Читать книгу Wünsch dich ins Wunder-Weihnachtsland Band 5 - Martina Meier - Страница 9
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Glaubst du an Wunder?
„Glaubst du an Wunder?“, hat mich die Alte gefragt. Von Wundern an Weihnachten hat sie geredet. Von Wundern! Das soll sich mal jemand vorstellen. Bin ich ein kleines Kind? Wer glaubt denn schon an Wunder? Die Alte vielleicht. Ich jedenfalls nicht. Missgelaunt stapfe ich durch den tiefen Schnee. Es ist dunkel und die Flocken fallen so dicht, dass man kaum die eigene Hand vor Augen sehen kann. Es geht ein scharfer Wind, und die Kälte ist so beißend, dass man es selbst mit dickem Schal und Pelzmantel kaum länger als eine Stunde draußen aushält. Ich bin gerade losgegangen, dennoch zittere ich bereits wie Espenlaub. Meine Hände sind rot und klamm vor Kälte.
Ich komme an den Rand eines kleinen Fichtenwäldchens. Seine Bäume werden vom Wind hin- und hergerissen. Trotzdem hoffe ich, dort etwas Schutz vor dem Sturm zu finden. Der Wind, der mir zuvor wütend unter die Kleider fuhr, ist hier etwas schwächer, doch die Schneeflocken dringen weiter ungehindert zu mir durch. Meine Kleider werden allmählich feucht und die Kälte nutzt das gnadenlos aus. Dann, mit einem Mal, verebbt der Sturm. Der Wind lässt nach, es hört auf zu schneien und der Himmel klart auf. Durch ein paar Wolkenschleier schimmert blass der Mond. Zwischen den Wolken glitzern vereinzelte Sterne wie kleine Eiskristalle.
Der Schnee auf den Ästen und dem Weg vor mir sorgt dafür, dass die Nacht nicht völlig dunkel ist. Doch obwohl der Sturm nachgelassen hat, wird es nicht vollkommen still. Statt des Windes beginnen nun in der Ferne leise die Wölfe zu heulen. Allmählich wird es mir unheimlich. Die eingetretene Stille, vermischt mit dem Heulen der Wölfe, beunruhigt mich mehr, als es das Tosen des Sturmes je vermocht hätte. Langsam nähere ich mich der Mitte des Waldes. Hier stehen die Nadelbäume dichter und es ist dunkler. Ich zögere: Soll ich weitergehen?
Da sehe ich es unter einem der Bäume plötzlich grün blitzen. Klar, die Nadeln der Bäume sind grün, doch dieses Grün ist irgendwie anders. Saftiger, lebendiger. Vorsichtig schleiche ich zu dem niedrigen Bäumchen, bei dem ich dieses herrliche Grün wahrgenommen habe, obwohl ich bezweifle, dass jemand außer mir hier ist. Bei der Fichte angekommen hebe ich vorsichtig die untersten Zweige an, um zu sehen, was sich darunter verbirgt. Was ich sehe, verschlägt mir die Sprache.
Verwirrt starre ich die Pflanze an. Es ist eine kleine Blume, nicht größer als meine Handfläche, so klein und zierlich. Sie trägt eine blaue Blüte und strahlt in ihrer ganzen vollkommenen Schönheit zu mir herauf. Es ist die herrlichste Blume, die ich je gesehen habe. Doch ich kenne diese Blumenart, eine Sommerblume – Blütezeit im Hochsommer. Wir haben Mitte Dezember und tiefste Minustemperaturen! Das ist unmöglich! Die Blume müsste längst abgestorben oder erfroren sein. Lange Zeit starre ich sie irritiert an. Ich kann mir einfach keinen Reim darauf machen.
Doch dann fallen mir die Worte der Alten wieder ein, und mir wird einiges klar. Mit einer ganz anderen Einstellung gehe ich nach Hause. Denn nun weiß ich: Manchmal muss man eben doch ein bisschen an Wunder glauben, vor allem zur Weihnachtszeit!
Tanja Wendorff ist 19 Jahre alt und lebt im niedersächsischen Garbsen. Wenn Sie in ihrer Freizeit nicht Abenteuer als Pfadfinderin erlebt, betreibt sie gerne Ju-Jutsu. Demnächst erscheint ihre Geschichte „Die Dunkle Königin“ in der Anthologie „Verliebt bis in den Tod, Teil 2“ im net-Verlag.