Читать книгу Wer regiert die Schweiz? - Matthias Daum - Страница 5

EINLEITUNG

Оглавление

Wer regiert die Schweiz? Der Bundesrat: So lautet oft die spontane Antwort – schliesslich ist das die Landesregierung. Das Parlament: Das sagen diejenigen, die im Staatskundeunterricht aufgepasst haben, denn National- und Ständerat stehen über dem Bundesrat. Das Geld, spötteln viele, und sie tun das mit angewiderter Miene. Das Ausland, antworten andere, denen diese Vorstellung nicht passt, denn sie denken dabei entweder an die EU oder an die knallharte Interessen- und Überwachungspolitik der USA. Die Wirtschaft, glauben viele Linke. Das Volk! – mit Ausrufezeichen –, sagen viele Rechte. Es ist ihre trotzige Dauerbeschwörung, dass die Schweiz von alters her eine direkte Demokratie sei (was so nicht ganz stimmt) und dass dem Stimmbürger, der Stimmbürgerin immer das letzte Wort zustehen müsse.

Wer regiert die Schweiz? Was einer antwortet, besagt etwas darüber, wer er ist und was er denkt. Die Frage ist ein Lackmustest für die Gesinnung. Sucht man aber eine halbwegs präzise Auflösung des Rätsels, ohne ideologische Scheuklappen, so stösst man heute auf eine Maschine, deren Bestandteile sich ergänzen oder blockieren, und Kräfte, die sich aufheben oder unfreiwillig verstärken. Wer die Macht im Staat erfassen will, findet am Ende – alles und niemanden.

Wer regiert die Schweiz? Natürlich wurde diese Frage schon an zahllosen Tagungen, Podiumsdiskussionen und in politologischen Werken erörtert, mit interessanten Einsichten: Man kann den Einfluss von Parteien, Verbänden, Lobbygruppen, Einzelfiguren, bürokratischen Institutionen oder sozialen Schichten durchaus eingrenzen, vermessen oder kartografieren. In diesem Buch aber geht es darum, nach langer Zeit wieder einmal ein griffiges Gesamtbild zu zeichnen. Hans Tschäni, ein bekannter Inlandjournalist, veröffentlichte vor über einem Vierteljahrhundert einen Bestseller mit dem Titel «Wer regiert die Schweiz?». Darin beschrieb er 1983 ein Land, das von Lobbys, Verbänden und technokratischen «Experten» beherrscht wird. In dieser «Filzokratie» erschienen Volk und Parlament, eigentlich die legitimen Herrscher, als Gehilfen machtgieriger, grauer Strippenzieher. Das Buch fand enorme Beachtung, denn es zertrümmerte feste Vorstellungen, und als Warnruf vor einem wirtschaftlich-militärischbürokratischen Komplex traf es den Nerv der Zeit.

Doch heute mutet vieles davon antiquarisch an – und manche Einsichten wären inzwischen schlicht falsch. Das ist der Ausgangspunkt dieses Buches. Der alte Filz ist zerrieben, der Zeitgeist ist ein anderer. Heute leben wir in einem Staat, in dem Polit-Amateure fast im Alleingang die Verfassung ändern können – und zwar dergestalt, dass sich die Chefs von globalen Milliardenkonzernen darüber ärgern. Derweil gelten ausländische Institutionen, die man damals gar nicht erst beachtet hätte, als heimliche Mitherrscher. Offensichtlich erlebten wir in den letzten 30 Jahren einen dramatischen Wandel, eine stille Revolution, die das Gefüge des Staates und seiner inneren Kräfteverteilung gehörig umgepflügt hat.

Die Eidgenossenschaft ist offenbar reif für neue Einschätzungen. Wir fragen also: Wer regiert die Schweiz – hier und heute?

Wer regiert die Schweiz?

Подняться наверх