Читать книгу Kontrolle kirchlichen Verwaltungshandelns. Ein Beitrag zur Diskussion um die Errichtung von Verwaltungsgerichten auf Ebene der Bischofskonferenz - Matthias Ambros - Страница 12
4. Die Prinzipien der Bischofssynode zur Codexreform
ОглавлениеAus der Analyse der Kirchenkonstitution des Zweiten Vatikanums können wir festhalten, dass sowohl der Papst als auch das Bischofskollegium Träger höchster Vollmacht in der Kirche sind. Die Kanonistik differenziert deren Leitungsgewalt in gesetzgebende, ausführende und richterliche Vollmacht. Über die Ausgestaltung der konkreten Ausübung der höchsten Vollmacht in der Kirche schweigt Lumen gentium. Es war jedoch unbestritten, dass es nach Abschluss des Zweiten Vatikanischen Konzils auch einer Reform der Römischen Kurie sowie des kirchlichen Gesetzbuches und damit der gesamten kirchlichen Disziplin im Lichte der neuen ekklesiologischen Akzente bedurfte. Das Konzil konnte dies nicht mehr leisten. Papst Paul VI. berief deshalb 1967 eine Bischofssynode ein, in der die Erneuerung des Codex Iuris Canonici zum Thema gemacht wurde. Im Rahmen der Synode wurden unter anderem die Prinzipien zur Codexreform approbiert.14
Im sechsten Prinzip ist vom Dienstcharakter kirchlicher Vollmacht die Rede. Aufgabe des kirchlichen Rechts sei es deshalb die rechtmäßige Ausübung der po-testas sacra sicherzustellen sowie die Rechte der Gläubigen deutlicher als bislang zu formulieren. Die Bischofssynode scheut sich auch nicht, von Machtmissbrauch zu sprechen, dem u.a. durch das Kanonische Recht entgegenzutreten sei:
„6. Wegen der fundamentalen Gleichheit aller Gläubigen und wegen der Verschiedenheit der Ämter und Dienste, die in der hierarchischen Ordnung der Kirche selbst grundgelegt ist, ist es förderlich, dass die Rechte der Personen in geeigneter Weise umschrieben und sichergestellt werden. Dies bringt mit sich, dass die Ausübung der Vollmacht deutlicher als Dienst erscheint, ihre Anwendung besser gesichert und ihr Missbrauch ausgeschlossen wird.“15
Das siebte Prinzip zur Codexreform beschäftigt sich ausdrücklich mit der Frage des Rechtschutzes der Gläubigen gegen Verwaltungsmaßnahmen und forderte eine exakte Unterscheidung der Gewalten:
„7. Damit dies in geeigneter Weise verwirklicht werden kann, muss besondere Sorge angewandt werden, um die Vorgehensweise zum Schutz subjektiver Rechte festzulegen. Bei der Erstellung des neuen Rechts sollte also beachtet werden, was in dieser Beziehung bezüglich des Einspruchs gegen Verwaltungsentscheidungen und bezüglich der Rechtsprechung dringend gefordert wurde. Um dies zu erreichen, ist es notwendig, dass die verschiedenen Aufgaben kirchlicher Verwaltung genau unterschieden werden, nämlich die Aufgabe der Gesetzgebung, der Verwaltung und der Rechtsprechung, und dass in geeigneter Weise festgelegt wird, von welchen Organen die einzelnen Aufgaben ausgeführt werden sollen.“16
Diese Prinzipien waren richtungsweisend für die Revision des kirchlichen Gesetzbuches. Ob sie maximal appliziert worden sind oder ob es weiteren Reformbedarf gibt, der sich von diesen Leitlinien inspiriert sieht, darüber lässt sich diskutieren. Jedoch lässt sich der Eindruck nicht vermeiden, dass die von der Bischofssynode kirchenrechtsreformleitenden Prinzipien, die m. E. nichts an Aktualität eingebüßt haben, im Bewusstsein von Kanonisten und Theologen kaum vorhanden sind.
Doch wer adäquate kanonistische Instrumentarien im Lichte der vom Zweiten Vatikanischen Konzil vorgelegten Ekklesiologie vorlegen will, wird an den Prinzipien zur Reform des Codex Iuris Canonici nicht vorbeikommen. Von ihnen inspiriert soll auch die in dieser Untersuchung gestellte Frage nach der Errichtung einer lokalen Verwaltungsgerichtsbarkeit auf Ebene der Bischofskonferenz einer ausführlichen und begründeten Beantwortung zugeführt werden.