Spielzeugfabrik brauche ich unbedingt noch ein paar Helfer. Bitte komm so schnell es geht zum Nordpol. Der Weihnachtsmann.“

Wolle staunte. „Du bist ein Freund vom Weihnachtsmann?“

Mit leuchtenden Augen erzählte der Zwerg von seinem letzten Jahr am Nordpol und wie viel Spaß es gemacht hatte, in der Spielzeugfabrik zu arbeiten. „Immerzu singen wir Weihnachtslieder und bauen die schönsten Sachen, die du dir vorstellen kannst: Puppen und Teddys, Eisenbahnen und Bauklötze. Dann wird alles eingepackt und mit Schleifen und glitzernden Bändern verziert.“ Als die ersten Sonnenstrahlen den Himmel rosa färbten, sagte Grim: „So, jetzt muss ich aber weiter.“

Wolle schaute sich um. Die anderen schliefen noch, nur der kleine Zottel blinzelte ihr zu. Doch Wolle hatte keine Lust, den ganzen Winter über im Stall zu stehen und trockenes Heu zu essen. Leise fragte sie: „Darf ich vielleicht mit dir gehen?“ Wolle und Grim schlüpften durch einen Spalt ins Freie und machten sich gemeinsam auf die lange Reise zum Nordpol.

Ihr Weg führte über Wiesen und Felder, und Wolle hüpfte aufgeregt zwischen den letzten duftenden Kräutern herum. Grim verstaute sie in einem kleinen Beutel. „Das wird ein köstliches Abendessen“, meinte der Zwerg und legte noch ein paar Beeren und Nüsse hinzu. Die Freunde wanderten, bis die Dämmerung hereinbrach, dann machten sie Rast an einem kleinen Bach und tranken das klare Wasser. Dazu aßen sie die Leckereien, die sie am Tag gesammelt hatten.

„Ach, wie herrlich“, schwärmte Wolle, „frische Wiesenkräuter und saftige rote Hagebutten ... Das schmeckt viel besser als das Heu, das wir vom Schäfer bekommen.“ „Mmh.“ Grim nickte und zerkaute mit lautem Knacken die letzte Haselnuss. Nach dem Essen kuschelte sich der Zwerg müde in Wolles Fell und schlummerte ein. Doch Wolle wälzte sich unruhig herum. Sie lag unbequem auf dem hart gefrorenen Boden, ihr war kalt und sie zitterte.

In der Ferne heulte ein Wolf und Wolle fürchtete sich vor ihm. Sie drückte sich noch tiefer unter den ausladenden Strauch und dachte an ihre Familie und die Freunde zu Hause. Die wärmten sich gegenseitig und waren im Stall geschützt vor dem kalten Winterwind und fremden Tieren.

Als Wolle und Grim am nächsten Morgen erwachten, war die Welt unter einer dichten Schneedecke versteckt. Wie Puderzucker legte sie sich über Bäume und die Erde und machte alles weiß. Auf ihrer Reise zum Nordpol hinterließen die Freunde nun tiefe Spuren im Schnee und machten sich einen Spaß daraus, die Hügel herunterzurutschen. Vergnügt liefen sie, bis es Abend wurde, dann suchten sie sich wieder einen Unterschlupf für die Nacht.

In der Höhle war es warm und trocken, und auch vor Wölfen brauchte Wolle keine Angst zu haben. Aber ihr Magen knurrte wie ein hungriger Bär, und als Grim in den Beutel schaute, war der leer. „Vor lauter Schnee haben wir nichts Essbares gefunden. Morgen müssen wir nach Wurzeln graben“, beschloss der Zwerg und legte sich in Wolles Fell. Schon hörte sie ihn leise schnarchen und wunderte sich, dass er ohne einen Happen zu essen einschlafen konnte.

Wolle hingegen träumte vom Heu, das sie im Stall bekamen: große Ballen mit würzigem Duft und genug für alle. Und dann trank sie bei ihrer Mama die leckere, warme Milch und kuschelte sich in ihre weiche Wolle. Sie wäre jetzt gerne bei ihr. Mit diesem Gedanken schlief Wolle ein.

Am nächsten Morgen weckte Grim sie mit Wurzeln und Hagebutten. „Es ist nicht mehr weit bis zum Weihnachtsmann“, tröstete er Wolle, als sie ihm von ihrem Heimweh erzählte. Die beiden durchquerten einen tiefen Wald mit riesigen Tannen, deren dünne Spitzen bis in den Himmel ragten. Als die ersten Sterne am Firmament erstrahlten, erreichten Wolle und Grim eine Lichtung, auf der ein wunderschönes Häuschen mit winzigen Fenstern stand.

In seinem Inneren leuchtete flackernder Kerzenschein, und Grim flüsterte: „Wir sind da.“ Die schwere Tür knarrte, und der Weihnachtsmann trat heraus. Mit seinem weißen Rauschebart und dem roten Anzug sah er genauso aus, wie Wolle ihn sich vorgestellt hatte. Er begrüßte die beiden herzlich und war erfreut, dass sie ihm in der Spielzeugfabrik helfen würden. Nachdem sie sich gestärkt hatten, machten sich Wolle und Grim an die Arbeit. „Es gibt viel zu tun, und am Heiligen Abend, wenn alle Geschenke verteilt sind, feiern wir ein großes Fest“, verkündete der Weihnachtsmann allen Helfern.

Grim und die anderen Zwerge hüpften aufgeregt zwischen Spielzeugautos und Bilderbüchern herum und konnten den Heiligen Abend kaum erwarten.

Nur Wolle wurde mit jedem Tag trauriger. Sie vermisste ihre Mama und stellte sich vor, ohne sie Weihnachten zu feiern. „Das möchte ich nicht!“, gestand sie dem Weihnachtsmann. Am Weihnachtsabend, als alle Geschenke fertiggestellt und verpackt waren und der goldene Schlitten mit seinen stolzen Rentieren vor dem Haus stand, sagte der Weihnachtsmann: „Ich möchte euch von Herzen danken und freue mich auf die gemeinsame Feier. Doch von Wolle, unserm kleinen Weihnachtsschaf, müsst ihr euch nun verabschieden.“

Überrascht schaute Wolle auf. Die Zwerge tuschelten und Grim versteckte ein Lächeln hinter seinem breiten Hut. Der Weihnachtsmann fuhr fort: „Wolle, für dich habe ich ein besonderes Geschenk. Du darfst in meinem Schlitten mitfahren und wirst an Weihnachten zu Hause sein.“

Wolle strahlte vor Freude und war gar nicht mehr verärgert, dass sie den Winter im Stall verbringen sollte. Mit dem riesigen Sack voller Geschenke auf der Rückbank machten sie sich auf die Heimreise. Schon bald konnte Wolle die Wiese erkennen, auf der sie im nächsten Frühjahr weiden würde, und dahinter lag ihr Stall.

Von draußen hörte sie das Blöken der anderen Schafe, und als der Schlitten landete, kamen sie aufgeregt angelaufen. Wolle und der Weihnachtsmann verteilten die Geschenke an die Schäfchen, die sie in der Spielzeugfabrik hergestellt hatten: Stifte und Papier, bunte Bälle und Teddys aus Plüsch. Das kleinste Lämmchen, Zottel, bedankte sich bei Wolle und sagte: „Ich habe mir die Holzeisenbahn so sehr gewünscht, aber am meisten freue mich, dass du wieder da bist.“

Gemeinsam bauten sie die Spielzeugbahn im Heu auf, und als Wolle von ihrem Spiel aufschaute, winkte ihr der Weihnachtsmann zum Abschied zu. Wolle feierte das schönste Weihnachtsfest, das sie sich vorstellen konnte. In dieser Nacht kuschelte sich Wolle in das weiche Fell ihrer Mama und schlief mit dem glücklichen Gefühl ein, zu Hause zu sein.

Anke Königshoven wurde 1981 geboren. Sie lebt mit ihrem Mann und den drei Kindern im nördlichen Emsland. In ihrer Freizeit absolviert sie ein Fernstudium der Kinder- und Jugendliteratur an der Schule des Schreibens in Hamburg. Demnächst erscheint ihre Kurzgeschichte „Zauber des Meeres“ in der Anthologie „Strandzeit“ des Freunscht Media-Verlages.

Wünsch dich ins Wunder-Weihnachtsland Band 5

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