Читать книгу Es ist alles ganz einfach - Massimiiano Allegri - Страница 9

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Regel Nr.

2

„Fußball ist einfach: Du musst nur das Gegenteil dessen tun, was deine Gegner tun.“

Schon bei der vorigen Regel habe ich zwei Begriffe erwähnt, auf die ich nun bei dieser Regel und den beiden folgenden zurückkommen möchte, um für eine gewisse inhaltliche Kontinuität zu sorgen und um das Verständnis zu erleichtern. Im Zusammenhang mit Regel Nr. 1 habe ich davon gesprochen, wie wichtig es ist, „eigenständig denkende Spieler“ zu haben, und wie angenehm es ist, „einfache Dinge tun zu können“, und zwar nicht nur im Fußball oder in einer anderen Sportart, sondern auch ganz allgemein in unserem Leben. Insofern hat Regel Nr. 2 direkt mit der Philosophie der Einfachheit zu tun.

Wie immer möchte ich, bevor ich zu theoretischen Schlussfolgerungen gelange, ein praktisches Beispiel aus dem Gebiet, das ich am besten kenne, anführen. Fußball ist aus meiner Sicht wirklich eine sehr einfache Sportart. Wenn ihr genauer darüber nachdenkt, basiert Fußball auf einem sogar etwas banalen Prinzip, nämlich, den Ball nicht dem Gegner zu überlassen. Und wie kann nun dieses Axiom von seltener Einfachheit angewandt werden? Man muss den Spielern vor allem beibringen, wie sie sich freispielen können, um den unmittelbaren Zweikampf mit dem Gegner zu vermeiden und im Ballbesitz zu bleiben. Darüber hinaus ist es wichtig, den Jungs beizubringen, wie sie sich den Ball zuspielen sollen, und ihnen klarzumachen, dass es unterschiedliche Arten von Pässen gibt.

Manche Leute wollen aus Fußball etwas Schwierigeres machen, als er es in Wirklichkeit ist, und das regt mich wirklich auf. Ich habe des Öfteren zu Nachwuchsspielern – aber auch manchmal zu den Spielern der 1. Mannschaft – gesagt: „Fußball ist einfach, Jungs! Es bringt nichts, wenn man die Sache komplizierter macht, als sie ist: Auf dem Spielfeld musst du das Gegenteil dessen tun, was dein Gegner tut. Wenn er auf dich zukommt, gehst du auf Abstand. Wenn er jedoch auf Abstand geht, rennst du ihm hinterher. Punkt. Das ist alles!“

Auf dem Spielfeld musst du das Gegenteil dessen tun, was dein Gegner tut.

Achtung: Ich will damit nicht sagen, dass man alle Methoden und Techniken, die in den letzten 30 Jahren unterrichtet wurden, über den Haufen werfen sollte: Der italienische Fußball ist groß geworden, gerade weil er diese zu nutzen wusste. Der Unterricht der Trainer (und zwar nicht nur Fußballtrainer), die ein und denselben Pass bis zu hundertmal wiederholen ließen, hatte sicherlich seinen Nutzen. Ich bin ebenfalls der Meinung, dass die einzige Art und Weise, wie man die Technik verbessern kann, in der Wiederholung der Bewegung besteht. Man sollte dieses Prinzip jedoch nicht auf Übungen wie „10 gegen 0“ anwenden, die heutzutage so in Mode sind. Was bedeutet „10 gegen 0“? Es ist ein Training ohne Gegner, stattdessen stellt man manchmal Trainingsdummies auf (die sich folglich weder bewegen noch denken können). In erster Linie wird diese Übung dazu benutzt, um bestimmte Taktiken einzuüben und um kollektive Bewegungen zu unterrichten.

Meine Einstellung hierzu ist eine etwas andere: Übungen wie „10 gegen 0“ haben nur dann einen Trainingseffekt, wenn sie der Mannschaft dabei helfen, sich die eigentlichen Spielphasen einzuprägen. Nur auf diese Weise wird diese Trainingseinheit real und nicht virtuell. Auf diese Themen werde ich noch einmal im Zusammenhang mit Regel Nr. 4 kommen und sie dort näher erläutern.

Nun möchte ich euch jedoch eine Frage stellen, die ich mir selbst mehr als einmal gestellt habe: An welchem Wochentag sollte ein derartiges Training durchgeführt werden? In der Trainingseinheit, in der man über die nächste gegnerische Mannschaft spricht, von der man weiß, dass sie anders als alle anderen ist? Da man in diesem nächsten Spiel eine Gelegenheit sieht, auf eine gewisse Art und Weise spielen und bestimmte Fehler vermeiden zu können? Oder im letzten Training kurz vor der Begegnung, unter anderem, damit die Jungs den Kopf freibekommen?

Beide Antworten haben ihre eigene Logik, ich persönlich ziehe jedoch erstere vor, da wir uns hier noch in einer Phase der völligen „mentalen Freiheit“ befinden. Hierauf sollte dann eine Einheit zur spezifischen technisch-taktischen Herangehensweise folgen, die auf den Charakteristiken der nächsten Gegner basiert. Vielleicht wäre es also angebracht, über dieses Thema während der Mittwochs-Trainingseinheit zu sprechen, natürlich nur dann, wenn man während der Woche keine weiteren Verpflichtungen hat. Steht nämlich Mitte der Woche eine Begegnung an, hat man deutlich weniger Zeit zur Verfügung, weshalb man mehr Einheiten pro Tag ansetzen muss.

Doch kehren wir zu dem Begriff zurück, der mir so sehr am Herzen liegt, zur „Einfachheit“ des Fußballs. Ich fasse mich kürzer als so mancher Theoretiker, der im Fußball eine exakte Wissenschaft sieht: Ziel des Spiels ist es, den Ball den Spielern der eigenen Mannschaft zuzuspielen und dabei die einfachste Lösung zu wählen. Nichts mehr und nichts weniger. Das gilt vor allem für die Trainer der Jugendmannschaften, die eine größere Verantwortung als ich tragen. Während sie vor Kindern stehen, die noch sehr viel besser werden können und ihre Identität erst noch finden müssen, trainiere ich Spieler, die bereits sowohl technisch als auch psychologisch geschult sind.

Während ich dieses Buch schreibe – das sich natürlich an alle Fußballbegeisterten richtet und ihnen hoffentlich irgendwie nützlich sein wird –, denke ich besonders an die jungen Fußballspieler. Von ihnen würde ich gerne ein Feedback bekommen. Ich würde mich sehr glücklich schätzen, wenn ich wüsste, dass ich meine Denkweise durch leicht verständliche, gleichzeitig auch bedeutsame und für die Karriere der zukünftigen Champions nützliche Regeln vermitteln konnte.

Die beiden Grundsätze, mit denen ich das, was für mich die Essenz des Fußballs darstellt, zusammenfassen wollte – nämlich das Gegenteil dessen zu tun, was der Gegner tut, und den Ball demjenigen zuzuspielen, der das gleiche Trikot trägt wie du – können, ich wiederhole es noch einmal, befremdlich banal wirken. Meines Erachtens muss man aber im Fußball eben genau das tun: sich die Einfachheit wieder zum Ziel setzen.

Wenn man heute von Fußballtechnik spricht, werden kaum lineare Definitionen verwendet – zum Beispiel, was man unter dem „richtigen Pass“ zu verstehen hat. Stattdessen redet man lieber von „Diagonalen“ oder „Schemata“.

Ehrlich gesagt, mit Fußball hat das nichts zu tun, jedenfalls nicht, wie ich ihn verstehe! Fußball wird von Jungs gemacht, die in aller Freiheit und zum Vergnügen spielen, und ich werde richtig wütend, wenn ich sehe, wie man versucht, das Ganze zu verkomplizieren. Ich höre oft, wie man versucht, Fußball mit wissenschaftlichen Begriffen zu erklären. Das ist meiner Meinung nach völlig falsch, zudem vollkommen nutzlos und irreführend. Ein Spiel beginnt an einem bestimmten Datum zu einer bestimmten Uhrzeit und endet – abgesehen von Ausnahmefällen – nach zwei Halbzeiten von je 45 Minuten und einer Pause zwischendrin. Doch während eines jeden Matchs spielen viele andere Dinge eine Rolle. Wer uns glauben machen will, Fußball sei eine exakte Wissenschaft, wisse, dass er das nie sein wird, eben weil es in einem Spiel Tausende von Variablen gibt. Wie kann man nur denken, dass man in einer Sportart, in der 22 Spieler um einen Ball kämpfen, der mal hierhin und mal dorthin springt, ausschließlich mithilfe von Schemata gewinnen kann?

Man sollte nicht denken, dass man ausschließlich mithilfe von Schemata gewinnen kann.

Es gibt noch einen weiteren Gesichtspunkt zu berücksichtigen, und von diesem bin ich sogar richtig begeistert: Wenn ich meinen Spielern beibringe, dass sie den Ball den Spielern zuspielen sollen, die das gleiche Trikot tragen, und dass sie das Gegenteil dessen tun sollen, was ihre Gegner tun, ist es unvermeidlich, dass ich damit ihre Anpassungsfähigkeit und ihr Reaktionsvermögen herauskitzle. Und genau das wird zur großen Stärke einer Mannschaft, die weiß, wie man gewinnt. Man nennt dies „taktische Flexibilität“. Sie basiert auf einem einfachen Ansatz und nicht auf abstrusen Konzepten, die ebenso kompliziert zu unterrichten wie zu erlernen sind.

Was andere über mich sagen

Carlo Ancelotti

„Er ist ein großartiger Trainer, ihm gelingt es, aus jedem Einzelnen das Beste hervorzuholen. Er hat Erfahrung und ist praktisch veranlagt. Ich weiß nicht, ob wir irgendetwas gemein haben, aber ich bin sicher, dass er gute Fußballkenntnisse hat und diese zugunsten der ihm zur Verfügung stehenden Spieler einsetzt.“

Silvio Berlusconi

„Allegri? Der hat überhaupt keine Ahnung … Ich habe einen Tipp für ihn: Er sollte sich kämmen, bevor er Interviews gibt.“

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